LVwG-600339/2/KLe/BD

Linz, 10.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde der x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3.4.2014, GZ: VerkR96-11308-1-2013,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 43,60 Euro zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 3.4.2014, VerkR96-11308-1-2013 wurde über x wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 218 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 48 Stunden, verhängt. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in der Höhe von 21,80 Euro verpflichtet.


Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

Die Beschwerdeführerin habe als vom Zulassungsbesitzer genannte Auskunftsperson der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land auf ihr schriftliches Verlangen vom 21.11.2013 nicht binnen 2 Wochen ab Zustellung des Schreibens darüber Auskunft erteilt, wer das Kraftfahrzeug x am 21.7.2013 um 9.25 Uhr in Pichl bei Wels auf der A 8 bei km 21,300, Richtung Passau gelenkt habe.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Gänze einzustellen.


Begründend wurde Nachstehendes ausgeführt:

„Die Beschwerdeführerin erachtet sich sich ihn ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht verletzt, entgegen § 103 Abs. 2 KFG iVm § 134 Abs. 1 KFG nicht bestraft zu werden.

Die Beschwerdeführerin hat die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Die Beschwerdeführerin hat zu der Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG mit Schriftsatz vom 9.12.2013 mitgeteilt, dass sie von ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Verweigerung einer Auskunft Gebrauch macht, sie hätte sonst ihren Ehegatten belasten müssen. Eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin, sich selbst oder nahe Angehörige durch die verlangte Auskunft zu bezichtigen, würde gegen Art. 90 Abs. 2 B-VG, Art 6 MRK, Art 7 MRK, Art 8 MRK, Art 14 MRK sowie Art. 1, 7, 8, 11, 20, 21, 47, 48 und 49 jeweils der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels gesonderten Antrages und der Tatsache, dass im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, unterbleiben (§ 44 Abs. 3 Z. 3 VwGVG).

 

Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

Dem Verfahren liegt eine Kennzeichenanzeige der Landesverkehrsabteilung OÖ. vom 26.8.2013 aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem Fahrzeug x zu Grunde. Vom Zulassungsbesitzer wurde die Beschwerdeführerin in der Lenkererhebung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Auskunftsperson angegeben. Daraufhin wurde die Beschwerdeführerin von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Auskunftsperson aufgefordert, bekannt zu geben, wer den PKW x am 21.7.2013 um 9.25 Uhr in Pichl bei Wels, auf der A 8 bei km 21,300, Richtung Passau gelenkt habe.

Da sie die Auskunft verweigerte, wurde über sie eine Strafverfügung wegen Verletzung der Auskunftspflicht verhängt, die sie abermals beeinspruchte.



Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß der Bestimmung § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Die Verpflichtung zur Lenkerauskunft ist durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des § 103 Abs. 2 KFG gedeckt (VfGH 29.9.1988, G 72/88).

Aus Art 6 Abs. 2 des Vertrages über die EU ist überdies nicht ableitbar, dass die Rezeption der EMRK in das Gemeinschaftsrecht durch den Vertrag über die EU bewirkt hätte, dass es zu einer generellen Verdrängung entgegenstehender nationaler Vorschriften gekommen wäre. Überdies hat die Europäische Kommission für Menschenrechte in der E v 5.9.1989 über die Beschwerden 15.135/89, 15.136/89 und 15.137/89 festgestellt, dass die Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG nicht gegen Art 6 EMRK (insb nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs. 2 EMRK) verstößt (VwGH 26.5.2000, 2000/02/115).

 

Nach der sich darstellenden Aktenlage hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land an die Beschwerdeführerin als Auskunftsperson nachweislich eine entsprechende Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG gerichtet.


Um ihrer Auskunftspflicht genüge zu tun, wäre die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen, innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung der Behörde den tatsächlichen Fahrzeuglenker bekannt zu geben, wobei die Auskunft den Namen und die genaue Anschrift der betreffenden Person enthalten hätte müssen (vgl. § 103 Abs. 2 zweiter Satz KFG).


Dieser Verpflichtung hat die Beschwerdeführerin aber nicht entsprochen. Vielmehr hat sie in ihrer Eingabe vom 9.12.2013 mitgeteilt, dass sie von ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Verweigerung der Auskunft Gebrauch mache.

 

Die Beschwerdeführerin kam dem Auskunftsverlangen zwar formell nach, ihre Äußerungen entsprechen jedoch inhaltlich nicht den normierten Voraussetzungen für die Erfüllung der Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG.

 

Die Auskunftspflicht im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG ist immer erst dann erfüllt, wenn die geschuldete Auskunft auch tatsächlich fristgerecht bei der Behörde, die die Anfrage gestellt hat, einlangt und dem Gesetz entsprechend vollständig und richtig erteilt wird. Die erteilte Lenkerauskunft darf weder in sich widersprüchlich noch unklar sein; sie muss vielmehr in solcher Weise richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft der Lenker des Fahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden kann (VwGH 26. Jänner 1998, 97/17/0361). 

 

Um die Auskunftspflicht des § 103 Abs. 2 KFG auszulösen, genügt es, dass die Behörde an die Auskunftsperson eine den inhaltlichen Kriterien der genannten Gesetzesstelle entsprechende Anfrage richtet (VwGH 7. September 1990, 90/18/0087).

 

Der zur Last gelegte Tatbestand der Nichterteilung einer Lenkerauskunft ist eine eigenständige - vom Grunddelikt unabhängige - Verwaltungsübertretung, die mit dem Verstreichen der zweiwöchigen Frist zur Erteilung der Lenkerauskunft (zwei Wochen nach Zustellung der Aufforderung) als verwirklicht gilt.

 

Da die Beschwerdeführerin als Auskunftsperson, trotz nachweislich zugekommener Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG eine dem Gesetz entsprechende Lenkerauskunft nicht erteilt hat, steht die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 103 Abs. 2 KFG unbestritten fest.

 

Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche die Beschwerdeführerin entlasten und somit ihr Verschulden ausschließen hätten können, sodass gemäß § 5 Abs. 1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Es ist damit auch die subjektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung als erfüllt zu bewerten und, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.            Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 19. Februar 2015, Zl.: E 967/2014-6

Beachte:

Revision anhängig