LVwG-000039/2/Gf/Rt

Linz, 08.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K !

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des Mag. L, vertreten durch RA Dr. W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 25. Mai 2014, Zl. 169/2013, wegen zwei Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

 

I.         Der Beschwerde wird dahin stattgegeben, dass der Strafausspruch insoweit, als sich dieser auf den Spruchpunkt a) des angefochtenen Straferkenntnisses gründet, gemäß § 50 VwGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG aufgehoben und stattdessen bloß eine Ermahnung ausgesprochen und das Straferkenntnis insoweit, als sich dieses auf dessen Spruchpunkt b) gründet, gemäß § 50 VwGG aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt wird.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 


 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 25. Mai 2014, Zl. 169/2013, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 28. November 2012 in deren Betriebsküche in Linz verpackte, jedoch vorschriftswidrig gekennzeichnete Lebensmittel für die Abgabe an Konsumenten bereit gehalten und somit in Verkehr gebracht worden seien. Dadurch habe er zum einen eine Übertretung des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. c der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 72/1973 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 165/2008, im Folgenden: LMKV), und zum anderen eine Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. a der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel, BGBl.Nr. 201/1994 (im Folgenden: TiefgefV), begangen, weshalb er jeweils nach § 90 Abs. 3 Z. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. II 125/2011, im Folgenden: LMSVG), zu bestrafen gewesen sei.

 

Dieses dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten sei auf Grund der Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie auf Grund entsprechender Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (im Folgenden: AGES) als erwiesen anzusehen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die lange Verfahrensdauer als mildernd, drei rechtskräftige Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften hingegen als erschwerend zu werten gewesen; die mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers (monatliches Nettoeinkommen: 2.000 Euro; keine Sorgepflichten) seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

2. Gegen dieses ihm am 3. Juni 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25. Juni 2014 – und damit rechtzeitig – per e-mail bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird im Wesentlichen mit jeweils näherer Begründung darauf hingewiesen, dass die bei einem Produkt beanstandete Bezeichnung „Konservierungsmittel Phosphat E 450“ durch einen Irrtum – nämlich durch Überspeicherung einer Schablone – entstanden sei; insbesondere gelte dies hinsichtlich der Verwendung des Ausdruckes „Konservierungsmittel“, hinsichtlich dessen eine entsprechende Umstellung auf den durch die VO 1169/2014 (gemeint wohl: VO 1169/2011) geforderten Begriff „Konservierungsstoffe“ nicht zeitgerecht habe erfolgen können. Hinsichtlich des anderen Produktes gehe aus dem auf der gezogenen Probe affichierten Etikett hervor, dass auf Letzterem ohnehin die Wendung „1 Portion tiefgekühlt“ angebracht gewesen sei.

 

Aus diesen Gründen sowie deshalb, weil den Beschwerdeführer als bloß kaufmännischen Geschäftsführer in Bezug auf die angelasteten Übertretungen auch kein persönlich zurechenbares Verschulden treffe, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. ein gänzliches Absehen von der Verhängung einer Strafe beantragt.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates des Stadt Linz zu Zl. 169/2013.

 

Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt, der – im Gegensatz zu dessen rechtlicher Beurteilung – zwischen den Verfahrensparteien auch zudem in keiner Weise strittig ist, klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Weil im LMSVG Abweichendes nicht angeordnet ist, hatte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich über die vorliegende Beschwerde erwogen:

 

 

1. Zu lit. a) des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

 

1.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der den Kennzeichnungsvorschriften des § 4 LMKV zuwiderhandelt.

 

Nach § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. c LMKV sind bei verpackten Waren die Zutaten (Zusatzstoffe und Bestandteile) zu kennzeichnen. Wenn Zusatzstoffe zu einer der im Anhang II zur LMKV angeführten Klassen gehören, sind sie mit dem Namen dieser Klasse zu bezeichnen, dem zudem der spezifische Name oder die EWG-Nummer zu folgen hat; im Besonderen gilt dies nach Anhang II zur LMKV für Konservierungsmittel.

 

1.2. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich diesbezüglich aus dem Gutachten der AGES vom 18. Dezember 2012, Zl. 12125707, dass „Phosphat E 450“ kein Konservierungsmittel ist und sohin eine andere Klassenbezeichnung zu erfolgen gehabt hätte, während andererseits „Nitritpökelsalz“ nicht als „Konservierungsstoff“, sondern als „Konservierungsmittel“ zu bezeichnen gewesen wäre (vgl. S. 4 dieses Gutachtens).

 

Diesen Feststellungen ist der Beschwerdeführer nicht – und erst recht nicht auf gleicher fachlicher Ebene – entgegengetreten.

 

Er hat daher tatbestandsmäßig und deshalb, weil er keinerlei Vorkehrungen gegen diese fehlerhafte Klassifizierung getroffen hat – von ihm wurde insbesondere nicht einmal vorgebracht, zumindest stichprobenartige Kontrollen durchgeführt zu haben; sein diesbezüglicher Einwand, dass er sich als kaufmännischer Geschäftsführer um derartige Belange nicht persönlich kümmern kann, ist zwar nachvollziehbar, allerdings sieht § 9 Abs. 2 VStG gerade für derartige Konstellationen die Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlichen Beauftragten vor, was gegenständlich bislang jedoch ebenfalls unterblieben ist –, zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt; seine Strafbarkeit ist daher insoweit gegeben.

 

1.3. Allerdings ist zu seinen Gunsten zu beachten, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Übertretung keine nennenswerten Folgen nach sich gezogen hat – Gegenteiliges geht insbesondere auch nicht aus dem vorerwähnten Gutachten der AGES vom 18. Dezember 2012, Zl. 12125707, hervor –, sodass die Intensität der Beeinträchtigung des durch § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. c LMKV geschützten Rechtsgutes hier als gering und das Verschulden insgesamt besehen bloß als geringfügig, nämlich leicht fahrlässig, zu qualifizieren ist.

 

1.4. Da dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt auch nicht entnommen werden kann, dass der Beschwerdeführer zuvor tatsächlich bereits wegen drei Verstößen gegen kennzeichnungsrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist, liegen insgesamt besehen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG vor. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erachtet es daher als ausreichend, bloß eine Ermahnung auszusprechen, um den Rechtsmittelwerber künftig von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

2. Zu lit. b des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

 

2.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs-übertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der den Kennzeichnungsvorschriften des § 6 TiefgefV zuwiderhandelt.

 

Nach § 6 Abs. 1 lit. a TiefgefV muss bei tiefgefrorenen Lebensmitteln zusätzlich zu den nach der LMKV normierten Angaben im Besonderen die handelsübliche Sachbezeichnung durch entweder durch den Hinweis „tiefgefroren'', „Tiefkühlkost'', „tiefgekühlt'' oder „gefrostet'' ergänzt werden.

 

2.2. In diesem Zusammenhang wird im Gutachten der AGES vom 18. Dezember 2012, Zl. 12125708, einerseits festgestellt, dass die Sachbezeichnung der gezogenen Probe selbst (nämlich: „Hühnerbrust mit Champignonsauce, Reis und Gemüse“) keine dieser Bezeichnungen enthalten habe (S. 4); andererseits ergibt sich jedoch aus der in diesem Gutachten abgebildeten Etikette (S. 5), dass sich auf dieser – wenngleich weder in derselben Zeile noch in derselben Schriftgröße noch im Nahebereich der vorangeführten Sachbezeichnung, sondern vielmehr in größerer optischer Entfernung davon und bloß im Verbund mit Hinweisen über das Herstellungsdatum, den Unternehmenssitz und die Mindesthaltbarkeitsdauer – auch die Angabe „1 Portion tiefgekühlt“ befand.

 

Bei verständiger Würdigung des § 6 Abs. 1 lit. a TiefgefV dahin, dass dieser nicht bloß eine Gebots-, sondern vor dem Hintergrund des § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG auch eine Strafnorm verkörpert, ist diese Bestimmung aber insgesamt dahin auszulegen, dass die damit geforderte „Ergänzung“ nicht zwingend als ein Teil der Sachbezeichnung der Ware – und damit als stets in einem unmittelbaren Konnex zu dieser stehend – in Erscheinung treten, sondern objektiv besehen bloß der Anforderung genügen muss, den Verbraucher vor solchen – in erster Linie gesundheitsbezogenen – Nachteilen zu schützen, die im Falle der gänzlichen Unterlassung eines derartigen Hinweises eintreten könnten. Eine derartige Sichtweise konfligiert insbesondere auch nicht mit der Verordnung (EU) 1169/2001 (speziell in der zum Tatzeitpunkt bereits bekannten, wenngleich damals rechtlich noch nicht verbindlichen Fassung ABl L 304/41 vom 22. November 2011 [vgl. deren Anh. VI, Teil A, Z. 1]).

 

Davon ausgehend liegt sohin im gegenständlichen Fall im Ergebnis von vornherein kein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 lit. a TiefgefV vor, sodass eine dementsprechende Bestrafung des Beschwerdeführers schon mangels eines tatbestandsmäßigen Verhaltens ausscheidet.

 

3. Aus den zuvor unter Punkt 1.4. und 2.2. genannten Gründen war daher der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 50 VwGVG dahin stattzugeben, als der Strafausspruch insoweit, als sich dieser auf den Spruchpunkt a) gründet, gemäß § 50 VwGG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG aufzuheben und stattdessen bloß eine Ermahnung auszusprechen und das Straferkenntnis insoweit, als sich dieses auf Spruchpunkt b) gründet, gemäß § 50 VwGG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen war.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich (§ 52 Abs. 9 VwGVG) vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig, weil zur Frage der hier vertretenen Auslegung des § 6 Abs. 1 lit. a TiefgefV – soweit ersichtlich – noch keine höchstgerichtliche Judikatur vorliegt.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann auch eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f