LVwG-500052/11/Wim/SB/IH

Linz, 20.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde des Herrn x,
vertreten durch x, x,
x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 10. Jänner 2012, GZ.: Wa96-11-3-2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. und 10. Juni 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 26. Jänner 2010, GZ.: Wa10-35-2006-Ba, N10-231-2005-Ba, wurde der x, x, x, die
wasserrechtliche Bewilligung für eine Geländeaufschüttung im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich bzw. im 50 m Uferschutzbereich des x zur Errichtung einer neuen Produktionshalle sowie Regenwasserableitung bei der neuen Produktionshalle, Umlegung, Aufweitung und Befestigung des
x und geländegestaltende Maßnahmen erteilt. In diesem Bescheid erfolgte auch die naturschutzrechtliche Feststellung, dass "durch die gegenüber dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 3. April 2006, N10-231-2005, erfolgte Abänderung der Umlegung des x im Bereich der Grundstücke x, x, x und x, je KG x, Marktgemeinde x, sowie durch die teilweise Befestigung der Ufer des x und durch die Bachaufweitung, sowie durch die Errichtung eines Retentionsraumes und verschiedene geländegestaltende Maßnahmen auf den o.a. Grundstücken, jeweils im 50 m Schutzbereich des Bärenbaches, solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden".

 

Im Spruchpunkt I.i.) lauten die Auflagenpunkte 4. und 7.:

"4. Lagerungen von Materialien sind im 30-jährigen Hochwasserabflussbereich nicht erlaubt.

...

7. Die Kompensationsfläche ist im Bereich des Grundstückes x, KG. x, mit einem Mindestvolumen 2.400³ zu errichten. Dies ist mit einer Tiefe von 1 m auf einer Fläche von ebenfalls 2.400 m³ zu bewerkstelligen."

 

Für die Bauvollendung wurde eine Frist bis längstens 31. Dezember 2010
eingeräumt.

 

1.2. Der Bf ersuchte mit Mail vom 29. Dezember 2010 um Verlängerung der Frist für die Fertigstellung der Kompensationsfläche in x. Von der
Bezirkshauptfrau von Rohrbach wurde daraufhin mit Schreiben vom 7. Juli 2011, GZ.: Wa10-35-2006, N10-231-2005, ersucht, "ehestmöglich bzw. spätestens bis 10. August 2011 mitzuteilen, ob die vorgeschriebenen Maßnahmen bewilligungsgemäß ausgeführt bzw. erfüllt wurden".

 


 

1.3. Am 8. Juli 2011 wurde bei der PI Ulrichsberg Anzeige von einer Privatperson darüber erstattet, dass die Große Mühl im Bereich der x durch die x stark verschmutzt worden sei. Auf Grund dieser Anzeige wurden von Polizeibeamten der PI Ulrichsberg Erhebungen vor Ort durchgeführt, wobei festgestellt wurde, dass an diesem Tag im Bereich Zufahrt-Brücke Bereich
x im Einlauf zur x das Wasser in diesem Bereich eher leicht braun-grau verfärbt und trüb war. Westlich von der Abbundhalle bei der Firma x auf Höhe des noch nicht verbauten Areals wurde weiters festgestellt, dass Schotter und teilweise Erde gelagert war und rechts neben dem aus Richtung x fließenden x ein Teil des Grundstücks teilweise noch (Uhrzeit der Erhebungen 10.10 Uhr - 11.10 Uhr) mit Wasser
überschwemmt und dieses erdfarben verfärbt war. An diesem Tag hatte um etwa 7.15 Uhr ein wolkenbruchartiger Gewitterregen stattgefunden.

 

1.4. Am 21. Juli 2011 führte daraufhin ein Amtssachverständiger einen Lokalaugenschein durch und stellte dabei fest, dass die Kompensationsfläche mit einem Gemisch aus Flins und Steinen wieder aufgeschüttet worden war und dies einen Bereich von ca. 30 x 30 m auf der bachabgewandten Seite betrifft bzw. eine kleinere Anschüttung im oberen bachseitigen Bereich. Laut dem Amtssachverständigen verringerten diese Anschüttungen einerseits das Kompensationsvolumen und befanden sich andererseits im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich (Nichteinhaltung der Auflagenpunkte I.i.) 4. und 7. des Bescheids der
Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 26. Jänner 2010, GZ.:
Wa10-35-2006-Ba, N10-231-2005-Ba). Er führte aus, dass diese Zwischenablagerungen zu entfernen sind.

 

1.5. Auf Grund dieser Feststellungen wurde die Brüder x mit Schreiben der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 5. August 2011, GZ.: Wa10-35-2006, aufgefordert, "umgehend dafür zu sorgen, dass derjenige Zustand hergestellt wird, wie im Bescheid vom 26.01.2010, Wa10-35-2006, N10-231-2006, (bzw. in dem damit bewilligten Projekt)
bewilligt
". Weiters wurde darauf hingewiesen, dass auf Grund der festgestellten Nichteinhaltung von Bescheidauflagen ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden musste.

 

1.6. Mit Schreiben der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 16. August 2011, GZ.: Wa96-11-1-2011, wurde der Bf daraufhin als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Brüder x (als Komplementär zur Brüder x) und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG aufgefordert, sich zu den ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zu rechtfertigen. Zur Last gelegt wurde, dass "die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26.1.2010, Wa10-35-2006,
N10-231-2005 (gemäß § 105 Wasserrechtsgesetz 1959) vorgeschriebenen
Auflagen, Punkte 4. und 7. laut Spruchabschnitt I.i.) nicht eingehalten wurden
".

 

1.7. Im Schreiben vom 28. Dezember 2011 führt der Bf dazu Folgendes aus:

"Die Errichtung der Kompensationsfläche für den Zimmereihallenbau gestalltete sich sehr schwierig auf Grund der felsigen Bodenverhältnisse. Postkabel usw. Die notwendigen und aufwendigen Sprengarbeiten wurden erst im Zuge mit der Errichtung vom Zwischenlager von Baustoffrestmassen durchgeführt. Durch die mehrfachen Einsprüche und Verzögerungen beim Bau vom Zwischenlager für Baurestmassen, ist auch das Kompensationsbecken nicht zeitgerecht fertiggestellt worden. Es waren durch die Aushubarbeiten und Sprengarbeiten mehrere tausend Kubikmeter Erdmaterial vorhanden. Dieses sollte ursprünglich abtransportiert werden. Als sich aber im Zuge der Verhandlungen herausstellte, dass ein zusätzlicher Erdwall als Lärmschutz errichtet werden soll und dafür 3000 m³ Material benötigen haben wir den Abransport gestoppt. (aus Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz, doppelte LKW-fahrten). Die Planung, Berechnung und Genehmigung (Vorschreibung) vom Erdwall als Lärmschutz hat dann noch länger gedauert. (als ich dachte) Es gab dadurch eine zeitliche Verschiebung von ein paar Monaten. In dieser Zeit gab es jedoch keinerlei Gefährdung von Nachbarn bezüglich Hochwasser. Den hätte es Hochwasser gegeben, haben wir für die fehlende Wassermenge im Becken Vorsorge getroffen. Im Ernstfall wenn das zu kleine Kompensationsbecken nicht ausgereicht hätte, dann hätten wir den freiligenden Lagerplatz bei der Zimmererhalle gefluttet und das wäre die vielfache Wassermenge vom fehlenden Beckenvolumen gewesen. Wir hätte auf jeden Fall alles unternommen das unser Nachbar keinen Schaden durch uns erleidet. Dies habe ich in den Sommermonaten mehrfach telefonisch zu erklären versucht, (verschieden Personen) aber es wird stimmen das es noch keine schriftliche Rechtfertigung darüber gibt. Dies möchte ich hiermit nachholen und ersuche um Kenntnissnahme." (Tippfehler im Original)

 

1.8. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 10. Jänner 2012, GZ.: Wa96-11-3-2011, wurden über den Bf als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG wegen zwei Verwaltungsübertretungen nach dem WRG 1959 Geldstrafen von jeweils 50 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Die ihm angelasteten Übertretungen lauteten:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x (als Komplementär zur x) und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu vertreten, dass am 8. Juli 2011, wie von Organen der Polizeiinspektion Ulrichsberg und am 21. Juli 2011, wie von einem Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, beim einem Lokalaugenschein bei der Betriebsanlage der x festgestellt wurde, beim Betrieb der o.a. Baumeister- und Zimmerei-Betriebsanlage im Standort x, x, die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26.1.2010, Wa10-35-2006, N10-231-2005 (gemäß § 105 Wasserrechtsgesetz 1959) vorgeschriebenen Auflagen, Punkte 4. und 7. laut Spruchabschnitt I.i.) nicht eingehalten wurden, zumal vom Amtssachverständigen wurde bei der Besichtigung am 21. Juli 2011 festgestellt wurde, dass ein Teil der mit o.a. Bescheid vorgeschriebenen Kompensationsfläche zur (Zwischen-)Lagerung von Flinz und Gesteinsmaterial verwendet wurde (Bereich in der Größe von ca. 30 x 30 m auf der bachabgewandten Seite bzw. eine kleinere Fläche im oberen bachseitigen Bereich), wodurch einerseits Materiallagerungen im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich des x durchgeführt wurden und zudem das Kompensationsvolumen verringert wurde.

 

Sie haben dadurch die Auflagenpunkte 4. und 7. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26.1.2010, Wa10-35-2006, N10-231-2005, wonach

1. die Lagerung von Materialien im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich nicht erlaubt sind (Auflagenpunkt 4.) und

2. die Kompensationsfläche im Bereich des Grundstückes x, KG. x, mit einem Mindestvolumen von 2.400 m³ zu errichten ist (Auflagenpunkt 7.),

nicht eingehalten.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 137 Abs. 2 Z. 7 i.V.m. § 105 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.F. BGBl. I Nr. 14/2011 und in Verbindung mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26.1.2010, Wa10-35-2006, N10-231-2005" (Tippfehler im Original)

 

Dieses Straferkenntnis wurde lt. Vermerk auf dem im Akt befindlichen Durchschlag ohne Zustellnachweis an den Bf versandt. Laut Belegdaten der BH Rohrbach langte der Strafbetrag am 17. Jänner 2012 bei der BH Rohrbach ein.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 8. Mai 2014 (eingelangt bei der BH Rohrbach am 9. Mai 2014). Der Bf führt darin aus, dass er ein Schreiben vom Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht bekommen habe, wonach drei rechtskräftige Strafen gegen ihn vorlägen.
Nachdem er an die BH Rohrbach verwiesen und dort vorstellig geworden sei, sei ihm das ihm bisher unbekannte Straferkenntnis gezeigt worden. Dafür, dass die Strafen bereits beglichen wurden, gibt er als Erklärung an, dass seine Frau die Post und Bankeinzahlungen übernehme und sie es möglicherweise vergessen oder es als nicht notwendig erachtet habe, über die 100 Euro zu diskutieren. So sei der Betrag von ihr einfach einbezahlt worden, um ihm zusätzlichen Ärger zu ersparen. Die Strafe in dieser Form hätte er nicht zur Kenntnis genommen.

 

2.2. Ergänzend brachte der Bf vor der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 2. Juni 2014 vor, dass er am Zahlungstag (14. Jänner 2012) ab Mittag nicht zu Hause gewesen sei, da er als Obmann des Kapellenvereins x an
einer gemeinsamen Besprechung mit den Mitgliedern des Vereins betreffend der bevorstehenden Strafverhandlung am 16. Jänner 2012 teilgenommen habe. Inhaltlich gab er an, dass zum Zeitpunkt am 8. Juli 2011 die Errichtungsarbeiten der Kompensationsfläche noch nicht abgeschlossen gewesen wären, weshalb das Flins- und Gesteinsmaterial nicht zwischengelagert, sondern noch Ergebnis der Aushubarbeiten gewesen wäre.

 

2.3. Weiters wurde mit Schreiben vom 13.6.2014 der Schriftverkehr mit der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach betreffend Fristverlängerung der Bauvollendungsfrist vorgelegt.

 

3. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG. Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. und 10. Juni 2014 in welcher neben dem Beschwerdeführer als Zeugin die Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau x, einvernommen wurde. Im Zuge der Verhandlung wurden Beweismittel vorgelegt, uA das Schreiben der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom
7. Juli 2011, GZ.: Wa10-35-2006, N10-231-2005 (Anzeige der Fertigstellung bis 10. August 2011), ein Auszug der Überweisungen die am 14. Jänner 2012
durchgeführt wurden, sowie die Einladungen zu der Besprechung des Kapellenvereins Hintenberg am 14. Jänner 2012.

 

4.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 26. Jänner 2010,
GZ.: Wa10-35-2006-Ba, N10-231-2005-Ba, wurde der Brüder x, x, x, die wasserrechtliche Bewilligung für eine Geländeaufschüttung im 30-jährlichen
Hochwasserabflussbereich bzw. im 50 m Uferschutzbereich des x zur Errichtung einer neuen Produktionshalle sowie Regenwasserableitung bei der neuen Produktionshalle, Umlegung, Aufweitung und Befestigung des
x und geländegestaltende Maßnahmen erteilt. Für die Bauvollendung wurde eine First bis längstens 31. Dezember 2010 eingeräumt.

 

Der Bf ersuchte mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach um Fristerstreckung für die Fertigstellung der Kompensationsfläche bis Sommer 2011. Dem Bf wurde darauf mit Schreiben vom 7. Juli 2011, GZ.: Wa10-35-2006, N10-231-2005, geantwortet und ersucht, "ehestmöglich bzw. spätestens bis 10. August 2011 mitzuteilen, ob die vorgeschriebenen Maßnahmen bewilligungsgemäß ausgeführt bzw. erfüllt wurden".

 

Mit Straferkenntnis vom 10. Jänner 2012, GZ.: Wa96-11-3-2011, wurden über den Bf Verwaltungsstrafen verhängt, weil er als Verantwortlicher gemäß
§ 9 Abs. 1 VStG zu vertreten hat, dass am 8. und 21. Juli 2011 Bescheidauflagen des Bescheides vom 26. Jänner 2010, GZ.: Wa10-35-2006-Ba,
N10-231-2005-Ba, nicht eingehalten wurden und somit gegen das WRG 1959 verstoßen wurde. Dieses Straferkenntnis wurde ohne Zustellnachweis versandt. Die Bezahlung der Verwaltungsübertretungen erfolgte am 14. Jänner 2012 um 13.46 Uhr (sh Auszug der Raiffeisenbank vom 3. Juni 2014). Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Bf als Obmann des Kapellenvereins x bei der Besprechung wegen der Verhandlung am 16. Jänner 2012 und weiterer Vorgangsweise (sh vorgelegte Einladungen samt Bestätigungen von Teilnehmern). Die Einzahlung konnte somit nicht vom Bf selbst durchgeführt worden sein. Frau
x hat diese Überweisung durchgeführt, diese öffnet auch die Post ihres Mannes.

 

Auf Grund des Schreibens des Amts der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht vom 25. April 2014, GZ.: AUWR-2009-56372/18-Sch, wurde der Bf bei der BH
Rohrbach vorstellig, wobei ihm am 7. Mai 2014 das Straferkenntnis vom
10. Jänner 2012, ausgefolgt wurde (sh Vermerk auf dem Straferkenntnis).

 

4.3. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich für den erkennenden Richter des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich aus dem Verwaltungsakt, den
vorgelegten Unterlagen und vor allem aus den glaubwürdigen Aussagen des Bf und der Zeugin.

 

Die Ehegattin des Bf bestätigte in der mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2014 seine Angaben, wonach sie dessen Post öffnet und durchsieht. Da sie ein Gemeinschaftskonto haben, wird auch bei den Überweisungen abgewechselt, wer diese durchführt. Frau x gab an, dass im Zeitraum der Überweisung (14. Jänner 2012) "Ausnahmezustand" wegen der bevorstehenden Verhandlung des Kapellenvereins herrschte und sie ihren Gatten wo es ging entlastete.

 

Auf Grund der sich nicht widersprechenden Aussagen des Bf und der Zeugin konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Bf vor der Verständigung durch das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Anlagen-, Umwelt- und Wasserrecht Kenntnis vom Straferkenntnis erlangt hat. Von der belangten Behörde konnte nur der Nachweis über die erfolgte Einzahlung vorgelegt werden. Ein entsprechender Zustellnachweis fehlt jedoch und vermochte die Behörde die Tatsache der Zustellung (und den Zeitpunkt) nicht zweifelsfrei nachzuweisen.

 


 

5. Hierüber hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

5.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

 

Im gegenständlichen Fall wurde das Straferkenntnis ohne Zustellnachweis zugestellt. Nach der ständigen Judikatur des VwGH zu § 26 Abs. 2 ZustG "hat die
Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen
".
(sh VwGH 20.09.2012, 2011/10/0146, VwGH 14.10.2011, 2009/09/0244) "In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweis - der Beweis der erfolgten
Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als
richtig angenommen werden.
" (sh VwGH 14.10.2011, 2009/09/0244) "Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis." (sh VwGH 20.09.2012, 2011/10/0146, 24.06.2008, 2007/17/0202).

 

Auch wenn im gegenständlichen Fall feststeht, dass das Straferkenntnis von Frau x einbezahlt wurde, so stellt dies keinen zweifelsfreien Nachweis dar, dass der Empfänger - nämlich der Bf - vom Straferkenntnis tatsächlich Kenntnis
erlangt hat. Es stellt nämlich auch keine auffallende Sorglosigkeit iSd § 71 Abs. 1 Z 1 AVG dar, wenn die Partei "es unterlässt, Erkundigungen beim Ehegatten über allenfalls in ihrer Abwesenheit erfolgte Zustellversuche einzuholen oder organisatorische Maßnahmen dahingehend zu treffen, dass der Ehegatte Hinterlegungsanzeigen nicht an sich nehmen kann". (Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 71 Rz 73) Nichts anderes kann gelten, wenn die Ehegattin einen Brief an sich nimmt und ihn in Entlastungsabsicht für den Ehegatten bezahlt, ohne ihn darüber zu verständigen.

 

Von der Bezirkshauptfrau von Rohrbach erfolgten dahingehend keine Äußerungen. Es wurde der zweifelsfreie Beweis der erfolgten Zustellung nicht erbracht, weshalb den Behauptungen des Bf und der Zeugin zu glauben war.

 

Da dem Bf das Straferkenntnis am 7. Mai 2014 persönlich bei der BH Rohrbach übergeben wurde und die Beschwerde am 9. Mai 2014 einlangte, war die
Beschwerde rechtzeitig.

 

5.2. Zur Entscheidung in der Sache:

 

§ 112 Abs. 1 und 2 WRG 1959 lauten:

(1) Zugleich mit der Bewilligung sind angemessene Fristen für die Bauvollendung der bewilligten Anlage kalendermäßig zu bestimmen; erforderlichenfalls können auch Teilfristen für wesentliche Anlagenteile festgesetzt und Fristen für den Baubeginn bestimmt werden. Fristverlängerungen, die durch das Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten notwendig werden, sind von Amts wegen vorzunehmen. Die Nichteinhaltung solcher Fristen hat bei Wasserbenutzungsanlagen das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes (§ 27 Abs. 1 lit. f) zur Folge, sofern nicht die Wasserrechtsbehörde gemäß § 121 Abs. 1, letzter Satz, hievon absieht.

(2) Die Wasserrechtsbehörde kann aus triftigen Gründen diese Fristen verlängern, wenn vor ihrem Ablauf darum angesucht wird; die vorherige Anhörung der Parteien ist nicht erforderlich. Wird das Ansuchen rechtzeitig gestellt, dann ist der Ablauf der Frist bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Verlängerungsantrag gehemmt. Wird gegen die Abweisung des Verlängerungsantrages das Verwaltungsgericht, der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof angerufen, wird der Ablauf der Frist bis zur Entscheidung dieser Gerichte verlängert. Wird ein Vorhaben während der Ausführung geändert, sind im hierüber ergehenden Bewilligungsbescheid die Baufristen soweit erforderlich neu zu bestimmen.

 

Der Bf hat am 29. Dezember 2010 um Fristverlängerung angesucht, somit noch vor Ablauf der im Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 26. Jänner 2010, GZ.: Wa10-35-2006-Ba, N10-231-2005-Ba, festgelegten Bauvollendungsfrist (31. Dezember 2010) und daher entsprechend § 112 Abs. 2 WRG 1959 fristgerecht. Eine entsprechende Reaktion der Bezirkshauptfrau von Rohrbach blieb bis 7. Juli 2011 aus, wobei mit diesem Schreiben der Bf lediglich aufgefordert wurde, "ehestmöglich bzw. spätestens bis 10. August 2011 mitzuteilen, ob die vorgeschriebenen Maßnahmen bewilligungsgemäß ausgeführt bzw. erfüllt wurden". Wie aus § 112 Abs. 2 WRG 1959 hervorgeht, ist der Ablauf der Frist bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde gehemmt.

 

"Mit dem Antrag auf Verlängerung der Bauvollendungsfrist erwirbt der Antragsteller den Anspruch, daß die Behörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Fristverlängerung die Rechtslage auch iSd erhobenen
Begehrens neu gestaltet. Dieser Anspruch geht nicht durch Zeitablauf verloren. Vielmehr ist die Behörde verpflichtet, das Vorliegen triftiger Gründe für den Antrag zu prüfen.
" VwGH 18.03.1994, 92/07/0043

 

Eine Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Antrag auf Fristerstreckung vom 29. Dezember 2010 gemäß § 112 Abs. 2 WRG 1959 lag zumindest bis zum 21. Juli 2011 nicht vor.

 

Die Bauvollendungsfrist war somit auf Grund des fristgerechten Fristverlängerungsantrags zu den angeführten Tatzeitpunkten gehemmt und daher noch nicht abgelaufen. Da die Errichtung und Herstellung des genehmigten Projektes noch nicht abgeschlossen und noch in der durch die Hemmung zulässigen Bauvollendungsfrist durchgeführt wurde, waren die gegenständlich relevanten Bescheidauflagen, Punkte 4. und 7. unter Spruchpunkt I.i.) für die Zeit der Bauphase noch nicht schlagend und die Nichteinhaltung somit nicht strafbar.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.: Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur
Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG.

 

 

Zu III.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu
beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche
Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer