LVwG-410314/2/MS/TK

Linz, 08.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde des x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Wels-Land vom 11. März 2014, GZ: Pol96-25-2013, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG (mitbeteiligte Partei: x)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid vom 11. März 2014, Pol96-25-2013, stellte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG, das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. März 2013 eingeleitet wurde, ein.

 

Begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:

Am 29. November 2012 fand im Lokal „x“ in x eine Glücksspiel-Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels als Organe der öffentlichen Aufsicht statt. Dabei stellten die Kontrollorgane fest, dass im öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals drei elektronische Walzenspielgeräte (FA-Nr 1 mit der Seriennummer 708087, FA-Nr 2 mit der Seriennummer 709028 und FA-Nr 3 mit der Seriennummer 709001) betriebsbereit aufgestellt waren.

 

Die Kontrollorgane führten umfangreiche Testspiele durch:

Am Gerät mit der FA-Nr 1 wurde ein anwesender Spieler beobachtet beim Spielen des virtuellen Walzenspiels „Bell Scatter“, das mit einem Mindesteinsatz von € 0,05 und einem dabei in Aussicht gestellten Gewinn von € 500 und einem theoretischen Maximaleinsatz von € 4,50 und einem dabei Aussicht gestellten Gewinn von € 5000 angeboten wurde. Das Gerät verfügt über einen Banknoteneinzug und eine Automatik-Start-Funktion.

 

Am Gerät mit der FA-Nr. 2 wurde ein anwesender Spieler beobachtet beim Spielen des virtuellen Walzenspiels „El Magnifico“, das mit einem Mindesteinsatz von € 0,05 und einem dabei Aussicht gestellten Gewinn von € 500 und einem theoretischen Maximaleinsatz von € 4,50 und einem dabei Aussicht gestellten Gewinn von € 5000 angeboten wurde. Das Gerät verfügt über den Banknoteneinzug und eine Automatik-Start-Funktion. Ein gewonnener Einsatz wurde während der Beobachtung mittels der Gamble-Funktion für einen Zusatzspiel eingesetzt.

 

Am Gerät mit der FA-Nr. 3 wurde ein anwesender Spieler beobachtet beim Spielen des virtuellen Walzenspiels „Bell Scatter“, das mit einem Mindesteinsatz von € 0,05 und einem dabei Aussicht gestellten Gewinn von € 500 und einem theoretischen Maximaleinsatz von € 4,50 und einem dabei Aussicht gestellten Gewinn von € 5000 angeboten wurde. Das Gerät verfügt über den Banknoteneinzug und eine Automatik-Start-Funktion. Ein gewonnener Einsatz wurde während der Beobachtung mittels der Gamble-Funktion für einen Zusatzspiel eingesetzt.

 

Nachdem die für die Durchführung von Glücksspielen erforderliche Konzession des Bundesministers für Finanzen nicht vorlag und die Geräte auch nicht nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen war, wurde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat zu den Glücksspieltatbeständen in seinem Erkenntnis B422/2013 festgestellt, dass der Übergang von der verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit zur gerichtlichen Strafbarkeit verfassungskonform dann stattfindet, wenn derjenige, der eine Ausspielung im Glücksspielapparat veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, Einsätze von mehr als € 10 in einem Spiel oder die Veranlassung von Serienspiel ermöglicht. Das verwaltungsrechtliche Delikt erschöpft sich diesfalls vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten.

 

Bei den von Ihnen zugänglich gemachten Glücksspielen handelt es sich um virtuelle Walzenspiele, bei denen ein Spiel in Form eines Walzenlaufes nur wenige Sekunden lang dauert und unmittelbar danach ein Folgespiel gestartet werden kann.

Bei den Walzenspielen (Geräte FA-Nr 1, 2 und 3) muss der Spieler nach Wahl des Einsatzes lediglich die Start-Taste betätigen. Bei dem dadurch ausgelösten virtuellen Walzenlauf werden für die Dauer von etwa 1 Sekunde die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder ihrer Lage verändert. Wenn die neue Symbolkombination einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entspricht, ist ein Gewinn eingetreten, andernfalls ist der Einsatz verloren.

Zudem besteht bei diesen Spielen eine außergewöhnlich günstige Relation zwischen Einzeleinsatz und möglichen Gewinn (€ 0,05 Einsatz eingehen ist zu € 500 ist = Faktor 1:10.000!) Und somit ein besonderer Anreiz für Serienspiele in gewinnsüchtiger Absicht.

Darüber hinaus verfügt das Gerät auch über eine Automatik-Funktion, die die Spiele in Endlosschleife im Abstand von wenigen Sekunden selbstständig startet, bis der Spieler die Funktion wieder deaktiviert oder das vorhandene Guthaben verbraucht ist. Bei dieser Spielfunktion ist für den Spieler der Übergang von einem Spiel zum nächsten kaum wahrnehmbar.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhalts steht für die Behörde fest, dass bei diesen Spielen die Motive Zeitvertreib und Unterhaltungswert zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund treten und jedenfalls für eine Spielserie Einsätze von mehr als € 10 ermöglicht werden. Somit ist im Sinn der höchstgerichtliche Judikatur und des Verbotes der Doppelbestrafung die Alleinzuständigkeit des Strafgerichts nach § 168 StGB gegeben.

 

Die Behörde hat am 16. April 2013 Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wels wegen des Verdachts der Übertretung des § 168 StGB gelegt. Das diesbezügliche Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Wels am 17. Mai 2013 gemäß § 190 Z1 ZPO eingestellt.

 

Gemäß § 45 Absatz 1 Z. 1 VStG hat die Behörde von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Diese Einstellung ist die Bescheid zu verfügen, wenn einer Partei Berufung gegen die Einstellung zusteht.

 

Nachdem das Ihnen vorgeworfene Verhalten unter § 168 StGB zu subsumieren ist, bleibt nach der Judikatur des VfGH kein Raum für eine verwaltungsrechtliche Sanktionierung nach dem Glücksspielgesetz.

 

Gemäß § 50 Abs. 5 GSpG hat die Abgabenbehörde im Verwaltungsverfahren nach § 52 GSpG Parteistellung und kann Berufung gegen Bescheide erheben. Somit ist die Einstellung des Verfahrens im Bescheid vom zu verfügen.

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 22. April 2014 die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem OÖ. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

Gegen den der Abgabenbehörde am 24. März 2014 zugestellten Einstellungs-bescheid vom 11. März 2014 wendet sich die rechtzeitige Beschwerde des x (im Folgenden: beschwerdeführende Partei) vom 11. April 2014. Darin wird im Wesentlichen beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, den Einstellungsbescheid zu beheben, eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen, sowie eine angemessene Strafe zu verhängen.

 

Begründet wird die Beschwerde mit unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Dazu führt die beschwerdeführende Partei Folgendes aus:


Die Voraussetzungen des § 45 VStG sind gerade nicht erfüllt, weil die Behörde entgegen der Angabe, ein vollständiges Ermittlungsverfahren gar nicht durchgeführt hat. Es liegen der Behörde keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Einsätze von mehr als € 10 pro Spiel möglich gewesen wären. D.h., die Behörde hat das Verwaltungsstrafverfahren bezüglich der Geräte bloß aufgrund einer Vermutung eingestellt.

 

Mit 1.3.2014 traten die neuen Bestimmungen des GSpG im Abgabenänderungsgesetz 2014, AbgÄG 2014, BGBl. I. Nr. 3/2014, in Kraft.

 

§ 52 Abs. 3 GSpG besagt, dass wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht ist, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Die Abgrenzung der Zuständigkeiten nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB erfolgte im Sinne einer grundsätzlich zulässigen Subsidiarität des Strafrechts gegenüber der Verwaltungsstrafrecht (§ 22 Abs. 1 VStG).

 

Gemäß § 1 Abs. 2 VStG in der geltenden Fassung richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

§ 1 Abs. 2 VStG ordnet im Ergebnis die Anwendung der für den Täter günstigeren Rechtslage an; dies bis zur Erlassung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses (dazu auch Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 VStG)

Für den Günstigkeitsvergleich wird dabei auf das jeweils „geltende Recht“ abgestellt. Nach der Rechtsprechung des VwGH soll es allerdings verengend bloß auf die Gesamtauswirkung der tatbestandlich vorgesehenen Strafe für den Täter ankommen (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 1 Rz 11ff).

 

Bei der Prüfung im Sinn des § 1 Abs. 2 VStG betreffend das von der Behörde anzuwendende Recht kommt es nicht darauf an, welche Strafe tatsächlich über den Täter verhängt wird, sondern vielmehr auf die Strafdrohung, somit als, ob das zur Zeit der Tat geltenden Recht den Täter mit einer geringeren Strafe bedroht als das zum Zeitpunkt der Fällung des Bescheides 1. Instanz geltende Recht (VwGH 13.9.1982 Slg10801A). Der Vergleich ist nicht bloß auf die Höhe der jeweils angedrohten Geldstrafe abzustellen. Bei Verschiedenheiten der Strafdrohungen kommt es auf die Bewertung der „Gesamtauswirkung“ an. Beim Vergleich der Strafdrohungen ist erster Linie die Strafart in Betracht zu ziehen und davon auszugehen, dass die Androhung einer Geldstrafe günstiger ist als die Freiheitsstrafe. Wird in einer Strafbestimmung als primäre Strafe nur Geldstrafe oder einer anderen Strafbestimmung neben einer Geldstrafe primär Arrest angedroht, so ist letztere Strafbestimmung die strengere und die Erstere für den Täter günstiger (VwGH 24.4.2019 95,94/10/0154; 23.4.2019 96,95/11/0362, 0364 sowie das Urteil des OGH vom 4.12.1973, SSt 44/34). In diesem Sinn auch VwGH 27. April 2000, 2000/10/0009. (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage 2003, S. 1192).

Gemäß § 52 Abs. 1 GSpG ist von der Behörde in den Fällen der Z. 1 mit einer Geldstrafe von bis zu  € 60.000 […] Zu bestrafen, die Strafdrohung des § 168 StGB liegt bei einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass nach der Abstimmung der Strafrechtssysteme aufeinander das gravierende Unrecht durch die Strafgerichte, das gelindere durch die Verwaltungsstrafbehörde zu ahnden ist. Daraus ergibt sich, dass die strengeren Strafdrohungen daher auch im gerichtlichen Strafrecht angedroht werden.

Dazu auch Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 22 , Rz 4 f:

Dem Vorrang des Kriminalstrafrechts liegt die wertungsmäßige Überlegung zu Grunde, dass das Kriminalstrafrecht wegen seiner spezifischen Tadelsfunktion den Unwert eines parallel begangenen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes regelmäßig mit abdeckt; und zwar auch dann, wenn die unmittelbaren Auswirkungen der ausgelegten Sanktion (etwa eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe) gegenüber der verwaltungsrechtlichen Sanktionierung (Verhängung einer Geldstrafe) weniger spürbar sein sollten.

 

Nach alter Rechtslage war der Verwaltungsstraftatbestand gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand subsidiär, mit Änderung des Glücksspielgesetzes und Einführung des § 52 Abs. 3 GSpG 3. Tritt der gerichtliche hinter dem Verwaltungsstraftatbestand zurück, die Subsidiarität ist nunmehr gegenläufig geregelt.

 

Die Bestimmung des § 52 Abs. 3 GSpG, wonach nun eine Tat, die auch in den Tatbestand des § 168 StGB fällt, nur mehr nach der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 GSpG zu bestrafen ist, stellt gegenüber der früheren Rechtslage somit die für den Täter günstigere dar. Eine Anwendung des § 1 Abs. 2 VStG führt daher zu dem Ergebnis, dass (bis zur Veranlassung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses) die neue Rechtslage anzuwenden ist. Dem Strafensystem des Glücksspielgesetzes/VStG ist für den Täter im Gültigkeitsvergleich der Vorzug zu geben.

 

Überdies wird seitens der beschwerdeführenden Amtspartei auch noch die Meinung vertreten, dass nicht nur hinsichtlich des grundsätzlich anzuwendenden Rechts-Verwaltungsstrafrecht (§ 52 GSpG) und gerichtliches Strafrecht (§ 168 StGB)-die günstigere Rechtslage anzuwenden ist, sondern auch bezüglich der gesetzlichen Strafdrohungen. Hier ist es nicht wiederum nicht weiter zweifelhaft, dass die neuen, in vier Strafsätzen abgestuften Strafdrohungen sicherlich eine Verschärfung der Rechtslage bedeuten und daher für den Täter zweifelsohne ungünstiger sind. Somit sollte bezüglich der anderen Strafdrohung die alte Rechtslage zur Anwendung kommen.

 

Da somit nach der hier zu Grunde gelegten Rechtsansicht von allen Varianten die den Täter günstigsten für die Festsetzung der Strafe ausgewählt werden sollten, ist den Erfordernissen des § 1 Abs. 2 VStG jedenfalls Genüge getan.

 

Bei der Einstellung des Verfahrens in Verkennung des mit § 1 Abs. 2 VStG normierten Günstigkeitsprinzips erfolgte, hat die Verwaltungsstrafbehörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

 

 

II.          Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 22. April 2014 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG abgesehen werden, zumal im der Beschwerde nur die unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde  und keine Partei die Durch­führung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen. Im Glücksspielgesetz ist keine Entscheidung durch einen Senat vorgesehen.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Am 29. November 2012 wurde durch die Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels im Lokal „x“ in x, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durchgeführt. Im Zuge dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass im gegenständlichen Lokal drei elektronische Walzenspielgeräte betriebsbereit aufgestellt waren. Während der Kontrolle wurden diese Walzenspielgeräte von Spielern gespielt. Diese Spieler haben die Kontrollorgane beobachtet und das Ergebnis der Beobachtung bzw. der Befragung der Spieler im GSp26-Dokument festgehalten. Von den Organen der öffentlichen Aufsicht wurden keine Probespiele durchgeführt.

Betreiber des Lokals ist Herr X und wird dieses Lokal seit Herbst 2010 betrieben. Kurz nach Betriebsbeginn wurden die gegenständlichen Glücksspielgeräte im Lokal aufgestellt. Seit Anfang 2012 stehen die Geräte im Eigentum des Lokalbetreibers. Das Gewinn- und Verlustrisiko trägt der Betreiber selbst. Die Online-Steuer wird nach wie vor an die Firma x abgeführt, da die Geräte mit dem Server in der x verbunden sind.

An den Geräten ist ein Spieleinsatz zwischen 0,05 und € 4,50 möglich. Sämtliche Geräte hängen am Netz. Je Gerät sind zwischen 5 und 8 Spielen verfügbar.

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für das Oö. Landesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf Dokumentation in der Anzeige vom 4. Jänner 2013, dem Aktenvermerk GSp33 und den angeschlossenen GSp26-Formularen, dessen Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

Für einen bestimmten Einsatzbetrag wurden in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt. Die Spiele konnten an jedem Gerät durch die Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der „Setzen“-Taste und Auslösung eines Spiels durch die Start-Taste oder die Autoplay-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand.

Nach etwa 1 Sekunde kam der „Walzenlaufes „zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringenden Symbolkombinationen zu nehmen.

Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Starttaste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (zum Beispiel) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa 1 Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

Ferner ist festzuhalten, dass bei allen funktionsfähigen Geräten von der Finanzpolizei Spiele beobachtet wurden, bei denen folgenden geleisteten Einzeleinsätzen folgende Höchstgewinne gegenüberstanden:

 

Gerät Mindesteinsatz dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn

(FA-Nr. lt.

Formular GSP26)

1 0,05 Euro 500 Euro bei Spiel „Bell Scatter“

2 0,05 Euro 500 Euro bei Spiel „El Magnifico“

3 0,05 Euro 500 Euro bei Spiel „Bell Scatter“

 

Bei allen Geräten stellte die Finanzpolizei eine funktionsfähige Auto-Start-Taste fest. Deren Funktionsweise ist derart zu beschreiben, dass bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe „sehr rasch kontinuierlich hintereinander“ ablaufen zu lassen. „Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird“.

Beim gespielten Höchsteinsatz werden folgende Gewinne in Aussicht gestellt bzw. ergeben sich folgende Gewinnrelationen:

 

Gerät gespielte Einsätze dazu in Aussicht gestellte Relation Einsatz : dazu

(FA-Nr. lt. von Gewinne     in Aussicht gestelltem Gewinn

Formular GSp26)

1            4,50 Euro            5000 Euro bei Spiel „Bell Scatter“                                                1:1111

2 4,50 Euro 5000 Euro bei Spiel „El Magnifico“ 1:1111

3 4,50 Euro 5000 Euro bei Spiel „Bell Scatter “ 1:1111

 

 

III.        Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 begeht derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veran­staltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

Gemäß § 52 Abs. 3 GSpG ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

 

VI. Nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (grundlegend etwa VwGH vom 23.07.2013, 2012/17/0249) ist bei Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit (§ 168 StGB) und verwaltungsstrafrechtlicher Strafbarkeit gemäß § 52 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Verbots der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK grundsätzlich darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Programm veranstaltet, organisiert, anbietet, unternehmerisch zugänglich macht oder sich daran beteiligt, dabei Einsätze von höchstens 10 Euro oder mehr als 10 Euro ermöglicht bzw. ob Serienspiele verlasst wurden.

Entscheidend für die Abgrenzung ist daher, ob die auf den Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme Spiele mit einem Einsatz von über 10 Euro ermöglichen, das heißt, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielautomaten jeweils geleistet werden kann,

und, ob Serienspiele veranlasst werden können (vgl. VwGH vom 09.09.2013, 2013/17/0320 uva). Dies bedeutet im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 GSpG in der seit 1. März 2014 geltenden Fassung BGBl I Nr. 13/2014 ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen, wenn durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht werden. Ob diese Regelung dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, denn eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität kann nicht rückwirkend aufgehoben werden. Bis zum 1. März 2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume vor dem 1. März 2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des zum Tatzeitpunkt primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen) kann die Anwendbarkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl. bereits VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und jüngst mwN VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507).

Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit bereits eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern.

Zudem liegt aufgrund der vor dem 28. Februar 2014 getroffenen Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft bereits eine Entscheidung im Hinblick auf (den Tatbestand des) § 168 StGB vor und es würde eine erneute Verfolgung eines auch unter den Tatbestand des § 168 StGB fallenden Glücksspiels (trotz der bestehenden Einstellungsentscheidung) daher gegen Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK verstoßen. Hinzu kommt, dass eine allfällige den Tatbestand nach § 168 StGB und nach § 52 GSpG erfüllende strafbare Handlung schon vor Inkrafttreten von § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 13/2014 verjährt wäre (§§ 57 ff StGB: Verjährungsfrist 1 Jahr), da spätestens mit der Kontrolle im Jahr 2012 das strafbare Verhalten aufgehörte. Das bedeutet aber, dass bereits vor Inkrafttreten von § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 13/2014 eine Verfolgung und Bestrafung eines solchen Glückspiels nach § 168 StGB und/oder (aufgrund der bis 28. Februar 2014 geregelten Subsidiarität der Verwaltungsübertretung) nach § 52 GSpG nicht mehr zulässig war, wobei es aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig wäre, eine bereits verjährte Tat wieder verfolgbar/strafbar zu machen (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 1 Rz 17 unter Hinweis auf VfSlg 11.212/1987). Das bedeutet im Ergebnis, dass jedenfalls dann, wenn die gegenständlichen Glücksspiele (auch) den Tatbestand des § 168 StGB erfüllen, eine Bestrafung nach § 52 GSpG nicht (mehr) in Betracht kommt.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass Serienspiele ermöglicht bzw. veranlasst wurden, zumal der Banknoteneinzug potentielle Spieler dazu verleitet höhere Beträge einzuspeisen und der fragliche Unterhaltungswert bei den Walzenspielen jedenfalls bei Betätigen der Automatik-Starttaste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, da der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchen vom Spielguthaben und Walzenlauf solange nacheinander automatisch abläuft, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird und der Blick der Spieler bei den im Sekundentakt monoton ablaufenden Walzenspielen wohl vorwiegend auf den sich verändernden Stand des Spielguthabens gelenkt wird (vgl. auch OGH 6 Ob 118/12i: „Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund.“). Mittels bloß einmaliger Bestätigung der Automatik-Starttaste konnte im Übrigen auch eine Vielzahl von Spielen in Serie durchgeführt werden, bei denen (auch bei Einzeleinsätzen von weniger als 10 Euro pro Einzelspiel) insgesamt (bei mehreren Spielen zusammen) mehr als 10 Euro eingesetzt werden konnten. Überdies bestanden äußerst günstige Einsatz-Gewinn-Relationen von 1:1111.

Vom OGH (20.04.1983, 11 Os 39/83) wurde bereits ein Verhältnis von 1:60 als günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn beurteilt, die die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht indiziert.

Aus dem Sachverhalt ergibt sich daher, insbesondere unter Berücksichtigung der festgestellten Funktion der Automatik-Starttaste, die Ermöglichung bzw. Veranlassung von Serienspielen. Es liegt somit eine gemäß § 168 StGB strafbare Glücksspielveranstaltung vor.

 

 

IV.          Das Strafverfahren wurde daher im Ergebnis mit Recht eingestellt (vgl.§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG). Die Beschwerde war somit abzuweisen.

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Mag. Dr. Süß