LVwG-410257/3/WEI/BZ/KR LVwG-410259/3/WEI/BZ/KR

Linz, 26.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der X, X, vertreten durch X, in X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 13. März 2012, Zlen. Pol01-61-2-2011 und Pol96-316-2011/Gr, betreffend Beschlag-nahme von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Beschlagnahme­bescheid aufgehoben.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit zwei Begleitschreiben vom 13. März 2012 übermittelte die belangte Behörde an die ausgewiesenen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bfin) je einen neuen Beschlagnahmebescheid vom 13. März 2012 mit gleichem normativem Inhalt (aber unterschiedlichen Zlen. Pol01-61-2-2011 und Pol96-316-2011/Gr) betreffend die anlässlich der Kontrolle am 26. Mai 2011 im "X" in X von Organen der Abgabenbehörde beschlagnahmten 8 Glückspielgeräte. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht der zur Vertretung nach außen Berufene sondern die juristische Person Partei im Beschlagnahmeverfahren sei.

 

Dieser nach den Begleitschreiben für die juristische Person gedachte neue Beschlagnahmebescheid wurde den Rechtsvertretern zweifach zugestellt, wobei die gewählte Adressierung jeweils die "X " anführt, einmal mit dem Zusatz "z.Hd. Hrn. X" und das zweite Mal mit dem Zusatz "z.Hd. Fr. X".

 

Inhaltlich handelt es sich – mit nur ganz geringen Abweichungen - im Wesent-lichen um den gleichen Beschlagnahmebescheid wie er mit Bescheid vom
22. Juni 2011, Zl. Pol01-61-2-2011, bereits an Herrn X als handelsrechtlichen Geschäftsführer (dazu Berufungsbescheid VwSen-301063/4/AB/Ba vom 19.09.2011) und mit Bescheid vom 30. August 2011, Zl. Pol96-316-2011/Gr, an Frau X (dazu Berufungsbescheid VwSen-301103/2/WEI/Ba vom 29.05.2012) als verantwortliche Beauftragte ergangen und mit rechtsfreundlich eingebrachten Berufungen bekämpft worden war.

 

I.2. Die belangte Behörde hat mit dem nunmehr erstmals an die X adressierten Beschlagnahmebescheid wie folgt abgesprochen:

 

"B E S C H E I D

 

Über die am 26.5.2011 um 9.23 Uhr, von Organen des Finanzamtes Linz durchgeführte vorläufige Beschlagnahme von 8 Glücksspielgeräten mit der jeweiligen Geräte-bezeichnung 'GOLDEN Island Games' mit den Seriennummern: 1) GE 0052749,
Mia# 103255, 2) GE 0052752, Mia# 103252, 3) GE 0052570, Mia# 103257, 4) GE 0052679, Anlagennr. 103293, 5) GE 0052670, Anlagennr. 103284, 6) GE 0052653, Mia# 103264, 7) GE 0052726, Anlagennr. 103340 und 8) GE 0052714, Anlagennr. 103328, ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als gemäß § 50 Abs. 1 Glücksspielgesetz zuständige Verwaltungsbehörde I. Instanz folgender

 

 

S p r u c h

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wird zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten 8 Glückspielgeräte mit der jeweiligen Gerätebezeichnung 'GOLDEN Island Games' mit den Seriennummern: 1) GE 0052749, Mia# 103255, 2) GE 0052752, Mia# 103252, 3) GE 0052570, Mia# 103257,
4) GE 0052679, Anlagennr. 103293, 5) GE 0052670, Anlagennr. 103284, 6) GE 0052653, Mia# 103264, 7) GE 0052726, Anlagennr. 103340 und 8) GE 0052714, Anlagennr. 103328, angeordnet.

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1, Zif. 1, lit a Glücksspielgesetz, BGBl.Nr. I 73/2010;"

 

Begründend führt die belangte Behörde dazu aus, dass bei einer am
26. Mai 2011 um 9:23 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung "X" in X, durchgeführten Kontrolle von Organen der Abgabenbehörde die 8 bezeichneten Geräte betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden wurden. Mit diesen Geräten wären zumindest am 26. Mai 2011 wiederholt Glücksspiele in Form von Walzen-spielen, Kartenspielen und Zahlenratespielen durchgeführt worden. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne und der möglichen Einsätze von mindestens
0,10 Euro und höchstens 11,00 Euro habe der Verdacht bestanden, dass mit den Geräten durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glücks-spielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen, noch eine Ausnahme nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vorgelegen habe. Von den kontrollierenden Organen seien die Glücksspielgeräte daher gemäß § 53 Abs 3 GSpG vorläufig in Beschlag genommen worden.

 

Die auf den vorläufig beschlagnahmten Geräten angebotenen Spiele seien unter anderem die virtuellen Walzenspiele "Indian Treasure", "Aloha Hawaii", "Mystic Ocean" und "Hot Fruits", das virtuelle Zahlenratespiel "Roulette" sowie das Kartenspiel "Royal Poker". Die Spiele seien deshalb als Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten worden seien, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spiel-ergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler hätten nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, der Auswahl des Spieles und dem Aufrufen zur Durchführung einen Spieleinsatz auswählen können, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlichen Gewinnen in Ver-bindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet sei. Nach Auslösung des Spiels mit der Starttaste sei zuerst der Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und dann das Walzenspiel ausgelöst worden. Dabei seien die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert worden, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstanden sei. Der Spiel-erfolg habe nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder Verlustes des getätigten Einsatzes festgestanden. Die Entscheidung über den Spielausgang sei daher ausschließlich vom Zufall abhängig gewesen. Diese Glücksspieleigenschaft sei durch Probespiele einwandfrei festgestellt worden.

 

Nach Darstellung von Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde nunmehr begründend aus:

"Die X, mit Sitz in X, hat die im Spruch angeführten Glücksspielgeräte auf eigene Gefahr und eigenes Risiko betrieben und damit Glücksspiele mit dem Vorsatz veranstaltet, fortgesetzt Einnahmen aus deren Durchführung zu erzielen, also als Unternehmer Aus-spielungen iSd § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz veranstaltet.

Überdies hat sich die genannte x auch als Eigentümer der ggst. Eingriffsgegenstände an den verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt.

Da für diese Ausspielungen keine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erteilt worden ist und eine Ausnahme gemäß § 4 Glücksspielgesetz nicht vorlag, waren diese Ausspielungen verboten.

 

Gemäß § 52 Abs. 1, Zif. 1 Glücksspielgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis 22000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs.4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht.

 

Die X, bzw. der zur Vertretung nach außen berufene Verantwortliche, Herr X, (Anm.: Fassung in Pol96-316-2011/Gr: 'bzw die für die Einhaltung der ggst. Verwaltungs-vorschrift verantwortliche Beauftragte, Frau X) steht daher im Verdacht, als Unternehmer mit den angeführten Glücksspielgeräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen und eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1, Zif. 1 Glücks-spielgesetzt begangen zu haben."

 

Die weiteren rechtlichen Ausführungen befassen sich schwerpunktmäßig mit der Beschlagnahme nach § 53 GSpG und der Einziehung nach § 54 GSpG.

 

Da die vorläufige Beschlagnahme durch Organe der Abgabenbehörde im örtlichen Wirkungsbereich der belangten Behörde erfolgt sei, sei diese gemäß § 50 Abs 1 GSpG zuständige Behörde zur Anordnung der Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 GSpG. Von der belangten Behörde sei die Beschlagnahme der vorläufig sicher-gestellten Glücksspielgeräte gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit. a) GSpG zur Sicherung der Einziehung angeordnet worden, weil für diese die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 leg.cit. vorgesehen sei und der begründete Verdacht bestehe, dass mit diesen Glücksspielgeräten, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werde, fortgesetzt gegen die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Glücks-spielgesetz verstoßen werde.

 

Im Ergebnis sei bei den virtuellen Walzenspielen, Kartenspielen und Zahlen-ratespielen der konkrete Verdacht des Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes gegeben. Es habe sich um Glücksspiele iSd § 1 Abs 1 GSpG gehandelt, weil den Spielern keinerlei Möglichkeit geboten wurde, bewusst auf das Zu-standekommen eines Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Für die unter-nehmerisch veranstalteten Ausspielungen sei keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz vorgelegen. Somit sei fortgesetzt gegen die Bestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG verstoßen worden.

 

I.3.1. Gegen den mit gleichem normativem Inhalt ergangenen Beschlag-nahmebescheid vom 13. März 2012, der an sich jeweils an die Bfin  X (vormals ErstBwin), aber einmal "z.Hd. Hrn. X" und einmal "z.Hd. Fr. X" erging, und jeweils zu Händen der ausgewiesenen Rechtsvertreter am 15. März 2012 zugestellt wurde, richten sich die gleichgelagerten, rechtzeitig am 29. März 2012 zur Post gegebene Berufungsschriften vom 29. März 2012, mit denen jeweils die ersatzlose Aufhebung des Beschlagnahmebescheides angestrebt und ein Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof betreffend die Verfassungswidrigkeit der §§ 52 Abs 2 und 54 Abs 1 GSpG angeregt wird. Im Ergebnis ist von einer einzigen Berufungsschrift (Beschwerde) der Bfin auszugehen.

 

I.3.2. Die Berufung bringt zum Sachverhalt zunächst vor, die Geräte seien derart konfiguriert, dass damit in rechtlicher Hinsicht nicht ins Glücksspielmonopol eingegriffen werden könne. Im Übrigen sei der höchstmögliche Einsatz mit
11 Euro angesetzt, worauf die belangte Behörde schon mit Schriftsatz vom
30. Mai 2011 hingewiesen worden sei.

 

Die ErstBwin (nunmehr: Bfin) sei weder Veranstalterin noch Inhaberin, der ZweitBw (Ing X) und die DrittBwin (X) seien weder Eigentümer, noch Veranstalter, noch Inhaber der beschlagnahmten Geräte.

 

In rechtlicher Hinsicht wird zur Adressierung des Bescheides beanstandet, dass eine unklare Bezeichnung des Bescheidadressaten vorliege, weil durch die Verwendung des Zusatzes "z.Hd" unklar sei, wem gegenüber die Beschlagnahme angeordnet wird. Die Unklarheit setze sich in der Begründung fort, wo neben der ErstBwin auch der zur Vertretung nach außen berufene Verantwortliche (bzw die verantwortliche Beauftragte) als Unternehmer bezeichnet werden. Daraus ergebe sich bereits eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides (Hinweis auf VwGH 11.03.1997, Zl. 96/07/0009 und VwGH 26.02.1998, Zl. 97/07/0189).

 

Der ZweitBw und die DrittBwin seien mangels Rechtsstellung nach § 53 Abs 2 und 3 GSpG keine möglichen Adressaten eines Beschlagnahmebescheids. Obwohl sie nicht verkennen würden, dass ihnen grundsätzlich keine Parteistellung zukomme (Hinweis auf VwGH 11.12.2009, Zl. 2009/17/0222), sei aber durch die begründenden Feststellungen der belangten Behörde, wonach sie als Unter-nehmer mit den Glücksspielgeräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen und eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begangen hätten, nachteilig in ihre Rechtssphäre eingegriffen worden. Ihnen werde damit in normativer und andere Verwaltungsbehörden bindender Weise unterstellt, sie hätten die Verwaltungsübertretung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begangen, obwohl die Sachverhaltselemente gar nicht vorlägen. Deshalb hätten sie ein rechtliches Interesse an der Aufhebung des bekämpften Bescheids. Dieser wäre schon deshalb wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, weil dem ZweitBw und der DrittBwin keine Rechtsposition nach § 53 Abs 2 und 3 GSpG zukomme. Insofern werde ausdrücklich auch ein wesentlicher Feststellungs-mangel und eine entscheidungswesentliche Verletzung von Verfahrensvor-schriften geltend gemacht.

 

In der Person des ZweitBw und der DrittBwin könne sachverhaltsmäßig keine Ausspielung vorliegen. Der ZweitBw sei lediglich Außenvertretungsbefugter und die DrittBwin sei lediglich verantwortliche Beauftragte der X. Diese Berufungs-werber könnten als natürliche Person keineswegs Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG sein. Schon deshalb liege in der Person dieser Berufungswerber keine Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglichmachung von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG vor und sei ein Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG gegen dieser Berufungs-werber denkunmöglich.

 

Die Berufungen merken noch an, dass die Rechtsposition des ZweitBw als Außenvertretungsbefugten und die Bestellung der DrittBwin zur verantwortlichen Beauftragten der X sich nur auf das Verwaltungsstrafverfahren selbst beziehen würden, nicht aber auf das Beschlagnahmeverfahren gemäß § 53 GSpG, in dem auch eine juristische Person, gegenständlich die die ErstBwin als Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte, auftreten könne.

 

I.3.3. Die Berufung bestreitet die Zuständigkeit der belangten Behörde nach § 50 GSpG, weil mit den beschlagnahmten Geräten Spieleinsätze über 10 Euro hätten geleistet werden können und gemäß § 52 Abs 2 GSpG eine allfällige Strafbarkeit nach dem Glücksspielgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete.

 

Dem könne auch der 2. Satz des § 52 Abs 2 GSpG ("Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.") nicht entgegen gehalten werden. Der Betrag von 10 Euro stelle keine absolute Untergrenze für eine gerichtliche Strafbarkeit dar. Die Ver-waltungsnorm könne im Hinblick auf mögliche verpönte Doppelbestrafungen auch im Bereich unter 10 Euro zulässiger Weise nicht normieren, ab wann eine Strafbarkeit iSd § 168 StGB vorliegt.

 

Der § 52 Abs 2 Satz 2 GSpG sei dahingehend zu interpretieren, dass die Durchführung von verwaltungsbehördlichen Sicherungsmaßnahmen nur dann "unberührt" bleiben könne, wenn zweifelsfrei festgestellt sei, dass eine aus-schließliche verwaltungsbehördliche Zuständigkeit besteht.

 

Nach Art 83 Abs 2 B-VG müsse der Gesetzgeber die Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien klar und eindeutig festlegen. Diese dürfe nicht von Umständen abhängen, die nicht vorhersehbar sind und eine willkürliche Änderung ermöglichen (Hinweis auf Mayer, B-VG4, 307 f). Genau dies wäre gegeben, wenn man § 52 Abs 2 1. Satz GSpG strikt nach seinem Wortlaut auslegt, und eine strafgerichtliche Verurteilung nach § 168 StGB auch bei Einsätzen unter 10 Euro ergeht.

 

Deshalb müsse bei verfassungskonformer Interpretation § 52 Abs 2 GSpG so gelesen werden, dass schon bei möglichen Einsätzen von mehr als 10 Euro eine Verwaltungsstrafbarkeit jedenfalls hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurücktritt. Dies sei im Lichte des Art 94 B-VG auch auf die vorläufigen Sicherungs-maßnahmen auszudehnen. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürften nicht zur Entscheidung in der selben Sache berufen werden. Auch eine "Zuständigkeit durch Zuvorkommen" finde im Lichte des § 113 Abs 4 StPO nicht statt, der andere behördliche Maßnahmen als Beschlagnahmen und auch nicht die subsidiäre verwaltungsbehördliche Zuständigkeit anspreche.

 

Bei verfassungskonformer Interpretation der §§ 52 Abs 2 und 54 Abs 1 GSpG sei dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - Einsätze über 10 Euro möglich sind, eine ausschließliche strafgerichtliche Zuständigkeit sowohl für die Durchführung des Verfahrens als auch für Sicherungsmaßnahmen anzunehmen. Lediglich so sei eine überlappungsfreie Abgrenzung der Straftatbestände von StGB und GSpG gegeben, weshalb der Beschlagnahmebescheid aufzuheben sei.

 

Es werde nicht verkannt, dass die Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung angeordnet wurde und der Gesetzgeber der Novelle BGBl I Nr. 54/2010 davon ausging, dass auch neben etwaigen Strafverfahren vor den Strafgerichten nach § 168 StGB die Einziehung von den Bezirksverwaltungsbehörden zu verfügen sei (Hinweis auf RV 657 BlgNR 24. GP, 7). Diese Sichtweise würde zur Einziehung durch Verwaltungsbehörden auch ohne Strafzuständigkeit führen. Im Hinblick auf den Trennungsgrundsatz des Art 94 B-VG könne eine Verwaltungsbehörde keinesfalls eine Beschlagnahme für ein Gerichtsverfahren durchführen.

 

§ 54 Abs 1 GSpG sei aber einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend zugänglich, dass bei fehlender Strafzuständigkeit eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme nicht zulässig sei. Eine andere Lesart würde gegen Art 94 B-VG verstoßen. Insofern wird ein Antrag auf Gesetzesaufhebung an den Ver-fassungsgerichtshof angeregt.

 

I.3.4. Die Berufung führt weiter aus, dass auch keine verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG vorliegen, weil die beschlagnahmten Geräte auf Grund ihrer spezifischen technischen Konfiguration allenfalls als Video Lotterie Terminals iSd § 12a GSpG zu werten seien. Solche Geräte dürften derzeit im Grunde des § 60 Abs 25 Z 1 GSpG bestehen. Auch faktisch bestehende VLT-Outlets wären von der Übergangsnorm erfasst, weil der Gesetzgeber auf ein nicht existierendes Genehmigungsregime verweise und ihm nicht unterstellt werden könne, ein Übergangsnorm zu schaffen, der der Anwendungsbereich entzogen sei. Bei verständiger Auslegung gelte § 60 Abs 25 Z 1 erste Alternative GSpG für VLT-Outlets, die zwischen dem 19. August 2010 (Hinweis auf Inkrafttreten von BGBl I Nr. 73/2010) und dem 1. Jänner 2011 bestanden.

Auch deshalb wäre ein Verdacht nach § 53 Abs 1 GSpG denkunmöglich.

 

I.3.5. In der Berufung (betreffend Zl. Pol96-316-2011/Gr) werden auch unionsrechtliche Argumente angeführt. Selbst wenn man nach innerstaatlicher Rechtslage von einem Eingriff in das Glücksspielmonopol und einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG ausginge, wäre dies nach der Judikatur des EuGH (Hinweis auf EuGH 09.09.2010, Rs C-64/08, Engelmann) unions-rechtswidrig. Einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken – und damit auch für die Einzelaufstellung von Spielgeräten -, die ohne Ausschreibung erfolgt, stehe Art 43 und 49 EGV entgegen.

 

Der EuGH habe sich in seiner Judikatur (Hinweis auf EuGH 08.09.2010, Rs
C-316/07 ua, Stoß) zur Zulässigkeit eines staatlichen Monopols auf Sportwetten und Lotterien, das per se eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstelle (Hinweis auf EuGH 15.09.2011 Rs C-347/09 Dickinger/Ömer), dahin-gehend geäußert, dass ein solches Monopol dem Erfordernis der Ver-hältnismäßigkeit unter dem Aspekt eines hohen Verbraucherschutzniveaus nur dann genüge, soweit die Errichtung mit der Einführung eines normativen Rahmens einhergehe, der für die Verfolgung dieses Ziels in kohärenter und systematischer Weise durch den Inhaber des Monopols sorge. Schon mangels eines entsprechenden normativen Rahmens, der dem Rechnung trage, könne die Aufrechterhaltung des österreichischen Glücksspielmonopols nicht als unions-rechtskonform gelten.

 

Durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber widersprechendem innerstaatlichem Recht – insb § 14 Abs 2 GSpG – liege auch keine Anwend-barkeit des § 2 Abs 4 GSpG vor.

 

I.3.6. Selbst wenn der Verstoß gegen das Glücksspielmonopol vorliegen sollte, wäre er geringfügig iSd § 54 Abs 1 GSpG und daher auch eine Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung nicht zulässig. Die Ausführungen der belangten Behörde vermögen nicht darzustellen, warum die Voraussetzungen des § 54
Abs 1 GSpG vorliegen.

 

I.4. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 11. April 2012 die Bezug habenden Verwaltungsakte zur Berufungsentscheidung übermittelt.

 

I.5. Der Oö. Verwaltungssenat hatte im ersten Rechtsgang mit Berufungserkenntnis vom 1. Juni 2012, Zlen. VwSen-740010/2 und 740017/2/WEI/Ba, VwSen-740011/2 und 740016/2/WEI/Ba, den Beschlag-nahmebescheid in Bezug auf die Bfin (ErstBwin) bestätigt und in rechtlicher Hinsicht auszugsweise wie folgt ausgeführt:

 

"[…]

4.5.1. Hingegen ist die Kommanditgesellschaft X unbestritten als Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte anzusehen. Dieser ErstBwin kommt daher gemäß § 53 Abs 3 GSpG jedenfalls Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu.

Die von den Berufungen gerügte unklare Bezeichnung des Bescheidadressaten, weil durch die Verwendung des Zusatzes "z.Hd" unklar sei, wem gegenüber die Beschlag­nahme angeordnet wird, liegt nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Ver­waltungs­senats nicht vor. Denn der Zusatz "z.Hd" soll nur die für die ErstBwin als Kom­mandit­gesellschaft empfangsberechtigte Person bezeichnen. Die ErstBwin als Bescheid­adressatin, gegenüber der die Beschlagnahme angeordnet wird, kann deshalb nicht zweifel­haft sein. Im Übrigen wird auch von der belangten Behörde im Begleit­schreiben klar zum Ausdruck gebracht, dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des Ver­waltungs­gerichts­hofs zur Parteistellung der Beschlagnahmebescheid nunmehr an die juristische Person ergehen soll. Die in den Berufungen zitierten Erkenntnisse des Ver­waltungs­gerichtshofs zur undeutlichen Bezeichnung eines Bescheidadressaten (Träger eines verliehenen Rechts) betreffen einen völlig anderen, nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Die Adressierung an die ErstBwin z.Hd. des X war zulässig und wirksam, weil dieser – wie oben unter 4.3. schon dargelegt - als handelsrechtlicher Geschäftsführer der geschäfts-führenden x der X auch der zur Vertretung nach außen Berufene dieser x ist und für diese rechtswirksam handeln kann. Es liegt insofern die Zustellung des Bescheides zu Händen eines organschaftlichen Vertreters vor. Anders verhält es sich bei der Zustellung zu Händen der DrittBwin, der als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs 2 VStG noch keine Vertretungsbefugnis zukommt, für die x als Eigentümerin einen Beschlagnahme-bescheid entgegenzunehmen. Dass diese zweite Zustellung mangels Zustellvollmacht unwirksam war, schadet aber nicht, weil es genügt, dass Herrn X als organschaftlichem Vertreter der Bescheid zugestellt werden konnte.

 

[…]

4.5.3. Hinsichtlich des Charakters der an den beschlagnahmten Gegenständen verfügbaren Walzenspiele ergibt sich aufgrund des dargestellten Spielablaufes der Verdacht, dass das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind. Eine nähere Auseinander-setzung mit den beiden anderen angebotenen Spielarten (virtuelles Zahlenratespiel und Kartenspiel) ist nicht notwendig, wenngleich freilich auch bei diesen das Spielergebnis ebenfalls ausschließlich vom Zufall abhängen wird; Gegenteiliges wird auch in der Berufung nicht behauptet.

 

Weiters handelt es sich bei diesen Glücksspielen offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Die X hat schon als Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte eine nachhaltige unternehmerische Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt. Schon auf Grund des Aufstellens der Geräte mit den darauf installierten Glücksspielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs 1 iVm Abs 4 GSpG auszugehen. Dabei ist die rechtliche Qualifikation der Stellung der Beteiligten in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, nicht von Bedeutung (VwGH 10.05.2010, 2009/17/0202).

 

Auch genügt für die Beschlagnahme iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der entsprechend substantiierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffs-gegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird. Es muss also  ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerischer Zugänglichmachung bzw Beteiligung (§ 52 Abs 1 Z 1 GSpG) oder die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs 1 Z 6 GSpG) –  bestehen.

 

Dabei kann im Beschlagnahmeverfahren (noch) dahinstehen, ob es sich bei den gegenständlichen Ausspielungen um "elektronische Lotterien" iSd § 12a GSpG oder um Ausspielungen mit Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs 3 leg.cit. handelt; denn als strafrechtlichter Anknüpfungspunkt, auf den sich der begründete Verdacht nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG bezieht, dient ausschließlich das Vorliegen einer verbotenen Ausspielung gemäß § 2 Abs 4 GSpG. In beiden Fällen ist die Beschlagnahme nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG vorgesehen (vgl VwGH 10.05.2010, 2009/17/0202 mwN). Der für die Beschlagnahme nach § 53 GSpG erforderliche Verdacht liegt auch vor, wenn die beschlagnahmten Geräte als "elektronische Lotterien" (im Besonderen auch Video-Lotterie-Terminals) anzusehen sind (vgl VwGH 04.11.2009, Zl. 2009/17/0147). Eine abschließende Klärung, ob ein Glücksspielautomat iSd § 2 Abs 3 GSpG oder ein Gerät (Terminal) vorliegt, bei dem das Spielergebnis zentralseitig (über einen Server im Internet) herbeigeführt wird, war für die Rechtmäßigkeit des Beschlagnahmebescheids nicht von Bedeutung (vgl VwGH 27.04.2012, Zl. 2011/17/0074 unter Hinweis auf VwGH 27.01.2012, Zl. 2011/17/0269).

 

Da im Beschlagnahmeverfahren der begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen die Verwaltungsstrafbestimmungen iSd § 52 Abs. 1 GSpG genügt und im Rahmen des Beschlagnahmeverfahrens "noch keine endgültige und gesicherte rechtliche Beurteilung der Spiele erforderlich" ist (VwGH 26.01.2009, 2005/17/0223), braucht eine abschließende Beurteilung der Spiele und eine abschließende Klärung, ob die beschlagnahmten Geräte tatsächlich Glücksspielautomaten oder ein sonstiger Ein-griffsgegenstand iSd GSpG sind oder nicht (VwGH 03.07.2009, 2005/17/0178), im gegenständlichen Beschlagnahmeverfahren – anders als in einem Straferkenntnis – (noch) nicht getroffen zu werden.

 

Auch die genaue rechtliche Qualifikation der Täterschaft in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist noch nicht von Bedeutung (VwGH 10.05.2010, Zl. 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG nicht ausschlag-gebend, ob die ErstBwin selbst Veranstalterin der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist oder nur als Inhaberin eine Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz zu verantworten hat. Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz. Unerheblich ist es auch, ob der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat.

 

4.6. Die Berufungen argumentieren weiters, die beschlagnahmten Geräte wären auf Grund ihrer spezifischen technischen Konfiguration allenfalls als Video-Lotterie-Terminals iSd § 12a GSpG zu werten und dürften derzeit im Grunde des § 60 Abs 25 Z 1 GSpG bestehen, weil auch faktisch bestehende VLT-Outlets von der Übergangsnorm erfasst wären. Der Gesetzgeber habe nämlich auf ein nicht existierendes Genehmigungsregime verwiesen und ihm könne nicht unterstellt werden, ein Übergangsnorm zu schaffen, der der Anwendungsbereich entzogen sei.

 

Dieser Argumentation ist der Verwaltungsgerichthof in seinem jüngst ergangenen Erkenntnis vom 27. April 2012, Zl. 2011/17/0074, entgegen getreten. Mit der Auf-fassung, auch faktisch bestehende VLT-Outlets würden von § 60 Abs 25 Z 1 GSpG erfasst, werde die Rechtslage verkannt. Für die Annahme, der Gesetzgeber hätte auch eine Sanierung rechtswidrig betriebener Outlets vornehmen wollen, bestehe angesichts des den Materialien deutlich entnehmbaren Willens des Gesetzgebers kein Anhaltspunkt (Hinweis auf RV zu BGBl I Nr. 73/2010, 657 BlgNR, 24 GP, 10). Es sei auch unzutreffend, dass das in § 60 Abs 25 Z 1 zweite Variante GSpG (die auch noch nicht errichtete Outlets betrifft) vorausgesetzte Genehmigungsregime nicht bestehe. Selbst wenn die vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Bedenken zur Wortwahl des Gesetzgebers (§ 60 Abs 25 Z 1 zweite Variante GSpG: bescheidmäßige Genehmigung und § 12a GSpG nur Bewilligung) zuträfen, wäre dies für die Auslegung der ersten Variante nicht von Bedeutung. Denn eine Übergangsvorschrift, die teilweise hinsichtlich der zweiten Variante ins Leere ginge, könnte an der erste Variante, mit der der Gesetzgeber eindeutig nur bewilligte bestehende VLT-Outlets erfassen wollte, nichts ändern.

 

Die ErstBwin kann sich schon mangels Vorliegens einer Konzession für elektronische Lotterien nach § 12a GSpG idF vor BGBl I Nr. 73/2010 nicht auf die Übergangsvorschrift des § 60 Abs 25 Z 1 GSpG idF BGBl I Nr. 73/2010 berufen.

 

4.7. Auch das Berufungsvorbringen, dass der inkriminierte Verstoß im Falle seines Vorliegens nur geringfügig iSd § 54 Abs 1 GSpG und eine Beschlagnahme schon deswegen nicht zulässig wäre, ist unzutreffend. Die Schwere des Eingriffes in das Glücksspielmonopol wird den Erläuternden Bemerkungen (RV 657 BlgNR 24. GP) zufolge "beispielsweise anhand der geschätzten Umsätze mit dem Eingriffsgegenstand ... zu ermitteln sein". Dass die durch die oa. Geräte erzielten Umsätze nicht geringfügig iSd
§ 54 Abs. 1 GSpG waren, ergibt sich schon allein aus der Anzeige des Finanzamtes Linz vom 26. Mai 2011 und den darin ausgeführten Zahlen. Auch die in den Foto-dokumentationen vom 26. Mai 2011 enthaltenen tatsächlich geleisteten Spieleinsätze während jeweils ausgesprochen kurzen Zeiträumen lassen auf nicht bloß geringfügige Umsätze schließen.

 

4.8. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Juli 2011,
Zl. 2011/17/0097 ist von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftat-bestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte.

 

Da nach dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme auch dann zulässig ist, "wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist", stellt sich auch nicht die Frage, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen".

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich entgegen der Berufungsdarstellung um keine dem Art 94 B-VG widersprechende Beschlagnahme für ein Gerichtsverfahren, sondern vielmehr um eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme aufgrund eines Verdachts, dass gegen die Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG fortgesetzt verstoßen wird, wobei ein allfälliges gerichtliches Strafverfahrens nicht zwingend ausgeschlossen sein muss. Ein solcher Verdacht muss entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch ausreichend substantiiert sein (VwGH 26.01.2009,
Zl. 2005/17/0223 und 2008/17/0009; VwGH 10.05.2010, Zl. 2009/17/0202; und VwGH 20.07.2011, Zl. 2011/17/0097). Im Zusammenhang mit einer Beschlagnahme nach dem Salzburger Veranstaltungsgesetz hat der Verwaltungsgerichtshof dabei ausgeführt, dass die Verwaltungsbehörden dann zur Erlassung eines Beschlagnahmebescheides berechtigt seien, "wenn nicht auf der Hand liege, dass eine Zuständigkeit des Gerichtes gegeben sei" (VwGH 23.07.2009, Zl. 2007/05/0184 mwN).

 

Entgegen den Berufungen liegt eine Gerichtszuständigkeit bei den gegenständlich beschlagnahmten Gegenständen nicht "auf der Hand"; mag auch der höchstmögliche Spieleinsatz von 11 Euro und die günstige, unter Umständen zu Serienspielen verleitende Relation zwischen Einsatz und theoretisch erzielbarem Gewinn (konkret: 0,10 Euro zu 50,- Euro bzw. 20,- Euro zu 100,- Euro; 11,- Euro zu 1.000,- Euro) – für sich betrachtet – die Annahme einer Gerichtszuständigkeit als grundsätzlich möglich erscheinen lassen, liegt diese damit aber noch nicht "auf der Hand", da dies doch den Ausschluss jeglichen Zweifels über die Zuständigkeit bedingen müsste. Wie schon aus dem Abstellen auf eine (bloße) Verdachtslage hervorgeht, braucht das Beschlagnahmeverfahren noch nicht den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens abschließend vorwegnehmen.

 

Die der Anzeige beigelegten Daten der Gerätebuchhaltung zeigen, dass auf den beschlagnahmten Geräten üblicher Weise nicht mit einem Einsatz von mehr als 10,- Euro gespielt wurde. Ob und inwiefern in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu Serienspielen (vgl. dazu VwGH 22.3.1999, 98/17/0134) schlagend wird, ist im Beschlagnahmeverfahren (noch) nicht abschließend zu prüfen, sondern wird Gegenstand eines allfälligen Strafverfahrens sein. Damit ist nicht auszu-schließen, dass auf den beschlagnahmten Geräten überwiegend bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge iSd Strafausschließungsgrundes im § 168 Abs 1 Satz 2 StGB gespielt worden sein könnte.

 

[…]

5. Im Ergebnis lag und liegt auch noch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung (vgl VwGH 26.01.2009, Zl. 20005/17/0223) ein hinreichend begründeter Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol im gegenständlichen Fall vor. Die Beschlagnahme der im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Glücksspielgeräte war daher rechtmäßig und die Berufung der ErstBwin als unbegründet abzuweisen."

 

I.6. Gegen dieses Berufungserkenntnis des Oö. Verwaltungssenates erhob die Bfin eine Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungs-gerichtshof gab dieser Beschwerde Folge und hob mit Erkenntnis vom
12. Februar 2014, Zl. 2013/17/0090-7, den die Bfin (ErstBwin) betreffenden Spruchpunkt I. des Berufungsbescheides des Oö. Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Die Beschwerden gegen die Zu-rückweisungen der Berufungen des ZweitBw und der DrittBwin im Spruchunkt II. wurden als unbegründet abgewiesen.

 

In der Begründung verwies der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf sein Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0507. In diesem konstatierte er unter Hinweis auf den Verfassungsgerichtshof, dass nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von 10 Euro vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit und nicht länger von der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für eine Beschlagnahme nach § 53 GSpG auszugehen sei. Ein Verdacht iSd § 53 Abs 1 lit a GSpG müsse im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz und der Erlassung der Berufungsentscheidung vorliegen. Dabei habe die Berufungsbehörde allfällige in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen bzw auf Einwände der Parteien einzugehen.

 

 

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen Verfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013, gilt eine bis zum Ablauf des
31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da das Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gehört hat.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass auch im neuen System der Verwaltungs-gerichtsbarkeit grundsätzlich von einer Bindungswirkung der Verwaltungsgerichte an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes iSd § 63 Abs 1 VwGG auszugehen ist.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht aufgrund der Aktenlage (Aktenvermerk vom 27.05.2011, Niederschrift mit Frau X vom 26.05.2011 und Anzeige vom 17.06.2011, Zl. 046/74501/17/2011) von dem folgenden S a c h - v e r h a l t  aus:

 

II.2.1. Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 26. Mai 2011 im Lokal "X" in X, durchgeführten Kontrolle wurden die oa. Geräte aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden. In der Folge wurden diese Geräte vorläufig beschlagnahmt.

 

Aufgrund des Aktenvermerks, der Niederschrift und der Darstellung in der Anzeige vom 17.06.2011 stellt sich für den erkennenden Richter des
Oö. Landesverwaltungsgerichts der Spielablauf generalisierend wie folgt dar:

 

Bei den gegenständlichen Walzenspielgeräten sind für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die virtuellen Walzenspiele konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung auf-gerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

Sämtliche Gerätschaften verfügten über folgende acht möglichen Walzenspiele: "Indian Treasure", "Aloha Hawaii", "Mystic Ocean", "Hot Fruits", "Secrets of Maya", "Euro Soccer", "Caribbean Gold" und "Royal Liner".

An den Walzenspielgeräten wurden im Rahmen der Kontrolle von der Finanz-polizei Probespiele durchgeführt, bei denen bei den Spielen "Indian Treasure", "Aloha Hawaii", "Mystic Ocean", "Hot Fruits", "Secrets of Maya" und "Euro Soccer" jeweils ein Mindesteinsatz von 0,10 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 50 Euro sowie jeweils ein Höchsteinsatz von 11 Euro und dazu in Aussicht gestellte Gewinne von 1.000 Euro + 45 AG festgestellt werden konnten (vgl Anzeige vom 17.06.2011, protokolliert unter ON 2).

Bei dem Spiel "Caribbean Gold" konnte im Rahmen der Probespiele ein Mindesteinsatz von 0,10 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 20 Euro sowie ein Maximaleinsatz von 11 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 1.000 Euro + 12 AG festgestellt werden (vgl Anzeige vom 17.06.2011, protokolliert unter ON 2).

Bei dem Spiel "Royal Liner" konnte ein Mindesteinsatz von 0,10 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 100 Euro sowie ein Maximaleinsatz von 11 Euro und ein dazu in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 1.000 Euro + 100 AG festgestellt werden (vgl wiederum die Anzeige vom 17.06.2011, protokolliert unter ON 2).

 

II.2.2. Zudem bestätigte Frau X (vgl Niederschrift vom 26.05.2011) den von den Organen der Abgabenbehörde im Rahmen der Probespiele festgestellten möglichen Einzeleinsatz von 11 Euro (vgl Anzeige vom 17.06.2011, protokolliert unter ON 2) mit der Aussage: "Das mindeste was gespielt werden kann ist
€ 0,10. Das höchste sind pro Spiel € 11,- …".
Ebenso wird in der Beschwerde eindeutig festgehalten, dass der höchstmögliche Einsatz mit 11 Euro angesetzt sei.

 

II.3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den ergänzend beigeschafften Unterlagen. 

 

 

III. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfs-mitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks-spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

In der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unter-nehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Ver-mögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Die Bfin ist unbestritten Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte. Die gegenständliche Beschwerde ist daher zulässig.

 

IV.2. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Ver-waltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftat-bestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hin-sichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Ver-fassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungs-widrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis aus-schließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22.8.2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

In seiner Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus-drücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

"[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Aus-spielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücks-spielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unter-nehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spiel-automaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungs-strafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249).

IV.3. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Aus-legungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudi-katur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Sub-sidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungs-delikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Ver-waltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungs-rechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglich-keiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbar-keit nach § 168 StGB angenommen.

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

IV.4. Durch die Normierung der allgemeinen ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich, dass die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013,
Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter
§ 168 StGB (bzw §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (siehe VfGH vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013
Rz 30; "...Abgrenzungsregelung...") und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPzEMRK in Einklang bringt (vgl VfGH vom 13.6.2013,
Zl. B 422/2013, ebenso VfGH vom 26.6.2013, Zl. B 63/2013), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Landesverwaltungsgericht aufgrund der vorgebrachten Beschwerdegründe (§ 9 Abs 1 Z 3 VwGVG) durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die Abgrenzung einer allfälligen verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit von der Strafbarkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bringt.

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie ins-besondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungs-gerichtshofs – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – hatte des Oö. Landesverwaltungsgericht daher nunmehr die selbstständige strafrechtliche Beurteilung vorzunehmen.

IV.5. Der am 1. März 2014 in Kraft getretene § 52 Abs 3 GSpG (idF BGBl I Nr. 13/2014) sieht für das Glücksspielrecht entgegen der dargelegten Recht-sprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und dem § 22 Abs 1 VStG eine umgekehrte Subsidiaritätsregel wie folgt vor:

"Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen."

Ob diese gesetzliche Umkehrung des Wesens der Scheinkonkurrenz in der Erscheinungsform der Subsidiarität, wonach prinzipiell die verwaltungsrechtliche hinter der gerichtlichen Strafbarkeit zurücktritt und im Ergebnis keine verfolgbare Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben. Denn eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität kann nicht rückwirkend aufgehoben werden (vgl auch § 1 Abs 2 VStG). Bis zum 1. März 2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume bis zum 1. März 2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen wie zB Verjährung) kann die Anwend-barkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl bereits VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134 und jüngst mwN VwGH 7.10.2013,
Zl. 2012/17/0507). Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern. Eine einmal einge-tretene Subsidiarität ist somit endgültig.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen wäre es außerdem unzulässig, eine bereits verjährte Tat wieder verfolgbar/strafbar zu machen (vgl Lewisch in Lewisch/ Fister/Weilguni, VStG § 1 Rz 17 uHa VfSlg 11.212/1987). Die gegenständliche gerichtlich strafbare Anlasstat (vgl dazu Punkt IV.6.) war mit der Beschlagnahme am 26. Mai 2011 abgeschlossen und im Hinblick auf die Strafbarkeits-verjährungsfrist des § 57 Abs 3 StGB (1 Jahr) schon vor dem Inkrafttreten des
§ 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I Nr. 13/2014 verjährt.

IV.6. Die strafrechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ergibt Folgendes:

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013,
Zl. B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine aus-schließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

Wie unter Punkt II.2.1. näher ausgeführt, ist bei sämtlichen Gerätschaften ein Einzeleinsatz von 11 Euro eindeutig belegt. Schon diese Einsatzmöglichkeiten von mehr als zehn Euro führen nach der nunmehr übereinstimmenden Recht-sprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs zur gerichtlichen Strafbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes.

Nach den auf Grundlage der finanzpolizeilichen Probespiele getroffenen Fest-stellungen zu den gegenständlichen Walzenspielgeräten waren Spieleinsätze von über 10 Euro pro Einzelspiel möglich, wodurch zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vorlag, weil allein schon das unter-nehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Ver-schaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher in WK2 § 168
Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbild-variante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung der gegenständlichen Glücksspielgeräte, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Aus-führungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung und die Förderung der Abhaltung von gerichtlich strafbaren Glücksspielen bzw Serienglücksspielen beschritten.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die verantwortlichen Organe der Bfin im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden haben:

Schon die Tatsache, dass auf den gegenständlichen Walzenspielgeräten Spieleinsätze pro Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind, zeigt ganz offen-sichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon aus-zugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird.

Im Ergebnis ist das Betreiben und/oder Zugänglichmachen der verfahrens-gegenständlichen Gerätschaften nach der selbstständigen Beurteilung grund-sätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß
§ 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar.

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

 

V. Mangels Zuständigkeit der belangten Behörde wegen gerichtlicher Strafbarkeit war der Beschlagnahmebescheid aufzuheben. Es konnte entsprechend der jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl VwGH 07.10.2013,
Zl. 2012/17/0507) nicht mehr von einer verfolgbaren Verwaltungsübertretung ausgegangen werden, weshalb der Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG entfiel.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß