LVwG-840026/25/KLi/IH LVwG-840030/14/KLi/IH

Linz, 01.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Karin Lidauer über den Antrag der x, x, x, vertreten durch die x, x, x, vom 12. Mai 2014 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom
25. April 2014, der Antragstellerin zugegangen am 30. April 2014; in eventu Nichtigerklärung der Ausschreibungsunterlage im Vergabeverfahren „x“ des Auftraggebers x, x, x, x, x, x, vertreten durch die x, x, x, und unter Beitritt der mitbeteiligten Partei x, x, x, vertreten durch die x, x, x,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Antrag vom 12. Mai 2014 auf Nichtigerklärung der Zuschlags­entscheidung vom 25. April  2014, der Antragstellerin zugestellt am 30. April 2014, wird gemäß §§ 1, 2 und 7 Oö. Vergaberechts­schutzgesetz 2006 - Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr.  130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, abgewiesen.

 

II.      Das Eventualbegehren, die Ausschreibungsunterlage im Vergabeverfahren „x“, für nichtig zu erklären, wird zurückgewiesen.

 

III.   Der Antrag, dem x den Ersatz der Pauschalgebühr für diesen Antrag zu Handen der ausgewiesenen Rechtsvertreter der Antragstellerin aufzuerlegen, wird abgewiesen.

 

IV.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Eingabe vom 12. Mai 2014 hat die x (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, in eventu die Nichtigerklärung der Ausschreibungsunterlagen sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 3.000 Euro beantragt. In eventu wurde beantragt, die Ausschreibungsunterlage im Vergabeverfahren „x“ für nichtig zu erklären.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hierzu aus, dass der Auftraggeber zwei offene Verfahren zum Abschluss jeweils eines Lieferauftrages im Oberschwellenbereich zur Beschaffung von Auftausalz zeitgerecht und nach Bedarf für x und im x durchgeführt habe. Der gegenständliche Antrag beziehe sich auf das Verfahren x.

 

Mit 25. Februar 2014 sei die Bekanntmachung über die Einleitung der Verfahren im Supplement zum Amtsblatt der EU, Nr. 2014/S 039-064231, erfolgt. Das Ende der Angebotsfrist sei mit 17. April 2014 festgelegt worden und habe die Antragstellerin für beide Ausschreibungen Angebote gelegt. Laut Niederschrift der Angebotsöffnung am 17. April 2014 seien nur zwei Angebote abgegeben worden.

 

Mit Schreiben vom 25. April 2014 - der Antragstellerin zugestellt am
30. April 2014 per E-Mail - wurde bekanntgegeben, dass beabsichtigt sei, der x den Zuschlag zu erteilen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Antragstellerin eine Gesamtpunktzahl von 93,475 Punkte erreicht habe. Der vorgesehene Zuschlagsempfänger habe einen Einheitspreis von 73,80 Euro/to, bzw. einen Gesamtpreis (netto) von 738.000 Euro zzgl. 20 % USt von 147.600 Euro, sohin einen Gesamtpreis (brutto) von 885.600 Euro, angeboten, wofür 78 Punkte (Antragstellerin: 71,955 Punkte) zu vergeben gewesen seien. Bei der Qualitätsbewertung habe das Angebot des präsumtiven Zuschlagsempfängers beim Feuchtigkeitsgehalt 3 Punkte (Antragstellerin: 4 Punkte), beim Gehalt an NaCl 1,6 Punkte (Antragstellerin: 3,68 Punkte), beim Sulfatgehalt 2 Punkte (Antragstellerin: 4 Punkte), beim Feinanteil 1,64 Punkte (Antragstellerin: 1,84 Punkte) und beim Grobkornanteil 8 Punkte (Antragstellerin: 8 Punkte) erhalten. Die Gesamtpunkteanzahl für das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin betrage daher 94,24 Punkte. Der Nachteil des Angebotes der Antragstellerin gegenüber jenem der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ergebe sich aus der niedrigeren Punktezahl. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 10. Mai 2014 festgelegt.

 

Von der Antragstellerin wurde ihr Interesse am Vertragsabschluss ausführlich geschildert und bekannt gegeben, dass Schäden aufgrund der bisher ange­laufenen frustrierten Kosten, des entgangenen Gewinns und des Verlustes eines Referenzprojekts drohen würden. Zudem erachte sich die Antragstellerin neben ihrem Recht auf Durch­führung eines rechtskonformen Verfahrens und auf Zuschlagserteilung, insbe­sondere auf Prüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien, insbesondere auf Prüfung, ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht sowie auf vergaberechtskonformes Vorgehen bei der Feststellung von Mängeln des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, aber auch auf Ausscheiden von Angeboten, die den Ausschreibungsbestim­mungen widersprechen sowie von fehlerhaften Angeboten, verletzt.

 

Zu den Rechtswidrigkeitsgründen wurde von der Antragstellerin vorgebracht, dass gemäß der Leistungsbeschreibung (AU Teil D, S.34) das angebotene Auftau­salz bestimmte Mindestkriterien erfüllen müsse, welche als Mindest- oder Höchstgrenzen angegeben seien. Die vom Bieter im Angebotsformular anzugebende Qualität sei für alle Lieferungen verbindlich. Dies ergebe sich aus Punkt 2.1. der Vertragsbestimmungen (AU Teil B, S.22). Bekräftigt werde dies durch Punkt 9 der Vertragsbestimmungen (AU Teil B, S.28), der die Nichteinhaltung der vom Bieter angebotenen/zugesicherten Qualität pönalisiert, wobei für jedes der Qualitätsparameter eine Toleranz und eine Berechnungsformel für einen prozentuellen Abzug vorgegeben sei, der vom Preis mangelhafter Lieferungen abzuziehen sei.

 

Ein Bieter habe daher ausschließlich Qualitätswerte im Angebotsformular ver­wenden dürfen, welche er auch einhalten könne. Produkte, die Abweichungen von den angebotenen Qualitätswerten aufweisen, habe ein Bieter jedenfalls nur dann anbieten dürfen, wenn diese Abweichungen sich innerhalb der in Punkt 9 der Vertragsbestimmungen festgelegten Toleranzen bewegen.

 

Gemäß Punkt 24 der AU (Teil A) - von der Antragstellerin zitiert - werden die Qualitätsangaben der Bieter nach Schema bewertet. Die Antragstellerin habe die Qualitätsbewertung des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Auftausalzes gemäß den Bewertungsregeln in der AU zurückgerechnet. Demnach habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Auftausalz folgender Qualität angeboten:

 

 

Qualitätskriterium

Punkte lt. Zuschlagsentscheidung

Angebotene Qualität (rückgerechnet)

Feuchtigkeitsgehalt

3 Punkte

0,2%

Gehalt an NaCl

1,6 Punkte

98,5%

Sulfatgehalt

2 Punkte

3300mg/kg

Feinanteil

1,64 Punkte

0,9%

Grobkornanteil

8 Punkte

0%

 

 

Dies bedeute, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin gegenüber den Min­destanforderungen der AU ein „Mehr“ an Qualität angeboten habe und dies auch vom Auftraggeber bewertet worden sei. Diese zusätzlichen Qualitätspunkte seien ausschlaggebend für die höhere Gesamtpunkteanzahl der präsumtiven Zu­schlagsempfängerin gewesen.

 

Die Qualitätsangaben im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin seien offensichtlich und zwingend unrichtig, da diese Produkte mit derartigen Spezifikationen nach eigenen Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu Folge nicht zu liefern seien. Dieser Umstand hätte dem Auftraggeber bei der Angebotsprüfung jedenfalls auffallen müssen und hätte zum zwingenden Ausscheiden des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin führen müssen. Bei rechtskonformer Durchführung des Vergabeverfahrens hätte die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin ausfallen müssen.

 

Aus den Qualitätsangaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei erkennbar, dass diese gegenständlich Steinsalz angeboten habe. Steinsalz sei ein Naturprodukt, welches in seiner chemischen Zusammensetzung stark schwanke. Dies sei von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im beim UVS anhängig gewesenen Verfahren (VwSen-550596) selbst vorgebracht worden.

 

„Zum schwankenden NaCl-Gehalt des Produkts Siedesalz wurde in der damaligen Entscheidung von der Antragstellerin ausgeführt, dass das Siedesalz typischer­weise aufgrund seiner industriellen Herstellung einen konstanten NaCl-Gehalt von 99,9 % habe. Steinsalz habe als Naturprodukt keinen völlig einheitlichen NaCl-Gehalt, da dieser aus geologischen Gründen je nach Abbaugebiet schwanken könne. Die Einhaltung eines konstanten NaCl-Gehalts von 99,9 % könne somit bei der Lieferung von Steinsalz nicht gewährleistet werden. Der NaCl-Gehalt des Steinsalzes der Antragstellerin bewege sich jedenfalls durchwegs zwischen 97,5 und 98,6 %. Zum schwankenden Sulfatgehalt ihres Produkts habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Ähnliches erklärt, und zwar dass der Sulfatanteil des Steinsalzes der Antragstellerin aufgrund der Eigenschaft von Steinsalz als Naturprodukt aus geologischen Gründen höheren Schwankungen ausgesetzt und sich zwischen 1.300 mg/kg und 10.000 mg/kg bewege.“ Dies sei auch vom damals bestellten Gutachter bestätigt worden.

 

Den Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu ihren eigenen Produkten folgend, ergebe sich, dass sie bestenfalls in der Lage sei, Auftausalz mit einem NaCl-(Mindest-)Gehalt von 97,5 % und einem Sulfat-(höchst-)anteil von 10.000 mg/kg, anzubieten. Aufgrund der natürlichen Schwankungen ihres Produkts könne die präsumtive Zuschlagsempfängerin die angebotene Qualität nicht einhalten. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe laut dem Ergebnis der Angebotsbewertung jedoch einen NaCl-Gehalt von 98,5 % und einen Sulfat-Anteil von 3.300 mg/kg angeboten. Dies, obwohl sie diese chemischen Eigenschaften nach ihren eigenen Angaben aufgrund der natürlichen Schwankungen gar nicht gewährleisten könne.

 

Mit diesem Vorgehen habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin gegen § 108 Abs. 2 BVergG 2006 verstoßen. Auch hätten diese unrichtigen Angaben dem Auftraggeber im Hinblick auf das bereits abgeführte Vergabeverfahren auffallen müssen: Schließlich sei er Auftraggeber in jenem Nachprüfungsverfahren vor dem UVS gewesen, in welchem die jetzige präsumtive Zuschlagsempfängerin ausdrücklich erklärt habe, nur gewisse Qualitätsanforderungen - welche erheb­lich unter der angebotenen und bewerteten Qualität liegen - erfüllen könne. Der Auftraggeber hätte diesen Umstand im Rahmen dieses Angebotsprüfungsver­fahrens gemäß § 123 Abs. 2 BVergG 2006 prüfen und das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als fehlerhaft ausscheiden müssen.

 

Für die beiden Qualitätskriterien NaCl-Gehalt und Sulfatgehalt wären daher statt der vergebenen 3,6 Punkte 0 Punkte zu vergeben gewesen. Laut Zuschlags­entscheidung sei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 94,24 Punkte und das Angebot der Antragstellerin mit 93,475 Punkte bewertet worden. Bei richtiger Bewertung (Abzug von 3,6 Punkten vom Bewertungsergebnis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) wäre daher dem Angebot der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen gewesen.

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei aber auch noch deshalb auszuscheiden gewesen, zumal die AU eine ausdrückliche Festlegung zu den Schwankungen bei Qualitätswerten, die die angebotenen Produkte aufweisen dürfen (sh. Tabelle in Teil B, Punkt 9 der AU, s. 28). Aus den Angaben der prä­sumtiven Zuschlagsempfängerin im genannten Verfahren vor dem UVS OÖ ergebe sich nun, dass die natürlichen Eigenschaften des Produkts dazu führen, dass diese Toleranzen weit überschritten werden. Die Schwankungen über­schreiten die zulässige Toleranz beim Gehalt an NaCl also um mehr als 500 %, beim Sulfatgehalt um mehr als 4:000 %. Das Angebot wäre daher vom Auftraggeber als den Ausschreibungsbestimmungen widersprechend auszuscheiden gewesen.

 

Nach Zitierung des Punktes 11.4.3. der AU wurde weiters ausgeführt, dass aus derartigen - bei sonstigem Ausscheiden lt. AU - vorzulegenden Bescheinigungen der Auftraggeber klar entnehmen hätte können, dass das angebotene Produkt der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht der angebotenen Qualität ent­sprechen könne. Demnach aber die präsumtive Zuschlagsempfängerin entweder gar keine Bescheinigungen vorgelegt oder aber Bescheinigungen vorgelegt habe, welche sich lediglich auf eine (einzelne) Probe des angebotenen Auftausalzes beziehen, nicht aber - wie ausdrücklich in der AU gefordert - Bescheinigungen ... zum Nachweis, dass das angebotene Auftausalz in qualitativer Hinsicht zumindest den im Angebotsformular angegebenen Qualitätskriterien entspricht. Im Lichte der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin selbst zugestandenen Schwankungen der Qualität ihres Produkts entspreche die Vorlage einer Bescheinigung über eine einzige Probe keinesfalls dieser Anforderung.

 

Schließlich hätte dem Auftraggeber bekannt sein müssen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit genau den hier thematisierten Qualitätskriterien bei laufenden Aufträgen große Probleme habe. So sei in der Branche bekannt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nach erfolgreicher Beteiligung ein einer gleichgelagerten Ausschreibung des x für die Lieferung von Auftausalz für den x die dort angebotenen Kriterien bei zahlreichen Lieferungen nicht einhalten habe können. Der Auftraggeber hätte bei seiner Prüfung berücksichtigen müssen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin im Verfahren (x) dem Vernehmen nach weder den von ihr angebotenen NaCl-Gehalt noch den Sulfatgehalt oder den Feinanteil einhalten habe können. Dennoch habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin im konkreten Verfahren noch schwerer zu erreichende Werte angeboten.

 

In diesem Zusammenhang hätte der Auftraggeber auch die Referenzen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zum Nachweis der technischen Leistungs­fähigkeit genau prüfen müssen. Dabei hätte der angesprochene Auftrag (x) keinesfalls als entsprechende Referenz gewertet werden dürfen, da eine Bestätigung, dass diese Leistung fachgerecht und ordnungs­gemäß ausgeführt wurde nach den vorliegenden Informationen vom x keinesfalls zu Recht hätte erteilt werden dürfen.

 

In eventu sei die Ausschreibung aufgrund nicht geeigneter Zuschlagskriterien zu widerrufen, zumal die AU keinerlei Vorkehrungen treffe, um eine mit den Grundsätzen des Vergaberechts in Einklang stehende Bewertung von Auftausalz derart schwankender Qualität zu ermöglichen. Daher wäre die gesamte Aus­schreibung gemäß § 139 Abs. 1 Z2 BVergG 2006 zwingend zu widerrufen. Könne der Bestbieter auf Grundlage der Ausschreibung nicht ermittelt werden, so sei die Ausschreibung nicht präkludiert. Zu beachten wäre auch, dass die Bewertungs­kriterien mit dem Zweck des Auftrages zusammenhängen und zur Erreichung des Zwecks geeignet sein müssen. Die Bewertung einer nicht näher definierten „durchschnittlichen Qualität“ sei zur Erreichung des Zwecks jedoch nicht geeig­net. Sie sei vielmehr nicht überprüfbar, unsachlich und damit vergaberechts­widrig.

 

 

I.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat das x (im Folgenden: Antragsgegnerin) am Verfahren beteiligt. Mit Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag vom 19. Mai 2014 führte die Antragsgegnerin aus, dass das gegenständliche Vergabeverfahren am 25. Februar 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl 2014/S 039-064231 und am 03. März 2014 in der Amtlichen Linzer Zeitung ausgeschrieben  bzw. bekannt gemacht worden sei. Entsprechend der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen vom
20. Februar 2014 sei zur Vergabe der gegenständlichen Lieferleistungen das offene Verfahren gewählt worden. Der Zuschlag sei auf das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot („Bestbieterprinzip“) erfolgt. Die Angebotsfrist habe am 17. April 2014 um 9.00 Uhr geendet. Innerhalb der Angebotsfrist seien 2 gültige Angebote - unter anderem das Angebot der nunmehrigen
Antragstellerin - eingelangt. Beide Angebote seien rechtzeitig eingegangen, seien ordnungsgemäß  verschlossen und rechtsgültig unterfertigt gewesen. Die (öffentliche) Angebotsöffnung habe am 17. April 2014 um 10.15 Uhr stattgefunden. Von beiden Bietern seien die in der Ausschreibung geforderten Unterlagen hinsichtlich Produktqualität, Nachweis der wirtschaftlichen und technischen Leistungsfähigkeit vorgelegt worden. Die eingegangenen Angebote seien im Sinne des § 118 BVergG 2006 verlesen worden. Die Antragstellerin habe im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung ein Angebot mit einem Gesamtpreis in Höhe von 960.000 Euro (brutto) gelegt. Dem gegenüber weise das von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegte ausschreibungskonforme Angebot einen Gesamtpreis in Höhe von
885.600 Euro (brutto) aus. Nach durchgeführter Angebotsprüfung und
-bewertung anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bewertungskriterien sei von der Auftraggeberin die präsumtive Zuschlagsempfängerin als „Bestbieterin“ ermittelt worden.

Am 30. April 2014 habe die Auftraggeberin den Bietern gemäß
§ 131 BVergG 2006 per E-Mail und Fax mitgeteilt bzw. bekannt gegeben, dass sie beabsichtige, dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, welches aufgrund der erreichten Gesamtpunktzahl als das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot zu bewerten gewesen sei, als „Bestbieterin“ den Zuschlag zu erteilen. Diese Zuschlagsentscheidung bekämpfe die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 12. Mai 2014. Darüber hinaus werde von der Antragstellerin in eventu die Nichtigerklärung der den gegenständlichen Vergabeverfahren zugrundeliegenden - bestandsfesten - Ausschreibungs­unterlagen begehrt.

 

Die von der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag behauptete Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung wegen angeblich unrichtiger Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in dem von ihr gelegten Angebot sowie wegen des Widerspruches des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu den Ausschreibungsbestimmungen liege nicht vor. Verfehlt und auf bloße Mutmaßungen gestützt seien die Ausführungen der Antragstellerin, wonach die Qualitätsangaben im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin offensichtlich und zwingend unrichtig seien, da die präsumtive Zuschlags­empfängerin ihren eigenen Angaben zufolge Produkte mit derartigen Spezifikationen nicht liefern könne. Die Antragstellerin stütze diese Behauptung auf das Vorbringen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (als damalige Antragstellerin) zum Natriumchloridgehalt und Sulfatgehalt von Steinsalzen im Nachprüfungsverfahren vor dem UVS OÖ im Jahr 2012
(Erkenntnis des UVS OÖ vom 14. September 2012,
GZ: VwSen-550596/33/Wim/Bu) und auf das dort von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erstattete Vorbringen zum Natriumchloridgehalt und Sulfatgehalt von Steinsalzen. Demzufolge sei die präsumtive Zuschlagsempfängerin nach Ansicht der Antragstellerin bestenfalls in der Lage, Salz mit einem Natriumchloridgehalt von 97,5 % und einem Sulfat-Höchstanteil von 10.000 mg/kg anzubieten, da die natürlichen Schwankungen einen höheren Natriumchloridgehalt bzw. niedrigeren Sulfat-Anteil nicht zulassen würden. Die von der Antragstellerin angestellten Überlegungen würden schon deshalb nicht zu überzeugen vermögen, da der vom UVS OÖ beigezogene Sachverständige im zitierten Verfahren ausdrücklich festgestellt habe, dass Steinsalz zur Erhöhung des Natriumchloridgehaltes bzw. zur Verringerung des Sulfatgehaltes entsprechend aufbereitet werden könne. Die in der gegenständlichen Ausschreibung festgelegten Qualitäten könnten daher mit Steinsalz eingehalten werden. Die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Vergabeverfahren angebotene und nachgewiesene Produktqualität - entgegen dem Darstellungsversuch der Antragstellerin - stelle keine „geradezu unmöglich zu erbringende Leistung im Sinne des § 878 ABGB“ dar.

 

Ebenso nicht nachvollziehbar seien die weiteren Ausführungen der Antragstellerin, wonach die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit diesem Vorgehen gegen § 108 Abs. 2 BVergG 2006 verstoßen habe, handle es sich doch bei der zitierten Bestimmung lediglich um eine Fiktion des Gesetzes, der zufolge jeder Bieter die Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen kennt und angebotene Leistungen zu diesen Bestimmungen erbringt. Nach dieser Fiktion habe somit die präsumtive Zuschlagsempfängerin durch die Abgabe der vollständig ausgefüllten und unterfertigten Angebotsunterlagen auch die Erklärung abgegeben, die ausgeschriebene Leistung zum angebotenen Preis und zu den in der Ausschreibung festgelegten Bedingungen (und den geforderten Qualitäten) zu erbringen, sodass von einem verbindlichen Angebot gemäß der Definition des § 2 Z3 BVergG 2006 auszugehen sei. Weitergehende Wirkungen  könnten aus § 108 Abs. 2 BVergG 2006, entgegen dem von der Antragstellerin
vertretenen Rechtsstandpunkt, nicht abgeleitet werden.

 

Rechtlich verfehlt sei schließlich auch der von der Antragstellerin erhobene Einwand, wonach der Auftraggeberin im Rahmen der Angebotsprüfung die angeblich unrichtigen Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß
§ 123 BVergG 2006 hätten auffallen müssen und diese daher verpflichtet gewesen wäre, das Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z7 BVergG 2006 als fehlerhaft auszuscheiden. Nach § 129 Abs. 1 Z7 BVergG 2006 seien den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote auszuscheiden. Ein Widerspruch liege dann vor, wenn der Bieter in seinem Angebot erklärt, den zu vergebenden Vertrag nicht zu den Bedingungen der Ausschreibung, sondern zu anderen Bedingungen abschließen zu wollen. Die Erklärung eines Widerspruches könne dabei ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. All diesen Fällen sei gemeinsam, dass die Willenserklärung des Bieters auf etwas anderes gerichtet sei, als vom Auftraggeber in der Ausschreibung gewünscht. Daher weiche das entsprechende Angebot von der Ausschreibung ab, dass das dem Auftraggeber gewünschte Vertragsverhältnis nicht durch Annahme des Angebotes durch den Auftraggeber mittels Zuschlagserteilung zu Stande kommen könnte, sondern nur durch eine Änderung des Angebotes. Dabei komme es immer auf den objektiven Erklärungswert des Angebotes an und nicht darauf, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen wolle. Wie sich aus dem vorliegenden Vergabeakt ergebe, hat der Auftraggeber eine umfassende Prüfung der beiden, von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin, gelegten Angebote anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Anforderungen und Bewertungs­kriterien durchgeführt. Nach gegenständlichen Ausschreibungsbedingungen verpflichte sich der Auftragnehmer (mit der Abgabe eines Angebotes) zur Lieferung von Auftausalz in der angebotenen Qualität (insbesondere mit den der Bewertung seines Angebotes zugrunde gelegten Qualitätskriterien) zu den Lieferstellen nach Maßgabe der vom Auftraggeber abgerufenen Mengen und nach Maßgabe der Lieferfristen (Teil B der Angebotsunterlagen). Von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei das von ihr angebotene Produkt im Angebotsformular (Teil C) beschrieben und nachgewiesen worden, dass das von ihr angebotene Auftausalz in qualitativer Hinsicht zumindest den im Angebotsformular angegebenen Qualitätskriterien entspreche. Diese Angaben/Nachweise würden gemäß Punkt 11.4.3. der gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen (Teil A) als Grundlage für die Bewertung des Angebotes und Beurteilung der Qualität der Lieferungen dienen. Auf Grundlage und nach Maßgabe der im gegenständlichen Vergabeverfahren geltenden Ausübungen bestehe daher für den Auftraggeber - entgegen den Ausführungen der Antragstellerin - keine Veranlassung, an der Richtigkeit des Angebotes bzw. der angebotenen Produktqualität der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu zweifeln, geschweige denn, das ausschrei­bungskonforme Angebot der Zuschlagsempfängerin wegen eines Widerspruches zu den Ausschreibungsbestimmungen nach § 129 Abs. 1 Z7 BVergG 2006 auszuscheiden.

 

Nach den bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen verpflichte sich der Auftragnehmer (mit der Abgabe seines Angebotes für den Fall der Zuschlagserteilung) zur Lieferung von Auftausalz in der angebotenen Qualität, insbesondere mit den der Bewertung seines Angebotes zugrunde gelegten Qualitätskriterien (Teil B der Angebotsunterlagen). Zum Nachweis der offerierten Produktqualität werde in Teil A.11.4.3. der Ausschreibungsunterlagen Nachfol­gendes bestimmt: „ Zum Nachweis der Produktqualität und -anforderungen sind dem Angebot bei sonstigem Ausscheiden vorzulegen: Bescheinigungen (Zertifikate), die von zuständigen amtlichen Qualitätskontrolleinrichtungen oder zertifizierten und autorisierten Prüfanstalten ausgestellt wurden, nicht älter als sechs Monate, zum Nachweis, dass das angebotene Auftausalz in qualitativer Hinsicht zumindest den im Angebotsformular (Teil C) angegebenen Qualitäts­kriterien entspricht.“

 

Die bloße Vermutung der Antragstellerin, dass „die präsumtive Zuschlags­empfängerin entweder gar keine Bescheinigungen vorgelegt habe oder aber Bescheinigungen vorgelegt habe, welche sich lediglich auf eine einzelne Probe des angebotenen Auftausalzes beziehen würden“, sei unrichtig und auch in rechtlicher Hinsicht unbeachtlich. Wie oben ausgeführt (und aus dem vorgelegten Vergabeakt nachvollziehbar) seien von der Auftraggeberin beide im gegenständlichen Vergabeverfahren gelegten Angebote umfassend geprüft und anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Bewertungskriterien beurteilt worden. Die in diesem Zusammenhang geforderten Nachweise für die Beurteilung der Produktqualität seien von der präsumtiven Zuschlags­empfängerin entsprechend Punkt 11.4.3. der Ausschreibungs­bestimmungen
(Teil A) erbracht worden. Damit erweise sich die Behauptung der Antragstellerin, wonach von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin keine Nachweise zur Produktqualität erbracht worden seien, als unrichtig. Darüber hinaus widerspreche auch die von der Antragstellerin vertretene Ansicht, wonach die präsumtive Zuschlagsempfängerin verpflichtet gewesen wäre, Bescheinigungen vorzulegen, die auf die Qualitätsschwankungen ausdrücklich Bezug nehmen würden und bestätigen würden, dass das angebotene Salz trotz der Schwankungen jedenfalls der angebotenen Qualität entspreche, der - bestandsfesten - Ausschreibungsunterlage bzw. unterstelle sie dieser einen unzutreffenden Inhalt. Nach § 106 Abs. 1 BVergG 2006 habe sich der Bieter, sofern nicht ein Verhandlungsverfahren durchgeführt werde, bei Erstellung des Angebotes an die Ausschreibungsunterlagen zu halten. Dabei seien Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin, sei die Auftraggeberin weder verpflichtet noch berechtigt, ihre Erfahrungen mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aus einer vergangenen Auftragsvergabe (Ausschreibung des x für die Lieferung von Auftausalz für den x) bei der Angebotsbewertung zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass es sich dabei abermals um unsubstantiierte Vermutungen der Antragstellerin handle, könne auch die dahinterstehende rechtliche Überlegung nicht überzeugen. Nach der Rechtsprechung des EuGH könne ein Bieter nur aufgrund einer beruflichen Verfehlung und nur dann von weiteren Verfahren ausgeschlossen werden, wenn „schwere berufliche Verfehlungen“ vorliegen, die „auf Vorsatz oder auf eine Fahrlässigkeit von gewisser Schwere“ schließen lassen würden. Demnach wären nach der Rechtsprechung des VwGH selbst mehrere Verfehlungen, die nicht über die üblicherweise bei Bauvorhaben auftretenden Ausführungsmängel und Unstimmigkeiten bei der Abrechnung hinausgingen, nicht als „schwere Verfehlungen“ zu qualifizieren. Bloße Leistungsstörungen des Bieters im Rahmen einer früheren Leistungsbeziehung zum Auftraggeber rechtfertigten daher noch kein Ausscheiden. Wenn die Auftraggeberin - im Sinne der im gegenständlichen Nachprüfungsantrag vertretenen Rechtsansicht - „negative Erfahrungen“ aus einer vergangenen Auftragsvergabe zu berücksichtigen hätte, dann wäre nach der Auffassung der Antragstellerin zunächst deren Angebot auszuscheiden gewesen; gerade bei Auftausalzlieferungen der Antragstellerin sei es in der Vergangenheit mehrfach zu massiven, von ihr verschuldeten, Leistungsstörungen gekommen.

 

Auch die weiteren Überlegungen bzw. Vermutungen der Antragstellerin zu den von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in Vorlage gebrachten Referenzen würden jeder Grundlage entbehren. Als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit könnten gemäß § 75 BVergG 2006 Nachweise über erbrachte Leistungen (= Referenzen) vom Auftraggeber verlangt werden. Referenzen hätten nach § 75 Abs. 3 BVergG 2006 zumindest den Namen und den Sitz des Referenzauftraggebers sowie den Namen einer Auskunftsperson zu enthalten. Weiters anzugeben seien der Wert der Referenzleistung und Zeit und Ort der Leistungserbringung. Weiters werde schließlich  auch eine Angabe bzw. Bestätigung des Referenzauftraggebers verlangt, dass die Leistung fachgerecht und ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Nicht Teil der Mindestinformation sei daher insbesondere die Qualität der Leistungserbringung im Vergleich zu anderen Unternehmen bzw. die Zufriedenheit des Leistungsempfängers, solange eine im Prinzip ordnungsgemäße Ausführung vorliege. Selbst für den Fall, dass von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin der von der Antragstellerin zu Unrecht kritisierte Auftrag der Auftraggeberin betreffend Lieferung von Auftausalz für den x als Referenz angeführt worden wäre, würde das nichts an der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nachgewiesenen technischen Leistungsfähigkeit ändern, zumal von dieser mehrere ausschreibungskonforme Referenzen vorgelegt worden seien.

 

Weiters unzutreffend sei auch die Auffassung der Antragstellerin, wonach das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nach § 129 Abs. 1 Z7
BVergG 2006 auch deshalb auszuscheiden gewesen wäre, da die natürlichen Eigenschaften des Produkts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin dazu führen würden, dass die nach den Ausschreibungsunterlagen zulässigen Toleranzen weit überschritten werden würden. Die im Teil B der Ausschreibungsunterlagen festgelegten Toleranzen bestreffen ausschließlich das Preisminderungsrecht der Auftraggeberin bei allfälligen Qualitätsabweichungen im Zuge der Vertrags­abwicklung und seien diese daher im Rahmen der Angebotsbewertung unbeachtlich. Maßgeblich für die Bewertung der Angebote seien daher ausschließlich die Angebotsbestimmungen (Teil A) und die Leistungsbeschreibung (Teil D) mit den dort vorgesehenen Mindest- und Zuschlagskriterien. Der von der Antragstellerin erhobene Einwand sei daher unbeachtlich.

 

Die von der Antragstellerin bemängelten Zuschlagskriterien würden den vergaberechtlichen Grundsätzen entsprechen und seien darüber hinaus bestandsfest, sodass auch dem (präkludierten) Versuch der Antragstellerin auf Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen der Erfolg zu versagen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH komme den Präklusionsfristen absolute Geltung zu. Allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandsfesten Entscheidung dürften von der Vergabekontrollbehörde daher im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht aufgegriffen werden. Die Fristge­bundenheit von Nachprüfungsanträgen wäre nämlich sinnlos, könnte die Vergabekontrollbehörde eine unanfechtbar gewordene Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers überprüfen. Dies entspreche im Übrigen auch der Rechtsprechung des EuGH, da nach dessen Auffassung durch Sanktionen wie die Präklusion gewährleistet werden könne, dass allenfalls rechtswidrige Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber nach ihrer Bekanntgabe an die Betroffenen so rasch wie möglich angefochten und berichtigt würden. Die in der gegenständlichen Ausschreibung festgelegten Mindest- und Zuschlagskriterien würden den im Erkenntnis des UVS OÖ zu
VwSen-5500596/33/Wim/Bu formulierten Vorgaben entsprechen. Den vergabe­rechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbotes und der Transparenz entsprechend seien die vom UVS OÖ bereits als sachgerecht bewerteten Zuschlagskriterien auch in die gegenständliche   Ausschreibung eingeflossen, ergänzt um jene Kriterien, die verhindern sollten, dass praktisch nur Siedesalz und dieses faktisch nur von der Antragstellerin in der vorgegebenen Qualität und Menge geliefert werden könne. Mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag fordere die Antragstellerin im Ergebnis Festlegungen bzw. Ausschreibungs- / Qualitätskriterien, die nur von Siedesalz erfüllt werden könnten und daher den vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbotes, etc. widersprechen würden und daher vom UVS OÖ in VwSen-550596/33/Wim/Bu als vergaberechtswidrig beurteilt worden seien.

 

Die Antragsgegnerin beantragte daher, das Landesverwaltungsgericht Oberöste­r­reich möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung als unbegründet abweisen; in eventu den Antrag der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Ausschreibungsunterlagen als unzulässig zurückweisen, jedenfalls den Antrag auf Kostenersatz abweisen.

 

 

I.3. Diesem Vorbringen erwiderte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom
12. Juni 2014, dass die Antragstellerin vorgebracht habe, dass der vom UVS OÖ beigezogene Sachverständige im von der Antragstellerin zitierten Verfahren (VwSen-550596/33/Wim/Bu vom 14. September 2012) ausdrücklich festgehalten habe, dass Steinsalz zur Erhöhung des Natriumchloridgehaltes bzw. zur Verringerung des Sulfatgehaltes entsprechend aufbereitet werden könnte. Daraus schließe die Auftraggeberin, dass die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Vergabeverfahren angebotene und nachgewiesene Produktqualität offenbar von einem Steinsalzproduzenten erbracht werden könne und keine geradezu unmöglich zu erbringende Leistung darstelle. Die Auftraggeberin übersehe dabei jedoch das Wesentliche: Unbestritten sei es durch immensen technischen Aufwand theoretisch möglich, Steinsalz so aufzubereiten, dass die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Qualitätsangaben erreicht werden könnten. Worum es gegenständlich jedoch gehe, sei die Frage, ob konkret die präsumtive Zuschlagsempfängerin dies könne und falls ja, ob sie trotz völliger Unwirtschaftlichkeit gewillt sei, bei Erfüllung des ausgeschriebenen Auftrages dieses Verfahren auch anzuwenden. Das hätte die Auftraggeberin im Rahmen der Angebotsprüfung im Wege glaubhafter Nachweise zu prüfen gehabt.

 

Zweifel an der angebotenen Qualität hätte die Auftraggeberin jedenfalls haben müssen, insbesondere sie die präsumtive Zuschlagsempfängerin als Steinsalzlieferantin kenne und auch das sachverständige Gutachten aus dem oben zitierten Verfahren des UVS OÖ.

 

In diesem würde ausdrücklich festgehalten:

23. Wäre es möglich, Steinsalz so aufzubereiten, dass die geforderten Qualitätskriterien erreicht werden, und welchen Aufwand würde dies bedingen? Wäre dies wirtschaftlich sinnvoll?

Grundsätzlich wäre es möglich, Steinsalz so aufzubereiten, dass die
geforderten Qualitätskriterien erreicht werden.

[Zur-Korngröße]
Wesentlich aufwändiger wäre es, einen höheren NaCl-Gehalt und einen niedrigeren Sulfatgehalt bei Steinsalz zu erreichen. Dies wäre nur über eine chemische Reinigung möglich. Das Salz müsste analog dem Siedesalz in Wasser gelöst, chemisch gereinigt und dann wieder eingedampft werden.
Damit würde das Steinsalz nicht nur deutlich teurer als das Siedesalz, eine entsprechende Aufbereitung wäre auch aus ökologischer Sicht nicht vertretbar, da dies einen immensen zusätzlichen Energieverbrauch und CO2-Belastung bringen würde, ohne dass dies die Gebrauchsfähigkeit oder Wirksamkeit des Salzes wesentlich verbessert.“

 


 

Weiters werde vorgebracht:

„Vom Sachverständigen wird ausgeführt, dass es kein Steinsalz gibt, das im Mittelwert die 2.000 mg/kg einhalten kann. Es gibt hier sehr große Schwankungen. Es kann Steinsalz aufbereitet werden, um diesen Wert einzuhalten. Jedoch bedeutet dies in der Praxis, dass aus Steinsalz Siedesalz gemacht wird, indem es aufgelöst, chemisch gereinigt und dann wieder eingedampft wird. Dies wäre ökologisch und wirtschaftlich völlig absurd. Ein genereller Mittelwert von Steinsalz lässt sich schwer angeben. Mir sind Werte in Deutschland von in etwa 5.000 mg/kg bekannt. Es gibt aber auch wie gesagt sehr große Schwankungen. Der Wert von 10.000 mg/kg lässt sich aber mit Steinsalz einhalten. Es gibt aber sicherlich auch Steinsalze, die sogar über 10.000 mg/kg liegen.

 

Auch habe die nun präsumtive Zuschlagsempfängerin im zitierten Verfahren selbst erklärt, Siedesalz nur der Speise- und Gewerbesalzproduktion zuzuführen bzw. Steinsalz nicht aufbereiten zu wollen. Von der derzeitigen qualitativen Schlechtlieferung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im x derselben Auftraggeberin - dort werde trotz Mangelhaftigkeit des zur Verfügung stehenden Steinsalzes offenbar keine Aufbereitung vorgenommen - ganz zu schweigen. All dies hätte bei der Auftraggeberin zu massiven Zweifeln an der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Salzqualität führen müssen. Trotz alledem habe die Auftraggeberin im nun gegenständlichen Verfahren die präsumtive Zuschlagsempfängerin offenbar nicht aufgefordert, glaubhaft nachzuweisen, dass sie über die technischen Voraussetzungen verfüge, diese auch anwenden werde bzw. ein solches Produkt zukaufen werde. Selbst für den Fall, dass die Ausschreibungsunterlagen - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - im Falle eines Steinsalzlieferanten keine Bezugnahme auf Qualitätsschwankungen in bei der Angebotsabgabe geforderten Nachweisen verlangten, so hätte die Auftraggeberin dies im Rahmen eines Aufklärungsersuchens bei Angebotsübertragung einfordern müssen. Doch auch der glaubhafte Nachweis der angebotenen Qualität unter Bezugnahme auf Qualitätsschwankungen  bzw. auf die aufwendige technische Aufbereitung hätte der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nichts genutzt: Denn diesfalls hätte die Auftraggeberin umgehend eine vertiefte Angebotsprüfung aufgrund des ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreises (§ 125 Abs. 3 Z1 BVergG) einleiten müssen, welche anhand von vergleichbaren Erfahrungswerten und insbesondere den relevanten Marktverhältnissen nur zu dem Ergebnis hätte gelangen können, dass entgegen §§ 19 Abs. 1, 123 Abs. 2 Z4 BVergG 2006 kein angemessener Preis angeboten werde.

 

Bereits durch Vergleich der von der  präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Vorjahr der Auftraggeberin angebotenen Tonnen-Preise hätte auffallen müssen, dass gegenständlich sogar eine Preissenkung (!) vorgenommen worden sei:

. Angebot x der x vom 19. April 2013: netto
Euro 89,90/to

. Angebot x der x vom 24. April 2013: netto
Euro 80,10/to

. Angebot x der x vom 17. April 2014: netto
Euro 73,80/to

 

Wie der gegenständlich angebotene Preis die „unwirtschaftliche“ Aufbereitung des Steinsalzes abbilden sollte, sei nicht nachvollziehbar. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre daher aufgrund § 129 Abs. 1 Z3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen.

 

Ferner bringe die Auftraggeberin vor, sie wäre weder verpflichtet noch berechtigt gewesen, ihre Erfahrungen mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin aus einer Auftragsvergabe bei der Angebotsbewertung zu berücksichtigen, was unrichtig sei. Schon im Zuge der Eignungsprüfung hätte die Auftraggeberin die Schlechterfüllung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei bisherigen - insbesondere aktuellen (!) - Auftragsvergaben prüfen müssen, da auch „in der Vergangenheit liegende Verletzungen von mit öffentlichen Auftraggebern geschlossenen Leistungsverträgen ebenfalls zur beruflichen Unzuverlässigkeit führen könnten“. Auch der VKS Wien habe ausgesprochen, dass es einem Auftraggeber nicht grundsätzlich verwehrt sei, die Tatsache, dass ein Unternehmer im Rahmen von Leistungserfüllungen mehrfach gegen Verträge verstoßen habe, im Zuge der Eignungsprüfung zu berücksichtigen, wobei dem betroffenen Unternehmer die Möglichkeit zu geben sei, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Auch in der Literatur sei diese Ansicht vorherrschend. So sei für die Beurteilung der Zuverlässigkeit von Bedeutung, wie sich der Bieter bislang im geschäftlichen Umgang (insbesondere - aber nicht
nur - dem Auftraggeber gegenüber) verhalten habe, etwa, ob die Erbringung von Leistungen in der Vergangenheit problemlos erfolgt sei. Wenn ein Unternehmer bei früheren Aufträgen öfters in Verzug geraten sei, die Leistung nur schlecht oder nicht vollständig erbracht habe, im Zuge der Leistungserbringung Schäden verursacht habe, wenn ihm weiters für derartige Verhaltensweisen grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden konnte, bzw. wenn er berechtigte Ansprüche auf Schadenersatz oder Preisminderung mutwillig nicht anerkannt oder beglichen habe, so seien all das Anhaltspunkte, die den Auftraggeber berechtigen könnten, von der Unzuverlässigkeit dieses Bieters auszugehen.

 

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin bereits bei Angebotsabgabe - selbstverständlich auch im x - wissen musste, dass sie die angebotene Qualität nicht (zumindest nicht durchgängig) würde liefern können. Dass diese Berücksichtigung früherer, qualitativer schlechter Erfüllung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin wichtig und auch richtig sei, werde zudem von der neuen Richtlinie 2014/24/EU vom 26. Februar 2014 in Art. 57 Abs. 4 lit. g bestätigt, wonach Mitgliedsstaaten den Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern zwingend vorsehen könnten, wenn diese bei Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren öffentlichen Auftrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen haben lassen.

 

Zu den Vorwürfen, wonach es bei Auftausalzlieferungen der Antragstellerin in der Vergangenheit zu Leistungsstörungen gekommen sei, werde erwidert, dass richtig sei, dass in den Jahren 2006 und 2010 Lieferschwierigkeiten aufgetreten seien, welche auch anerkannt worden seien, Grund dafür seien die überdurchschnittlich hohen und lange andauernden Niederschlagsmengen in den Winterperioden der vorbezeichneten Jahre gewesen. Dieser Umstand habe sämtliche europäische Salzlieferanten betroffen. Der entscheidende  Unterschied zur Schlechterfüllung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin liege jedoch im Umstand, dass nicht die Qualität des Produkts der Antragstellerin die Schlechterfüllung bedingte. Dies sei aber ausschlaggebend, da nur die Qualität bei der Angebotsbewertung berücksichtigt werde.

 

Entgegen der Ansicht der Auftraggeberin, sei auch der Leistungsvertrag (Teil B) Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen und erkläre der Bieter mit der Abgabe seines Angebotes, dass er die Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen kenne und dass er die ausgeschriebene Leistung zu diesen Bestimmungen und den von ihm angegebenen Preisen erbringe (§ 108 Abs. 2 BVergG 2006). Wenn ein Bieter aufgrund der natürlichen Schwankungen der chemischen Eigenschaften seines Produkts aber schon bei Angebotsabgabe wisse, dass er den Leistungsvertrag nicht erfüllen können werde, weil er Aliud-Lieferungen erbringen werde müssen („mehr als 10 % Qualitätsabzug gelten als aliud“ lt. Punkt 9. erster Absatz Teil B der Ausschreibungsunterlagen), so liege ein den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot vor, das gemäß
§ 129 Abs. 1 Z7 BVergG auszuscheiden gewesen wäre.

 

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin bringe in ihren Einwendungen vom
22. Mai 2014 vor, sie verfüge über ausreichende Vorräte an Auftausalz (Steinsalz), die den Ausschreibungsunterlagen (Angebotsbestimmungen)  entsprechen würden. Tatsächlich hätte sie aber nicht nur diesen Umstand nachweisen müssen (Auftragskonformität ihres Produktes - somit Mindestanforderungen), sondern konkret jene Qualität, welche sie im Angebotsformular angegeben und somit verbindlich angeboten habe. Denn eben diese Qualitätsangaben seien bewertet worden und hätten dazu geführt, dass das Angebot der Antragstellerin nur die zweithöchste Punktezahl erhielt.

 

Letztlich bringt die Antragstellerin zur Rechtzeitigkeit des Antrages vor, dass die Auftraggeberin in Punkt 1.5. ihrer Stellungnahme vom 19. Mai 2014 erklärt habe, dass die Zuschlagsentscheidung den Bietern am 30. Mai 2014 übermittelt worden sei. Somit sei auf das unrichtige Vorbringen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in ihren Einwendungen vom 22. Mai 2014, Punkt 3a nicht weiter einzugehen.

 

 

I.4. Auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin, x (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) beteiligte sich am Verfahren durch Erhebung begründeter Einwendungen vom 22. Mai 2014. Nach Ausführungen zur Parteistellung der mitbeteiligen Partei erstattete dieselbe zunächst Ausführungen zur Rechtzeitigkeit der Einwendungen.

 

Insbesondere führte die mitbeteiligte Partei aus, der Nachprüfungsantrag sei verfristet, zumal gemäß § 4 Abs. 1 Oö. VergRSG Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax binnen 10 Tagen einzubringen seien. Die Frist beginne mit der Absendung der Entscheidung. Die Zuschlagsentscheidung sei mit
25. April 2014 datiert und von der Auftraggeberin auch an diesem Tag fristauslösend an die Antragstellerin versandt worden. Dennoch habe die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag erst am 12. Mai 2014 eingebracht, somit sei dieser verfristet und schon deshalb zurückzuweisen.

 

Bei der mitbeteiligten Partei, einer Konzerngesellschaft der x mit Sitz in x, handle es sich um einen europaweit führenden Anbieter von Auftausalz, wobei die mitbeteiligte Partei in Deutschland zu den Marktführern in Winterdienst zähle. Die mitbeteiligte Partei genieße als Unternehmen am Markt einen tadellosen Ruf. Umso empörender würden die Unterstellungen der Antragstellerin erscheinen, wonach die mitbeteiligte Partei im gegenständlichen Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben haben solle, von dem sie von vornherein selbst annehmen würde, dass sie es nicht erfüllen können werde. Die mitbeteiligte Partei weise diese grob wahrheitswidrigen und rufschädigenden Behauptungen der Antragstellerin auf das Entschiedenste zurück und behalte sich diesbezüglich rechtliche Schritte vor. Die Behauptungen der Antragstellerin, wonach die mitbeteiligte Partei ein unrichtiges Angebot abgegeben haben solle, würden überdies nicht nur jeglicher tatsächlicher und rechtlicher Grundlage entbehren, sondern sich auch als rein spekulativ erweisen. Selbstverständlich sei die mitbeteiligte Partei sowohl Willens als auch technisch im Stande, den Auftrag nach Maßgabe der Ausschreibungsbedingungen zu erfüllen. Zunächst sei die Richtigkeit der von der mitbeteiligten Partei im angebotenen Angebot abgegebenen Werte des angebotenen Auftausalzes (Feuchtigkeitsgehalt
0,2 M-%; Gehalt an NaCl 98,5%; Sulfatgehalt 3.300 mg/kg; Feinanteil 0,9 M-% und Grobkornanteil 0M-%) durch ein unabhängiges und zertifiziertes Institut bestätigt. Das entsprechende Gutachten liege der Auftraggeberin vor.

 

Das Vorbringen der mitbeteiligten Partei im Nachprüfungsverfahren UVS OÖ VwSen-550596/33/Wim/Bu, wonach sich der NaCl-Gehalt ihres Steinsalzes zwischen 97,5 % und 98,5 % bewege und dessen Sulfatgehalt Schwankungen zwischen 1.300 mg/kg und 10.000 mg/kg unterläge, ist eine zutreffende, jedoch allgemeine Aussage über Steinsalz, so wie es vom Konzern der mitbeteiligten Partei aber auch von Mitbewerbern abgebaut werde. Die Aussage betreffe keinesfalls das konkret in der gegenständlichen Ausschreibung von der mitbeteiligten Partei angebotene Auftausalz. Die mitbeteiligte Partei habe das zitierte Vorbringen im Nachprüfungsverfahren UVS
VwSen-550596/33/Wim/Bu in dem Zusammenhang getätigt, dass die Auftraggeberin damals in den von der mitbeteiligten Partei bekämpften Ausschreibungsunterlagen Zuschlagskriterien mit NaCl- und Sulfatwerten vorsah, die de facto nur vom Siedesalz der Antragstellerin erreicht werden konnten. Aus diesem Vorbringen den Schluss zu ziehen, dass die mitbeteiligte Partei ausschließlich in der Lage sei, Auftausalz (Steinsalz) mit einem NaCl (Mindest-) Gehalt von 97,5 % und einem Sulfat-Anteil von 10.000 mg/kg zu liefern bzw. ihr gesamtes Auftausalz (Steinsalz) den genannten Qualitätsschwankungen ausgesetzt sei, sei schlichtweg absurd. Gerade weil Steinsalz ein Naturprodukt sei, gebe es Salzvorkommen mit verschiedenen chemischen Eigenschaften, insbesondere mit unterschiedlichem NaCl- und Sulfatgehalt. Die mitbeteiligte Partei verfüge selbstverständlich über ausreichende Vorräte an Auftausalz (Steinsalz) die den Ausschreibungsunterlagen (Angebotsbestimmungen) entsprechen würden. Somit erübrige sich die Forderung der Antragstellerin, das Gutachten müsse alle Salzvorräte bzw. -vorkommen der mitbeteiligten Partei berücksichtigen.

 

Anders als von der Antragstellerin behauptet, habe die mitbeteiligte Partei bisher die Auftausalzlieferungen für den x zur Zufriedenheit der Auftraggeberin ausgeführt. Die Auftraggeberin habe mit dem Auftausalz der mitbeteiligten Partei den Winterdienst im x hervorragend bewältigen können, dies allerdings deutlich kostengünstiger als mit dem zuvor bezogenen, erheblich teureren Siedesalz der Antragstellerin. Ganz offensichtlich auch aus  diesem Grund habe die Auftraggeberin die mitbeteiligte Partei nun auch im gegenständlichen Vergabeverfahren anstelle der Antragstellerin als Zuschlags­empfängerin in Aussicht genommen. Richtig sei, dass es im x in einem Einzelfall bei einer Salzlieferung der mitbeteiligten Partei an die Auftraggeberin zu Qualitätsabweichungen - jedoch innerhalb der für die Pönale vereinbarten Toleranzen - gekommen sei. Dafür habe die mitbeteiligte Partei der Auftraggeberin eine entsprechende Preisminderung gewährt und die Angelegenheit sei im besten Einvernehmen beigelegt worden. Der Winterdienst der Auftraggeberin sei in keiner Weise beeinträchtigt worden. Die Auftraggeberin habe in der Folge das Lager der mitbeteiligten Partei, aus dem die Lieferungen an die Auftraggeberin erfolgten, inspiziert und die weitere Ware für mängelfrei befunden.

 

Die sinngemäße Behauptung der Antragstellerin, wonach vereinzelte Lieferungen eines Bieters, die nicht in allen Punkten zur Gänze den angebotenen Spezifikationen entsprechen würden (wobei wiederholt werden müsse, dass sich eventuell im Einzelfall die Abweichung innerhalb des für Pönalen vorgesehenen Rahmens bewegt habe), bereits die Eignung bzw. technische Leistungsfähigkeit des Bieters widerlegen würden bzw. einen zwingenden Ausscheidungsgrund darstellen würden, finde nicht einmal ansatzweise Deckung im Gesetz. Selbiges gelte auch im hypothetischen Fall von Mängeln oder Verzug des Bieters mit einzelnen Lieferungen. Ebenso als haltlose Spekulation erweise sich das Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich der Referenzen der mitbeteiligten Partei. Die mitbeteiligte Partei habe anstelle der geforderten drei Referenzen über vergleichbare Lieferaufträge sogar insgesamt sechs Referenzen prominenter öffentlicher Straßenerhalter bzw. -betreiber vorgelegt. Keine dieser Referenzen stamme von der Auftraggeberin oder von einem mit ihr verbundenen Unternehmen.

 

Ferner bekämpfe die Antragstellerin in eventu die Zuschlagskriterien, wobei nähere Angaben, welche Zuschlagskriterien gemeint seien, unterlassen worden seien. Gemäß § 4 Abs. 4 Oö. VergRSG hätte die Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen bis spätestens 7 Tage vor Ende der Angebotsfrist, somit bis spätestens 10. April 2014, zu bekämpfen gehabt. Da dies nicht geschehen sei, seien die Ausschreibungsunterlagen bestandsfest.

Die von der Antragstellerin dahingehend getätigte Auslegung der Ausschrei­bungsbedingungen, dass die Auftraggeberin in den Zuschlagskriterien auf Durchschnittswerte abstelle und deshalb keine Ermittlung vergleichbarer Angebote im Sinne des § 78 Abs. 3 BVergG 2006 möglich sei, sei völlig unverständlich. Die Auftraggeberin habe die Bieter aufgefordert, ein verbindliches Angebot über Auftausalz mit bestimmten qualitativen Mindestanforderungen abzugeben. Dabei hätten die Bieter neben dem Preis auch die verschiedenen chemischen Werte des konkret angebotenen Auftausalzes zu nennen gehabt. Ein niedrigerer Preis des angebotenen Salzes werde ebenso wie die Überschreitung der in den Zuschlagskriterien angeführten qualitativen Mindestanforderungen anhand von leicht nachvollziehbaren Formeln positiv bewertet. Dabei genieße das von der Antragstellerin angebotene Siedesalz aufgrund seiner in aufwendigen und energieintensiven chemischen Verfahren erreichten höheren Reinheit naturgemäß einen Startvorteil auch gegenüber hochqualitativem Steinsalz, wie dem der mitbeteiligten Partei, obwohl sich aus Siedesalz kein Mehrwert für den Winterdienst der Auftraggeberin ergebe. Die Auftraggeberin sei jedenfalls in der Lage, anhand der vorliegenden Zuschlagskriterien Angebote zu vergleichen und dem Bestbieter anhand der von den Bietern gemachten Angaben (Preis, Qualitätsmerkmale) und erbrachten Nachweise zu ermitteln. Insbesondere die detaillierten Haftungsbestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen für den Fall, dass Lieferungen der Bieter von den angebotenen Werten abweichen würden, belegen, dass die Auftraggeberin die angebotenen Werte offenbar für alle Lieferungen für verbindlich erachtet und nicht - wie von der Antragstellerin vermeint - Durchschnittswerte mit einem unbestimmten Rahmen für Qualitäts­schwankungen gestattet.

 

Die mitbeteiligte Partei stellte daher den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wolle den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückweisen, in eventu abweisen.

 

 

I.5. Von der Antragsgegnerin wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2014 zur Stellungnahme der Antragstellerin vom
12. Juni 2014 vor­gebracht, dass gegenständlich Salz in einer bestimmten Qualität, also nicht Steinsalz oder Siedesalz, sondern eben Salz mit einer bestimmten Qualität sei. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe Salz mit entsprechenden Qualitätskriterien angeboten, welche auch nachgewiesen worden seien. Die Ausschreibung richte sich außerdem nicht nur an Salzhersteller, sondern auch an Salzhändler. Ob das angebotene Salz nun Steinsalz oder Siedesalz sei, könne dahingestellt bleiben. Dieses Salz habe einfach die entsprechenden Qualitätskriterien. Es sei auch unbeachtlich, ob es sich um Steinsalz oder um Siedesalz handle. Zum Vorwand, es liege ein ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vor, werde eingewendet, dass dies nicht richtig sei. Es habe ein schwacher Winter bestanden, die Salzlager seien gefüllt. Nach Erfahrung der Auftraggeberin sei es so, dass nach einem schwachen Winter die Preise immer günstiger seien, als nach einem starken Winter. Außerdem habe auch die Antragstellerin jetzt billiger angeboten als bei der letzten Ausschreibung. Ferner sei es im Hinblick auf die Schlechterfüllung unrichtig, wenn die Antragstellerin vermeine, dass eine Schlechterfüllung im Hinblick auf Qualität etwas anderes wäre, als eine Schlechterfüllung im Hinblick auf Quantität. Rechtlich sei jede Mindererfüllung eine Schlechterfüllung.

 

Die mitbeteiligte Partei brachte zu dieser Stellungnahme der Antragstellerin vor, sich den Ausführungen der Antragsgegnerin anzuschließen. Darüber hinaus habe sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin dazu verpflichtet, entsprechend ihrem Angebot den Vertrag zu erfüllen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei ein renommiertes Unternehmen und in x marktführend. Es sei daher ausgeschlossen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin ein Angebot unter­breiten würde, von welchem sie schon wisse, dass sie es nicht erfüllen können werde. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe sich außerdem dazu ver­pflichtet, den Vertrag entsprechend ihrem Angebot zu erfüllen. Aus der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des VwGH könne außerdem nichts gewonnen werden. Der VwGH habe ausgesprochen, dass schwere Verfehlungen im Rahmen der Berufstätigkeit vorliegen müssten, also etwa strafbare Handlungen oder Verstöße gegen das Kartellgesetz. Einfache Leistungs­törungen, die üblicherweise bei der Abwicklung auftreten würden, seien nicht unter derartigen Verfehlungen zu sehen. Vielmehr müsse es sich um unüblich schwerwiegende Verfehlungen handeln. Im zitierten Fall handle es sich um ein Bauverfahren, es sei um Ausführungsmängel und Unstimmigkeiten bei der Abrechnung gegangen, welche keine Verfehlungen darstellen würden, die zu einer Ausscheidung führen könnten. Im Übrigen hätte auch derjenige, der ausgeschieden wurde, in diesem Verfahren obsiegt.

 

Seitens der Antragstellerin wurde ergänzend aufgeworfen, dass die Akteneinsicht in die Prüfzeugnisse der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gewährt werden hätte müssen. Es wäre möglich gewesen, diese zu schwärzen, um sodann eine Überprüfung dieser Zeugnisse zu ermöglich, insbesondere dahingehend, ob auf Qualitätsschwankungen eingegangen wurde. Im Hinblick auf die vertiefte Angebotsprüfung sei es darum gegangen, dass nicht generell ein nied­riger Gesamtpreis vorgelegen sei, sondern im Hinblick darauf, dass eine Aufbe­reitung des Steinsalzes vorgenommen worden sei; dann wäre nämlich der Preis doch ungewöhnlich niedrig. Im Übrigen sei sehr wohl zwischen Qualitätsmängeln und Quantitätsmängeln zu unterscheiden, gerade eben deshalb, weil Qualitäts­kriterien dazu geführt hätten, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin höhere Punkte erhalten habe, als die Antragstellerin.

 

Dazu wurde von der Antragsgegnerin erwidert, dass dieses Vorbringen unrichtig sei. Es sei nämlich eine gewisse Bandbreite vorgegeben, innerhalb der die Leistung erbracht werden könne; was außerhalb der Bandbreite liege, stelle eine Leistungsstörung und auch eine Nichtlieferung dar. Zu betonen sei noch, dass sich die Lieferverpflichtung auf Salz in der angebotenen Qualität beziehe.
Punkt 9. im Vertrag sei nur eine Regelung im Hinblick auf Leistungsstörungen bezüglich qualitativer Hinsicht. Es könne bei jeder Art von Salz zu Schwankungen im Hinblick auf die Qualität kommen.

 

Von der Antragstellerin wurde daraufhin vorgebracht, dass dann, wenn Toleranzen nicht berücksichtigt würden, dies dazu führe, dass bei der Antragstellerin eine gewisse Mindestqualität angeboten wurde, welche dann bewertet worden sei und bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin Qualitäts­spitzen unterbreitet worden seien. Im Ergebnis führe dies nach Auffassung der Antragstellerin dazu, dass anhand der vorliegenden Ausschreibungskriterien eine Qualitätsüberprüfung nicht durchgeführt werden könne und somit der Bestbieter nicht ermittelt werden könne. Somit sei doch trotz Präklusion Nichtigkeit der Ausschreibungsunterlagen eingetreten.

 

Von der mitbeteiligten Partei wurde vorgebracht, dass es sich bei den behaupteten Qualitätsschwankungen, wie sie von der Antragstellerin vorgebracht würden, um reine Spekulationen handle. Schließlich wisse die Antragstellerin nicht, ob Steinsalz oder Siedesalz angeboten werde und/oder ob irgendwo bereits Salzlager in Silos vorhanden seien.

 

Letztendlich wurde von der Antragstellerin der Beweisantrag gestellt, einen Sach­verständigen zu bestellen, zum Beweis dafür, dass die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Zertifikate es nicht erlauben würden, zu beweisen, dass die von der mitbeteiligten Partei angebotene Qualität auch tatsächlich erfüllt werde. Außerdem werde die Bestellung des Sachverständigen zum Beweis dafür beantragt, dass die von der präsumtiven Zuschlags­empfängerin vorgelegten Zertifikate dies nicht leisten.

 

Die Antragsgegnerin sprach sich gegen diesen Beweisantrag aus und brachte dazu vor, dass der Nachweis dadurch erbracht worden sei, dass ein Zertifikat einer Prüfanstalt vorgelegt wurde; dieser Nachweis sei auch im Sinne der Ausschreibung erbracht. Es sei auch geprüft worden und sei nicht weiter zu beanstanden gewesen.

 

Die mitbeteiligte Partei schloss sich diesem Vorbringen an und ergänzte, dass sämtliche Nachweise entsprechend den Ausschreibungsunterlagen erbracht worden seien. Es werde beantragt, keinen Sachverständigen zu dieser Frage zu bestellen. Die Behauptung oder Vermutung, dass durch das vorgelegte Zertifikat der Nachweis über die angebotene Qualität nicht erbracht worden sei, sei eine Spekulation.

 

Die Antragstellerin ergänzte noch, dass für den Fall, dass das Gericht dem Beweisantrag nicht folge, die Ausschreibungskriterien für nichtig zu erklären wären, weil eine Verquickung zwischen der beruflichen Eignung und den Zuschlagskriterien vorgenommen worden sei.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die eingereichten Schriftsätze der Antrag­stellerin, der Antragsgegnerin und der mitbeteiligten Partei sowie in die vorgelegten Unterlagen, insbesondere in die Originalunterlagen der Antragsgeg­nerin zum ausgeschriebenen Auftrag „x“. Außerdem hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 23. Juni 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser fand die Vernehmung des Herrn x und des Herrn x von der Antragsgegnerin, die Vernehmung von Frau x, Herrn x von der Antragstellerin sowie von Herrn x von der Antragsgegnerin - jeweils als Auskunftspersonen - statt.

 

Einsicht genommen wurde auch in den von sämtlichen Parteien zitierten Akt des (ehemaligen) Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich,
GZ: VwSen-550596/12 bzw. nunmehr LVwG-840021-2014. Einvernehmlich verlesen wurde insbesondere das in diesem Verfahren ergangene Erkenntnis vom
14. September 2012, GZ: VwSen-550596/33/Wim/Bu. Einverständlich dem Verfahren zugrunde gelegt wurde auch das in diesem vorangegangenen Verfahren eingeholte Sachverstän­digengutachten des Herrn x.

 

Auf die Vernehmung der Zeugen x, x und x wurde einvernehmlich verzichtet.

 

Weitergehende Beweise waren zur Klärung der Sachlage nicht erforderlich, sodass der von der Antragstellerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2014 vorgebrachte Beweisantrag abzuweisen war.

 

 

III. Nachfolgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

III.1. Gegenstand dieses Vergabeverfahrens ist ein Lieferauftrag gemäß BVergG idgF über die Lieferung von Auftausalz für x im Bundesland x - x (Straßenmeistereien x, x, x, x, x und x) im Zeitraum von 1. September 2014 bis zum 31. August 2017. Der Liefervertrag wird nach Maßgabe der Vertragsbestim­mungen (Teil B), dem Angebotsformular (Teil C) und der Leistungsbeschreibung (Teil D) für ein Jahr abgeschlossen, wobei zweimal eine Verlängerung um jeweils ein weiteres Jahr bis zum 31. August 2017 vorgesehen ist. Der geschätzte Auftragswert liegt im Oberschwellenbereich.

 

 

III.2. Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde am 25. Februar 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union zur Zl. 2014/S 039-064231 und am
3. März 2014 in der Amtlichen Linzer Zeitung ausgeschrieben bzw. bekannt gemacht. Entsprechend der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen vom 20. Februar 2014 wurde zur Vergabe der gegenständlichen Lieferleistungen das offene Verfahren gewählt. Der Zuschlag erfolgte auf das technisch und wirt­schaftlich günstigste Angebot - Bestbieterprinzip. Die Angebotsfrist endete am 17. April 2014 um 9.00 Uhr. Die Öffnung der Angebote erfolgte am
17. April 2014 um 10.15 Uhr.

 

 

III.3. In der Ausschreibungsunterlage wurde die Bewertung der Angebote wie folgt geregelt:

 

24. Bewertung der Angebote:

Von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden zufolge § 129 BVergG übrigbleiben, wird der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt. Die Bewertung erfolgt entsprechend der Bieterangaben im Angebotsformular (Teil C) unter Zugrundelegung nachstehender Gewichtung und Berechnung:

 

Lieferung von Auftausalz zeitgerecht und nach Bedarf - x - Ausschreibungsunterlagen

 

 

Gewichtungs-
prozentpunkte

Feinanteile (< 0,125mm)

2%

 

Grobanteile (> 3,15mm)

8%

 

Feuchtigkeitsgehalt

4%

100%

Gehalt an NaCl

4%

 

Sulfatgehalt

4%

 

Angebotspreis

78%

 

 

1. Angebotspreis (max. 78 Prozentpunkte)

Das Angebot mit dem niedrigsten Bewertungspreis erhält 78 Prozentpunkte, die Prozentpunkte für die übrigen Angebote errechnen sich nach der Formel: (niedrigster Angebotspreis)/(zu bewertender Angebotspreis) x78.

 

2. Gehalt an NaCI (max. 4 Prozentpunkte)

4 - [(100 - Gehalt an NaCI in %) * 4/2,5] Punkte Gehalt an NaCI unter 97,5 %: Ausscheidungsgrund

 

3. Feuchtigkeitsgehalt (max. 4 Prozentpunkte)
Von 0 % bis 0,1 %:
4 Punkte

Über 0,1 % bis 0,5%: 4 - [(Feuchtigkeitsgehalt in % - 0,1) * 4/0,4] Punkte

Feuchtigkeitsgehalt über 0,5 %: Ausscheidungsgrund

 

4. Sulfatgehalt (max. 4 Prozentpunkte)
Von 0 bis 600 mg/kg:
4 Punkte

Über 600 bis 6000 mg/kg:    4 - [(Sulfatgehalt in mg/kg - 600) * 4/5400] Punkte

Von 6000 bis 10000 mg/kg: 0 Punkte

Sulfatgehalt über 10000 mg/kg: Ausscheidungsgrund

 

5. Kornverteilung (max. 10 Prozentpunkte)

a)      Feinanteil (=Durchgang 0,125 mm): (5 - Feinanteil in %) * 2/5 Punkte Feinanteil über 5 %: Ausscheidungsgrund

b)      Grobkornanteil (=100 % - Durchgang 3,15 mm): (5 - Grobkornanteil in %) * 8/5 Punkte Grobkornanteil über 5 %: Ausscheidungsgrund

 

Das beste Angebot ist jenes, welches nach der vorstehenden Rechenregel die höchste Punkteanzahl in der Summe gemäß den Punkten 1., 2., 3., 4. und 5. erreicht.

 

 

III.4. Ferner wurden Bestimmungen zur Produktqualität in Punkt 11.4.3. der Ausschreibungsunterlage geregelt:

 

Der Bieter hat das angebotene Produkt im Angebotsformular (Teil C) zu beschrei­ben. Die dort gemachten Angaben dienen als Grundlage für die Bewertung des Angebotes und Beurteilung der Qualität der Lieferungen. Zum Nachweis der Produktqualität und -anforderungen sind beim Angebot bei sonstigem Ausscheiden vorzulegen:

·         Bescheinigungen (Zertifikate), die von zuständigen amtlichen Qualitätskontrolleinrichtungen oder zertifizierten und autorisierten Prüfan­stalten ausgestellt wurden, nicht älter als 6 Monate, zum Nachweis, dass das angebotene Auftausalz in qualitativer Hinsicht zumindest den im Angebotsformular (Teil C) angegebenen Qualitätskriterien entspricht.

 

Zur Qualitätssicherung wurde in Punkt 11.4.4. der Ausschreibungsunterlage Nachfolgendes festgelegt:

 

Die Bieter müssen mit dem Angebot Maßnahmen zur Qualitätssicherung nachweisen durch

·         Angaben über die technischen Fachkräfte und die technischen Stellen, unabhängig davon, ob diese dem Unternehmen angeschlossen sind oder nicht, und zwar insbesondere auch über diejenigen, die mit der Qualitätskon­trolle insgesamt beauftragt sind. Dieser Nachweis kann insbesondere mit einer Bescheinigung gemäß ÖNORM EN ISO 9002 erbracht werden.

·         Angabe des für die Qualitätskontrolle vorgesehenen Labors.

Die Nachweise müssen sich auf die Produkt-/Salzqualität beziehen.

 

 

III.5. Ferner wurden im Teil B der Ausschreibungsunterlagen die Vertrags­bestimmungen festgelegt, welche der Ausschreibung zugrunde gelegt werden. In Punkt 9. wurden Regelungen für die Preisminderung bei mangelnder Qualität vorgesehen:

 

Preisminderung bei mangelnder Qualität

Bei festgestellten Qualitätsmängeln (Nichteinhaltung der vom Auftragnehmer angebotenen / zugesicherten Qualität laut Angebotsformular Teil C) unter Berücksichtigung der nachstehend festgelegten Toleranzen ist der Auftraggeber zur Preisminderung nach Maßgabe nachstehender Regelungen berechtigt, wobei die einzelnen prozentuellen Abzugspositionen nebeneinander zustehen. Lieferungen mit mehr als 10 % Qualitätsabzug gelten als aliud; in diesem Fall ist der Auftraggeber nach freier Wahl berechtigt, einen Deckungskauf vorzunehmen.

Sonstige Ansprüche des Auftraggebers auf Grund von Lieferungen in minderer Qualität, insbesondere Schadenersatzansprüche, bleiben davon unberührt und können vom Auftraggeber daher zusätzlich zur Preisminderung in voller Höhe geltend gemacht werden.

 

Parameter

Toleranz [T]

Berechnungsformel    für den prozentuellen Abzug [PA]

Feuchtigkeitsgehalt [W]

0,1 %

pA = (WP-WA-T)*50

Gehalt an NaCl

0,2 %

pA = (CA-CP-T)*5

Sulfatgehalt [S]

200 mg/kg

pA = (SP-SA-T ) * 0,005

Feinanteil [f]

2%

pA = (fP-fA-T)*1

Grobkornanteil [g]

2%

pA = (gP-gA-T)*3

Überkorn [x]

Xp = 100% - Durchgang 5,00mm

2 %

pA = (xP-T) *5

 

Index P: Wert aus der untersuchten Probe

Index A: Wert aus dem Angebot (gemäß Angebotsformular Pkt. C)

 

Die prozentuellen Abzüge der einzelnen Parameter werden addiert. Der Qualitätsabzug wird prozentuell von den betroffenen Lieferungen vorgenommen und ist mit 50 % des Wertes der jeweils betroffenen Liefermenge begrenzt. Ergebnisse von Qualitätsprüfungen, die zu einem Abzug führen, gelten ab der untersuchten Lieferung für alle Lieferungen unabhängig von den Lieferstellen
(= betroffenen Liefermenge).

Der Auftragnehmer hat die Möglichkeit, auf eigene Kosten den Nachweis einer vertragsgemäßen oder einer gegenüber der zuletzt festgestellten Qualität verbesserten Qualität des gelieferten Produktes mittels Prüfzeugnis einer akkreditierten Prüfanstalt zu erbringen, wobei sich das Prüfzeugnis auf eine Probenentnahme nach der vorangegangenen Probennahme des Auftraggebers beziehen muss.

Die bei dieser Probeentnahme ermittelten Prüfwerte gelten für alle Lieferungen unabhängig von den Lieferstellen ab dem Tag der Probenahme.

 

 

III.6. Innerhalb der Angebotsfrist langten bei der Auftraggeberin zwei gültige Angebote - jenes der Antragstellerin und jenes der mitbeteiligten Partei - ein. Beide Angebote gingen rechtzeitig ein, waren ordnungsgemäß verschlossen und rechtsgültig unterfertigt.

 

Die öffentliche Angebotsöffnung fand am 17. April 2014 um 10.00 Uhr statt. An der Angebotsöffnung nahmen sowohl die Antragstellerin als auch die mitbeteiligte Partei teil. Die eingegangenen Angebote wurden im Sinne des § 118 BVergG 2006 verlesen.

 

Nach durchgeführter Angebotsprüfung und -bewertung anhand der in den Aus­schreibungsunterlagen festgelegten Bewertungskriterien wurde von der Auf­traggeberin die mitbeteiligte Partei als Bestbieterin ermittelt.

 

 

III.6.1. Die Überprüfung der unterbreiteten Angebote ergab, dass das Angebot der Antragstellerin wie folgt bewertet wurde:

 

Bewertungskriterien

Angebot

Bewertungspunkte

Bewertungspreis

960.000,00 €

71,955 Punkte

Feuchtigkeitsgehalt

0,1 M-%

4 Punkte

Gehalt an NaCl

99,8 M-%

3,68 Punkte

Sulfatgehalt

599 mg/kg

4 Punkte

Feinanteil

(Durchgang 0,125 mm)

0,4 M-%

1,84 Punkte

Grobkornanteil

(100% - Durchgang
3,15 mm)

0   M-%

8 Punkte

 

 

III.6.2.            Das Angebot der mitbeteiligten Partei wurde wie folgt bewertet:

 

Bewertungskriterien

Angebot

Bewertung

Bewertungspreis

885.600,00 €

78 Punkte

Feuchtigkeitsgehalt

0,2 M-%

3 Punkte

Gehalt an NaCl

98,5 M-%

1,6 Punkte

Sulfatgehalt

3.300 mg/kg

2 Punkte

Feinanteil

(Durchgang 0,125 mm)

0,9 M-%

1,64 Punkte

Grobkornanteil

(100% - Durchgang 3,15 mm)

0   M-%

8 Punkte

 

 

III.6.3. Ferner führte die Antragsgegnerin aus:

„Der vorgesehene Zuschlagsempfänger hat einen Einheitspreis von 73,80 Euro/to bzw. einen Gesamtpreis (netto) von 738.000 Euro zzgl. 20 % USt von
147.600 Euro, sohin einen Gesamtpreis (brutto) von 885.600 Euro angeboten, wofür 78 Punkte zu vergeben waren. Bei der Qualitätsbewertung erzielte das Angebot des vorgesehenen Zuschlagsempfängers beim Feuchtigkeitsgehalt
3 Punkte, beim Gehalt an NaCl 1,6 Punkte, beim Sulfatgehalt 2 Punkte, beim Feinanteil 1,64 Punkte und beim Grobkornanteil 8 Punkte. Die Gesamtpunktean­zahl für das Angebot des vorgesehenen Zuschlagsempfängers beträgt daher 94,24 Punkte. Der Nachteil Ihres [gemeint: der Antragstellerin] Angebotes gegenüber dem des vorgesehenen Zuschlagsempfängers ergibt sich aus der niedrigeren Punktezahl.“

 

 

III.7. Die Mitteilung über die Zuschlagsempfängerin sowohl an die Antragstellerin als auch an die mitbeteiligte Partei trägt das Datum vom
25. April 2014. Auf beiden Schreiben ist ein Abfertigungsvermerk vom
30. April 2014 angebracht. Das Schreiben über die Zuschlagsentscheidung wurde am 30. April 2014 per E-Mail und Fax an die Antragstellerin und die mitbeteiligte Partei versendet.

 

 

III.8. Von der mitbeteiligten Partei wurde ein Laborbericht vom
13. März 2014 vorgelegt, aus welchem sich ergibt, dass der Anteil an Natriumchlorid 98,5 % und der Sulfatanteil 3.300 mg/kg beträgt. Ferner wurde ausgeführt: „Die untersuchte Probe ‚W-Auftausalz extrafein‘ entspricht hinsichtlich der untersuchten Parameter dem Streumittel-Merkblatt RVS 12.04.16 der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr.“

 

Die mitbeteiligte Partei hat außerdem zum Nachweis der technischen Leistungs­fähigkeit sechs Referenzen aus dem mitteleuropäischen Raum vorgelegt, welche von den jeweiligen Auftraggebern unterfertigt wurden.

Auch die Antragstellerin hat einen Laborbericht über die Qualität ihres Salzes vom 7. März 2014 vorgelegt. Weiters erfolgte die Vorlage von vier Referenznach­weisen, welche von den jeweiligen Auftraggebern unterfertigt wurden.

 

 

III.9. Sowohl bei der Abwicklung von mit der mitbeteiligten Partei als auch mit der Antragstellerin ist es vereinzelt zu Leistungsstörungen gekommen. Im Hinblick auf die Antragstellerin handelte es sich bei diesen Leistungsstörungen um Lieferschwierigkeiten. Hinsichtlich der mitbeteiligten Partei gab es Probleme mit der Qualität, welche sich aber im vertraglich vorgesehenen Toleranzbereich bewegten. Diese Leistungsstörungen könnten einvernehmlich im Wege einer Preisminderung beigelegt werden. Der Winterdienst wurde durch Leistungsstörungen der mitbeteiligten Partei nicht beeinträchtigt.

 

 

IV. Beweiswürdigung:

 

IV.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und wider­spruchs­frei durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten GZ: LVwG-840026-2014 und LVwG-840030-2014 sowie insbesondere aus den vorliegenden Vergabeunter­lagen der Antragsgegnerin. Die Sachverhaltsergebnisse zu den Ausschrei­bungsunterlagen gehen aus diesen eindeutig hervor. Ebenso ergeben sich die Sachverhaltsfeststellungen zu den Laborberichten und Referenzen der Antragstellerin und der mitbeteiligten Partei aus deren - von der Antragsgegnerin vorgelegten - Angeboten.

 

 

IV.2. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Rechtzeitigkeit ergeben sich einer­seits aus den vorliegenden Schreiben über die Zuschlagsentscheidung, welche einen Ver­merk vom 30. April 2014 enthalten. Ferner wurde von sämtlichen Parteien außer Streit gestellt, dass die Verständigung von der Zuschlagsentscheidung am 30. April 2014 erfolgte und somit der Nachprüfungsantrag rechtzeitig war. Eine Vernehmung der Zeugin x konnte insofern unterbleiben und wurde auf diese auch allseits verzichtet.

IV.3. Die Feststellungen im Hinblick auf Leistungsstörungen bei den von der Antragstellerin bzw. der mitbeteiligten Partei erbrachten Salzlieferungen ergeben sich aus der Aussage des Herrn x. Außerdem wurden die Lieferschwierigkeiten von der Antragstellerin zugestanden. Ebenso hat die mitbeteiligte Partei die gegenüber ihr geltend gemachten Preisminderungsansprüche zugestanden.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Zur Rechtzeitigkeit des Nachprüfungsantrages:

Von der Antragsgegnerin wird zugestanden, dass das Schreiben mit der Bekanntgabe der Zuschlagsempfängerin am 30. April 2014 per E-Mail und Fax versendet wurde. In den von der Antragsgegnerin auftragsgemäß vorgelegten Unterlagen befindet sich die Urschrift dieses Schreibens, auf welcher auch tatsächlich ein Abfertigungsvermerk vom 30. April 2014 angebracht ist. Nachdem der letzte Tag der zehntägigen Frist (10. Mai 2014) somit auf einen Samstag gefallen ist, endete diese am darauffolgenden Montag (12. Mai 2014). Die Anträge der Antragstellerin (Nachprüfungsantrag, Einstweilige Verfügung) vom 12. Mai 2014 sind somit rechtzeitig, was letztendlich auch von sämtlichen Parteien außer Streit gestellt wurde.

 

 

V.2. Zur Bestandsfestigkeit der Ausschreibungsunterlagen:

 

V.2.1. Die Antragstellerin bekämpft in einem Eventualbegehren - falls das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dennoch zu dem Schluss gelangen sollte, dass die Qualitätsangaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in ihrem Angebot (Antragsformular Teil C) den Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen genügen - die Ausschreibung selbst und bringt vor, dass sie in diesem Fall zu widerrufen wäre; denn wären die Ausschreibungsbestimmungen derart auszulegen, seien die von der Auftraggeberin gewählten Zuschlagskriterien absolut ungeeignet, um den Bestbieter zu ermitteln. Die Ausschreibungsunterlagen würden keinerlei Vorkehrungen treffen, um eine mit den Grundsätzen des Vergaberechtes im Einklang stehende Bewertung von Auftausalz derart schwankender Qualität zu ermöglichen: Was sollen die Bieter angeben? Durchschnittliche Qualitätseigenschaften ihres Produkts? In welchem Durchrechnungszeitraum muss dieser Durchschnittswert erreicht werden? Wie stark darf wie oft von diesem Durchschnittswert abgewichen werden? Jeden Bieter nach seinem eigenen Verständnis berechnete „Durchschnittswerte“ anbieten zu lassen, hat zwingend zur Folge, dass nicht vergleichbare Angebote vorliegen (Verstoß gegen § 78 Abs. 3 BVergG). Daher wäre die gesamte Ausschreibung gemäß § 139 Abs.1 Z2 BVergG zwingend zu widerrufen - auch in diesem Stadium des Vergabeverfahrens. Denn kann der Bestbieter auf Grundlage der Ausschreibung nicht ermittelt werden, so ist die Ausschreibung nicht präkludiert. Zu beachten wäre auch, dass die Bewertungskriterien mit dem Zweck des Auftrages zusammenhängen und zur Erreichung des Zweckes geeignet sein müssen. Die Bewertung einer nicht näher definierten „durchschnittlichen Qualität“ ist zur Erreichung des Zweckes jedoch nicht geeignet. Sie ist vielmehr nicht überprüfbar, unsachlich und damit vergaberechtswidrig.

 

 

V.2.2. Die Antragsgegnerin erwidert dazu, dass die bemängelten Zuschlagskriterien den vergaberechtlichen Grundsätzen entsprechen würden und darüber hinaus bestandsfest seien, sodass auch dem (präkludierten) Versuch der Antragstellerin auf Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen der Erfolg zu versagen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH komme den Präklusivfristen absolute Wirkung zu. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des EuGH, da nach dessen Auffassung durch Sanktionen wie die Präklusion gewährleistet werden kann, dass allenfalls rechtswidrige Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber nach ihrer Bekanntgabe an die Betroffenen so rasch wie möglich angefochten und berichtigt werden. Die in der gegenständlichen Ausschreibung festgelegten Mindest- und Zuschlagskriterien würden den im Erkenntnis des UVS zu VwSen-550596/33/Wim/Bu formulierten Vorgaben entsprechen. Den vergabe­rechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbotes und der Transparenz entsprechend sind die vom UVS bereits als sachgerecht bewerteten Zuschlagskriterien auch in die gegenständliche Ausschreibung eingeflossen, ergänzt um jene Kriterien, die verhindern sollen, dass praktisch nur Siedesalz und dieses faktisch nur von der Antragstellerin in der vorgegebenen Qualität und Menge geliefert werden kann. Mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag fordere die Antragstellerin im Ergebnis Festlegungen bzw. Ausschreibungs-/Qualitätskriterien, die nur von Siedesalz erfüllt werden und daher den vergaberechtlichen Grundsätzen der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbotes. etc widersprechen würden und daher vom UVS in VwSen-550596/33/Wim/Bu als vergaberechtswidrig beurteilt wurden.

 

 

V.2.3. Auch die mitbeteiligte Partei tritt dem Eventualbegehren der Antragstellerin insofern entgegen, als nähere Angaben, welche Zuschlagskriterien gemeint sind, unterlassen werden. Gemäß § 4 Abs. 4 Oö. VergabeRSG hätte die Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen bis spätestens sieben Tage vor Ende der Angebotsfrist, somit bis spätestens 10. April 2014 zu bekämpfen gehabt. Da dies nicht geschehen ist, sind die gesamten Ausschreibungs­unterlagen bestandsfest geworden.

 

 

V.2.4. Das durchgeführte Verfahren hat unstrittig ergeben, dass die Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegnerin nicht bekämpft wurden. Allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandsfesten Entscheidung dürfen von der Vergabekontrollbehörde im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht aufgegriffen werden. Die Fristgebundenheit von Nachprüfungsanträgen wäre nämlich sinnlos, könnte die Vergabekontrollbehörde eine unanfechtbar gewordene (bestandsfeste) Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Austraggebers überprüfen (VwGH 15.09.2004, 2004/04/0054; 13.06.2005, 2004/04/0090; 07.11.2005, 2003/04/0135; 27.06.2007, 2005/04/0234; 25.06.2008, 2006/04/0116; 07.09.2009, 2007/04/0090; 12.06.2013, 2011/04/0169; ferner UVS 30.12.2004,
VwSen-550177/14/Kl/Pe).

 

Aus der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des (ehemaligen) UVS vom 30. Dezember 2004, GZ: VwSen-550177/14/Kl/Pe, lässt sich für die Antragstellerin nichts gewinnen, zumal die rechtlichen Ausführungen lauten: Eine entsprechende fristgerechte Anfechtung dieser Zuschlagskriterien ist aber nicht erfolgt, sodass all jene Mängel, die die Ausschreibung betreffen, wegen Verfristung von einer weiteren Nachprüfung präkludiert sind und daher die Ausschreibung und das darin enthaltene Zuschlagskriterium rechtskräftig und rechtswirksam geworden ist. Es hat daher die Antragstellerin die Ausschreibung und das rechtskräftig gewordene Zuschlagskriterium der „Bewertung des Bedienungspersonals“ gegen sich gelten zu lassen.

 

Auch aus der ebenfalls von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des BVA vom 21. Jänner 2005, GZ: 17N-133/04-16, lässt sich die Möglichkeit einer Anfechtbarkeit der Ausschreibungsunterlagen nicht ableiten. Im zitierten Fall hatte sich das BVA mit den Kriterien der Ausscheidung eines Alternativangebotes auseinander zu setzen. Es konnte die Prüfung der Vergleichbarkeit der Alternativangebote mit der ausgeschriebenen Leistung auf Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht durchgeführt werden. Diesem Fall lag insofern ein anderer Sachverhalt als der hier verfahrensgegenständliche zu Grunde.

 

In der Entscheidung vom 23. Jänner 2005, GZ: 10N-134/04-22, war die Ausschreibung unangefochten geblieben, sodass Rechtswidrigkeiten der Auswahlkriterien für sich nicht mehr einer Nachprüfung unterlagen. Der zitierte Fall unterschied sich von der vorliegenden Rechtssache allerdings dadurch, dass nicht ersichtlich war, welche Umstände in den jeweils genannten Kriterien zu einer Besserbewertung führen würden. Im gegenständlichen Fall hat die Antragsgegnerin allerdings ein mittels mathematischer Formeln konkretisiertes Bewertungsschema aufgestellt, anhand von welchem die Bewertung der eingelangten Angebote vorgenommen wurde. Mit Hilfe von diesem Bewertungs­schema konnten sowohl die Antragstellerin als auch die Verhandlungsrichterin nachvollziehen und rückrechnen, welches Angebot die mitbeteiligte Partei gelegt hatte. Mit dem zitierten Fall vergleichbare Mehrdeutigkeit der Zuschlagskriterien liegt insofern nicht vor.

 

 

V.3. Zur vertieften Angebotsprüfung:

 

V.3.1. Ferner bringt die Antragstellerin noch vor, dass die Antragsgegnerin eine vertiefte Angebotsprüfung aufgrund eines ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreises einleiten hätte müssen, welche anhand von vergleichbaren Erfahrungswerten und insbesondere den relevanten Marktverhältnissen nur zu dem Ergebnis hätte gelangen können, dass entgegen §§ 19 Abs. 1, 123 Abs. 2 Z4 BVergG kein angemessener Preis angeboten wird. Bereits durch Vergleich der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Vorjahr der Auftraggeberin angebotenen Tonnen-Preise hätte auffallen müssen, dass gegenständlich sogar eine Preissenkung vorgenommen wurde. Wie der gegenständlich angebotene Preis die „unwirtschaftliche“ Aufbereitung des Steinsalzes abbilden solle, sei nicht nachvollziehbar. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre daher aufgrund § 129 Abs. 1 Z3 BVergG auszuscheiden gewesen.

 

 

V.3.2. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass die Antragstellerin ihrem Angebot einen Preis von 960.000 Euro und die mitbeteiligte Partei einen solchen von 885.600 Euro zugrunde gelegt hat. Es besteht somit eine Preisdifferenz von 74.400 Euro, somit eine Abweichung von 7,75 %.

 

Der Mittelwert der beiden Angebote beträgt 922.800 Euro. Hier liegt das Angebot der mitbeteiligten Partei um 37.200 Euro unter diesem Mittelwert, das ist eine Abweichung von 4,2 % vom Mittelwert.

 

Eine Abweichung bis etwa 5 % stellt eine geringe Abweichung dar, eine solche bis etwa 15 % eine tolerierbare Abweichung; erst ab etwa 15 % liegt eine grobe Abweichung vor (Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesver­gabegesetz 2006, § 125 Rz 28). Nach der Auffassung von Gölles liegt Ungewöhnlichkeit nicht schon im Bereich von wenigen Prozent plus oder minus, sondern wohl erst jenseits von etwas plus/minus 20 bis 25 Prozent (Gölles, Preisangemessenheit bei öffentlichen Aufträgen, wbl 2000, 398 ff). Vom VfGH wird die Auffassung vertreten, dass dann, wenn der Angebotspreis eines Angebotes um bloß 6,7 % vom Angebotspreis des zweitgereihten Bieters abweicht, eine vertiefte Angebotsprüfung nicht verpflichtend ist (VfGH 22.09.2003, B 1211/01).

 

 


 

V.3.3. Unter Zugrundelegung des obigen Vergleiches zwischen dem Preis der Antragstellerin und der mitbeteiligten Partei ergibt sich somit kein ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis, welcher die Antragsgegnerin zu einer vertieften Angebotsprüfung veranlassen hätte müssen.

 

 

V.4. Zum konkreten Angebot der mitbeteiligten Partei:

 

V.4.1. Referenzen:

Als Referenzen wurden sechs mitteleuropäische Auftraggeber genannt, die Lieferung an die Auftraggeberin x im x ist nicht unter diesen Referenzen. Die Vorlage der Referenzen der mitbeteiligten Partei entspricht somit den Anforderungen der Ausschreibungsunterlagen.

 

 

V.4.2. Anzahl an Laborbefunden:

Die mitbeteiligte Partei hat einen Laborbefund über das angebotene Auftausalz vorgelegt, aus welchem sich die angegebenen Qualitätskriterien ergeben:

Natriumchloridgehalt: 98,5 %

Sulfatgehalt: 3.300 mg/kg

 

Die Antragstellerin selbst hat im Übrigen auch lediglich einen einzigen Laborbericht vorgelegt. Wollte man mit der Antragstellerin davon ausgehen, dass die Vorlage eines einzigen Laborberichtes nicht den Ausschreibungskriterien entspricht und daher das Angebot der mitbeteiligten Partei auszuscheiden gewesen wäre, so wäre wohl auch das Angebot der Antragstellerin aus dem selben Grund auszuscheiden gewesen.

 

Letztlich haben sowohl die antragstellende als auch die mitbeteiligte Partei noch weitere Qualitätszertifikate vorgelegt. Zusammengefasst genügen somit die vorgelegten Unterlagen den Ausschreibungskriterien, sodass alleine wegen vorgelegter oder angeblich nicht vorgelegter Unterlagen weder das eine noch das andere Angebot auszuscheiden war.

 

 

V.4.3. Eignungsprüfung anhand früherer (Schlecht-)Lieferungen:

 

V.4.3.1. §§ 68 ff BVergG regelt die Eignung der Unternehmer bzw. die Gründe weshalb ein Bieter von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren auszuschließen ist.

 

Eine schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit liegt etwa bei gerichtlich strafbaren Handlungen, Verstößen gegen das Kartellgesetz, Absprachen über Preise, koordinierter Angebotslegung, sittenwidrigen oder gegen den Grundsatz des fairen Wettbewerbes verstoßenden Abreden oder Korruption vor. In der Vergangenheit liegende Verletzungen von mit öffentlichen Auftraggebern abgeschlossenen Leistungsverträgen können ebenfalls zur beruflichen Unzuverlässigkeit führen. Dabei muss es sich aber um so schwere Verletzungen handeln, die den oben angeführten, in der Literatur beispielsweise genannten schweren Verfehlungen gleichzuhalten sind. Es muss sich daher um Verfehlungen handeln, die über die üblicherweise bei Bauvorhaben auftretenden Ausführungsmängel und Unstimmigkeiten bei der Abrechnung deutlich hinausgehen (VwGH 29.02.2008, 2006/04/0227).

 

§ 72 BVergG, welcher den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit regelt, verweist zunächst auf § 68 BVergG. Letztere Bestimmung regelt die Ausschlussgründe schwerer Verfehlungen. Insofern müssen - bei systematischer Auslegung dieser Bestimmungen - Gründe der beruflichen Nichteignung jedenfalls so schwerwiegend sein, dass sie den in § 68 BVergG genannten Ausschlussründen gleichzuhalten sind oder diesen zumindest nahekommen.

 

 

V.4.3.2. Zur Auslegung kann auch die von der Antragstellerin zitierte Richtlinie 2014/24/EU herangezogen werden. Art. 57 Abs. 4 der Richtlinie 2014/24/EU lautet:

Öffentliche Auftraggeber können in einer der folgenden Situationen einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen oder dazu von den Mitgliedstaaten verpflichtet werden:

a)

Der öffentliche Auftraggeber kann auf geeignete Weise Verstöße gegen geltende Verpflichtungen gemäß Artikel 18 Absatz 2 nachweisen;

 

b)

der Wirtschaftsteilnehmer ist zahlungsunfähig oder befindet sich in einem Insolvenzverfahren oder in Liquidation, seine Vermögenswerte werden von einem Insolvenzverwalter oder Gericht verwaltet, er befindet sich in einem Vergleichsverfahren, seine gewerbliche Tätigkeit wurde eingestellt oder er befindet sich aufgrund eines in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen gleichartigen Verfahrens in einer vergleichbaren Lage;

 

c)

der öffentliche Auftraggeber kann auf geeignete Weise nachweisen, dass der Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen hat, die seine Integrität in Frage stellt;

 

d)

der öffentliche Auftraggeber verfügt über hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür, dass der Wirtschaftsteilnehmer mit anderen Wirtschaftsteilnehmern Vereinbarungen getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen;

 

e)

ein Interessenkonflikt gemäß Artikel 24 kann durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden;

 

f)

eine aus der vorherigen Einbeziehung der Wirtschaftsteilnehmer in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens resultierende Wettbewerbsverzerrung gemäß Artikel 41 kann nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden;

 

g)

der Wirtschaftsteilnehmer hat bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren öffentlichen Auftrages, eines früheren Auftrages mit einem Auftraggeber oder eines früheren Konzessionsvertrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen lassen, die die vorzeitige Beendigung dieses früheren Auftrages, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben;

 

h)

der Wirtschaftsteilnehmer hat sich bei seinen Auskünften zur Überprüfung des Fehlens von Ausschlussgründen und der Einhaltung der Eignungskriterien einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht, derartige Auskünfte zurückgehalten oder ist nicht in der Lage, die gemäß Artikel 59 erforderlichen zusätzlichen Unterlagen einzureichen, oder

 

i)

der Wirtschaftsteilnehmer hat versucht, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder fahrlässig irreführende Informationen zu übermitteln, die die Entscheidungen über Ausschluss, Auswahl oder Auftragszuschlag erheblich beeinflussen könnten.

Ungeachtet des Unterabsatzes 1 Buchstabe b können die Mitgliedstaaten verlangen oder die Möglichkeit vorsehen, dass der öffentliche Auftraggeber einen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in jenem Buchstaben genannten Situationen befindet, nicht ausschließt, wenn der öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung der geltenden nationalen Vorschriften und Maßnahmen betreffend die Fortführung der Geschäftstätigkeit in den Situationen nach Buchstabe b festgestellt hat, dass der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein wird, den Auftrag zu erfüllen.

 

 

V.4.3.3. Auch der Text der Richtlinie zeigt, dass es sich um schwerwiegende Verfehlungen und nicht bloß um „irgendwelche“ Leistungsstörungen handeln muss; im Übrigen stellt die zitierte Norm eine „Kann-Bestimmung“ dar, sodass bei deren Bewertung eine Ermessensentscheidung zu fällen ist.

 

Insbesondere müssen Leistungsstörungen in Form von erheblichen oder dauerhaften Mängeln aufgetreten sein. Diese müssen auch die vorzeitige Beendigung dieses früheren Auftrages bzw. Schadenersatzforderungen zur Folge gehabt haben. Derartig schwerwiegende Leistungsstörungen sind im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Schadenersatzforderungen wurden nicht erhoben; schon gar nicht wurde ein vorangegangener Auftrag vorzeitig beendet. Preisminderungen, welche lediglich zur Wiederherstellung eines Äquivalenzverhältnisses von Ware und Preis dienen, stellen keine Mängel im Sinn von Art. 57 Abs. 4 lit. g der Richtlinie 2014/24/EU dar.

 

Aus der Entscheidung des VwGH vom 29.02.2008, 2006/04/0227, ist insofern für die Antragstellerin nichts gewonnen, zumal gerade die von der Antragstellerin ins Treffen geführten - angeblich von der mitbeteiligten Partei verursachten - Leistungsstörungen nicht dazu geeignet sind, diese von einer Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen.

 

Aus den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen lässt sich auch nicht ableiten, dass sich die mitbeteiligte Partei derart schwere berufliche Verfehlungen zu Schulden kommen habe lassen, welche den Ausschluss vom Vergabeverfahren nach sich ziehen würden. Selbst wenn man die in Vergangenheit mit der Antragsgegnerin verhandelten Preisminderungsfälle als Leistungsstörung qualifiziert, erreichen diese nicht das Ausmaß einer schweren beruflichen Verfehlung.

 

Ferner haben sich die geschilderten Vorkommnisse auf solche im Bereich der vertraglich vorgesehenen Toleranzen beschränkt. Auch konnten diese mittels einer Preisminderung einvernehmlich beigelegt werden. Eine Beeinträchtigung des Winterdienstes ist dadurch nicht eingetreten. Zu hinterfragen ist nämlich, ob Leistungsstörungen so schwerwiegend sind, dass diese als berufliche Nichteignung in vergaberechtlicher Hinsicht zu qualifizieren sind, oder ob es sich um Toleranzen handelt, welche lediglich im Hinblick auf zivilrechtliche Ansprüche relevant sind.

 

 

V.5. Zur Akteneinsicht in den Laborbericht der mitbeteiligten Partei:

 

V.5.1. Die Antragstellerin bringt ferner vor, ihr sei zur Verfolgung ihrer rechtlichen Interessen Akteneinsicht in den Laborbericht über die von der mitbeteiligten Partei erstatteten Qualitätsangaben zu gestatten gewesen. Nach Abwägung sämtlicher Interessen nach § 17 Abs. 3 AVG war eine derartige Akteneinsicht allerdings nicht zu gewähren, zumal dadurch Berufs- und Geschäftsgeheimnisse der mitbeteiligten Partei verletzt worden wären. Insbesondere war es für die Antragstellerin auch nicht erforderlich, tatsächlich Einsicht in diesen Laborbericht zu erhalten; auch nicht dazu, um feststellen zu können, welcher Art die vom Prüflabor genommene Probe des Salzes der mitbeteiligten Partei war, zumal auch ohne Kenntnis der Art dieser Probe ein umfassendes Vorbringen der Beschwerdeführerin möglich war.

 

So war die Antragstellerin dazu in der Lage, Ausführungen zur Qualität bzw. zu den Qualitätsschwankungen von Stein- und/oder Siedesalz zu erstatten und sich darauf zu beziehen, dass derartige Qualitätsschwankungen allenfalls in einem Laborbefund nicht berücksichtigt worden seien. Dass ein derartiges Vorbringen für die Antragstellerin auch ohne inhaltliche Kenntnis des Prüfberichtes möglich war, zeigt bereits das umfassende zu Punkt I. wiedergegebene Vorbringen. Eine Verletzung rechtlicher Interessen kann daher nicht erblickt werden.

 

 

V.5.2. Auch aus der Entscheidung des VwGH vom 9. April 2013, 2011/04/0207, kann eine Berechtigung der Antragstellerin zur Akteneinsicht in den Laborbericht der mitbeteiligten Partei nicht abgeleitet werden. In dem zitierten Fall hatte sich der VwGH damit auseinander zu setzen, dass einer Bieterin im Nachprüfungsverfahren Schriftsätze und Stellungnahmen der Auftraggeberin nur auszugsweise und nur über weite Teile (zum Teil über mehrere Absätze und sogar seitenweise) geschwärzt zur Verfügung gestellt wurden. Ein derartiges Schwärzen und Nichtzurverfügungstellen von Schriftsätzen und Stellungnahmen wurde vom VwGH als rechtswidrig erkannt. Im gegenständlichen Fall handelt es sich allerdings nicht um die Verweigerung von Einsicht in einzelne Schriftsätze und/oder Stellungnahmen. Vielmehr wurden der Antragstellerin sämtliche Schriftsätze sowohl der Antragsgegnerin (und Auftraggeberin) als auch der mitbeteiligten Partei vollständig und ungeschwärzt übermittelt.

 

Ebenso lässt sich aus der Entscheidung des VwGH vom 22. Mai 2012, 2009/04/0187, eine Berechtigung zur Akteneinsicht in den Laborbericht nicht ableiten, zumal im zitierten Fall Verfahrensgegenstand die Akteneinsicht in „die vorgelegte eigene Kostenermittlung und den Prüfbericht des x Landesrechnungshofes“ verweigert wurde. Die Einsichtnahme in eine Kostenberechnung erscheint nur dann sinnvoll, wenn die Zusammensetzung eines Preises nachvollzogen werden soll. Gegenständlich gibt der Prüfbericht des Labors allerdings genau jene Qualitätskriterien wieder, welche Eingang in das Angebot der mitbeteiligten Partei gefunden haben. Darüber hinaus war das zertifizierte Labor gehalten, bei Erstellung des Prüfgutachtens entsprechende Normen zugrunde zu legen und diese einzuhalten.

 

Eine Verletzung von berechtigten Interessen durch die fehlende Einsicht in das Prüfgutachten der mitbeteiligten Partei kann somit nicht erblickt werden.

 

 


 

V.6. Zum von der Antragstellerin beantragten Sachverständigen­gut­achten:

 

Selbige Argumentationsweise gilt auch für das von der Antragstellerin beantragte Sachverständigengutachten im Hinblick auf den Prüfbericht der mitbeteiligten Partei. Dieser Sachverständigenbeweis ist offensichtlich der Versuch, die fehlende Akteneinsicht in den vorgelegten Prüfbericht zu umgehen. Einerseits hat sich das von der mitbeteiligten Partei beauftragte zertifizierte Prüflabor an für die Erstellung derartiger Prüfzertifikate geltende Normen zu halten, dies einerseits im Hinblick darauf, wie die Salzproben zu nehmen waren, als auch im Hinblick darauf, wie diese Probe sodann auf ihren Natriumchloridgehalt bzw. Sulfatgehalt zu überprüfen war. Andererseits ist die mitbeteiligte Partei für eine allfällige Unrichtigkeit des Prüfberichtes der Antragsgegnerin zivilrechtlich verantwortlich, falls die Qualitätsangaben nicht eingehalten werden können. Hierfür wurden auch Preisminderungsregelungen in den Vertragsbestimmungen aufgestellt.

 

Der von der Antragstellerin vorgebrachte Beweisantrag stellt ferner auch einen Erkundungsbeweis dar. Dieser Schluss ergibt sich daraus, dass die Antrag­stellerin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung Zweifel an der Richtigkeit des vorgelegten Laborbefundes der mitbeteiligten Partei ins Treffen geführt hat, insbesondere im Hinblick darauf, dass Steinsalz starken Qualitäts­schwankungen unterliegen würde, welche offensichtlich im vorgelegten Prüfbefund nicht berücksichtigt worden wären. Im Hinblick darauf, hat die Antragstellerin bei Erhebung ihres Beweisantrages vorgebracht, dass die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Zertifikate es nicht erlauben, zu beweisen, dass die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Qualität auch tatsächlich erfüllt werde; ferner dass die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Zertifikate einen entsprechenden Qualitäts­nachweis nicht leisten würden.

 

Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen war daher dem Beweisantrag der Antragstellerin keine Folge zu geben.

 

 

V.7. Zur Nachprüfung der Qualitätsangaben:

 

V.7.1. Die Antragstellerin bringt zunächst vor, dass die Angaben der mitbeteiligten Partei zwingend unrichtig sein müssten, zumal es sich bei der mitbeteiligten Partei um eine Anbieterin von Steinsalz handeln würde. Steinsalz sei - im Unterschied zum von der Antragstellerin angebotenen Siedesalz - ein Naturprodukt, welches in seiner chemischen Zusammensetzung stark schwanke. Zum stark schwankenden NaCl-Gehalt bzw. zum stark schwankenden Sulfatgehalt ihres Produkts habe die mitbeteiligte Partei selbst im Verfahren vor dem UVS zu VwSen-550596 ein entsprechendes Vorbringen erstattet.

Insbesondere habe die mitbeteiligte Partei vorgebracht:

„Siedesalz habe typischerweise aufgrund seiner industriellen Herstellung einen konstanten NaCl-Gehalt von 99,9 %. Steinsalz habe als Naturprodukt keinen völlig einheitlichen NaCl-Gehalt, da dieser aus geologischen Gründen je nach Abbaugebiet schwanken könne. Die Einhaltung eines konstanten NaCl-Gehaltes von 99,9 % könne somit bei der Lieferung von Steinsalz nicht gewährleistet werden. Der NaCl-Gehalt des Steinsalzes der Antragstellerin bewege sich jedenfalls durchwegs zwischen 97,5 und 98,6 %.

Der Sulfatanteil des Steinsalzes der Antragstellerin sei aufgrund der Eigenschaft von Steinsalz als Naturprodukt aus geologischen Gründen höheren Schwan­kungen ausgesetzt und bewege sich zwischen 1.300 mg/kg und 10.000 mg/kg.“

 

 

V.7.2. Zu diesem Vorbringen ist zunächst zu bedenken, dass im zitierten Verfahren vor dem UVS zu VwSen-550596 nicht eine Zuschlagsentscheidung, sondern Ausschreibungskriterien bekämpft wurden. Die in diesem Verfahren mitbeteiligte Partei hatte in dem zitierten Verfahren Ausschreibungskriterien der Antragsgegnerin bekämpft, zumal diese so gestaltet waren, dass lediglich Siedesalz und auch nur jenes der hier als Antragstellerin auftretenden Partei diesen Ausschreibungskriterien genügt hätte. Die von der Antragstellerin zitierten Passagen aus dem vorangegangenen Verfahren bezogen sich darüber hinaus auf Steinsalz im Allgemeinen und auf die allgemeinen Qualitätskriterien von Steinsalz.

 

Gegenständlich gilt es allerdings, die Qualitätskriterien des konkret angebotenen Salzes zu untersuchen. Für dieses konkret angebotene Salz wurde ein NaCl-Gehalt von 98,5 % angegeben, welcher sich im Schwankungsbereich des üblichen NaCl-Gehaltes für Steinsalz bewegt. Der Sulfatgehalt des gegenständ­lich angebotenen Salzes wurde mit 3.300 mg/kg angegeben und bewegt sich ebenfalls im Toleranzbereich.

 

 

V.7.3. Ferner hat der Sachverständige in diesem Verfahren im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens zu den Qualitätsmerkmalen des NaCl-Gehaltes und des Sulfatgehaltes ausführlich Stellung genommen:

 

„13. Sind beim Einsatz von Auftausalz, welches den untersten NaCl-Gehalt von 97,5 % gemäß Punkt 4.3.2. der RVS 12.04.16 aufweist, Nachteile gegenüber den diesbezüglich ausgeschriebenen Qualitätskriterien zu befürchten und wenn ja, welcher Art und in welchem Umfang?

Unter Punkt 11. wurde bereits ausgeführt, dass es keine Nachteile hinsichtlich eines erforderlichen Nachkehrens gibt.

Unter Punkt 4. wurde ausgeführt, dass die Tauleistung mit abnehmendem NaCl-Gehalt abnimmt, also gegenüber 100 % bis zu 2,5 % geringer ist. Dies bedeutet einen Salzmehrbedarf von bis zu 2,5 %, bringt darüber hinaus jedoch keine weiteren Kostennachteile.

Ein weiterer Nachteil einer geringeren Reinheit kann bei der Verwendung des Salzes zur Herstellung einer Salzlösung (für Feuchtsalz) auftreten. Hierbei können unlösliche Bestandteile des Salzes in der Löseanlage Probleme oder zumindest zusätzlichen Mehraufwand bringen. Allerdings sind nicht alle Restbestandteile des Taustoffes wasserunlöslich. Im Falle des von der [hier mitbeteiligten Partei] angebotenen extrafeinen Steinsalzes (Beilage 6) sind bei 98,8 % NaCl-Gehalt 1,04 % wasserunlösliche Bestandteile.

In Deutschland ist derzeit der Anteil wasserunlöslicher Bestandteile explizit nicht begrenzt (lediglich indirekt durch den NaCl-Gehalt von 96 %). Dieser soll aber künftig voraussichtlich für die Verwendung in Salzlöseanlagen begrenzt werden, allerdings liegen für die Begrenzung bisher keine abgesicherten Erkenntnisse vor. Nach bisherigen Erfahrungen gibt es bis zu 2 % wasserunlöslicher Bestandteile keine Probleme in den Löseanlagen; diese werden bei den Werten der RVS in der Regel auch nicht überschritten. In den RVS heißt es unter Punkt 4.3.2. hierzu lediglich, dass der Anteil der unlöslichen Stoffe „möglichst gering“ sein soll.

14. Sind beim Einsatz von Auftausalz, welches einen maximalen Sulfatgehalt von 10.000 mg/kg (gemäß Punkt 4.3.2. der RVS 12.4.16) aufweist, Nachteile gegenüber den diesbezüglichen ausgeschriebenen Qualitätskriterien zu befürchten und wenn ja, welcher Art und in welchem Umfang?

Der Grenzwert der RVS von 10.000 mg/kg liegt im europäischen Vergleich immer noch am unteren Ende der Skala. In Deutschland sind nach TL-Streu 20.000, in anderen Ländern sogar bis zu 30.000 mg/kg zulässig. Besondere Probleme mit dem Sulfatgehalt sind aus diesen Ländern nicht bekannt.

Die Einordnung des Sulfatgehaltes in Expositionsklassen in der DIN 4030, auf die sich der Auftraggeber in seiner Argumentation bezieht, ist für den Einsatzfall des Streuens im Winterdienst nicht direkt anwendbar. Sie gelten nach Ziffer 5.2.3. der DIN „für stehendes und schwach fließendes, in großen Mengen vorhandenes, unmittelbar auf Beton einwirkendes Wasser“.

Bei der Beurteilung von Streusalz sind demgegenüber zwei Dinge zu berücksich­tigen: Erstens ist die auf den Beton einwirkende Lösung („Wasser“) in der Regel maximal 10%ig, das heißt, bei Salz mit einem Sulfatgehalt von 10.000 mg/kg würde eine Lösung von etwa 1.000 mg/kg auf den Beton einwirken. Zweitens ist die Salzlösung weder in großen Mengen vorhanden, noch wirkt sie dauerhaft ganzjährig auf den Beton ein. Dies alles bedeutet, dass - wenn die DIN hier überhaupt anwendbar ist - sich daraus keine Obergrenze von
2.000 mg/kg ableiten lässt.

Beilage 7 zur mündlichen Verhandlung enthält einen Aufsatz über eine aktuelle Forschungsarbeit der TU München zum Einfluss des Sulfatgehaltes auf Betone. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass Salze mit dem in Deutschland üblichen Sulfatgehalt keinen schädlichen Einfluss auf Beton innerhalb der üblichen Lebensdauer haben. Zwischen sulfatreichen Steinsalzen und sulfatarmen Siedesalzen konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.“

 

 

V.7.4. Zusammengefasst bewegen sich insofern die Qualitätskriterien wie sie von der mitbeteiligten Partei angegeben wurden, im Bereich der Schwankungsbreite der Qualitätsmerkmale von Steinsalz. Darüber hinaus hat der im Vorverfahren beauf­tragte Sachverständige auch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die zwischen Steinsalz und Siedesalz bestehenden Qualitätsunterschiede von keinerlei Einfluss auf die Auftauleistung des Steinsalzes sind.

 

Im Übrigen ist die mitbeteiligte Partei für ihr Angebot dahingehend verantwortlich, dass ein Nichtentsprechen der Qualitätsmerkmale zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen wird.

 

Diese zivilrechtlichen Folgen führen zur rechtlichen Bewertung der von der Antragstellerin zitierten Vertragsbestimmung 9, welche Pönalen für die Nichtein­haltung von angegebenen Qualitätskriterien Preisminderungsregeln aufstellt. Diese Preisminderungsregeln sehen einen Toleranzbereich vor, innerhalb dessen der mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin abgeschlossene Vertrag noch aufrechterhalten werden kann. In diesem Fall werden allerdings entsprechende - zivilrechtliche Folgen - nämlich Preisminderungen vorgesehen. Für den Fall, dass die Qualität des gelieferten Salzes derart weit schwanken sollte, dass diese Qualität außerhalb des Toleranzbereiches liegt, wäre von einer Aliud-Lieferung auszugehen. In diesem Fall hätte sich die mitbeteiligte Partei in zivilrechtlicher Hinsicht zu verantworten.

 

Allerdings führen die von der mitbeteiligten Partei angegebenen Qualitäts­kriterien auch in Zusammenschau mit dem im Vorverfahren erstatteten Vorbringen und der Vertragsbestimmung Punkt 9 noch nicht dazu, dass die mitbeteiligte Partei gegen vergaberechtliche Bestimmungen, wie § 123 BVergG oder § 129 BVergG verstoßen hätte.

 

 

V.7.5. Nach § 129 Abs. 1 Z7 BVergG sind den Ausschreibungs­bestimmungen widersprechende Angebote auszuscheiden. Ein Widerspruch liegt dann vor, wenn der Bieter in seinem Angebot erklärt, den zu vergebenden Vertrag nicht zu den Bedingungen der Ausschreibung, sondern zu anderen Bedingungen abschließen zu wollen. Die Erklärung eines Widerspruches kann dabei ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. All diesen Fällen ist gemeinsam, dass die Willenserklärung des Bieters auf etwas Anderes gerichtet ist, als vom Auftrag­geber in der Ausschreibung gewünscht. Daher weicht das widersprechende Angebot von der Ausschreibung so ab, dass das vom Auftraggeber gewünschte Vertragsverhältnis nicht durch Annahme des Angebotes durch den Auftraggeber mittels Zuschlagserteilung zustande kommen könne, sondern nur durch eine Änderung des Angebotes. Dabei kommt es immer auf den objektiven Erklärungswert des Angebotes an und nicht darauf, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen will (M. Öhler/J. Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2006, § 129 Rz 72).

 

Das Angebot der mitbeteiligten Partei entspricht den von der Antragsgegnerin festgelegten Qualitätsmerkmalen und wurde dementsprechend anhand der von der Antrags­gegnerin entwickelten Bewertungskriterien bewertet. Ferner wurde das Angebot der mitbeteiligten Partei von der Antragsgegnerin auch auf die Übereinstimmung mit dem vorgelegten Labor-Prüfbericht kontrolliert. Ein Widerspruch im Sinn von § 129 Abs. 1 Z7 BVergG ist insofern nicht zu erblicken. Insbesondere hat die mitbeteiligte Partei auch nicht etwas Anderes angeboten, als in den Ausschrei­bungsunterlagen gefordert wurde, sondern geht die Antragstellerin davon aus, dass die mitbeteiligte Partei das Angebot nicht erfüllen können werde.

 

 

V.8. Zur Trennung von Zuschlags- und Eignungskriterien:

 

V.8.1. Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht die Verpflichtung zur klaren Trennung zwischen der Eignungsprüfung der Bieter einerseits und der Anwendung der Zuschlagskriterien zur Bewertung der Angebote für die Zuschlagserteilung andererseits. Die Prüfung der Eignung und die Anwendung der Zuschlagskriterien müssen zwei (wenn auch möglicherweise gleichzeitig erfolgende) Vorgänge sein. Es ist unzulässig, Zuschlagskriterien vorzusehen, die in Wahrheit der Eignungsprüfung dienen. Ebenso gilt ein Doppelverwertungs­verbot dahingehend, dass ein Kriterium in der Ausschreibung nicht gleichzeitig als Eignungs- und Zuschlagskriterium vorgesehen sein, also nicht mehrfach verwendet werden darf (J. Hackl / J. Schramm / M. Öhler, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006, § 79 Rz 76).

 

 

V.8.2. Dem Verfahren des BVA vom 11.12.2003, GZ: 17N-115/03-30, lag u.a. die Frage nach der Heranziehung von Referenzen als Zuschlagskriterium zu Grunde:

 

Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, die Prüfung der Angebote nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien durchzuführen. Im Gegensatz zu jenen Fällen, in denen ohne zusätzliche Wertung Referenzen einerseits zur Beurteilung der technischen Leistungsfähigkeit und andererseits als Zuschlagskriterium ohne unterschiedliche Betrachtung herangezogen werden, ist im gegenständlichen Fall eine unterschiedliche Bewertung erfolgt. Die bloße Nennung von Referenzen ist als Zuschlagskriterium unzulässig (Hahnl, Bundesvergabegesetz 2002, § 65 E 11 und 13). Auch der EuGH bezeichnet ein derartiges Zuschlagskriterium als unzulässig (EuGH 19.6.2003, Rs C-315/01, GAT/ÖSAG, Rn 67 abgedruckt in Sturm/Fink, Die Europäische Rechtsprechung zum Vergaberecht [2003], 458). Daraus ergibt sich jedoch, wenn eine zusätzliche Wertung im Zuge der Bewertung der technischen Leistungsfähigkeit hinzutritt, nicht von vornherein die Zulässigkeit der Zuschlagskriterien ausgeschlossen werden kann.

Im gegenständlichen Vergabeverfahren wurde vor der Zuschlagsentscheidung keine einzige Entscheidung des Auftraggebers angefochten. Eine Nichtigerklärung der Ausschreibung oder einzelner Bestimmungen derselben kommt nach der Judikatur des Bundesvergabeamtes nicht mehr in Frage, da mangels rechtzeitiger Anfechtung der Ausschreibung Präklusion hinsichtlich der Anfechtung dieser Entscheidung des Auftraggebers eingetreten ist. Die Ausschreibung erlangt Bestandskraft und wird unveränderliche Grundlage der Bewertung der Angebote(z.B. BVA 20.3.2003, 12N-10/03-11, in RPA 2003, 53 [Mecenovic]; BVA 2.10.2003, 17N-80/03-37).

Dem Vorbringen der Auftraggeberin ist insofern zu folgen, als die Ausschreibung im offenen Verfahren zwar nach § 20 Z 13 lit. a sublit. aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt, die jedoch nur innerhalb der in § 169 Abs. 1 Z1 lit. a BVergG genannten Frist von vierzehn Tagen vor Ablauf der Angebotsfrist anfechtbar ist. Die Versäumung dieser Frist macht einen Nachprüfungsantrag nach § 166 Abs. 2 Z2 BVergG unzulässig, soweit er sich gegen die Ausschreibung richtet.

Die inhaltliche Prüfung der Ausschreibung ist dem Bundesvergabeamt bei Anfechtung der Zuschlagsentscheidung verwehrt.

 

 

V.8.3. Die Antragsgegnerin hat in ihren Ausschreibungsunterlagen eine klare Trennung von Zuschlags- und Eignungskriterien vorgenommen. Unter Punkt 11. wurden die „Eignungsnachweise, Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit“ festgelegt, in Punkt 11.1. die Details zu „Berufliche Zuverlässigkeit; Ausschluss vom Vergabeverfahren“, in Punkt 11.2. „Befugnis“ in Punkt 11.3. „Finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“, in Punkt 11.4. „Technische Leistungsfähigkeit“; 11.4.1. Referenzen, 11.4.2. Elektronische Beschaffung/Abrechnung“, 11.4.3. Produktqualität, 11.4.4. Qualitätssicherung, 11.4.5. Lieferfähigkeit“. Dagegen wurde die „Bewertung der Angebote“ in Punkt 24. separat und von den Eignungskriterien völlig getrennt festgelegt. Eine Verquickung von Eignungs- und Zuschlagskriterien hat insofern nicht stattgefunden.

 

Selbst aber für den Fall, dass man doch eine unzulässige Vermengung von Zuschlags- und Eignungskriterien erblicken wollte, wären die entsprechenden Ausschreibungsunterlagen schon zuvor - im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung - anzufechten gewesen.

 

 

V.9. Zu den vorgeschriebenen Qualitätskriterien:

 

V.9.1. Schließlich ist noch auf die Frage einzugehen, ob die von der Antragsgegnerin entwickelten Zuschlagskriterien dazu geeignet sind, um sowohl auf Siedesalz (mit geringen Schwankungen des NaCl-Gehaltes und des Sulfat-Gehaltes) als auch auf Steinsalz (mit höheren Schwankungen des NaCl-Gehaltes und des Sulfat-Gehaltes) angewendet zu werden.

 

 

V.9.2. Zunächst kann dazu auf die Entscheidung des UVS vom 14.9.2012, VwSen-550596/33Wim/Bu, zurückgegriffen werden. In diesem Verfahren hatte die nunmehrige mitbeteiligte Partei Ausschreibungskriterien für die Lieferung von Auftausalz bekämpft, welche dazu führten, dass nur aus Siedesalz gewonnenes Auftausalz und nicht auch Steinsalz, sowie auch nur das Siedesalz der nunmehrigen Antragstellerin diesen Ausschreibungskriterien entsprochen hätte:

 

4.4.1. Gemäß § 19 Abs. 1 BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bieter durchzuführen.

Nach Abs. 5 ist im Vergabeverfahren auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Energieeffizienz) bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien mit ökologischem Bezug erfolgen.

Gemäß § 96 Abs. 1 BVergG 2006 sind die Leistungen bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung so eindeutig, vollständig und neutral zu beschreiben, dass die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung darf die Leistung und die Aufgabenstellung nicht so umschrieben werden, dass bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbs­vorteile genießen.

Nach Abs. 4 sind in der Beschreibung der Leistung gegebenenfalls auch Spezifikationen für die Lieferung von umweltgerechten Produkten oder für die Erbringung von Leistungen im Rahmen umweltgerechter Verfahren, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der Technik und nach dem jeweils aktuellen Marktangebot möglich ist, anzugeben. Leistungs- und Funktionsanforderungen haben, soweit dies aufgrund der Aufgabenstellung möglich ist, Anforderungen an die Umweltgerechtheit der Leistung zu beinhalten.

§ 98 Abs. 1 BVergG 2006 bestimmt, dass technische Spezifikationen für alle Bewerber und Bieter gleichermaßen zugänglich sein müssen und den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern dürfen.

Gemäß Abs. 7 dürfen, soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, in den Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmer oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann.

Art. 18 AEUV verbietet die Diskriminierung von Unionsbürgern aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Art. 28 AEUV verbietet mengenmäßige Einfuhr­be­schränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitglieds­staaten.

4.4.2. Da das BVergG 2006 und die einschlägigen EU-rechtlichen Vorschriften grundsätzlich nur festlegen, wie eine Leistung zu beschaffen ist, aber nicht vorschreiben, welche Leistung beschafft werden soll, hat der Auftraggeber einen sehr großen Spielraum bei der Festlegung des Auftragsgegenstandes. Die Entscheidung des Auftraggebers bei der Festlegung des Auftragsgegenstandes ist jedoch nicht unbegrenzt. Er muss dabei einerseits die allgemeinen Regeln und Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten, insbesondere daher das Diskriminierungsverbot und die Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs. Daraus folgt, dass der Auftragsgegenstand nicht mit der Absicht oder der Wirkung festgelegt werden darf, dass der Marktzugang zu Lasten von Unternehmern aus anderen Mitgliedstaaten heimischen Unternehmen vorbehalten bleibt oder der Marktzugang von Unternehmern aus anderen Mitgliedstaaten beschränkt wird (Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, RZ 92 zu § 19).

Wesentlich ist dabei im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Bieter, dass die vom öffentlichen Auftraggeber ausgeschriebenen Leistungen eindeutig vollständig und neutral umschrieben sind bzw. nicht so umschrieben sind, dass bestimmte Bieter von vornherein Wettbewerbsvorteile genießen. Auch Zuschlags­kriterien müssen mit dem Gegenstand des Auftrages zusammenhängen und dürfen dem Auftraggeber keine unbeschränkte Wahlfreiheit übertragen und müssen die wesentlichen Grundsätze des Vergabeverfahrens Gleichbehandlung, Diskriminierungsverbot und Transparenz beachten.

Grundsätzlich hat sich nach dem durchgeführten Beweisverfahren insbesondere aus dem Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen ergeben, dass die vom Auftraggeber festgelegten technischen Spezifikationen in Verbindung mit den Eignungs- und Zuschlagskriterien dazu führen, dass praktisch nur Siedesalz und dieses wiederum nur faktisch von der x in der vorgegebenen Qualität und Menge geliefert werden kann. Durch die konkreten Festlegungen in der gegenständlichen Ausschreibung hat der Auftraggeber die Grenzen seiner Wahlfreiheit überschritten und gegen die Grundsätze des Diskriminierungs­verbotes und der Gleichbehandlung aller Bieter sowie der Gewährleistung eines möglichst unbeschränkten freien und lauteren Wettbewerbes verstoßen.

 

V.9.3. Desgleichen nicht zulässig, da mit dem Zweck des Auftrages nicht zusammenhängend und auch nicht zur Erreichung des Zweckes geeignet, sind Zuschlagskriterien, nach denen umso mehr Punkte zusätzlich vergeben werden, je größer die Produktionskapazität ist, zumal dies dazu führen würde, dass die Höchstpunktezahl Bietern zugeteilt wird, die eine Produktionskapazität aufweisen, die über den Rahmen der ausgeschriebenen Aufträge vorhersehbaren Verbrauch weit hinausgeht (EuGH 4.12.2003, Rs C-448/01, EVN und Wienstrom; vgl. J. Hackl / J. Schramm / M. Öhler, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006, § 79 Rz 78).

 

 

V.9.4. In Zusammenschau der Rechtsprechung des EuGH mit der Entscheidung des UVS vom 14.9.2012, VwSen-550596/33Wim/Bu, ergibt sich somit, dass die in den verfahrensgegenständlichen Ausschreibungs­unterlagen festgelegten Qualitätskriterien (Vergabe von Punkten für den NaCl- und Sulfat-Gehalt) dieser Rechtsprechung standhalten, zumal die von der Antragsgegnerin entwickelten Formeln zur Erlangung von Punkten für die einzelnen Qualitätsmerkmale auf jeden Bieter angewendet werden. Ansonsten würde sich wiederum ergeben, dass Zuschlagskriterien festgelegt würden, welche eben nur vom Siedesalz der Antragstellerin erfüllt werden könnten.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

VI.2. Insbesondere konnte zur Frage der Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen und der Präklusion derselben auf die umfangreiche Judikatur des VwGH zurückgegriffen werden (VwGH 15.09.2004, 2004/04/0054; 13.06.2005, 2004/04/0090; 07.11.2005, 2003/04/0135; 27.06.2007, 2005/04/0234; 25.06.2008, 2006/04/0116; 07.09.2009, 2007/04/0090; 12.06.2013, 2011/04/0169; ferner UVS 30.12.2004,
VwSen-550177/14/Kl/Pe). Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich weicht auch nicht von dieser Judikatur ab, sondern steht die Entscheidung im Einklang mit derselben.

 

Auch die Frage der vertieften Angebotsprüfung wurde im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst (VfGH 22.09.2003, B 1211/01).

 

Ebenso beurteilte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die für die Zuschlagsentscheidung maßgeblichen Qualitätskriterien im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes (VwGH 29.02.2008, 2006/04/0227 sowie EuGH 4.12.2003, Rs C-448/01, EVN und Wienstrom).

Ferner wurde über die von der Antragstellerin begehrte Akteneinsicht in die Laborbefunde der mitbeteiligten Partei im Einklang mit der Judikatur des VwGH entschieden. Der Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, welcher in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Akteneinsicht steht, konnte daher ebenfalls nicht anders beurteilt werden (VwGH 9. April 2013, 2011/04/0207; VwGH 22. Mai 2012, 2009/04/0187).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­an­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer