LVwG-150066/4/RK/GD

Linz, 17.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde von Frau x vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom 09.12.2013, GZ Bau-II-09/2009-gw-Schulw/1a,  

 

zu Recht    e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Mondsee vom 20.10.2009, AZ: BAU-09/2009-Ho., wurde dem Bauansuchen der x   über das Bauvorhaben: Abbruch des bestehenden Werkstättengebäudes und des Geräteschuppens, Umbau und Renovierung des bestehenden Wohngebäudes und Neubau von 5 Wohnungen auf Grundstück Nr. x KG x, die Baubewilligung erteilt.  Im Spruch wurde festgehalten, dass die Baubewilligung „aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 29. Juni 2009 und am 05. Oktober 2009 erfolgten Bauverhandlung“ erteilt werde. Weiters fand sich im Spruch folgender ausdrückliche „Hinweis: Die Verhandlungsschrift vom 29.06.2009 und vom 05.10.2009, AZ: BAU-09/2009 – Ni/Ho, bildet einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.“

In der Verhandlungsschrift vom 29. Juni 2009, Zl – BAU-09/2009-NI/Ho wurde unter dem Punkt Gutachten des Sachverständigen festgehalten, dass die Erteilung der Baubewilligung aus fachlicher Sicht vertreten werden könne, wenn nachfolgende Auflage vorgeschrieben werde:

„Die Freistiege im südlichen Grundstücksteil darf mit einer Holzschalung versehen werden, bei der der Freiraum mind. 50 % beträgt.“

Begründend wurde im Wesentlichen von der Erstbehörde ausgeführt, dass den baurechtlichen Vorschriften bei Einhaltung der aufgetragenen Bedingungen und Auflagen entsprochen werde. Dem Bescheid wurden 1 Bauplan, 1 Konzept zur Oberflächenwasserentsorgung und (laut schriftlicher Information des zuständigen Sachbearbeiters der Baubehörde) die Verhandlungsschriften der zwei Bauverhandlungen beigelegt, welche die oben zitierte Auflage enthielten.

Das Bauvorhaben sah in diesem Stadium des Verfahrens u. a. die Neuerrichtung eines Gebäudes mit 5 Wohnungen mit Tiefgarage vor. Das Treppenhaus wurde abgesetzt, außenliegend an der Nord-West-Seite geplant. Die Gestaltung der Außenwandflächen wurde mit „verputzt, Lärchenholzverkleidung, Nurglasbrüstungen“ angegeben. Die Darstellung auf dem Einreichplan zeigte sich wie folgt (außenliegendes Stiegenhaus in Holz):

Die Baubewilligung wurde rechtskräftig. Die Baufertigstellung wurde am 17.11.2011 mittels eines falschen Formulars und Anschluss einiger (nicht aller) der im Baubescheid geforderten Befunde der Baubehörde vorgelegt. Trotz Einreichung dieser mangelhaften Baufertigstellungsanzeige wurde die Benützung des Objekts x durch die Baubehörde nicht untersagt.

Am 16.02.2012 wurde die Marktgemeinde Mondsee durch Rechtsanwalt x über die bereits am 4.10.2011 erfolgte Übergabe der Wohnung an seine Mandantschaft x und x informiert. Im Schreiben wurden mögliche bau- und feuerpolizeiliche Mängel und Gefahren bekannt gegeben und die Gemeinde um Einschreiten als Baubehörde bzw. Bau- und Feuerpolizei zur Behebung der angeführten Gefahren ersucht.

Daraufhin forderte der Bürgermeister den Bauträger x gemäß § 43 Oö. BauO 1994 auf, die fehlenden Befunde bis spätestens 04.06.2012 vorzulegen. Dem wurde am 24.05.2012 entsprochen.

Am 06.08.2012 wurde eine baupolizeiliche Überprüfung des Objektes x durchgeführt, bei der einige Mängel festgestellt wurden. Die Baubehörde erließ als Reaktion am 04.12.2012 einen baupolizeilichen Auftrag gemäß § 50 Abs. 3 Oö. BauO 1994 und forderte die grundbücherlichen Eigentümer der in Frage stehenden Anlage zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes laut Baubescheid vom 20.10.2009 nach Maßgabe der in der Verhandlungsschrift vom 06.08.2012 angeführten Mängel bis spätestens 31.01.2013 auf. Unter anderem wurde aufgetragen: „Die Freistiege im südlichen Gundstücksteil darf mit einer Holzschalung versehen werden, bei der der Freiraum mindestens 50 % beträgt.“

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung vom 27.12.2012 wendete sich die Beschwerdeführerin gegen die erteilten Auflagen und spricht insbesondere die Ausführung des Stiegenhauses an. Im Baubewilligungsbescheid vom 20.10.2009 und den bewilligten Plänen finde sich kein Hinweis zur Vorschreibung eines offenen Stiegenhauses bzw. eines solchen mit Freiräumen von 50 %.  Als Argumente wurden sinngemäß  angeführt:

-      Die Meinung des bautechnischen SV aus der ersten Bauverhandlung vom 29.06.2009 wurde in den Bescheid nicht aufgenommen. Es gab nur einen generellen Hinweis auf erfolgte Sachverständigenbeweise. Daher sei das Gutachten nicht vom Bescheid erfasst.

-      Entgegen der übrigen Punkte wurde dieser Auflagenpunkt aus der ersten Bauverhandlung (50 % Freiraum bei Holzverschalung) nicht als ausdrückliche Auflage in den Bescheid aufgenommen

-      In der zweiten Bauverhandlung (05.10.2009) und dem dazugehörigen Gutachten des Amts-SV finde sich diese Auflage gar nicht mehr.

-      Aus Gründen der Gesundheit, Sicherheit und Unfallverhütung (Hinweise aus einem Privatgutachten, das von der Bf in Auftrag gegeben wurde) wurde angeregt die gänzliche Schließung des Stiegenhauses, allenfalls unter Verwendung nicht brennbarer Materialien, vorzuschreiben.

Mit Bescheid des Gemeinderates vom 09.12.2013 wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters vom 04.1.2012 (AZ:bau-09/2009-gw-Schulw/1a) vollinhaltlich bestätigt. Begründend wurde hinsichtlich des Stiegenhauses Folgendes ausgeführt:

4. „Die gegenständliche Überprüfung zur Einhaltung der brandschutztechnischen Bestimmung hat ergeben, dass die außenliegende Stiege nicht konsensgemäß der Baubewilligung und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeführt wurde. Der Stiegenlauf und die Podeste wurden in massiver Bauweise in der Qualifikation F90 bzw. REI90 ausgebildet. Die drei Außenwände wurden mittels Holzverschalung hergestellt, wobei zwischen den einzelnen Holzplanken ein Spalt von ca.1 cm besteht.

Um den Bestimmungen des Brandschutzes zu entsprechen, ist die Verschalung der Freistiege entsprechend der Verhandlungsschrift Zl. Bau-09/2009-Ni/Ho vom 29.06.2009, Auflagepunkt Nr. 3 herzustellen. In Auflagepunkt 3 ist vorgeschrieben, dass die Freistiege im südlichen Grundstücksteil mit einer Holzschalung – bei der der Freiraum mindestens 50 % beträgt – versehen werden darf. Im Baubewilligungsbescheid wird auf Seite 4 explizit hingewiesen, dass die Verhandlungsschrift einen wesentlichen Bestandteil des Baubewilligungsbescheides bildet und somit die Vorschriften und Auflagen in dieser einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bewilligungsbescheides darstellen. Dass diese Auflage nicht konkret als Auflagepunkt in den Bewilligungsbescheid übernommen wurde, ändert nichts an der Pflicht diese Vorschriften einzuhalten und hätte die Freistiege wie vorgeschrieben ausgeführt werden müssen.

Die Forderung der Berufungswerberin, die gänzliche Schließung des Stiegenhauses mit nicht brennbaren Materialien vorzuschreiben, stellt keine zulässige Einwendung im Sinne der Oö. Bauordnung dar, und ist diese inhaltlich nicht zu behandeln. Der Information halber sei jedoch angemerkt, dass es sich bei dieser Forderung nicht um eine amtswegige Angelegenheit der Baubehörde, sondern vielmehr um ein bewilligungspflichtiges Vorhaben gem. § 24 Oö. BauO, welches der Bauwerber unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen bei der Baubehörde zu beantragen hat, handelt.“

 

Aus den dargelegten Gründen wäre die Berufung der Bf abzuweisen und der Bescheid des Bürgermeisters betreffend die konsensgemäße Herstellung entsprechend der Baubewilligung vom 20.10.2009 vollinhaltlich zu bestätigen gewesen.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung vom 24.12.2013 wurde verfahrens- und materielrechtliche Rechtsverletzungen angeführt und der Antrag gestellt, die Aufsichtsbehörde möge den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom 09.12.2013, BZ Bau-II-09/2009-gw-Schulw/1a) aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde zurückverweisen als auch die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Begründend wurden im Wesentlichen folgende Rechtsverletzungen angeführt:

1.   Der Berufungsbescheid setze sich nicht einmal ansatzweise mit den in der Berufung vorgebrachten Argumenten auseinander; auf Vorbringen würde nicht eingegangen. Die Meinung der Behörde gehe dahin, dass die Herstellung des Stiegenhauses ohne einen 50%igen Freiraum zwischen den Holzplanken, nicht der Baubewilligung entspräche.

2.   Bei genauer Durchsicht des Baubewilligungsbescheides vom 20.10.2009 finde sich nichts zur Vorschreibung eines offenen Stiegenhauses bzw. eines solchen mit einem Freiraum von 50 % zwischen den Holzplanken. Wenn die belangte Behörde meinte, ohne dass dies aus dem angefochtenen Bescheid hervorginge, die Meinung des bautechnischen SV in der Verhandlung vom 29.06.2009 würde dies bedingen, bzw. stelle eine rechtsverbindliche Auflage dar, so sei dies unrichtig.

3.   Ein Verweis im Bescheid auf eine abgeführte Bauverhandlung sei nicht ausreichend um eine bescheidmäßige Würdigung zu ersetzen.

4.   Der in Frage stehende Punkt des 50%igen Freiraums, der nur im Rahmen der ersten Bauverhandlung erwähnt wurde, fand entgegen der übrigen Punkte keinen Eingang in den Baubewilligungsbescheid vom 20.10.2009. Die lediglich plakative Anführung im Baubewilligungsbescheid, dass die Baubewilligung „aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens..“ erteilt werde, ändere nichts daran, dass keine derartige Auflage im Bescheid enthalten sei.

5.   In der zweiten Bauverhandlung finde sich im Gutachten des Amts-SV kein Hinweis mehr auf den 50 %igen Freiraum. Daher könne der Zustand des Stiegenhauses nicht als nicht konsensgemäß bezeichnet werden.

6.   Die Auflagen in der ersten und in der zweiten Verhandlung würden einander widersprechen, seien unbestimmt, sodass die für die Auflage erforderliche Bestimmtheit fehle. Der Inhalt der hier in Rede stehenden Auflage sei aus der Beilage nicht eindeutig erkennbar.

7.   Es sei ausdrücklich das Vertrauen der Bf auf den rechtsgültigen Baubewilligungsbescheid geschützt, der auch die Behörde binde. Es sei willkürlich und widerspräche dem Bestimmtheitsgebot, wenn man dem Bescheid einen anderen Inhalt unterstellen würde.

8.   Die Vorschreibung eines offenen Stiegenhauses bzw. eines solchen mit Freiräumen von 50 % sei wider Gesundheit, Sicherheit und Unfallverhütung, da die Offenheit das massive Eindringen von Witterungseinflüssen wie Regen, Schnee und Eis bedinge, welche unfallträchtig seien. Entgegenstehende Gründe, die den Freiraum erforderlich machen würden, seien von der Behörde nicht angeführt worden.

 

 

II.

Der gesamte Sachverhalt ist für das Verwaltungsgericht gut im Akt dokumentiert, dies mit der Einschränkung, dass

-      nicht hervorging, welche Verhandlungsschrift dem Baubewilligungsbescheid vom 20.10.2009 beigelegt wurde. In der vom Landesverwaltungsgericht eingeholten Auskunft wurde vom zuständigen Sachbearbeiter der Baubehörde schriftlich mitgeteilt, dass beide Verhandlungsschriften dem Baubewilligungsbescheid beigelegt wurden.

-      auf welche Rechtsgrundlage sich die Vorschreibung des 50 %igen Freiraums der Holzverschalung der Stiege bezieht. Dazu wurde eine Beurteilung des amtlichen SV der LReg. eingeholt.

III.

Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:  

 

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 8 B-VG werden mit 1. Jänner 2014 die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der Unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst.

 

Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art. 119a Abs. 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, bei denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörden sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Der Beschwerde (vorher Vorstellung) kommt nunmehr gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG von Gesetz wegen aufschiebende Wirkung zu. Eine gesonderte Entscheidung über Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erübrigt sich.

 

Nach § 17 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles anzuwenden.

 

§ 60 AVG lautet:    In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

 

III. 2. Baurecht:

 

§ 58 Oö. Bauordnung 1994, in der Fassung  LGBl.Nr. 90/2013,
Übergangsbestimmungen

 

(1) Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren sind nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen.

 

 

§ 35 Oö. BauO 1994, in der Fassung LGBl. Nr. 96/2006, Entscheidung über den Baubewilligungsantrag

 

(2) Bei der Erteilung der Baubewilligung sind die nach baurechtlichen Vorschriften im Interesse der Sicherheit, der Festigkeit, des Brandschutzes, der Wärmedämmung und des Wärmeschutzes, der effizienten Energienutzung, der Schalldämmung und des Schallschutzes, der Gesundheit, der Hygiene, des Unfallschutzes, der Bauphysik, des Umweltschutzes sowie des Orts- und Landschaftsbildes in jedem einzelnen Fall erforderlichen Auflagen oder Bedingungen      

1.

 für das Bauvorhaben selbst,

2.

 für die Ausführung des Bauvorhabens und

3.

 für die Erhaltung und die Benützung des auf Grund der Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens

vorzuschreiben.

 

 

IV. Das Oö. Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV. 1. Zur Antragslegitimation:

 

Die gegenständliche Angelegenheit wurde als Vorstellung gegen einen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee, welcher diesen im Rechtsmittelverfahren erlassen hat, beim Gemeinderat erhoben und ist dort am 27.12.2013 eingelangt. Der Akt wurde dem Oö. Landesverwaltungsgericht am 17.01.2014 (Einlangen) vorgelegt.

 

Aufgrund der am 1.1.2014 in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist die gegenständliche Vorstellung mit Wirkung 2. Jänner 2014 an das mit dieser Novelle neu geschaffene Oö. Landesverwaltungsgericht zur Fortführung übergegangen. Dieses hat die Vorstellung als Beschwerde im Sinne des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes weiter zu behandeln.

 

 

IV. 2. In der Sache:

 

Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Beschwerdevorbringen, die etwa wie folgt lauten, Punkt für Punkt erörtert:

 

1.           Der Berufungsbescheid setze sich nicht einmal ansatzweise mit den in der Berufung vorgebrachten Argumenten auseinander; auf Vorbringen würde nicht eingegangen. Die Meinung der Behörde gehe dahin, dass die Herstellung des Stiegenhauses ohne einen 50%igen Freiraum zwischen den Holzplanken, nicht der Baubewilligung entspräche.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen, was bedeutet, dass die wesentlichsten Parteivorbringen wiederzugeben und die dazu aufgenommenen Beweise sowie die Gründe für die Beweiswürdigung anzugeben sind. Inhalt und Ausgestaltung der Begründung haben sich nach der ständigen Judikatur des VwGH am von der Rechtsordnung anerkannten Rechtsschutzinteresse der Partei zu orientieren (VwGH 26.05.1999, Zl. 93/12/0047). Daraus folgt, dass der Bescheidadressat über die von der Behörde getroffenen Erwägungen, von denen sie sich bei ihrer Entscheidung hat leiten lassen, ausreichend und nachvollziehbar informiert wird, damit er in der Lage ist, sie eventuell zu entkräften und Gegenargumente vorzubringen (VwGH 17.4.1978, 1710, 1812,1813/77). Zum anderen muss die Behörde darlegen von welchem Sachverhalt sie aus welchen Gründen ausgegangen ist und welche rechtlichen Schlussfolgerungen sie zum Spruch des Bescheides bewogen haben (VwGH 27.06.1995, Zl. 92/07/0184). Es darf auch auf die Begründung im Bescheid der Unterinstanz verwiesen werden.

Bei Durchsicht des gegenständlichen Bescheides stellt sich heraus, dass die Berufungsbehörde auf alle wesentlichen in der Berufung angeführten Argumente eingegangen ist. In den Erwägungen des Gemeinderates werden unter Punkt 1 bis 4 die Vorbringen der Bf Punkt für Punkt abgearbeitet, der Sachverhalt dargelegt und begründet wie die rechtlichen Entscheidungen erfolgten. Dies allerdings in der Weise, dass rechtliche Grundlagen wie z. B. Richtlinien nur allgemein wiedergegeben werden und ein Hinweise auf die konkrete Rechtsgrundlage fehlt, sodass eine Überprüfung der Argumente auf rechtlicher Basis nicht möglich ist. Punkt 4 des Bescheid des Gemeinderates vom 09.12.2013 (siehe Zitat oben) legt zwar dar, dass dieaußenliegende Stiege nicht konsensgemäß der Baubewilligung und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend ausgeführt wurde“, jedoch fehlt ein Hinweis auf die gesetzliche Grundlage. Gleiches geschieht im folgenden Satz in welchem auf die Bestimmungen des Brandschutzes Bezug genommen wird, die konkrete gesetzliche Grundlage allerdings nicht angeführt wird. „Um den Bestimmungen des Brandschutzes zu entsprechen ist die Verschalung der Freistiege entsprechend, der Verhandlungsschrift Zl. Bau-09/2009-Ni/Ho vom 29.06.2009, Auflagepunkt Nr. 3 herzustellen.“ Auch in den dem Bescheid beigelegten Verhandlungsschriften findet sich kein Hinweis auf die gesetzliche Grundlage für den 50 %igen Freiraum bei der Holzverschalung.

 

Entspricht die Begründung des Bescheides nicht den Vorgaben des AVG, so belastet dies den Bescheid mit einem Verfahrensmangel (vgl. etwa auch VwGH 26. 4. 1991, 91/19/0057). Allerdings bewirkt ein Verstoß gegen § 60 AVG über die Begründung von Bescheiden keine Verletzung von subjektiven Rechten der Partei, wenn der Spruch der Behörde durch die Rechtslage gedeckt ist und durch den Begründungsmangel nicht die Rechtsverfolgung „an sich“ gehindert ist (VwGH 23. 2. 2001, 2000/06/0123), also die Behörde auch bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschrift zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können (VwGH 16. 3. 1995, 93/06/0057).

Aus den genannten Gründen liegt zwar ein Verfahrensmangel aufgrund mangelhafter Begründung vor, dies alleine führt aber nicht zur Aufhebung des Bescheides.

 

2.           Bei genauer Durchsicht des Baubewilligungsbescheides vom 20.10.2009 finde sich nichts zur Vorschreibung eines offenen Stiegenhauses bzw. eines solchen mit einem Freiraum von 50 % zwischen den Holzplanken. Wenn die belangte Behörde meinte, ohne dass dies aus dem angefochtenen Bescheid hervorginge, die Meinung des bautechnischen SV in der Verhandlung vom 29.06.2009 würde dies bedingen, bzw. stelle eine rechtsverbindliche Auflage dar, so sei dies unrichtig.

Laut Sachverhalt  wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Mondsee vom 20.10.2009, AZ: BAU-09/2009-Ho. die Baubewilligung erteilt.  Im Spruch wurde festgehalten, dass die Baubewilligung „aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 29. Juni 2009 und am 05. Oktober 2009 erfolgten Bauverhandlung“ erteilt werde. Weiters fand sich im Spruch folgender ausdrückliche „Hinweis: Die Verhandlungsschrift vom 29.06.2009 und vom 05.10.2009, AZ: BAU-09/2009 – Ni/Ho, bildet einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.“ In der Verhandlungsschrift vom 29. Juni 2009, Zl – BAU-09/2009-NI/Ho wurde unter dem Punkt Gutachten des Sachverständigen festgehalten, dass die Erteilung der Baubewilligung aus fachlicher Sicht vertreten werden könne, wenn nachfolgende Auflage vorgeschrieben werde: „Die Freistiege im südlichen Grundstücksteil darf mit einer Holzschalung versehen werden, bei der der Freiraum mind. 50 % beträgt.“

 

Erforderliche Auflagen nach § 35 Oö. BauO 1994 im Baubewilligungsverfahren sind im Spruch des Bewilligungsbescheides anzuführen. Der Abspruch über die Bewilligung und jener über die erteilten Auflagen bilden eine notwendige Einheit, die keiner getrennten selbständigen Rechtskraft fähig sind. Auflagen müssen so genau formuliert sein, dass in einem etwa erforderlichen Vollstreckungsverfahren eine Ersatzvornahme möglich ist (VwGH 25.10.1977, Zl. 2071/76). Dem VwGH zufolge dürfen Auflagen auch durch Verweisungen auf Beilagen zum Baubewilligungsbescheid vorgeschrieben werden, soweit der Inhalt der Auflage aus der Beilage eindeutig erkennbar ist, wie z. B. durch die Beilage der Verhandlungsschrift über die mündliche Bauverhandlung (VwGH 24.05.1989, Zl. 88/03/0135 und 13.03.1991, Zl. 90/03/0038).

 

Im gegenständlichen Fall wird im Spruch des Bewilligungsbescheides der ausdrücklich angeführte Hinweis gegeben: „Die Verhandlungsschrift vom 29.06.2009 und vom 05.10.2009, AZ: BAU-09/2009 – Ni/Ho, bildet einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides.“

 

Laut vorliegendem Sachverhalt und Nachfrage bei der bescheiderlassenden Behörde wurden dem Baubewilligungsbescheid bei Erteilung beide Verhandlungsschriften beigelegt. Somit sind die SV-Gutachten als Auflagen in Rechtskraft erwachsen. Der Inhalt der Auflage lautet, dass die Freistiege im südlichen Grundstücksteil mit einer Holzschalung versehen werden darf, bei der der Freiraum mind. 50 % beträgt. Der Wortlaut ist eindeutig zu verstehen und wird laut vorliegendem Sachverhalt auch nicht in Frage gestellt oder falsch verstanden. Insofern ergibt sich eine selbst für den Laien eindeutig erkennbare Auflage, die im Spruch Deckung findet.

 

3.           Ein Verweis im Bescheid auf eine abgeführte Bauverhandlung sei nicht ausreichend um eine bescheidmäßige Würdigung zu ersetzen.

Es ist richtig, dass ein SV-Gutachten keine Entscheidung, sondern lediglich ein Beweismittel zur Beurteilung und Entscheidung für die Behörde darstellt. Nach § 35 Abs. 2 Oö. BauO 1994 sind bei der Erteilung der Baubewilligung die nach baurechtlichen Vorschriften im Interesse der Sicherheit, der Festigkeit, des Brandschutzes, der Wärmedämmung und des Wärmeschutzes, der effizienten Energienutzung, der Schalldämmung und des Schallschutzes, der Gesundheit, der Hygiene, des Unfallschutzes, der Bauphysik, des Umweltschutzes sowie des Orts- und Landschaftsbildes in jedem einzelnen Fall erforderlichen Auflagen oder Bedingungen für das Bauvorhaben selbst, für die Ausführung des Bauvorhabens und für die Erhaltung und die Benützung des auf Grund der Baubewilligung ausgeführten Bauvorhabens vorzuschreiben.  Demzufolge hat die Behörde im Fall der Erteilung der Baubewilligung jedenfalls die erforderlichen Auflagen und Bedingungen vorzuschreiben, die öffentlichen Interessen wie etwa der Sicherheit, der Festigkeit und des Brandschutzes dienen.

Der Behörde ist durch § 37 AVG die Aufgabe gestellt, den materiell wahren, maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Aufgrund des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) hat die Behörde zu beurteilen, ob eine Sache als erwiesen anzunehmen ist. Dazu wird als klassisches Beweismittel im Verwaltungsverfahren, speziell im Baurechtsverfahren das Sachverständigen-Gutachten herangezogen. Die Behörde ist verpflichtet einen Sachverständigen heranzuziehen, wenn zur Feststellung eines Sachverhalts besondere Fachkenntnisse erforderlich sind.

Bei der Beurteilung der bautechnischen Fragen im Rahmen der Bauverhandlung sind aufgrund der Komplexität der anzuwendenden baurechtlichen Vorschriften, wie auch im gegenständlichen Fall, der Oö. BauO 1994, der . BauTV und der ÖNORMEN jedenfalls baurechtliche Sachverständige zur Ermittlung der erforderlichen Auflagen im Rahmen des § 35 Abs. 2 Oö. BauO beizuziehen. Die Baubehörde hat dies korrekterweise veranlasst. Der Rechtsprechung des VwGH zufolge ist es üblich und zulässig, Auflagen durch Verweisungen auf Beilagen zum Baubewilligungsbescheid vorzuschreiben, wie bereits oben ausgeführt. Die Behörde hat die Auflage, die vom Sachverständigen festgestellt wurde, durch zulässigen Verweis in den Spruch aufgenommen und ausdrücklich im Spruch auf diese Vorgehensweise hingewiesen. Die Auflage des Sachverständigen wurde somit durch die Behörde bewusst als Spruchpunkt aufgenommen. Es wäre also falsch nur von einem Verweis auf eine abgeführte Bauverhandlung zu sprechen. Durch den Verweis im Spruch des Bescheides auf die Verhandlungsschriften wurden die Auflagen zum Bestandteil des Spruches. Die Behörde hat mit dieser Vorgehensweise dem Verfahrensrecht entsprochen, dass der Spruch der Kern des Bescheides ist, die individuelle Norm, die in Rechtskraft erwachsen und daher allenfalls vollstreckt werden kann.

 

4.           Der in Frage stehende Punkt des 50%igen Freiraums, der nur im Rahmen der ersten Bauverhandlung erwähnt wurde, fand entgegen der übrigen Punkte keinen Eingang in den Baubewilligungsbescheid vom 20.10.2009. Die lediglich plakative Anführung im Baubewilligungsbescheid, dass die Baubewilligung „aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens..“ erteilt werde, ändere nichts daran, dass keine derartige Auflage im Bescheid enthalten sei.

5.           In der zweiten Bauverhandlung finde sich im Gutachten des Amts-SV kein Hinweis mehr auf den 50 %igen Freiraum. Daher könne der Zustand des Stiegenhauses nicht als nicht konsensgemäß bezeichnet werden.

Bei Durchsicht des Baubewilligungsbescheides stellt sich heraus, dass der Punkt des 50%igen Freiraums bei der Freistiege in die Auflagenpunkte des Bescheides nicht explizit übernommen wurde. Es wurden alle anderen Auflagenpunkte der ersten Bauverhandlung in die Verhandlungsschrift der zweiten Bauverhandlung aufgenommen. Ergänzend kamen im Rahmen der zweiten Bauverhandlung noch neue Auflagenpunkte dazu. Lediglich der Punkt betreffend die Gestaltung der Freistiege mit 50%igem Freiraum wurde nicht übernommen. Dies lässt den Schluss zu, dass er entweder vergessen wurde oder bewusst nicht übernommen werden sollte.

Tatsächlich bilden aber beide Verhandlungsschriften einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides, wie bereits oben ausgeführt. Der gesamte Sachverhalt ergibt keinen Hinweis, dass die Gestaltung der Freistiege mit 50%igem Freiraum geändert wurde. Wäre dies Absicht der Behörde gewesen, so hätte dies Eingang in die Verhandlungsschrift finden müssen, was aber nicht der Fall war. Dies wird bestätigt durch das spätere Vorgehen der Behörde als diese sich bemühte mittels  baupolizeilichen Vorgehens eben jenen konsensmäßigen Zustand herzustellen.

Zu beachten ist, dass die Behörde im Spruch des Bescheides unter einem besonders hervorgehobenen Hinweis ausdrücklich anführt, dass beide Verhandlungsschriften Bestandteil des Bescheides sind, was auf den Willen der Behörde schließen lässt, die Auflagenpunkte beider Bauverhandlung explizit mit aufzunehmen. Es steht somit fest, und ist auch zulässige gängige Praxis, wie bereits oben ausgeführt, dass die Auflagenpunkte durch Verweis auf die Verhandlungsschriften Eingang in den Baubewilligungsbescheid fanden. Der Einwand, dass sich in der zweiten Bauverhandlung kein Hinweis mehr auf den 50%igen Freiraum finde geht deswegen ins Leere, da schlussendlich der Bescheid in Rechtskraft erwächst, der beide Verhandlungsschriften im Spruch mit umfasst. Die Auflage des 50%igen Freiraums stellt sich somit als konsensgemäß dar.

6.           Die Auflagen in der ersten und in der zweiten Verhandlung würden einander widersprechen, seien unbestimmt sodass die für die Auflage erforderliche Bestimmtheit fehle. Der Inhalt der hier in Rede stehenden Auflage sei aus der Beilage nicht eindeutig erkennbar.

Die Bf meint, dass die Auflagen in der 1. und in der 2. Verhandlung einander widersprechen, sodass die für die Auflage einer bestimmten Leistung erforderliche Bestimmtheit fehlte, führt dies aber nicht näher aus. Dazu ist festzuhalten, dass im Rahmen der ersten Bauverhandlung 16 Auflagenpunkte in die Verhandlungsschrift aufgenommen wurden, bei dem auch der Auflagenpunkt hinsichtlich des 50%igen Freiraums der Stiegenverkleidung erfasst war. Bei der späteren, zweiten Bauverhandlung wurden nur Auflagenpunkte in anderen Themenbereichen wie z. B. Schleuse im Kellergeschoß, Querlüftung, Brandschutztüren im Kellergeschoß, etc.  ergänzt. Das Thema der Stiegenverkleidung findet sich in keinem weiteren Auflagenpunkt, weder in der zweiten Verhandlungsschrift, noch im Bescheid. Da die Thematik der Stiegenverkleidung sich in den Unterlagen nur einmal, und zwar in der ersten Verhandlungsschrift, findet und später nichts mehr dazu gesagt wurde, kann kein Widerspruch entdeckt werden und wird vom Bf auch nicht erklärt. Die Auflage des 50%igen Freiraums der Stiegenverkleidung steht widerspruchsfrei fest. Zweifelhaft war eben nur die Frage, ob diese Auflage über den Umweg der Verhandlungsschrift Eingang in den Spruch des Bescheides gefunden hat, was aber bereits (weiter oben) festgestellt wurde.

7.           Es sei ausdrücklich, dass das Vertrauen der Bf in den rechtsgültigen Baubewilligungsbescheid geschützt werde, der auch die Behörde binde. Es sei willkürlich und widerspräche dem Bestimmtheitsgebot, wenn man dem Bescheid einen anderen Inhalt unterstellen würde.

Da die Auflage des 50%igen Freiraums bei der Stiegenverkleidung konsensgemäß ist, bindet dies sowohl die Behörde als auch den Bescheidadressaten.

Wenn die Bf das Bestimmtheitsgebot von Bescheiden anspricht, so wird zugestimmt, dass  an die Bestimmtheit des Spruchs von Leistungsbescheiden  insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Vollstreckbarkeit, erhöhte Anforderungen zu stellen sind (vgl VwGH 16. 6. 2004, 2001/08/0034). Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH muss der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, zum einen so bestimmt gefasst sein, dass dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen. Nach der Judikatur des VwGH dürfen aber selbst die Anforderungen an den Spruch von Leistungsbescheiden nicht überspannt werden.  Ausreichende Bestimmtheit ist anzunehmen, wenn ihr Inhalt für den Bescheidadressaten bzw, wenn die Umsetzung des Bescheides (zB eines baupolizeilichen Auftrags) unter Zuziehung von Fachleuten zu erfolgen hat, für diese objektiv eindeutig erkennbar ist (VwGH 22. 2. 2001, 2000/07/0254), sodass weder beim Bescheidadressaten noch bei der Vollstreckungsbehörde Zweifel darüber entstehen können. Im gegenständlichen Fall wurde die Auflage des 50%igen Freiraums bei der Stiegenverkleidung eindeutig vorgeschrieben und auch von der Behörde wiederholt festgehalten.

8.           Die Vorschreibung eines offenen Stiegenhauses bzw. eines solchen mit Freiräumen von 50 % sei wider Gesundheit, Sicherheit und Unfallverhütung, da die Offenheit das massive Eindringen von Witterungseinflüssen wie Regen, Schnee und Eis bedinge, welche unfallträchtig seien. Entgegenstehende Gründe, die den Freiraum erforderlich machen würden, seien von der Behörde nicht angeführt worden.

Laut Privatgutachten der Bf besteht im Treppenhaus das Problem, dass der Gehbelag bei Schneefall sehr rutschig sei, im Keller wie auch in der Liftanlage komme es immer wieder zu frostbedingten Problemen. Die Ursache seien gravierende Mängel.

Der Befund lautet wie folgt:

„Das Treppenhaus ist als außenliegendes Treppenhaus zu bezeichnen. Das Treppenhaus wurde nach außen hin mit einer licht- und niederschlagsdurchlässigen Verbretterung abgeschlossen. Der verwendete Plattenbelag ist durch eindringende Niederschlagswässer, durch Flugschneeeintrag und durch Vereisung in den Wintermonaten nicht verkehrssicher.

Die verwendete Ausführung mit dem Bretterverschlag widerspricht der oberösterreichischen Bauordnung, da der Fluchtweg nicht brandbeständig ausgeführt wurde.

Das Treppenhaus widerspricht auch in der Breite der oberösterreichischen Bauordnung, da das Treppenhaus etwas zu schmal ausgeführt wurde, auch fehlt der zweite Handlauf.

Weiters widerspricht die vorgefundene Ausführung zweifelsfrei den Ausführungen im Einreichplan, da It. Einreichplan eine 10 cm breite Abmauerung hergestellt hätte werden müssen.

Auch ist das Treppengeländer in Holz ausgeführt, dadurch ist eine Verletzungsgefahr durch Holzspäne gegeben. Gemäß Bauausstattungsliste war eine Ausführung in Edelstahl vorgesehen und ist geschuldet.

Im Zuge einer Nachbesichtigung wurde festgestellt, dass auf den bestehenden Gehbelag im Gangbereich im 1. OG ein weiterer gleicher Gehbelag verlegt wurde. Dadurch hat sich hinsichtlich der Verkehrssicherheit keine Besserung eingestellt. Auf Grund der direkten Verlegung auf den Unterbelag fehlt jegliche Entwässerung zwischen den Gehbelägen, zukünftige Frostschäden sind dadurch jedenfalls vorprogrammiert bzw. billigend in Kauf genommen worden.

Behebung: behebbar

Das Treppenhaus ist gemäß den gesetzlichen Vorschriften zu verbreitern, an der Außenseite vollständig abzumauern, außenseitig mit einem Dämmstoff zu versehen, allseitig mit dafür geeigneten Türen zu verschließen und beidseitig mit einem Treppengeländer zu versehen.

Das Treppengeländer ist in Edelstahl auszuführen.“

 

 

Das Gutachten des amtlichen Sachverständigen, welches durch das Landesverwaltungsgericht auf Basis der zur Bescheiderlassung geltenden Rechtslage eingeholt wurde steht dem wie folgt gegenüber:

 

·         „Nach dem die Baubewilligung am 20.10.2009 erteilt wurde, gehe ich davon aus, dass (bei Einreichung nach dem 1.1.2009) dazu das Oö. Bautechnikgesetz idF LGBl.Nr. 30/2010 und die Oö. Bautechnikverordnung idF LGBl.Nr. 110/2008 gelten. Die OIB-Richtlinien und damit auch die Gebäudeklassen waren zu diesem Zeitpunkt (mit wenigen Ausnahmen) nicht rechtsverbindlich und damit nicht relevant!

 

·         Nach dem das Gebäude 3 Geschoße und mehr als 3 Wohnungen hat, handelt es sich um keinen „Kleinhausbau“. Es sind daher die brandschutztechn. Anforderungen für „Gebäude mit nicht mehr als drei Geschoßen über dem Erdboden“ maßgeblich.

 

·         Anforderungen an Stiegen außerhalb von Gebäuden  (typisch bei sogenannten Laubengangerschließungen) waren in den „alten“ bautechn. Bestimmungen nicht konkret geregelt. Bei der bau- bzw. brandschutztechnischen Beurteilung ist aber schon ein Unterschied ob es sich um eine „echte“ Außentreppen (im Freien und nicht umhaust) oder um eine eingehauste Stiegen (=Stiegenhaus innerhalb eines Gebäudes) handelt. Fachlicher Hintergrund ist dabei die mögliche Rauchausbreitung und der Abschluss gegenüber anschließenden Gebäudeteilen.
Im gegenständlichen Fall ist der Bausachverständige offensichtlich davon ausgegangen, dass eine  Außenstiege (an die keine maßgeblichen Brandschutzanforderungen gestellt werden müssen)  nur dann gegeben ist, wenn zumindest 50 % der Umhausung offen ist und sich damit im Brandfall der Rauch im Stiegen-(bzw. Geh-)bereich nicht ansammelt.

 

·         Vorausgesetzt, dass der Antrag um Baubewilligung nach dem 1.1.2009 gestellt wurde, wurde bei der Bemaßung der Stiegenbreite offensichtlich die an beiden Seiten erforderlichen Handläufe nicht berücksichtigt!
siehe dazu § 14 Oö. BauTV (idF Novelle 2008)
  (3) Die lichte Durchgangsbreite von Hauptgängen und Fluchtwegen sowie die nutzbare Stiegenlaufbreite von Hauptstiegen muss unter Bedachtnahme auf die voraussichtliche Anzahl der Benützer des ganzen Gebäudes bemessen werden, hat jedoch mindestens 1,20 m zu betragen. Diese Mindestbreite darf durch Einbauten oder vorstehende Bauteile nicht eingeengt werden;

Der Begriff „ nutzbare Stiegenlaufbreite“ wird in der ÖNORM B 5371 definiert!
Im Übrigen muss auch in Hinblick auf die barrierefreie Gestaltung die Stiegenlaufbreite, gemessen zwischen den Handläufen, mind 1,2 m betragen – Siehe § 17b Oö. BauTV iVm OIB-RL 4 (dieser Teil wurde durch die Oö. BauTV-Novelle 2008 verbindlich)  iVm ÖNORM B1600

 

·         Brandschutztechn. Anforderungen an das Material des Geländers  (Holz, Metall??) sind üblicherweise – abgesehen von besonderen Einzelfällen – nicht notwendig.

 

·         Bei Gebäude mit nicht mehr als 3 Geschoßen waren nach dem „alten“ bautechn. Bestimmungen keine Abschlüsse zwischen dem Stiegenhaus und den anschließenden Gängen bzw. Wohnungen erforderlich.“

 

Das Gutachten des amtlichen Sachverständigen fundiert sich auf die zum damaligen Zeitpunkt gültige Rechtsgrundlage.  Es erweckt  einen schlüssigen Gesamteindruck. Es ist konkreter ausgeführt und spricht sämtliche Rechtsgrundlagen in nachkontrollierbarer Weise an. Das Gutachten des Privat-SV führt keinerlei Rechtsgrundlagen oder Zeitpunkt der Rechtsgrundlage an und kann daher nicht nachvollzogen werden. Des Weiteren vermittelt es einen eher pauschalen Gesamteindruck. Aus diesem Grund war dem Gutachten des amtlichen SV der LReg. zu folgen:

 

Die Vorschreibung des Stiegenhauses mit 50 %igem Freiraum entspricht daher den gesetzlichen Vorschriften zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung. Aus diesem Grund wird das Stiegenhaus in der Weise herzustellen sein, dass es mit einer  Holzschalung versehen wird, bei der der Freiraum mind. 50 % beträgt, so wie vom SV in der ersten Bauverhandlung verlangt wurde.

 

 

 

 

 

 

Wie bereits unter II. erwähnt, war aus dem Sachverhalt nicht ersichtlich auf welche Rechtsgrundlage sich die Vorschreibung des 50 %igen Freiraums der Holzverschalung der Stiege bezieht. Zu diesen rechtlichen Fragen wurde eine fachliche Beurteilung des amtlichen SV der LReg. eingeholt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH 19.09.1996, 96/19/1262) stellt die rechtliche Erörterung des von der bel. Beh. eingenommenen Rechtsstandpunktes vor Bescheiderlassung keine Frage des Parteiengehörs dar. Da sich im gegenständlichen Fall der Sachverhalt unverändert darstellt und rein rechtliche Beurteilungen vorgenommen wurden, handelte es sich um keine Frage des Parteiengehörs.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Roland Kapsammer