LVwG-300300/2/Kü/TO/JW

Linz, 22.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des x vertreten durch x, vom 7. April 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 11. März 2014, GZ: SV96-26-2013, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 11. März 2014, GZ: SV96-26-2013, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs.1 Z 1 iVm § 33 Abs.1 ASVG zwei Geldstrafen iHv jeweils 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 2 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv insgesamt 146 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

„1) Sie haben als Verantwortlicher der Firma x GmbH in x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 14.11.2013 um 09:50 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 28.03.2013 um 09:16 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

 

Name: x

Arbeitsantritt: 27.03.2013, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: x

Tatort: x

Tatzeit: 14.11.2013, 09:50 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG.

 

2) Sie haben als Verantwortlicher der Firma x in x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 14.11.2013 um 09.50 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 28.03.2013 um 09:16 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

 

Name: x

Arbeitsantritt: 27.03.2013, 08:00 Uhr

Beschäftigungsort: x

Tatort: x

Tatzeit: 14.11.2013, 09:50 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en)verletzt:

§ 111 Abs.1 Z 1 I.V.m. § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG.“

 

2. Dagegen richtet sich die am 7. April 2014 vom Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, die Verwaltungsstrafe aufzuheben. Begründend wird Folgendes festgehalten:

<.......>

„Betrachtet man allein die Spruchpunkte 1. und 2. des Straferkenntnisses vom 11.03.2014 so wird daraus bereits deutlich, dass das Straferkenntnis aufzuheben ist und das Verfahren einzustellen ist.

 

Mit Ausnahme der betreffenden beiden Arbeitnehmer sind die beiden Spruchpunkte ident und sehen jeweils vor, dass der Beschwerdeführer als Verantwortlicher der Fa. X GmbH in x, es zu verantworten habe, dass die genannte Firma als Dienstgeberin Herrn x und Herrn x, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Personen handelt, am 14.11.2013 um 09:50 beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der QÖGKK zur Pflichtversicherung als vollversicherte Personen gemeldet wurden. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 28.03.2013 um 09:16 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet.

 

Es ist festzuhalten, dass die unstrittige Meldung am 28.03.2013 rund siebeneinhalb Monate vor dem in den Spruchpunkten 1. und 2. angeführten Datum der Beschäftigung am 14.11.2013 liegt. Daraus ist denklogisch schon kein Verstoß gegen § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 ASVG abzuleiten. Die Meldung am 28.3.2013 erfolgte jedenfalls vor dem Beschäftigungsdatum am 14.11.2013. Ein Datum eines etwaig vor dem 28.03.2013 erfolgten Arbeitsantrittes ist den Spruchpunkten nicht zu entnehmen und entfernt sich Bescheidspruch auch völlig von der nachfolgenden Begründung.“

 

<.....>

 

Auch aus den Stundenaufzeichnungen der X GmbH ist klar und deutlich ersichtlich, dass die beiden Arbeitnehmer am 27.03.2013 noch keine Arbeiten verrichtet haben und ihre Arbeit noch nicht angetreten haben. Sie haben erst am 28.03.2013 ihre Arbeit angetreten. Laut den Stundenaufzeichnungen war in der betreffenden Kalenderwoche auf Grund der schlechten Wetterlage keine Vollwärmeschutz-Arbeit von Montag bis Mittwoch möglich.

 

Offenbar in irriger Annahme und aufgrund mangelnden Erinnerungsvermögens über siebeneinhalb Monate hindurch, haben die beiden Arbeitnehmer im Zuge der Betretung im Personenblatt unrichtigerweise den 27.03.2013 als Datum des Arbeitsantritt angegeben. Dies beruhte allein auf einem Irrtum und fehlenden Erinnerungsvermögens, zumal es durchaus nachvollziehbar ist, dass man nach rd. siebeneinhalb Monaten das Datum auf den Tag genau ohne Rücksprache und Kontrolle schriftlicher Unterlagen nicht mehr exakt parat hat.

 

Exakt aus diesen Gründen hat die Gebietskrankenkasse das Beitragsverfahren zwischenzeitlich bereits eingestellt.“

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 11. April 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oö. zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs.2 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat erwogen:

 

Im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses (gleichlautend wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Februar 2014) wird dem Bf angelastet, zur Tatzeit 14.11.2013 näher genannte Personen ohne entsprechende Meldung bei der Gebietskrankenkasse in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt zu haben. Gleichzeitig wird dem Bf als Dienstgeber vorgehalten, dass er verpflichtet gewesen wäre, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und die Meldung erst am 28.3.2013 um 9:16 Uhr und damit nicht rechtzeitig erstattet worden sei.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses – wie vom Bf in seinem Beschwerdevorbringen zutreffend ausgeführt – nicht. Dem Bf wird im Spruch der angefochtenen Entscheidung angelastet, am 14.11.2013 näher bezeichnete Personen in wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt und die Meldung zur Sozialversicherung erst am 28.3.2013 und damit nicht rechtzeitig erstattet zu haben. Dem Grunde nach stellt daher dieser Tatvorwurf im Straferkenntnis keine Verwaltungsübertretung dar, zumal auch weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch im Spruch des Straferkenntnisses auf die jeweils genannten Personen  bezugnehmende Einschränkungen der Tatzeit bzw. allfälliger erfolgter Meldungen bei der Gebietskrankenkassa vorgenommen wurden. Zur angeführten Tatzeit waren die beiden Arbeiter zur Sozialversicherung gemeldet. Festzuhalten ist, dass zwischenzeitig die gesetzliche Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr überschritten ist, weshalb dem Bf ein geänderter Tatvorwurf nicht angelastet werden kann. Es ist daher Verfolgungsverjährung (Tatzeit: 27.3.2013) eingetreten. Aus diesem Grund war der Beschwerde stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II.            Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger