LVwG-410280/3/MB/BZ LVwG-410282/3/MB/BZ

Linz, 20.05.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerden 1) der x, x des Herrn x, x, beide vertreten durch x, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 13. Juni 2013, GZ Sich96-131-2013, Sich96-132-2013 und Sich96-133-2013, betreffend Beschlagnahme von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben und der angefochtene Beschlagnahme­bescheid hinsichtlich des Walzenspielgerätes mit der FA-Nr. 1 aufgehoben.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 13. Juni 2013, GZ Sich96-131-2013, Sich96-132-2013 und Sich96-133-2013, als belangte Behörde, der sowohl der Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: ErstBfin), dem Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: ZweitBf), als auch der x sowie dem Finanzamt zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

"BESCHEID

Von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung ergeht in erster Instanz folgender

Spruch:

Die Beschlagnahme der anlässlich der Kontrolle der Finanzpolizei am 16.05.2013 in x, x (x) festgestellten, nachstehend näher bezeichneten Eingriffsgegenstände in das Glücksspielmonopol des Bundes, mit denen Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt wurden, wird zur Verhinderung der weiteren Begehung bzw. Fortsetzung einer Verwaltungsübertretung angeordnet:

 

Nr.

Gehäusebezeichnung

Serien-Nr.

Typenbezeichnung

Versiegelungs­plaketten-Nr.

FA-01

A-P&EGaming Technology

9441

 

A050419-A050425

FA-02

Global Tronic

 

Eurowechsler

AO50426-A05436

 

Rechtsgrundlage:

§ 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a Glücksspielgesetz - GSpG, BGBl. I. Nr. 620/1989 i.d.g.F.

 

Begründung:

Sachverhalt:

Während der ausführlich dokumentierten Kontrolle des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr, Finanzpolizei, am 16.05.2013 um 08:45 Uhr in x, x (x) wurden die im Spruch angeführten Eingriffsgegenstände betriebsbereit vorgefunden und von den Kontroll-organen mit den FA-Kennnummern 01 bis 02 versehen.

 

Nach den Aussagen von x (Angestellte x) wurden seit zumindest Juli 2012 bis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen mit diesen Geräten durchgeführt.

 

Auf dem Gerät Nr. 01 wurden während der Kontrolle durch Testspiele in Form von virtuellen Walzenspielen festgestellt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis stets erst nach der letzten Handlung des Spielers durch das Spielprogramm getroffen wurde. Die Spieler konnten nur den Einsatz wählen, den Walzenumlauf mit der Start-Taste auslösen und das Spielergebnis abwarten. Auf dem Gerät Nr. 02 wurden während der Kontrolle durch Testspiele in Form eines virtuellen Glücksrades festgestellt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis stets erst nach der letzten Handlung des Spielers durch das Spielprogramm getroffen wurde. Die Spieler konnten nur den Einsatz wählen, das Glücksrad mit der Start-Taste auslösen und das Spielergebnis abwarten. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab und ist daher als Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren.

 

Ferner wurde festgestellt, dass die mit den Geräten möglichen Glücksspiele nur gegen vermögenswerte Einsatzleistung durchgeführt werden konnten, für welche eine vermögenswerte Leistung vom Veranstalter in Aussicht gestellt wurde. Schon aus der Art der Durchführung der Spielveranstaltung mittels Glücksspielgeräten in Gewinner-zielungsabsicht ergibt sich, dass selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausgeübt wurde, die Ausspielung daher durch einen Unternehmer gem. § 2 Abs 2 GSpG erfolgte. Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG durchgeführt.

 

Schließlich wurde festgestellt, dass die für die Veranstaltung von derartigen Glücksspielen erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht vorlag, und dass diese Glücksspiele auch nicht nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren. Die gegenständlichen Glücksspiele wurden somit seit der Inbetriebnahme der Eingriffsgegenstände im angegebenen Lokal in Form von verbotenen Ausspielungen durchgeführt, weshalb von den Kontrollorganen die vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs 2 GSpG verfügt wurde.

Im Ermittlungsverfahren konnten Herr x (x) und die x als Inhaber der angeführten Geräte festgestellt werden. Mit Eingabe vom 21.05.2013 wurde die x als Eigentümerin der Geräte namhaft gemacht.

Rechtslage:

[…]

 

Die Behörde hat erwogen:

Die gegenständlichen, vorläufig beschlagnahmten Geräte stellen jeweils einen Eingriffsgegenstand in das Glücksspielmonopol des Bundes im Sinne des § 53 Abs 1 GSpG dar, für die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG zwingend vorgesehen ist, und bei denen aufgrund der festgestellten Betriebsdauer der hinreichend begründete Verdacht gerechtfertigt vorliegt, dass damit fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Die im § 53 Abs 1 Z 1 lit a bestimmten Voraussetzungen für die Anordnung der Beschlagnahme durch die Behörde waren aufgrund der Versiegelung der Eingriffs-gegenstände durch die Kontrollorgane und wegen des ausgesprochenen Verfügungsverbotes nach wie vorgegeben. Die Beschlagnahme war somit aufgrund der Bestimmungen des § 53 Abs 3 GSpG durch die Behörde anzuordnen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20.12.1999, Zl. 97/17/0233, 94/17/0309, festgestellt, dass die Beschlagnahmemaßnahme die weitere Begehung des Verstoßes gegen einen oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG zu unterbinden bezweckt und zulässig ist, wenn mit dem betreffenden Gegenstand in der Vergangenheit fortgesetzt gegen das Glücksspielgesetz verstoßen wurde, bzw., wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt.

Da diese Voraussetzungen des Verdachtes einer Übertretung des § 52 Abs 1 GSpG unverändert vorliegen, war die Beschlagnahme auch deshalb anzuordnen.

Der Beschlagnahmebescheid war an x und die x als Inhaber und an die x als Eigentümer der im Spruch angeführten Geräte zu richten."

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden rechtzeitigen Berufungen vom 27. Juni 2013, per Fax am selben Tag eingebracht, in denen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Einvernahme aller bei der Kontrolle anwesenden Beamten und eine ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides angestrebt wird.

 

Begründend führen die Berufungswerber neben ausführlich dargelegten unionsrechtlichen Bedenken aus, dass es sich weder um Glücksspielautomaten noch um eine elektronische Lotterie handle und ein Eingriff in das Glücks-spielmonopol des Bundes sohin denkunmöglich sei. Zudem wird auf einen derzeit beim EuGH anhängigen Vorlageantrag des Oö. Verwaltungssenates hingewiesen. Es sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, weshalb verbotene Ausspielungen durchgeführt worden seien, eine nähere Spielbeschreibung der einzelnen Spiele auf den Geräten liege nicht vor, Feststellungen zu den Höchst- und Mindesteinsätzen sowie der dazu jeweils in Aussicht gestellten vermögenswerten Gegenleistungen seien nicht getroffen worden. Der in der Bescheidbegründung angegebene generalisierende Spielverlauf treffe auf die oa. Geräte nicht zu. Durch den Spieler könne auch gezielt Einfluss auf das Spielergebnis genommen werden. Es sei nicht einmal klar, ob Testspiele durchgeführt worden seien.

 

Auf dem Gerät mit der FA-Nr. 1 könne mit Einsätzen von über 10 Euro gespielt werden und können auch Serienspiele durchgeführt werden.  Zusätzlich sei eine "Gamble"-Funktion vorhanden gewesen, weshalb die Verwaltungsbehörden unzuständig seien, was auch für das Beschlagnahmeverfahren gelte.

 

Beim Gerät FA-Nr. 2 handle es sich nicht um einen Fun-Wechsler sondern um einen Geldwechsel- und Musikautomaten. Der Kunde erhalte für den geleisteten Kaufpreis von 1 Euro jedenfalls die adäquate Gegenleistung der Wiedergabe eines aus vielen konkret angeführten Musiktiteln auszuwählenden Musikstückes in einer Länge von jeweils etwa drei Minuten, welches in voller Länge abgespielt werde und dessen Wiedergabe nicht vorzeitig abgebrochen werden könne. Ein Spieleinsatz werde damit nicht geleistet. Zudem könnten auch mehrere Lieder gleichzeitig gekauft werden, die dann nacheinander abgespielt werden.

 

I.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 1. Juli 2013 Teile des Bezug habenden Verwaltungsaktes zur Berufungsentscheidung übermittelt. Auf Anforderung wurden am 13. September 2013 die restlichen Aktenteile nachge-sendet. 

 

I.4. Der Oö. Verwaltungssenat hatte bei seiner Entscheidung vom 17. September 2013, Zlen. VwSen-360272/3/MB/HUE, VwSen-360273/3/MB/HUE, VwSen-360274/3/MB/HUE, Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie die Dokumentation (Bescheinigung, Niederschrift, Aktenvermerk samt Fotodokumentation und Dokumentation der Überprüfung der Geräte) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

I.5. Gemäß § 51c VStG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblichen Fassung entschied der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied mit Entscheidung vom 17. September 2013, Zlen. VwSen-360272/3/MB/HUE, VwSen-360273/3/MB/HUE, VwSen-360274/3/MB/HUE, und wies die Berufungen der ErstBfin und des ZweitBf als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. In rechtlicher Hinsicht führte der Verwaltungssenat auszugsweise wie folgt aus:

 

"[…]

3.2.4. Hinsichtlich des Charakters der an dem beschlagnahmten Gegenständen verfügbaren virtuellen Walzenspielen (Gerät FA-Nr. 1) bzw. glücksradähnlichen Lichterkranzspielen (Gerät FA-Nr. 2) ergibt sich aufgrund des unter 2.3. skizzierten Spielablaufes – entgegen der Ansicht in den Berufungen – der Verdacht, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die Spiele damit als Glücksspiele iSd
§ 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Wie schon der Verwaltungsgerichtshof zu einem vergleichbaren Gerät in seiner Judikatur (vgl nur VwGH 28.6.2011, Zl. 2011/17/0068) ausgeführt hat, ist nach den Feststellungen zum Spielverlauf auch gegenständlich davon auszugehen, dass das beschlagnahmte Gerät – entgegen gegenteiliger Ansicht in der Berufungsschrift – eine Gewinnchance bot. Durch den Einwurf (bzw das Belassen im Gerät nach Gebrauch der Geldwechselfunktion) von einer bzw mehreren Euro-Münzen und Abspielen eines Musikstückes, was jedenfalls zum Verlust eines Euros führt, und durch den damit verbundenen automatischen Start des Lichtkranzlaufes erwarb der Spieler die Chance, bei Aufleuchten einer entsprechenden Zahl durch Betätigen der roten Taste den angezeigten Gewinn zu realisieren.

 

Ob in dem Fall, in dem diese Chance nicht eröffnet wird, ein (weiteres) Musikstück abgespielt wird oder nicht, wäre für die Beurteilung, dass das Gerät eine vom Zufall abhängige Gewinnchance bietet, nicht zuletzt auch aufgrund der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl u.a. VwGH 16.11.2011, Zl. 2011/17/0238 mwN) ohne Belang. Da der Spieler für den Start eines Lichtkranzlaufes, dessen Ergebnis programmgesteuert erfolgt und damit vom Zufall abhängt, jedenfalls einen Euro zu leisten hat, liegt ein aus zwei Teilen bestehendes Spiel vor, dessen Ausgang vom Spieler nicht beeinflusst werden kann: Das über einen Gewinn entscheidende Aufleuchten eines Symbols (Notensymbol oder Zahlensymbol) wird vom Gerät bzw die Gerätesteuerung selbsttätig herbeigeführt. Dass im zweiten Teil des Spiels für den Spieler kein Risiko mehr vorhanden ist, sondern die Betätigung der roten bzw. grünen Taste jedenfalls zur Auszahlung des angezeigten Betrags führt, ändert nichts daran, dass der Spieler zu Beginn des Spiels (konkret: dem Abspielen des ersten Musikstückes, das den Lichtkranzlauf in Gang setzt, für einen Euro), das ihm die Gewinnchance bietet, den Ausgang nicht vorhersehen und ihn auch nicht beeinflussen kann. Welches Musikstück vor dem Weiterspielen eines Benützers des Gerätes zur allfälligen Realisierung eines Gewinns abgespielt wird (und ob es diesbezüglich eine Auswahlmöglichkeit des Spielers gibt oder nicht bzw ob überhaupt ein Musikstück gespielt wird), vermag an dem Umstand, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten wird, allenfalls für seinen Einsatz etwas zu gewinnen, nichts zu ändern.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist es für das Vorliegen eines Glücksspiels im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG nicht maßgeblich, ob und wie viele Einzel-handlungen oder Spieletappen erforderlich sind, um das Glücksspiel durchführen zu können (vgl VwGH 26.2.2001, Zl. 99/17/0214). Das in Rede stehende Gerät eröffnet dem Benützer unzweifelhaft eine Gewinnchance. Wiederum unter Verweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (VwGH 28.6.2011, Zl. 2011/17/0068) spricht gerade die Tatsache, dass die Gewinnchance nicht in jedem Fall der Benützung eröffnet wird, für das Vorliegen eines Glücksspielautomaten bzw sonstigen Eingriffsgegenstandes zur Durchführung elektronischer Lotterien. Das Abspielen eines Musikstücks setzt  den Vorgang eines Beleuchtungsumlaufes mit zufallsbedingtem Stillstand auf dem "Glücksrad"-ähnlichen Lichterkranz in Gang. Das Ergebnis dieses Vorgangs ist vom Zufall abhängig und führt zu einem Gewinn oder nicht. Dass dem Spieler nach Stillstand des Lichtkranzlaufes eine Wahlmöglichkeit zwischen Realisierung eines allfälligen Gewinns, Auszahlung des bestehenden Kreditspeicherguthabens oder Wiedergabe eines Musikstückes eröffnet wird, ändert nichts daran, dass erst durch Leistung eines Euros zur Wiedergabe des ersten Musikstückes der Lichtkranzlauf gestartet wird, dessen Spielergebnis vom Gerät (durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung) selbsttätig oder zentralseitig herbeigeführt wird.

 

Im Ergebnis ändert diese Wahlmöglichkeit nichts an der Tatsache, "dass der Spieler durch den Einsatz von Geld eine Gewinnchance erhält" (vgl VwGH 16.11.2011, Zl. 2011/17/0238).

 

Wenn die Berufungswerber in den Berufungen vorbringt, dass der vom Spieler geleistete Kaufpreis von einem Euro jedenfalls die Wiedergabe eines aus vielen konkret angeführten Musiktiteln von ihm auszuwählendes Musikstückes, in einer Länge von jeweils circa drei Minuten, das in voller Länge abgespielt wird und dessen Wiedergabe nicht vorzeitig abgebrochen werden kann, als "adäquate Gegenleistung" erhält, und daher "kein Einsatz für die Teilnahme an einem Glücksspiel geleistet wird, sondern die eingeräumte Gewinnchance für den Kunden unentgeltlich ist", ist sie auch im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht im Recht.

Denn wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16. November 2011, Zl. 2011/17/0238 konstatierte, verhindert eine "etwaige Zusatzleistung neben der Anzeige von Gewinn in Geld oder keinem Gewinn in Geld ... den Glücksspielcharakter nicht. Es wird durch den Fun-Wechsler nicht ... einfach für einen Geldbetrag ein Sachgut (oder das Abspielen eines Musikstücks) angeboten, sondern das Angebot besteht darin, dass entweder ein Musikstück abgespielt wird oder der angezeigte Gewinn lukriert werden kann. ... Mit bloßen Warenautomaten lässt sich somit der Fun-Wechsler nicht vergleichen." Dass zum Starten des Lichtkranzlaufes ein Musikstück für einen Einsatz von einem Euro abgespielt wird, ändert daher nichts daran, dass dem Spieler allein durch diesen Einsatz von einem Euro (wenn auch in Kombination mit einem Musikstück) eine Gewinnchance eröffnet wird. Es liegt im gegenständlichen Fall daher jedenfalls eine verbotene Ausspielung iSd § 2 GSpG vor.

 

Damit ist auch die Behauptung in den Berufungen widerlegt, dass es sich beim Gerät
FA-Nr. 2 lediglich um einen Geldwechsel- und Musikautomaten handelt.

 

Bei diesen Glücksspielen handelt es sich offensichtlich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG: Aufgrund der oa. Geräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2
Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Dabei ist es im Rahmen des Beschlag-nahmeverfahrens unerheblich, ob die Ausspielung mit Glücksspielautomaten iSd § 2
Abs. 3 GSpG oder in Form von elektronischen Lotterien iSd § 12a Abs. 1 GSpG erfolgte; in beiden Fällen liegt bei Fehlen einer entsprechenden Konzession bzw. Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes eine verbotene Ausspielung gem. § 2 Abs. 4 leg.cit. vor.

 

Für die Beschlagnahme genügt iSd § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der entsprechend substanziierte Verdacht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen (mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird) fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird; es muss also etwa ein begründeter Verdacht von (fortgesetzten) verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 leg.cit. – konkret deren Veranstaltung, Organisation oder unternehmerische Zugänglich-Machung bzw. Beteiligung (§ 52 Abs. 1 Z 1 leg.cit.) bzw. die Förderung oder Ermöglichung der Teilnahme an solchen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 6 leg.cit.) – bestehen. Dass aber mit dem oa. Gegenständen zumindest seit Juli 2012 bis zur Beschlagnahme verbotene Ausspielungen iSd § 2 leg.cit. im oa. Aufstellungslokal mit entsprechend erbrachtem Spieleinsatz der Spieler bei in Aussicht gestellten Gewinnen durchgeführt wurden bzw. jedenfalls ein diesbezüglicher Verdacht vorliegt, ergibt sich unstreitig aus den Ausführungen und Erhebungen des Finanzamtes, nicht zuletzt über die erfolgten Probespiele, sowie den Aussagen von Frau X, einer Mitarbeiterin des DrittBw, in der Niederschrift vom 16. Mai 2013 und wird auch von den Berufungswerbern dem Grunde nach nicht bestritten. Darauf gründet sich der Verdacht, dass auch künftig – dh "fortgesetzt" – gegen die Bestimmungen des § 52 Abs. 1 (insbes. Z 1 bzw. Z 6) GSpG verstoßen wird (vgl. eingehend VwGH 20.12.1999, 97/17/0233).

 

Die rechtliche Qualifikation der Stellung der Berufungswerber in Bezug auf die strafbare Handlung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist nicht von Bedeutung (VwGH 10.5.2010, 2009/17/0202). So ist unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nach § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG nicht ausschlaggebend, ob der Bw selbst Veranstalter der entgegen dem Glücksspielgesetz betriebenen Glücksspiele ist bzw. ob diese Spiele auf seine Rechnung betrieben wurden. "Ausschlaggebend ist lediglich der Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz, unerheblich ist es hingegen, ob (auch) der Eigentümer der Geräte eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zu verantworten hat."

 

3.2.5. Die in den Berufungen vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die österreichische Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz greifen im Lichte der derzeit vorliegenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht.

 

[…]

 

Auch hinsichtlich des weiteren Berufungsvorbringens bezüglich einer allfälligen gleichheitswidrigen Inländerdiskriminierung sind beim Oö. Verwaltungssenat ob der diesbezüglichen ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine Bedenken entstanden. So hielt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich erst jüngst uHa auf seine ständige Rechtsprechung zu einem vergleichbaren glücksspielrechtlichen Sachverhalt ausdrücklich fest (VwGH 15.9.2011, 2011/17/0200):

"Hiezu ist festzustellen, dass die Frage der Inländerdiskriminierung nur dann relevant ist, wenn eine nationale Umsetzungsregelung oder der Vorrang des Gemeinschaftsrechts zu einer Differenzierung zwischen EU-Bürgern und Inländern führt. Da dies - wie ebenfalls in dem bereits genannten Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, dargelegt - für Sachverhalte wie dem im Beschwerdefall gegebenen jedoch nicht der Fall ist, ist es hier nicht entscheidend, welche Konsequenz die Annahme der Anwendbarkeit der verfassungsrechtlichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zum Grund-verkehrsrecht auch auf den vorliegenden Zusammenhang hätte."

Die Hinweise des Rechtsvertreters zu einem derzeit anhängigen Antrag auf ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH werden vom erkennenden Mitglied des
Oö. Verwaltungssenates aufgrund der diesbezüglich bereits ergangenen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 14.6.2012, G 4/12-10 ua) sowie im Lichte der dargelegten aktuellen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht aufgegriffen.

 

[…]

4. Aufgrund eines hinreichend substanziierten Verdachtes auf einen fortgesetzten Verstoß gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

I.6. Gegen dieses Berufungserkenntnis des Oö. Verwaltungssenates erhoben die Beschwerdeführer eine Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Beschwerde betreffend das Gerät mit der Typenbezeichnung "Funwechsler" mit der FA-Nr. 2 abgelehnt, da in der Beschwerde keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Hinsichtlich des Walzenspielgerätes mit der FA-Nr. 1 gab der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde Folge und hob hinsichtlich dieser Gerätschaft den Bescheid des Oö. Verwaltungssenates, mit Erkenntnis vom 6. März 2014, 2013/17/0802, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

 

In der Begründung verwies der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf sein Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0507. In diesem konstatierte er unter Hinweis auf den Verfassungsgerichtshof, dass nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von 10 Euro vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit und nicht länger von der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für eine Beschlagnahme nach § 53 GSpG auszugehen sei. Ein Verdacht iSd § 53 Abs 1 lit a GSpG müsse im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz und der Erlassung der Berufungsentscheidung vorliegen. Dabei habe die Berufungsbehörde allfällige in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen bzw auf Einwände der Parteien einzugehen.

II.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG iVm § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz – GSpG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung der gegenständlichen Verfahren auf das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013, gilt eine bis zum Ablauf des
31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

Die Verfahren können gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, da die Verfahren vor dem 31. Dezember 2013 bereits zur Zuständigkeit dieses Einzelmitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gehört haben.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass auch im neuen System der Verwaltungs-gerichtsbarkeit grundsätzlich von einer Bindungswirkung der Verwaltungsgerichte an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes iSd § 63 Abs 1 VwGG auszugehen ist.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht aufgrund der Aktenlage (Aktenvermerk vom 16.05.2013, Niederschrift mit x vom 16.05.2013, GSp26-Dokumentation und Fotodokumentation) von dem folgenden S a c h v e r h a l t  aus:

 

II.2.1. Aufgrund einer von Organen der Abgabenbehörde am 16. Mai 2013 in der x in x, durchgeführten Kontrolle wurde unter anderem das Gerät mit der Gehäusebezeichnung A – P & E Gaming Technology und der Seriennummer 9441 (FA-Nr. 1) aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Seit jedenfalls Juli 2012 bis zur Beschlagnahme wurden mit dem Gerät FA-Nr. 1 wiederholt virtuelle Walzenspiele durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Aufgrund des Aktenvermerks, der Niederschrift und der Darstellung in der GSp26-Dokumentation stellt sich für den erkennenden Richter des
Oö. Landesverwaltungsgerichts der Spielablauf generalisierend wie folgt dar:

 

Bei dem gegenständlichen Walzenspielgerät sind für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die virtuellen Walzenspiele konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbol-kombinationen ergab einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

An dem Walzenspielgerät wurden im Rahmen der Kontrolle von der Finanzpolizei Probespiele durchgeführt, bei denen bei dem Spiel "Burning Seven" ein Mindest-einsatz von 0,25 Euro und ein Höchsteinsatz von 10,50 Euro festgestellt werden konnten (vgl GSp26-Dokumentation).

 

Der GSp26-Dokumentation sowie der Fotodokumentation ist weiters eindeutig zu entnehmen, dass das Gerät mit der FA-Nr. 1 mit einem Banknoteneinzug ausgestattet war.

 

II.2.2. Zudem wird in den Beschwerden eindeutig festgehalten, dass beim Gerät mit der FA-Nr. 1 mit Einsätzen von über 10 Euro gespielt werden kann.

 

II.3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. 

 

 

III. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfs-mitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Ein-ziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks-spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

In der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unter-nehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veran-staltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Die ErstBfin ist unbestritten Eigentümerin des beschlagnahmten Gerätes. Als Sacheigentümerin kommt ihr damit Parteistellung im Beschlagnahme-verfahren zu (vgl VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG).

 

Der ZweitBf ist als Betreiber des gegenständlichen Lokals auch als Inhaber des oa. Glücksspielgerätes iSd § 53 Abs 3 GSpG iVm § 309 ABGB zu qualifizieren, weil sich dieses in seiner Macht bzw Gewahrsame befunden hatte (vgl etwa VwGH 26.1.2004, 2003/17/0268 zur vergleichbaren alten Rechtslage). Diesen Feststellungen wurde auch in der Beschwerde nicht widersprochen. Als Inhaber des oa. Gerätes kommt dem ZweitBf Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu.

 

Die Beschwerden der ErstBfin und des ZweitBf sind daher zulässig.

 

IV.2. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, hat der Verwal-tungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftat-bestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter
10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungs-widrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis aus-schließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22.8.2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

In seiner Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

"[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungs-strafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249).

IV.3. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, 98/17/0134) angenommene ver-fassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwal-tungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Ver-waltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungs-konformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach
§ 168 StGB angenommen.

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

IV.4. Durch die Normierung der allgemeinen ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich, dass die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013, Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist – und zwar unabhängig davon, ob teilweise Einsätze unter oder über 10 Euro tatsächlich geleistet wurden. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungs-gerichtshofs, die einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (siehe VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013 Rz 30; "...Abgrenzungsregelung...") und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPzEMRK in Einklang bringt (vgl VfGH vom 13.6.2013, B 422/2013, ebenso VfGH vom 26.6.2013, B 63/2013), ergibt sich sohin, dass eine vom
Oö. Landesverwaltungsgericht aufgrund der vorgebrachten Beschwerdegründe
(§ 9 Abs 1 Z 3 VwGVG) durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die Abgrenzung einer allfälligen verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit von der Strafbarkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bringt.

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungs-gerichtshofs – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – hatte des Oö. Landesverwaltungsgericht daher nunmehr die selbstständige strafrechtliche Beurteilung vorzunehmen.

IV.5. Der am 1. März 2014 in Kraft getretene § 52 Abs 3 GSpG (idF BGBl I Nr. 13/2014) sieht für das Glücksspielrecht entgegen der dargelegten Rechts-prechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und dem § 22 Abs 1 VStG eine umgekehrte Subsidiaritätsregel wie folgt vor:

"Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen."

Ob diese gesetzliche Umkehrung des Wesens der Scheinkonkurrenz in der Erscheinungsform der Subsidiarität, wonach prinzipiell die verwaltungsrechtliche hinter der gerichtlichen Strafbarkeit zurücktritt und im Ergebnis keine verfolgbare Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sachlichkeit entspricht, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben. Denn eine einmal für einen bestimmten Tatzeitpunkt eingetretene Subsidiarität kann nicht rückwirkend aufgehoben werden (vgl auch § 1 Abs 2 VStG). Bis zum 1. März 2014 waren Verwaltungsübertretungen nach dem § 52 Abs 1 Z 1 GSpG jedenfalls subsidiär gegenüber dem Straftatbestand des § 168 StGB. In Bezug auf Tatzeiträume bis zum 1. März 2014 verwirklichte daher ein Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Der Wegfall der Strafbarkeit des primär heranzuziehenden Kriminalstraftatbestandes (etwa wegen Strafaufhebungsgründen wie zB Verjährung) kann die An-wendbarkeit des subsidiären Tatbestandes nicht neu begründen und lässt damit die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl bereits VwGH 22.3.1999, 98/17/0134 und jüngst mwN VwGH 7.10.2013, 2012/17/0507). Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern. Eine einmal einge-tretene Subsidiarität ist somit endgültig.

IV.6. Die strafrechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ergibt Folgendes:

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrunde-legung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

Wie unter den Punkt II.2.1. und II.2.2. näher ausgeführt, ist bei dem Walzenspielgerät mit der FA-Nr. 1 ein Einzeleinsatz von 10,50 Euro eindeutig belegt. Schon diese Einsatzmöglichkeit von mehr als zehn Euro führt – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der diesbezüglich eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – zur gerichtlichen Strafbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes.

Auf Grund der dargelegten Funktionsweise des Walzenspielgerätes werden nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts Spieleinsätze von über
10 Euro
pro Einzelspiel ermöglicht.

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegten möglichen Spieleinsätze von über 10 Euro, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücks-spielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB
2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serien-glücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung der gegenständlichen Glücksspielgeräte, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die in Betracht kommenden Täter im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden haben:

Schon die Tatsache, dass auf dem gegenständlichen Walzenspielgerät Spieleinsätze pro Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird.

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt war nach der selbstständigen Beurteilung grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13. Juni 2013,
B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Randnummer 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht, da die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat. Der bisherigen Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs zu § 168 StGB ist daher weiterhin zu folgen.

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten still-schweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstraf-bestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

 

V. Schon mangels Zuständigkeit der belangten Behörde wegen gerichtlicher Strafbarkeit war spruchgemäß zu entscheiden. Es konnte nach dem festgestellten Sachverhalt nicht mehr von einer verfolgbaren Verwaltungsübertretung aus-gegangen werden, weshalb der Verdacht iSd § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG entfiel. Auf das weitere Vorbringen der Beschwerde brauchte nicht mehr eingegangen zu werden.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter