LVwG-300281/23/Kl/TK

Linz, 16.06.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12. März 2014, Ge96-130-2013-Jw, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23. Mai 2014

 

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

- der Einleitungssatz „ … dass am 07.11.2013 – wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Wels auf der Baustelle x, x, festgestellt wurde -  auf der genannten Baustelle…“

 - und die Verwaltungsstrafnorm jeweils „ § 130 Abs.5 Einleitung ASchG“

 

zu lauten hat.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 960 zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom
12. März 2014, Ge96–130-2013-Jw, wurden über den Beschwerdeführer (kurz: BF) Geldstrafen von jeweils € 1.200 (in vier Fällen) und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 50 Stunden (in vier Fällen) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs. 5 Z.1 und  118 Abs. 3 ASchG iVm. 1) § 58 Abs. 3 1. Satz und
§ 7 Abs. 2 Z. 4 BauV, 2) § 58 Abs. 3 1. Satz und § 7 Abs. 2 Z. 4 BauV, 3) § 58 Abs. 7 1. Satz BauV und 4) § 65 Abs. 4 1. Satz BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x mit dem Sitz in x, zu vertreten hat, dass am 07.11.2013 von einem Organ des Arbeitsinspektorates Wels auf der Baustelle x, x, festgestellt wurde, dass auf der genannten Baustelle zwei Arbeitnehmer der oben angeführten Firma auf einem Metallgerüst gearbeitet haben, wobei folgende Mängel festgestellt wurden:

1. Die Gerüstlagen in der 2. Etage des innenhofseitig aufgestellten Metallgerüstes waren bei einer Absturzhöhe Höhe von ca. 4,0 m mit keinen Fußwehren und in der 3. Etage bei einer Absturzhöhe von ca. 6,0 m ebenfalls mit keinen Fußwehren und auch mit keinen Mittel- und Brustwehren versehen, obwohl gemäß § 58 Abs. 3 1. Satz BauV bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Ziffer 2 oder 4 BauV die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen.

2. Die Gerüstlagen in der 2. und 3. Etage des innenhofseitig aufgestellten Metallgerüstes waren bei einer Absturzhöhe von ca. 4,0 m und 6,0 m stirnseitig mit keinen Wehren versehen, wohl gemäß § 58 Abs. 3 1. Satz BauV bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Ziffer 2 oder 4 BauV die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen.

3. Für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen des innen-hofseitig aufgestellten Gerüstes waren keine sicher begehbaren Aufstiege oder Zugänge angebracht, obwohl gemäß § 58 Abs. 7 1. Satz BauV für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge, wie Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte, fest verlegte Leitern anzubringen sind. Die Aufstiege und Zugänge müssen mit dem Gerüst fest verbunden sein. Aufstiege und Zugänge müssen so angebracht sein, dass alle möglichen Arbeitsplätze auf einer Gerüstlage nicht mit mehr als
20 m von den Aufstiegen oder Zugängen entfernt sind.

4. Keiner der Steher des freistehenden nicht standsicheren, innenhofseitig aufgestellten Metallgerüstes war verankert. Das Gerüst wurde lediglich mit
3 Holzpfosten seitlich abgestützt, obwohl gemäß § 65 Abs. 4 1. Satz BauV jeder Steher eines mehrreihigen, freistehend, nicht standsicheren Metallgerüstes verankert sein muss.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Abmahnung beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschuldigte subjektiv nicht für die Verletzung der Arbeitnehmer-schutzvorschriften verantwortlich sei. Der Beschuldigte habe sämtliche Mitar-beiter regelmäßig darauf hingewiesen, dass nicht den Sicherheitsvorschriften entsprechende Gerüste von Drittfirmen nicht benützt werden dürfen. Zum Sicherheitsverantwortlichen hat die x die Firma x bestellt. Mit diesem Unter-nehmen wird jährlich eine Unterweisung in den wesentlichen Sicherheits-vorschriften unternommen, an welcher die beiden Arbeiter, die am Über-prüfungstag auf dem Gerüst angetroffen wurden, teilgenommen haben und dies mit ihrer Unterschrift bestätigt haben. Im Zuge dieser Unterweisung werden unter anderem sämtliche Sicherheitsvorschriften betreffend Gerüste erläutert und die Mitarbeiter laufend darauf hingewiesen, dass sie keine den Sicherheitsvorschriften nicht entsprechenden Fremdgerüste betreten dürfen. Weshalb die beiden Arbeiter am 7.11.2013 entgegen dieser ausdrücklichen Weisung gehandelt haben, entzieht sich der Kenntnis des Beschuldigten. Der Beschuldigte überprüft persönlich wöchentlich jede Baustelle und darüber hinaus laufend durch besonders geschulte Mitarbeiter und Vorarbeiter sowie durch die Firma x. Das Gerüst sei erst am Vortag aufgestellt worden und seien die Mitarbeiter grundsätzlich nicht auf die Benützung des Gerüstes angewiesen gewesen. Auf der gegenständlichen Baustelle sei sowohl ein Steiger als auch eine Scherenbühne vor Ort gewesen. Die Aufstellung des Gerüstes war ursprünglich nicht geplant und vorhersehbar. Es hätten die Arbeiten auch ohne eigenes Gerüst und ohne Fremdgerüst durchgeführt werden können. Nachdem jedoch die Zufahrt zu einem Arbeitsplatz für den Steiger bzw. die Scherenbühne behindert war, waren offenbar die Mitarbeiter auf die Benützung des Gerüstes angewiesen. Es sei daher die subjektive Tatseite nicht gegeben. Der Beschuldigte könne nicht ständig selbst auf der Baustelle anwesend sein. Weiters wurde die Formulierung im Spruch kritisiert und in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass sämtliche vier dem Beschuldigten zur Last gelegten Delikte eine Tateinheit bilden und es nicht richtig sei, für jede fehlende Fuß- oder Mittel- oder Brustwehr eine gesonderte Strafe auszusprechen. Es sei nicht klar angeführt worden, ob jener Gerüstteil fehlerhaft gewesen sei, der von den Mitarbeitern genutzt worden sei. Es sei nicht angeführt, auf welcher Etage die Mitarbeiter gearbeitet hätten. Auch seien keine sicher begehbaren Aufstiege und Zugänge benötigt worden, weil vor Ort mit Scherengerüst und Steiger ein gefahrloses Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen möglich gewesen sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes-verwaltungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23. Mai 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen x, x und x geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der BF war zum Tatzeitpunkt am 07.11.2013 handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz x.

Am 07.11.2013 wurde vom Arbeitsinspektorat bei einer Kontrolle festgestellt, dass auf der näher bezeichneten Baustelle zwei Arbeitnehmer der Firma x im Innenhof zwischen Altbau und Neubau der Firma x in x an der Seite des Neu-baues auf einem Metallgerüst auf der 2. und 3. Etage gearbeitet haben. Dieses Metallgerüst war unvollständig, es fehlten Fußwehren und in Segmenten Brust- und Mittelwehren sowie stirnseitig, also auf der Schmalseite, sämtliche Wehren. Auch waren keine Aufstiegshilfen bzw. Leitern vorhanden. Das Gerüst war freistehend nicht standsicher aufgestellt und nicht verankert. Es wurde von Pfosten durch Abspreizung gesichert. Die auf der 2. und 3. Etage beschäftigten Arbeitnehmer waren Arbeitnehmer der Firma x, was auch vom Vorarbeiter der Firma, der auf der Baustelle anlässlich der Kontrolle angetroffen wurde, bestätigt wurde. Insgesamt waren 5 bis 6 Arbeitnehmer der Firma x auf der Baustelle. Am Kontrolltag und im Arbeitsbereich der beiden Arbeitnehmer waren zum Kontroll-zeitpunkt kein Hubsteiger und keine Scherenbühne vorhanden. Die beiden Arbeitnehmer haben zum Tatzeitpunkt bei der Fensterkonstruktion Gummi montiert, eine Beschäftigung von einigen Minuten. Grundsätzlich wurden auf der Baustelle, auf der seit September 2013 von der Firma x gearbeitet wurde, Steiger und Scherenbühne verwendet. Das Gerüst wurde von der Baufirma etwa 2 Tage vor der Kontrolle aufgestellt. Bei der Anbringung der Gummi war das Gerüst im Weg und konnte der Steiger nicht verwendet werden. Aufgrund der jährlichen Sicherheitsunterweisungen wissen die Arbeitnehmer, dass ein unvollständiges Gerüst nicht verwendet werden darf. Sie wissen auch, wie ein Gerüst auszusehen hat. Weil aber nur kurzfristige Arbeiten, nämlich das Aufbringen der Gummi erforderlich war, wurde das Gerüst verwendet. Ein händisches Ausprobieren zeigte, dass das Gerüst augenscheinlich stabil war und es sind daher für diese kurzen Arbeiten die Arbeitnehmer hinaufgestiegen. Weil es sich nur um kurzfristige Arbeiten gehandelt hat, wurde auch die Baufirma nicht darauf hingewiesen, dass das Gerüst unvollständig ist. Auch gibt es seitens der Firma x die Anweisung, kein unvollständiges Gerüst zu besteigen. Der Firmenchef dürfte nicht wissen, dass die Arbeiten auf so einem Gerüst durchgeführt werden.

Der Beschuldigte ist auch Bauleiter der Baustelle gewesen und hat die Baustelle ein- bis zweimal wöchentlich kontrolliert, wobei bei seiner letzten Kontrolle vor der Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat das Gerüst noch nicht vorhanden war. Am Kontrolltag war der Beschuldigte erst nach erfolgter Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat auf der Baustelle. Neben der jährlichen Unterweisung durch die Firma x und die Arbeitsmedizin im Unternehmen gibt es auch Unterweisungen direkt für die Baustelle, welche der Vorarbeiter mit den Arbeitnehmern durchführt.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Verwaltungsakt aufliegenden Fotos sowie auf die Aussagen des einvernommenen Arbeitsinspektors und auch die Aussagen des als Zeugen vernommenen Arbeitnehmers x sowie auch auf die Ausführungen des BF in der mündlichen Verhandlung. Es ergaben sich keine Widersprüche bei den Aussagen der Zeugen und sind die Aussagen des Arbeitsinspektors auch durch die aufliegenden Fotos dokumentiert. Es bestehen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Die Aussagen können daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 58 Abs. 3 1. Satz Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.
Nr. 450/ 1994 idF. BGBl. II Nr. 33/2012, (zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) müssen bei Absturzgefahr nach § 7 Abs. 2 Ziffer 2 oder 4 die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein.

Gemäß § 58 Abs. 7 1. Satz BauV sind für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge, wie Leitergänge, Treppentürme, Außentreppen oder lotrechte, fest verlegte Leitern anzubringen.

Gemäß § 65 Abs. 4 1. Satz BauV muss jeder Steher eines mehrreihigen, frei-stehend nicht standsicheren Metallgerüstes verankert sein.

Gemäß § 7 Absatz 2 Z. 2 und 4 BauV liegt Absturzgefahr vor an Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen an oder über Gewässern oder anderen Stoffen, wenn die Gefahr des Versinkens besteht, an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

Gemäß § 130 Abs.5 Z. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder-holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundes-gesetz.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten und erwiesenen Sachverhaltes wurden eindeutig die Bestimmungen der BauV verletzt, indem die Arbeitnehmer auf einem Metallgerüst auf der 2. und 3. Etage arbeiteten, wobei Brust-, Mittel-und Fußwehren fehlten und auch keine Aufstiegshilfen vorhanden waren und das Gerüst auch nicht verankert war. Eine Scherenbühne oder ein Steiger waren zum Kontrollzeitpunkt im unmittelbaren Arbeitsbereich nicht vorhanden. Es wurden daher objektive Verletzungen nach § 58 Abs. 3 und Abs. 7 sowie § 65 Abs. 4 BauV gesetzt.

Jede Verletzung stellt ein gesondertes Delikt dar und ist gemäß dem Kumulationsprinzip nach § 22 VStG mit Strafe behängt. Die vom BF vorgebrachte Doppelbestrafung bzw. Tateinheit liegt hingegen nicht vor, weil das Erfordernis der Absturzsicherung hinsichtlich jeder Etage und auch hinsichtlich der Schmal-seite jeweils für sich ein Gebot und daher bei Nichtbefolgung eine Straftat bildet. Gleiches gilt auch für die sicher begehbaren Aufstiegshilfen oder Zugänge. Auch diese Nichtbeachtung stellt eine gesonderte Verwaltungsübertretung – unab-hängig von den übrigen Mängeln beim Gerüst - dar. Letztlich ist auch die fehlende Verankerung eine Pflichtverletzung und bildet einen Straftatbestand, ebenfalls unabhängig von dem Vorliegen der übrigen Verletzungen.

Es ist daher je Verletzung eine Verwaltungsübertretung anzunehmen und eine gesonderte Strafe zu verhängen.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der BF die Übertretungen gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

 

5.4. Der BF bestreitet ein Verschulden.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Ober-aufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungs-gerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeit-nehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Der BF hat zu seinem Verschulden nichts vorgebracht und kein Vorbringen und keine Beweismittel zur Entlastung beigebracht. Wöchentliche Baustellen-kontrollen reichen hingegen nicht aus. Weitere Vorsorgemaßnahmen wurden vom BF hingegen nicht getroffen. Insbesondere hatte er keine Kenntnis vom Gerüst und auch keine Überprüfung vor der Benützung durch die Arbeitnehmer durchgeführt. Es war daher im Sinne der zitierten Bestimmung von Fahrlässigkeit und daher schuldhaftem Verhalten auszugehen.

 

5.5. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Strafmildernd wurde nichts gewertet, straferschwerend waren rechtskräftige Vorstrafen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu ver-zeichnen.

Diesen Angaben ist der BF auch in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten und können diese Angaben auch der nunmehrigen Strafbemessung zugrunde gelegt werden. Auch sind im Beschwerdeverfahren keine strafmildernden Umstände hervorgetreten. Es kann daher vom Landesverwaltungsgericht nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Vielmehr ist der BF darauf hinzuweisen, dass das Gerüst äußerst mangelhaft war, Leben und Gesundheit von 2 Arbeitnehmern gefährdet war und auf Grund der Absturzhöhe ein erhöhtes Gefährdungspotenzial vorhanden war. Dies war im Rahmen der objektiven Strafbemessung beim Unrechtsgehalt der Tat zu berücksichtigen. Darüber hinaus befinden sich die jeweils verhängten Geldstrafen noch im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Aufgrund der rechtskräftigen einschlägigen Vorstrafen ist sogar der erhöhte Strafsatz im Wiederholungsfall  anwendbar. Die jeweils verhängten Geldstrafen und Ersatz-freiheitstrafen sind daher tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des BF angepasst. Es können daher die verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen bestätigt werden.

Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Rechtsgutes der Gesundheit und Unversehrtheit der Arbeitnehmer war auch nicht von einem geringfügigen Verschulden auszugehen. Es lag daher auch kein Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs. 1 Z.4 VStG vor. Es war daher auch nicht mit einer Ermahnung vorzugehen.

Da keine Milderungsgründe zu verzeichnen waren, liegen auch nicht die Voraus-setzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG vor.

 

6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind 960 Euro, gemäß § 52 Abs.1 und 2 VwGVG festzulegen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­urteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Ilse Klempt