LVwG-600152/12/Py/KMI/MSt

Linz, 16.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn x, geb. x, x gegen die Spruchpunkte 1.), 2.) und 3.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.01.2014, Zl. VerkR96-21522-2013, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2014

 

zu Recht e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der auf die Strafhöhe eingeschränkten Beschwerde gegen Spruchpunkt 1.) und 2.) insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe hinsichtlich Spruchpunkt 1.) auf 70 Euro (EFS gleichbleibend 36 Stunden) und hinsichtlich Spruchpunkt 2.) auf 120 Euro EFS 60 Stunden) herabgesetzt wird.

Hinsichtlich Spruchpunkt 3.) wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

Spruchpunkt 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses ist – aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde - in Rechtskraft erwachsen.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungs-strafverfahren wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG mit 32 Euro (10% der nunmehr festgelegten Geldstrafen) bestimmt.

 

 

 

Der Beschwerdeführer hat somit insgesamt zu bezahlen:

-      Geldstrafe (70 + 120 + 60 =) ............................................250 Euro

-      Verfahrenskosten der belangten Behörde ...........................32 Euro

                                                                                                282 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt

(36+60+24 =).......................................................................120 Stunden

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 




 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß

 

1.) § 7 Abs.1 StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von
80 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden,

 

2.) § 20 Abs. 2 StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 160 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden,

 

3.) § 106 Abs. 2 KFG iVm § 134 Abs. 3d Z 1 KFG eine Geldstrafe von 50 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden,

 

4.) § 9 Abs. 4 StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden

 

verhängt. Zudem wurde ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 46 Euro auferlegt.

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe am 21.10.2013 gegen 13:40 Uhr in der Gemeinde Vöcklabruck, Landesstraße Freiland B1 bei km 246.200 als Lenker des PKW BMW 325 tds mit amtlichen Kennzeichen x dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf  die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da er während dieser Fahrt außerhalb des Ortsgebietes den linken Fahrstreifen benützte (Faktum 1). Des Weiteren habe er die auf Freilandstraßen höchstzulässige Geschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten (Faktum 2), den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet (Faktum 3) und beim Kreuzungsbereich Salzburgerstraße 38 das Vorschriftzeichen „HALT“ und die auf der Fahrbahn angebrachte Haltelinie nach Durchführung der Amtshandlung gegen 13:48 Uhr missachtet, da er das Fahrzeug nicht zum Stillstand brachte (Faktum 4).  

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde eingebracht. Zusammengefasst gesteht der Bf die Übertretung zu Faktum 4 zu, bestreitet den zu Faktum 3 erhobenen Tatvorwurf und beantragt im Übrigen die Einstellung des Strafverfahrens, sowie – für den Falle, dass die belangte Behörde keine anderslautende Entscheidung trifft - eine öffentliche mündliche Verhandlung beim Landesverwaltungsgericht OÖ.

 

3. Die belangte Behörde nahm von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 12.02.2014 - eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oö. am 13.02.2014 - zur Entscheidung vor. Dieses ist gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht erhob Beweis durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (mVh am 27.06.2014), an welcher der Bf teilgenommen hat. Die belangte Behörde entschuldigte sich, als Zeuge wurde Herr RI x einvernommen.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung hat der Bf hinsichtlich Spruchpunkt 1 und 2 die Beschwerde auf das jeweils verhängte Strafausmaß eingeschränkt, weswegen ausschließlich die Strafbemessung zu beurteilen ist.

 

Ergänzend führt der Bf betreffend Spruchpunkt 1.) aus, er habe aufgrund seines Vorhabens – an der nächsten ampelgeregelten Kreuzung links zum Baumarkt abzubiegen – den linken Fahrstreifen gewählt. Übereinstimmend wurde festgehalten, dass sich zumindest bis zum Zu- bzw. Auffahrtsbereich, welcher sich ca. 800 m vor der in Rede stehenden Kreuzung befindet, keine weiteren Verkehrsteilnehmer auf der Fahrtstrecke befanden.

 

Hinsichtlich der im Spruchpunkt 2.) angelasteten Übertretung wurde festgestellt, dass die Strafbemessung auf eine geschätzte Fahrgeschwindigkeit von ca. 140 km/h zurückzuführen ist. Der Bf selbst gesteht eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein und führt aus mit ca. 110 – 115 km/h unterwegs gewesen zu sein. Das als Zeuge einvernommene Polizeiorgan gab dazu an, dass nach seiner Erinnerung zwar von einer höheren Geschwindigkeit als vom Bf angegeben auszugehen ist, ob diese tatsächlich im Bereich von 140 km/h oder doch darunter gelegen sei, könne er heute jedoch nicht mehr sagen. Jedenfalls stelle auch die vom Bf angeführte Geschwindigkeit eine Übertretung der an dieser Stelle zulässigen Höchstgeschwindigkeit dar.

 

Betreffend Spruchpunkt 3.) wird die Beschwerde gänzlich aufrechterhalten und ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Bf bringt wiederholt vor, dass er während der Fahrt angeschnallt war und während der Amtshandlung am sog. „x-Parkplatz“ – genaugenommen als er zum Handschuhfach griff und das Fahrzeug nicht mehr in Bewegung war - den Sicherheitsgurt löste. Dazu eingehend befragt, gab der Zeuge RI x in der mVh an, als er auf das stehende Fahrzeug des Bf nach der Anhaltung zuschritt, sei dieser nicht angeschnallt gewesen. Er könne jedoch nicht angeben, ob der Bf während der Fahrt angeschnallt war und den Sicherheitsgurt erst bei Stillstand des Fahrzeuges gelöst habe.

 

In freier Beweiswürdigung vertritt das Landesverwaltungsgericht hinsichtlich Spruchpunkt 3.) die Auffassung, dass das Vorbringen des Bf, er sei während der Fahrt jedenfalls angeschnallt gewesen, grundsätzlich glaubwürdig und nachvollziehbar dargelegt wurde. Zudem gestand der Zeuge im Zuge seiner Einvernahme ein, hinsichtlich der Fahrt selbst diesbezüglich keine Beobachtungen gemacht zu haben und daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit wiedergeben zu können, zu welchem Zeitpunkt der Bf an- bzw. abgeschnallt war.

 

Die Beschwerde zu Spruchpunkt 4.) des behördlichen Straferkenntnisses wurde in der Verhandlung vom Bf zurückgezogen und ist dieser Tatvorwurf sowie die von der belangten Behörde verhängte Strafe somit in Rechtskraft erwachsen.

 

 

5. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Infolge der Einschränkung der Beschwerde auf die Strafhöhe durch den Bf in der mündlichen Verhandlung sind hinsichtlich Spruchpunkt 1.) und 2.) des behördlichen Straferkenntnisses die Schuldsprüche sind in Rechtskraft erwachsen und vom Landesverwaltungsgericht ausschließlich die Strafbemessung zu überprüfen.

 

§ 99 Abs.3 lit. a StVO zufolge begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG, der gemäß § 38 auch im verfahrne vor dem Verwaltungsgericht Anwendung findet, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.2. Die gesetzliche Höchststrafe der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretungen zu Faktum 1 und Faktum 2 beträgt gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO jeweils 726 Euro.

Zwar ist der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten, jedoch zeigte er sich zu den angeführten Tatanlastungen reumütig. Weitere Straferschwerungsgründe sind im Beschwerdeverfahren nicht hervorgetreten. Die Tatsache der Geschwindigkeitsüberschreitung ist unbestritten, lediglich das Ausmaß der Überschreitung von 140 km/h ist strittig.

Die belangte Behörde stützt die Strafbemessung auf die Angaben des Meldungslegers, woraus sich ergibt, dass der Bf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nicht eingehalten, sondern erheblich überschritten hat, wenn auch nicht eindeutig nachvollzogen werden kann, wie hoch im konkreten Fall das Ausmaß der Überschreitung war und auch vom Meldungsleger in der mündlichen Verhandlung nicht zweifelsfrei in dem angelasteten Ausmaß bestätigt werden konnte.

Jede Überschreitung der gem. § 20 Abs. 2 StVO zulässigen Höchstgeschwindigkeit bedeutet einen Verstoß gegen diese Vorschrift, das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Schuldspruches, sondern könnte nur im Zusammenhang mit der - vom Beschwerdeführer beanstandeten - Strafbemessung von Bedeutung sein (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0009). Auch die Tatsache, dass eine konkrete Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr festgestellt werden kann, ist aufgrund der gegenständlichen Tatumstände zu Gunsten des Bf zu werten und eine Strafmilderung vorzunehmen.

 

In Anbetracht der besonderen Tatumstände, des reumütigen Verhaltens des Bf und unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Familienverhältnisse erachtet das Landesverwaltungsgericht eine Herabsetzung der verhängten Strafen auf € 70 bzw. € 120 als angebracht. Dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass auch das herabgesetzte Strafausmaß geeignet ist, den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung weiterer gleichartiger Straftaten wirksam abzuhalten. Gleichzeitig wird er jedoch darauf hingewiesen, dass bei künftigen Übertretungen mit empfindlich höheren Strafen zu rechnen ist.

 

5.3. Zu Faktum 3 ist zusammenfassend festzustellen, dass nach Durchführung des Beweisverfahrens trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Bf verbleiben. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 3 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher hinsichtlich Spruchpunkt 3.) mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bf spruchgemäß zu entscheiden, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich dieser Tatanlastung zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.  

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens absehen und die Einstellung verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 

Zu II.:

 

Da der Beschwerde zu den verbleibenden Spruchpunkten Folge gegeben wurde entfällt gemäß § 52 Abs.8 VwGVG ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren. Hinsichtlich Spruchpunkt 3.) entfällt auch ein Kostenbeitrag zu Verfahren vor der belangten Behörde (vgl. § 66 VStG). Hinsichtlich Faktum 1 und Faktum 2 war der Kostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde gemäß § 38 VwGV iVm § 64 Abs.2 VStG mit 10% der nunmehr verhängten  Strafhöhen festzusetzen.

 

 

 

Zu III.: Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny