LVwG-410222/3/MB/BZ LVwG-410223/4/MB/BZ

Linz, 05.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerden der x beide vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Wels (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels) vom 23. Mai 2012, GZ S-4169/12, S-4170/12, betreffend Beschlagnahme von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben und der angefochtene Beschlagnahme­bescheid aufgehoben.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Wels (nunmehr: Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels) vom 23. Mai 2012, GZ S-4169/12, S-4170/12, der sowohl der Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: ErstBfin) und der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden ZweitBfin) als auch dem Finanzamt zugestellt wurde, hat die belangte Behörde über die am 8.3.2012 ab 10:40 Uhr durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal "X", x, durchgeführte vorläufige Beschlagnahme von näher konkretisiertem Gerät wie folgt abgesprochen:

"Gemäß § 53 Abs. 1 Zi. 1 lit. a Glücksspielgesetz BGBl.Nr. I 73/2010 wird von der Bundespolizeidirektion Wels zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes mit der Gehäusebezeichnung

 

  • X Sportwetten, Nr. 30550,

 

angeordnet."

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das genannte Gerät am 8.3.2012 ab 10.40 Uhr von Organen der Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal "X" in x, gemäß § 53 Abs 2 GSpG vorläufig in Beschlag genommen und Frau x eine Bescheinigung über diese Beschlagnahme ausgestellt wurde. Die Beschlagnahme sei vorzunehmen gewesen, um sicher zu stellen, dass mit dem genannten Gegenstand nicht fortgesetzt oder wiederholt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird. Es sei das im Spruch angeführte Gerät mit der im Spruch angeführten Gehäusebezeichnung betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden. Mit diesem Glücksspielgerät seien seit mindestens 1.11.2009 wiederholt Glücksspiele in Form von Wetten auf bereits in der Vergangenheit stattgefundener und aufgezeichneter virtueller Hunde- oder Pferderennen durchgeführt worden. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in der Höhe des jeweils Mehrfachen des gewählten Einsatzes habe der Verdacht bestanden, dass mit dem Gerät durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorgelegen habe.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und unter Wiedergabe der einschlägigen Rechtsgrundlagen gelangt die belangte Behörde im Wesentlichen zu der Beurteilung, dass es sich bei den auf dem vorläufig beschlagnahmten Gerät angebotenen Spielen um Wetten auf bereits in der Vergangenheit stattgefundener und aufgezeichneter virtueller Hunde- oder Pferderennen handle. Die Spiele seien deshalb als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wird, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Bei den Hunde- und Pferderennen habe der Spieler die Möglichkeit, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunde- oder Pferderennen abzuschließen. Die Wiedergabe dieser virtuellen Rennabläufe stelle keine sportliche Veranstaltung dar, die Wettkunden können nur einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Die Wettkunden haben keinen Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Rennergebnisse und es lägen keine Informationen über die angeblichen Rennen vor. Die Entscheidung über den Spielausgang sei daher ausschließlich vom Zufall abhängig.

 

Die ErstBfin habe seit 1.11.2009 das im Spruch angeführte Glücksspielgerät im angeführten Lokal "X" selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Sie habe Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 1 Glücksspielgesetz veranstaltet, da sie als Unternehmerin Glücksspiele veranstaltet habe, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden sei. Da für diese Ausspielungen keine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erteilt worden sei und eine Ausnahme gemäß § 4 Glücksspielgesetz nicht vorliege, seien diese Ausspielungen verboten.

 

Die ZweitBfin sei zweifelsfrei Eigentümerin des im Spruch angeführten Glücksspielgeräts, da sie die beliebige Verfügungsgewalt über dieses Gerät habe.

 

Von den Organen der Finanzpolizei seien am im Spruch angeführten Gerät Testspiele durchgeführt worden und auf Grund der bei den Testspielen getätigten Einsätze und der dazu in Aussicht gestellten Gewinne sei in Verbindung mit der festgestellten Betriebsdauer der Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes erwiesen sowie der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG gerechtfertigt gewesen, weshalb die Organe der Abgabenbehörde daher befugt gewesen seien, das Gerät aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen.

 

Der konkrete Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes, habe sich dadurch ergeben, weil bei dem betreffenden Glücksspielgerät vorwiegend Wetten auf bereits in der Vergangenheit stattgefundener und aufgezeichneter virtueller Hunde- oder Pferderennen angeboten wurden. Die Spiele seien deshalb als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs 1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wurde, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Bei den Hunde- und Pferderennen habe der Spieler die Möglichkeit, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunde- oder Pferderennen abzuschließen. Die Wiedergabe dieser virtuellen Rennabläufe würde keine sportliche Veranstaltung darstellen. Die Wettkunden könnten nur einen Einsatzbetrag und einen oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Die Wettkunden hätten keinen Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Rennergebnisse und es lägen keine Informationen über die angeblichen Rennen vor. Der Spieler könnte nur ein Spiel auswählen, worauf das Glücksspielgerät elektronisch und vom Zufall abhängig auswählte, welches Rennen abgespielt wurde. Die Entscheidung über den Spielausgang sei daher ausschließlich vom Zufall abhängig. Diese Glücksspiele seien in Form einer Ausspielung von einem Unternehmer veranstaltet worden, der nicht über die dafür erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz verfüge. Somit sei fortgesetzt gegen die Bestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz verstoßen worden.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen sei für die belangte Behörde erwiesen, dass die gesetzlichen Vorausaussetzungen für eine Beschlagnahme vorlägen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, getrennt eingebrachten und rechtzeitigen Berufungen vom 8. Juni 2012.

 

Begründend wird in den Schriftsätzen im Wesentlichen gleichlautend ausgeführt, dass es sich bei den auf dem beschlagnahmten Gerät verfügbaren Hunde- und Pferderennen um kein Glücksspiel, sondern um eine Wette handle, da dem Kunden alle für den Abschluss der Rennen notwendigen Informationen zur Verfügung stehen würden. Der Feststellungen der Behörde würden sich dabei nur auf die (unvollständigen) Ermittlungsergebnisse der beschlagnahmenden Beamten beziehen. Völlig unbegründet sei zudem die Beschlagnahme des Media PC. Der Wettkunde könne mittels eines Internetterminals wie auch mit jedem PC Sportwetten abschließen, die nicht unter das Glücksspielgesetz subsumierbar seien.

 

Nachfolgend wird aufgrund der Judikatur des EuGH und in Berufung auf die einschlägige Literatur, die Unanwendbarkeit der glücksspielrechtlichen Beschlagnahmebestimmungen vorgebracht. Die auf dem beschlagnahmten Internetterminal angebotenen Wetten seien nicht von der ZweitBfin, sondern von der in Malta ansässigen ErstBfin angeboten worden.

 

Weiters wird die Glücksspielqualität der gegenständlichen Hunde- und Pferderennen bestritten die Anträge gestellt, es möge eine mündliche Verhandlung durchgeführt und in Stattgebung der gegenständlichen Berufungen der angefochtene Beschlagnahmebescheid raschest möglich ersatzlos behoben werden.

I.3. Mit Schreiben vom jeweils 8. und 12. Juni 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufungen die bezughabenden Verwaltungsakten.

 

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass zu der Beschlagnahme des in Rede stehenden Gegenstandes den beiden Parteien mehrere Schriftstücke zu GZ S-4169/12, S-4170/12, datiert mit jeweils 23. Mai 2012, jeweils am 25. Mai 2012 zugestellt wurden (konkret: zu Handen der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerinnen – siehe aktenkundige Rückscheine). Diese Schriftstücke waren daher – da sie gleichzeitig erlassen wurden (konkret: am 25. Mai 2012) und einander auch nicht widersprechen – nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates in Zusammenschau als ein Bescheid zu werten und waren die vorliegenden Berufungen daher zur gemeinsamen Entscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat zu verbinden.

 

I.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere die im Akt einliegende Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

I.5. Gemäß § 51c VStG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Fassung entschied der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied mit Entscheidung vom 16. August 2012, VwSen-740094/2/MB/JK/WU, VwSen-740095/2/MB/JK/WU und führte in rechtlicher Hinsicht auszugsweise wie folgt aus:

"3.2.4. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097) ist von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftatbestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte. Da nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme auch dann zulässig ist, 'wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist', stellt sich auch nicht die Frage, 'welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen'.

 

Die vorliegende Beschlagnahme erfolgte aufgrund eines Verdachtes, dass gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird. Dieser Verdacht iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch) ausreichend substantiiert sein (VwGH 26.1.2009, 2005/17/0223 und 2008/17/0009; 10.5.2010, 2009/17/0202; vgl. jüngst auch VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097).

 

Hinsichtlich des Charakters der an dem beschlagnahmten Gegenstand (FA-Nr. 22) verfügbaren Hunde- und Pferderennen ergibt sich aufgrund des unter Pkt. 2.3. skizzierten Spielablaufes – entgegen den Behauptungen in der Berufung – der Verdacht, dass das Spielergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind. Anders als bei Sportwetten unterscheidet sich das 'Setzen' auf eine bestimmte Reihenfolge des Einlaufes von Hunden bzw. Pferden bei maschinell zufällig ausgewählten bzw. zentralseitig zufällig bestimmten, aufgezeichneten Rennen nicht wesentlich vom Spiel an elektronischen Apparaten, die zufällig bestimmte Zahlen- oder Symbolkombination kreieren. Der Spieler hat keinen Einfluss auf das Spielergebnis, welches ausschließlich von der zufälligen Auswahl durch den Apparat bzw. von der zentralseitigen zufälligen Bestimmung abhängt (statt vieler VwGH 27.4.2012, 2008/17/0175).

 

Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Behauptung der Bw, wonach bei dem gegenständlichen Terminal neben den Namen der teilnehmenden Hunde, auch die Historie der einzelnen Rennteilnehmer sowie der Veranstaltungsort ersichtlich seien, zutrifft. Selbst bei Wahrunterstellung würden diese dem Kunden zur Verfügung gestellten Daten den gegenständlichen Rennen ihren Glücksspielcharakter nicht nehmen. Die Teilnehmer des in der Vergangenheit stattgefundenen Rennens sind dem Kunden aus eigener Wahrnehmung völlig unbekannt. Im Gegensatz zu einem in der Zukunft stattfindenden Rennen, über welches der Kunde alle ihm von Bedeutung erscheinenden Informationen selbst einholen kann, um seine Chancen abschätzen zu können, ist er beim Setzen auf ein aufgezeichnetes, zufällig ausgewähltes Rennen auf die vom Gerät oder zentralseitig bestimmten (und beschränkten) Informationen angewiesen (vgl. VwGH 15.3.2012, 2012/17/0042). Derartige allenfalls zur Verfügung gestellten Informationen ermöglichen jedoch keine denklogischen Schlussfolgerungen auf das Ergebnis von in der Vergangenheit stattgefundenen und zufällig ausgewählten Rennen. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgenden Rennstarts, die eine sinnvolle Verwertung der Informationen nahezu unmöglich machen.

Wie bereits ausgeführt hat der Kunde bei den gegenständlichen Hunde- und Pferderennen – ungeachtet des Zutreffens der von den Bw aufgestellten Behauptung – somit keine Einflussnahmemöglichkeit auf das Zustandekommen eines bestimmten Rennergebnisses. Auch hängt die Entscheidung über das Spielergebnis von der zufälligen Auswahl durch das Gerät bzw. von der zentralseitig bestimmten zufälligen Auswahl und damit vorwiegend vom Zufall ab. Es liegt daher jedenfalls ein Glücksspiel iSd § 1 Abs. 1 GSpG vor.

 

Weiters handelt es sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund des oa. Gerätes mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es auch im Rahmen dieses Beschlagnahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs. 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs. 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw. Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gem. § 2 Abs. 4 leg.cit. vor.

 

Nochmals zusammengefasst soll hier festgehalten werden, dass im Beschlagnahmeverfahren nach stRspr. des Verwaltungsgerichtshofes (noch) dahinstehen kann, ob es sich bei den gegenständlichen Ausspielungen um 'elektronische Lotterien' iSd § 12a GSpG oder um Ausspielungen mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 3 leg.cit. handelt; denn als strafrechtlicher Anknüpfungspunkt, auf den sich der begründete Verdacht nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG bezieht, dient ausschließlich das Vorliegen einer verbotenen Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 GSpG. In beiden Fällen ist die Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG vorgesehen (vgl VwGH 10.05.2010, 2009/17/0202 mwN). Der für die Beschlagnahme nach § 53 GSpG erforderliche Verdacht liegt auch vor, wenn die beschlagnahmten Geräte als 'elektronische Lotterien' (im Besonderen auch Video-Lotterie-Terminals) anzusehen sind (vgl VwGH 04.11.2009, Zl. 2009/17/0147). Eine abschließende Klärung, ob ein Glücksspielautomat iSd § 2 Abs 3 GSpG oder ein Gerät (Terminal) vorliegt, bei dem das Spielergebnis zentralseitig (über einen Server im Internet) herbeigeführt wird, ist für die Rechtmäßigkeit des Beschlagnahmebescheids nicht von Bedeutung (vgl VwGH 27.04.2012, Zl. 2011/17/0074 unter Hinweis auf VwGH 27.01.2012, Zl. 2011/17/0269).

 

Da im Beschlagnahmeverfahren der begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen die Bestimmungen iSd § 52 Abs. 1 GSpG genügt und im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens 'noch keine endgültige und gesicherte rechtliche Beurteilung der Spiele erforderlich' ist (VwGH 26.01.2009, 2005/17/0223), braucht eine abschließende Beurteilung der Spiele und eine abschließende Klärung, ob die beschlagnahmten Geräte tatsächlich Glücksspielautomaten oder ein sonstiger Eingriffsgegenstand iSd GSpG sind oder nicht (VwGH 03.07.2009, 2005/17/0178), im gegenständlichen Beschlagnahmeverfahren – anders als in einem Straferkenntnis – (noch) nicht getroffen zu werden.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der entsprechend substantiierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglich-Machung bzw. Beteiligung (§ 52 Abs. 1 Z 1 leg.cit.) bzw. die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit dem oa. Gegenstand seit ca. 1,5 Jahre bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachtem Spieleinsatz der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen in der Niederschrift des Finanzamtes und wird auch von den Bw dem Grunde nach nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig iSd Rsp. des Verwaltungsgerichtshofes – dh 'fortgesetzt' – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 (insbes. Z 1 bzw. Z 6) GSpG verstoßen wird (vgl. eingehend VwGH 20.12.1999, 97/17/0233).

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Bw in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ebenso nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG nicht ausschlaggebend, ob die Bw selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele sind bzw. ob diese Spiele auf ihre Rechnung betrieben wurden. 'Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, unerheblich ist es hingegen, ob (auch) der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat.'

Vor diesem Hintergrund geht daher das Berufungsvorbringen, wonach die auf dem gegenständlichen Internetterminal angebotenen Wetten nicht von der ZweitBw, sondern vielmehr von der ErstBw angeboten wurden und werden, ins Leere. Ob der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz durch die Bw selbst oder jemand anderen begründet ist, ist im Beschlagnahmeverfahren nicht von Relevanz.

 

3.2.5. Die in der Berufung vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz greifen nicht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl.2011/17/0068, mit der Judikatur des EuGH (insb Urteil v 8.09.2010,
Rs C-316/07 ua, Rechtssachen Placanica und Stoß, und Urteil v 9.09.2010,
Rs C-64/08, Rechtssache Engelmann) zum Art 43 und 49 EGV (nunmehr Art 49 und 56 AEUV) und weiter im darauffolgenden Erkenntnis vom 20. Juli 2011,
Zl. 2011/17/0097, damit befasst. Dabei hat er ausgesprochen, dass aus der jüngeren Judikatur des EuGH nicht abgeleitet werden könne, dass das Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) der Anwendung jeglicher nationaler Vorschrift auf dem Gebiet des Glücksspielwesens entgegenstünde, sobald nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform ist. Die Verpflichtung zur Nichtanwendung nationaler Rechtsvorschriften bestehe nach der Rechtsprechung des EuGH nur für solche Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu Unionsrecht stehen. So könne eine nationale Vorschrift, die das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform (Aktiengesellschaft) für die Verleihung einer Konzession auf dem Gebiet des Glücksspielwesens normiere, für sich nicht unionsrechtlich bedenklich sein. Eine aus der Rechtsprechung des EuGH ableitbare Unanwendbarkeit von Sanktionen gegenüber Personen, denen unionsrechtswidriger Weise die Erlangung einer Konzession verwehrt worden wäre, greife etwa gegenüber einem Rechtsträger in Form einer GmbH nicht. Dies sei auch auf die Rechtsform der Limited zu übertragen.

Entsprechend der vom EuGH in der Rechtssache Engelmann (Urteil v 9.09.2010, Rs C-64/08) mit Rücksicht auf das Transparenzgebot geforderten Ausschreibung wurde die österreichische Rechtslage der §§ 14 und 21 GSpG zur Konzessions-vergabe bekanntlich inzwischen geändert (BGBl I Nr. 111/2010) und eine öffent-lich Interessentensuche vorgesehen, wobei sich auch Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz im Hoheitsgebiet von anderen Mitgliedsstaaten bewerben können.

 

Auch aus der Rechtssache Dickinger und Ömer (Urteil v 15.09.2011,
Rs C-347/09) lässt sich die in der Berufung behauptete Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols und die Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen nicht ableiten. Der EuGH hat in dieser Entscheidung zur österreichischen Rechtslage festgehalten, dass ein Mitgliedstaat, der bestrebt ist, ein besonderes Schutzniveau für Verbraucher im Glücksspielsektor zu gewährleisten, Grund zu der Annahme haben kann, dass ihm nur die Errichtung eines Monopols zugunsten einer einzigen Einrichtung, die von den Behörden genau überwacht wird, erlaubt, die Kriminalität in diesem Sektor zu beherrschen und hinreichend wirksam zu verfolgen. In diesem Zusammenhang können auch gewisse verhältnismäßige Beschränkungen des Monopolinhabers erforderlich sein: Etwa kann das Erfordernis einer bestimmten Rechtsform der Glücksspielanbieter durch das Ziel der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung gerechtfertigt sein; ebenso kann sich das Erfordernis, über ein Gesellschaftskapital in einer bestimmten Höhe zu verfügen, als nützlich erweisen, um eine gewisse Finanzkraft des Anbieters zu gewährleisten und sicherzustellen, dass er in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die er gegenüber Gewinnern haben könnte. Das Unionsrecht sei auch derart auszulegen, dass – um mit den Zielen der Kriminalitätsbekämpfung und der Verringerung der Spielgelegenheiten im Einklang zu stehen – eine nationale Regelung nur den Einsatz maßvoller Werbung zulassen darf.

 

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben.

 

Im zitierten Urteil des EuGH in der Rechtssache Dickinger und Ömer hält der Gerichtshof fest, dass es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei steht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele – im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung – festzulegen. Es steht durchaus im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, wenn der österreichische Gesetzgeber davon ausgeht, dass das Glücksspielmonopol vorrangig ordnungspolitischen Zielen (wie Verbraucherschutz iSv Spielerschutz sowie soziale Sicherheit der Familien und Kinder, Jugendschutz, Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Kriminalitätsabwehr, Wettbewerbsfairness – vgl. eingehend RV 657 BlgNR 14. GP) dient (vgl. die Erl der RV 1067 und AB 1139 BlgNR 17. GP; weiters Strejcek/Bresich, Glücksspiel-gesetz-Kommentar [2009], 24 und Rz 9 ff zu § 3 GSpG).

 

Eine entsprechende Aufsicht über die Ausübung der Konzessionen durch den Bundesminister für Finanzen ist ausdrücklich im § 31 GSpG vorgesehen. Durch das Erfordernis eines gewissen Stamm- und Grundkapitals für die Erteilung einer Konzession (nach § 14 Abs 2 und nach § 21 Abs 2 GSpG) will der Gesetzgeber sicherstellen, dass 'das verlangte eingezahlte Eigenkapital dem konzessionierten Spielbetrieb bei Konzessionsantritt als Haftungsstock auch unbelastet zur Verfügung steht' (RV 981 BlgNR 14. GP zu § 14 und zu § 21 GSpG). Weiters wird im § 56 Abs 1 GSpG normiert, dass bei Werbeauftritten ein 'verantwortungsvoller Maßstab' zu wahren ist, was im Aufsichtswege überwacht wird.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates hat die Berufung keine hinreichend schlüssige Argumentation vorgebracht, warum die geltende Regelung nicht im Sinne der Judikatur des EuGH verhältnismäßig sein soll. Deshalb sind beim Oö. Verwaltungssenat auch keine Bedenken wegen der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit aufgekommen. Von der schlechthin behaupteten Unanwendbarkeit von glücksspielrechtlichen Bestimmungen kann überhaupt keine Rede sein.

 

Die Anregung in den Berufungen, einen Antrag auf Vorabentscheidung an den EuGH zu stellen, werden seitens des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates im Lichte dieser aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung daher nicht aufgegriffen.

 

4. Aufgrund des hinreichend substantiierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

I.6. Gegen dieses Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates erhoben sodann sowohl die ErstBfin als auch die ZweitBfin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof gab dieser Beschwerde Folge und hob den Bescheid des Oö. Verwaltungssenates mit Erkenntnis vom 7. Jänner 2014, 2012/17/0448-6, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

 

In der Begründung verwies der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf sein Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0507. In diesem konstatierte er unter Hinweis auf den Verfassungsgerichtshof, dass nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von 10 Euro vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit und nicht länger von der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für eine Beschlagnahme nach § 53 GSpG auszugehen sei. Ein Verdacht iSd § 53 Abs 1 lit a GSpG müsse im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz und der Erlassung der Berufungsentscheidung vorliegen. Dabei habe die Berufungsbehörde allfällige in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen bzw auf Einwände der Parteien einzugehen.

 

 

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013 gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gehört hat.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass auch im neuen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich von einer Bindungswirkung der Verwaltungsgerichte an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes iSd § 63 Abs 1 VwGG auszugehen ist.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht aufgrund der Aktenlage sowie aufgrund der Auswertung von Erhebungsergebnissen aus anderen Berufungsverfahren zu artgleichen Geräten von folgendem  S a c h v e r h a l t  aus:

 

II.2.1. Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 8. März 2012 im Lokal "x" in x, durchgeführten Kontrolle wurde ein Wettterminal mit der Seriennummer 30550 aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden. In der Folge wurden dieses Gerät vorläufig beschlagnahmt.

 

Laut Anzeige sei die ZweitBfin die Eigentümerin des Wettterminals und die Veranstalterin der angebotenen Hunderennen die ErstBfin.

In einem Antrag auf Ausfolgung vom 12. April 2012 wird dies bestätigt. Die ZweitBfin teilt darin mit, Eigentümerin des im Lokal "Wettcafe x" in x beschlagnahmten Internetterminals der Marke X mit der Seriennummer 30550 zu sein, und nennt die ErstBfin als Veranstalterin sämtlicher auf diesem Terminal angebotenen Sportwetten.

 

II.2.2. Der Spielablauf stellt sich generalisierend wie folgt dar:

 

Bei dem gegenständlichen Gerät konnten "Wetten" auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abgeschlossen werden.

 

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des gewünschten Spieleinsatzes und nach Festlegen eines vermuteten Rennergebnisses konnte die "Wette" durch Betätigung einer entsprechenden virtuellen Bildschirmtaste abgeschlossen werden. Über Wunsch wurde ein Wettschein ausgedruckt. Die aufgezeichneten, bereits in der Vergangenheit stattgefundenen, allenfalls nur mit einer fortlaufenden Nummerierung gekennzeichneten Rennen wurden am Bildschirm dargestellt. Nach dem Zieleinlauf wurden die ersten Drei in Zeitlupe oder mit Standbild noch einmal kurz gezeigt. Der Kunde konnte nur aufgrund von Vermutungen eine Nummer oder Farbe wählen, durch welche jeder Hund gekennzeichnet war. Auf diese Weise konnte eine "Wette" auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten, allenfalls auch noch auf den dritten durch das Ziel laufenden Hund abgeschlossen werden. Jedem möglichen Einlaufergebnis war eine bestimmte Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt war. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnete sich durch Multiplikation des gewählten Einsatzbetrags mit der dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote.

Beim gegenständlichen Gerät stellten die Organe der Finanzpolizei laut Anzeige der Abgabenbehörde vom 23. Mai 2012 (vgl die von der belangten Behörde übermittelten Kopien unter ON 4) aus nicht nachvollziehbaren Gründen - entgegen der sonst üblichen Praxis von diesen Erhebungsorganen bei Probespielen - keine möglichen Gewinn-Quoten und auch keinen Maximaleinsatz mit dazu in Aussicht gestelltem Höchstgewinn fest, obwohl diese Punkte im Vordruck einer Tabelle des Anzeigedokuments sogar ausdrücklich vorgesehen sind. Es wurde nur der Mindesteinsatz von 1 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 42,10 Euro (was einer entsprechenden Quote entspricht) in der Anzeige angeführt. Außerdem wurde auch entgegen der sonst üblichen Praxis kein ordnungsgemäß ausgefülltes Dokumentationsformular GSp26c für Wettannahmegeräte angeschlossen.

 

Aus der Fotobeilage (3 Bilder) vom gegenständlichen Wettannahmegerät (vgl die von der belangten Behörde übermittelten Kopien unter ON 4) ist ersichtlich, dass es um "Power Races" und um ein Angebot von X (mit kreisrundem Logo) geht. Auf den beiden ausgedruckten Wettscheinen (vgl wiederum die von der belangten Behörde übermittelten Kopien unter ON 4) vom 8. März 2012 über "PowerDogs" Wetten wird - wie auch am Bildschirm auf dem Bild 03 erkennbar ist – zunächst die Rennnummer, dann die Wettart mit "Exacta" und danach mögliche Tips (nach dem Quotenplan) und schließlich die dazugehörige Quote angegeben. In diesem Zusammenhang scheint der um 11:00 Uhr ausgedruckte Wettschein Nr. 60653-021.681.343 für eine einzige Wette "Exakta 3 – 6" - neben der schon in der Anzeige genannten Quote von 42,10 für 1 Euro Einsatz - unter dem Strich für einen Gesamteinsatz von 11 Euro einen möglichen Maximalgewinn von 463,10 Euro (= 11 x 42,10) auszuweisen, womit bereits eine Einsatzleistung über 10 Euro für eine Wette als zumindest möglich erkennbar ist.

 

II.2.3. Der vormals zuständige Oö. Verwaltungssenat hat in anderen Berufungsverfahren zu den Einsatzmöglichkeiten am Wettterminal der Marke X der Firma x entscheidungswesentliche Umstände wie folgt erhoben:

 

Im Berufungserkenntnis VwSen-360060/10/AL/Ba vom 6. August 2013 (vgl unter ON 3 die zu VwSen-360096 als ON 11 vorgelegte Kopie) wurde festgestellt, dass in diesem Verfahren bei einem gleichartigen Gerät (Wettterminal) der Marke X die finanzpolizeilichen Ermittlungen aus Anlass der durchgeführten Probespiele höchstmögliche Gewinn-Quoten von 106,40 und 128,10 ergaben. Die in diesem Verfahren aktenkundig gewordene Gerätebuchhaltung eines baugleichen Geräts der Marke X (vgl dazu unter ON 3 die Stellungnahme des Bw vom 19.12.2012 mit Beilage "Gerätebuchhaltung" = ON 22 zu VwSen-360096) weist nicht nur Einzeleinsätze von über 10 Euro je Einzelspiel (etwa 11, 15 und 30 Euro je Einzelspiel) aus; vielmehr geht aus ihr auch klar und eindeutig hervor, dass an diesem Gerät in bemerkenswert kurzen zeitlichen Abständen (oft innerhalb weniger als einer Minute!!) Spieleinsätze tatsächlich geleistet wurden.

 

Im Berufungsverfahren VwSen-360096 wurde mit der Eingabe ON 9 (vgl wiederum Kopie unter  ON 3) eine Gerätebuchhaltung für ein artgleiches Wettannahmegerät X vorgelegt, aus der ein geleisteter Einzeleinsatz von 18 Euro am 28. Februar 2012 hervorgeht.

 

Der Rechtsvertreter des Bw hat zu VwSen-360096 glaubhaft dargelegt (vgl Eingaben ON 11 und 19; im ggst Akt einliegend unter ON 3), dass alle Wettterminals der Marke X baugleich sind und über dieselben Einsatzmöglichkeiten verfügen. In der Eingabe vom 15. November 2013 (ON 19 zu 360096) wurde plausibel erläutert, dass sämtliche Wettmöglichkeiten im Wege des Internets zentralseitig von X (Malta) Ltd. angeboten werden und nie eine Einsatzbeschränkung auf 10 Euro vorgesehen war. Eine solche Beschränkung bei einzelnen Geräten wäre angesichts der vielen hundert in Betrieb stehenden Terminals technisch nicht machbar und auch wirtschaftlich unvernünftig.

 

In der vorgelegten Eidesstättigen Erklärung vom 11. November 2013 des x, Vertriebsleiter der die X GmbH (vgl Kopie unter ON 3), wird versichert, dass an sämtlichen Standorten von Wettterminals der Marke "Tipomat", in welcher Version auch immer, die gleichen Wetten zu gleichen Konditionen und mit denselben Einsatzmöglichkeiten angeboten werden und dass es nie eine Beschränkung von Wetteinsätzen auf 10 Euro gab. Es seien immer Wetteinsätze weit darüber bis zu einigen hundert Euro möglich gewesen. Das gelte sowohl für klassische Sportwetten als auch für Wetten auf aufgezeichnete Hunde- und Pferderennen.

 

Untermauert werden diese glaubhaften Angaben des x durch weitere mit der Eingabe ON 19 zu VwSen-360096 vorgelegte Beweismittel betreffend die Einsatzmöglichkeiten über 10 Euro beim Internetterminal X (vgl Kopien aus VwSen-360096 unter ON 3). Dem GSp26c-Dokumentationsformular zu einem Wettterminal "X II" aus einer Kontrolle vom 9.5.2012 in einem x Lokal sind Eintragungen der Organe der Finanzpolizei zu entnehmen, wonach 20 Euro am Wettterminal eingesetzt wurden und vermutlich ein Höchsteinsatz von 500 Euro möglich gewesen wäre.

 

So ging es auch im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 13. September 2013, B 635/2013, um ein Glücksspielgerät X mit Wetten auf virtuelle Hunderennen ("Power Races") und einem Mindesteinsatz von 1 Euro, bei dem ein fixer Höchsteinsatz zwar nicht festgestellt wurde, die Organe des Finanzamtes aber ein Testspiel mit dem festgestellten Spieleinsatz von 27 Euro durchführten.

Weiters wird in den vorgelegten vier Berufungsbescheiden des UVS Vorarlberg je vom 1. Oktober 2013, UVS-1-797/E9-2013, UVS-1-798/E9-2013, UVS-1-804/E9-2013, UVS-1-805/E9-2013, betreffend Abweisung von Amtsberufungen des Finanzamtes Landeck Reutte Landeck im Fall von gleichartigen Geräten jeweils festgestellt, dass sich aus der Anzeige des Finanzamtes eine Einsatzmöglichkeit über 10 Euro ergibt. Im Rahmen von Testspielen seien bei einer sog. "Exacta Wette" Einsätze von 12 Euro tatsächlich geleistet worden, was im Erhebungsdokument GSp26c der Finanzpolizei angeführt wurde.

 

Unter Bezugnahme auf den aktenkundigen Wettschein betreffend einen Einsatz von 11 Euro für eine "Exakta Wette" (vgl oben unter Punkt II.2.2.) und die zahlreichen aktenkundigen Beweisurkunden samt den Gerätebuchhaltungen betreffend ausgewiesene Einsätze über 10 Euro an gleichartigen Geräten, sieht es das Oö. Landesverwaltungsgericht als erwiesen an, dass auch am verfahrensgegenständlichen Wettterminal X mit sog. "Exakta Wetten" Einsätze von über 10 Euro pro Wette zumindest möglich waren.

 

II.2.4. Wie sich auch aus dem Erkenntnis vom 6. August 2013, VwSen-360060/10/AL/Ba, des Oö. Verwaltungssenates ergibt, hatten die Wettkunden beim Wettterminal X keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Spielergebnisse. Sie konnten nur einen Einsatz wählen und eine Wette auf Sieg oder allenfalls auf Platzierungen abschließen. Danach war der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 30 Sekunden dauernde Rennereignis abzuwarten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststand. Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler somit nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit vom Zufall ab.

 

Aufgrund der bestätigten Baugleichheit aller Wettterminals der Marke X gelangt der erkennende Richter zur Annahme, dass somit auch an dem verfahrensgegenständlichen Gerät die Möglichkeit von Einsätzen über 10 Euro sowie zu Serienspielen iSd OGH-Judikatur bestanden hat.

 

 

III. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

In der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Die ErstBfin ist unbestritten Veranstalterin der angebotenen Hunderennen und die ZweitBfin ist – ebenso unbestritten – Eigentümerin des Gerätes.

Die gegenständlichen Beschwerden sind daher zulässig.

IV.2. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler x vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22.8.2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

In seiner Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

"[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249).

IV.3. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

IV.4. Durch die Normierung der allgemeinen ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich, dass die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013, Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (siehe VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013 Rz 30; "...Abgrenzungsregelung...") und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPzEMRK in Einklang bringt (vgl VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013, ebenso VfGH vom 26.6.2013, B 63/2013), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Landesverwaltungsgericht aufgrund der vorgebrachten Beschwerdegründe (§ 9 Abs 1 Z 3 VwGVG) durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die Abgrenzung einer allfälligen verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit von der Strafbarkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bringt.

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – hatte des Oö. Landesverwaltungsgericht daher nunmehr die selbstständige strafrechtliche Beurteilung vorzunehmen.

IV.5. Der am 1. März 2014 in Kraft getretene § 52 Abs 3 GSpG (idF BGBl I Nr. 13/2014) sieht für das Glücksspielrecht entgegen der dargelegten Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und dem § 22 Abs 1 VStG eine umgekehrte Subsidiaritätsregel wie folgt vor:

"Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen."

Ob diese gesetzliche Umkehrung des Wesens der Scheinkonkurrenz in der Erscheinungsform der Subsidiarität, wonach prinzipiell die verwaltungsrechtliche hinter der gerichtlichen Strafbarkeit zurücktritt und im Ergebnis keine verfolgbare Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben. Denn eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität kann nicht rückwirkend aufgehoben werden (vgl auch § 1 Abs 2 VStG). Bis zum 1. März 2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume bis zum 1. März 2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen wie zB Verjährung) kann die Anwendbarkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl bereits VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und jüngst mwN VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507). Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern. Eine einmal eingetretene Subsidiarität ist somit endgültig.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre es außerdem unzulässig, eine bereits verjährte Tat wieder verfolgbar/strafbar zu machen (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 1 Rz 17 uHa VfSlg 11.212/1987). Die gegenständliche gerichtlich strafbare Anlasstat (vgl dazu Punkt IV.6.) war mit der Beschlagnahme am 8. März 2012 abgeschlossen und im Hinblick auf die Strafbarkeitsverjährungsfrist des § 57 Abs 3 StGB (1 Jahr) schon vor dem Inkrafttreten des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I Nr. 13/2014 verjährt.

IV.6. Die strafrechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ergibt Folgendes:

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

Wie im vorliegenden Fall für das Oö. Landesverwaltungsgericht aus den Tatsachenfeststellungen unter Abschnitt II.2., insbesondere den im Einzelnen dargestellten Beweisurkunden (vgl Punkt II.2.3.) klar hervorgeht, ist bei den Spielen auf dem in Rede stehenden Wettterminal X mit den Hunderennen "Power Races" ein Einzeleinsatz von mehr als 10 Euro möglich gewesen und wie an gleichartigen Geräten höchstwahrscheinlich auch tatsächlich geleistet worden. Aus den zum Akt genommenen Gerätebuchhaltungen betreffend gleichartige Glücksspielgeräte ist ersichtlich, dass an den Geräten der Marke X Serienspiele in Form von bemerkenswert rasch ablaufenden Einzelspielen veranlasst werden können (vgl oben unter Punkte II.2.3. und II.2.4.).

 

Schon die eindeutig belegten Einsatzmöglichkeiten auf dem gegenständlichen Wettterminal bzw Hunderenngerät von mehr als zehn Euro führen – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der diesbezüglich eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes – zur gerichtlichen Strafbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes. Darüber hinaus konnte aufgrund der Baugleichheit aller Geräte der Marke X davon ausgegangen werden, dass auch am gegenständlichen Gerät eine außergewöhnlich günstige, zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und möglichem Gewinn in Höhe eines Vielfachen entsprechend den jeweils gebotenen Quoten bestand. Im Hinblick auf die nur sehr kurze Einzelspieldauer (Wettabläufe) – die aufgezeichneten Rennereignisse starten in kurzen Abständen (Minutentakt!) und dauern nur etwa 30 Sekunden – können ähnlich rasch wie auf Glücksspielgeräten mit Walzenspielen zahlreiche Glücksspiele in Form von "Wetten auf aufgezeichnete Rennergebnisse" innerhalb nur sehr kurzer Zeiträume ablaufen. Mit einer klassischen Situation von Wetten auf künftige sportliche Ereignisse hat dies nichts zu tun. Die Funktionsweise des in Rede stehenden Hunderenn-Gerätes für aufgezeichnete Rennen ist offenkundig darauf angelegt, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen "Wettkunden" zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Tipps oder auch nur einen gewonnenen Tipp mit günstiger Quote wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Er muss dafür nur eine gewisse Ausdauer mitbringen und eine "glückliche Hand" bei den gesetzten Einsatzhöhen haben. Die Bereitschaft eines Spielers zu Serienspielen wird dabei im Normalfall umso größer sein, je geringer die gespielten Einsätze sind und damit das Verlustrisiko des Einzelspiels ins Gewicht fällt. Insbesondere wenn es bloß um geringe Einsätze unter 10 Euro geht, werden Spieler daher aus Gewinnsucht bei den in Rede stehenden Geräten ihr Glück durch Serienspiele versuchen und ihre Chancen dabei ausreizen.

 

Auf Grund der beschriebenen Funktionsweise des in Rede stehenden Geräts werden nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts nicht nur Spieleinsätze von über 10 Euro pro Einzelspiel ermöglicht, sondern auch Serienspiele des "Wettkunden" veranlasst, und ist – iSd zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013 sowie diesem folgend auch iSd Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juli 2013 – die oben dargestellte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin anzuwenden.

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegten Anreize, mit dem gegenständlichen Gerät um Höchsteinsätze von mehr als 10 Euro pro Einzelspiel zu spielen sowie darüber hinaus auch Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung des in Rede stehenden Hunderenngerätes wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung und die Förderung der Abhaltung von gerichtlich strafbaren Glücksspielen bzw Serienglücksspielen beschritten.

 

Eine der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber zufolge der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, B 422/2013, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat von vornherein zwingend ausscheidet.

 

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass sowohl die ErstBfin als auch die ZweitBfin im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden haben:

 

Schon die Tatsache, dass auf dem in Rede stehenden Hunderenngerät Spieleinsätze pro Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind, und die einzelnen "Rennabläufe" auch nur etwa 30 Sekunden dauern, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw veranstaltet werden.

Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend geht auch Kirchbacher im Wiener Kommentar zum StGB (vgl denselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse.

 

IV.7. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13.6.2013, B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Randnummer 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht, da die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat. Der bisherigen Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen. Auch bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz ist die gerichtliche Strafbarkeit gegeben, wenn nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt wird.

 

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

 

V. Im Ergebnis war schon mangels Zuständigkeit der belangten Behörde wegen gerichtlicher Strafbarkeit spruchgemäß zu entscheiden. Es konnte nach dem festgestellten Sachverhalt nicht mehr von einer verfolgbaren Verwaltungsübertretung ausgegangen werden, weshalb der Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG entfiel. Auf das weitere Vorbringen der Beschwerden brauchte nicht mehr eingegangen zu werden.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter