LVwG-750050/3/SR/KHU

Linz, 22.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde von Herrn X, geb. am X, serbischer StA, vertreten durch X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 1. Oktober 2013, GZ Sich40-26153, mit dem im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich der Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger“ abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG iVm § 47 Abs 3 NAG 2005 idF vor BGBl I 87/2012 wird der Beschwerde stattgegeben und Herrn X, geb. am X, der Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger“ für zwölf Monate erteilt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Antrag vom 13. August 2013 stellte der Bf den Erstantrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“.

 

2. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013, GZ Sich 40-26153 wurde der Antrag aufgrund der Ermächtigung des Landeshauptmannes von Oberösterreich (LGBl 127/2005) von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus:

 

„Gemäß § 47 abs. 3 NAG kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

 

Dies ist jedoch bei Ihnen nicht der Fall. Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass Ihre Mutter zwar für Sie eine Haftungserklärung angegeben hat, doch ist diese nicht als tragfähig anzusehen.

 

Ihre Mutter, X, bezieht eine Eigenpension It. vorgelegter Unterlagen von 196,99 Euro, hinzu kommen 500,- Ausgleichszulage und sind von diesen Beträgen 35,55 Euro Krankenkassenbeitrag in Abzug zu bringen, sodass sich eine Nettopension in der Höhe von 661,44 Euro ergibt. Ihr Vater bezieht nach den vorgelegten Unterlagen und den Angaben Ihrer Mutter zwei Pensionen: Eigenpension in Österreich 255,42 Euro und eine serbische Pension in der Höhe von ca. 120,-- Euro (nicht nachgewiesen).

Wenn man diese Pensionen aufrechnet, so ergibt sich inkl. Sonderzahlungen - eine monatliche Pension in der Höhe von 1209,67 Euro.

 

Nach den ASVG-Richtsätzen ist allein für ein Ehepaar ein Mindestbetrag von 1255,89 Euro erforderlich, der im gegenständlichen Fall bereits um 45,11 Euro unterschritten wird.

 

Für Sie als erwachsene Person ist ein Betrag von monatlich 837,63 zu berechnen, der jedoch aufgrund der geringen Eigenpension Ihrer Eltern nicht zur Verfügung steht. Es wird somit der erforderliche Mindestrichtsatz um 982,74 Euro monatlich unterschritten.

 

Wenn auch Ihre Mutter über ein Sparkonto mit einem Einlagestand von 12.263,49 Euro verfügt (Stand mit 16.08.2013), so stehen für Sie die erforderlichen Unterhaltsmittel nicht in ausreichender Höhe zur Verfügung.

 

Weiters muss berücksichtigt werden, dass Sie verheiratet sind und Ihre Gattin und ihr Kind in Serbien leben. Ihre Gattin hat in Serbien ein geringes Einkommen von 250,-- bis 300,- Euro monatlich.

 

Nach den vorliegenden Unterlagen und den niederschriftlichen Angaben Ihrer Mutter hat sie Sie und Ihre Familie regelmäßig durch Geldsendungen unterstützt. Die Geldbeträge hat ein Busfahrer überbracht. Dies hat der Busfahrer auch am 20.08.2013 gegenüber der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn auch niederschriftlich bestätigt. Er hat abgegeben, dass er monatlich zwischen 200,- und 300,-- Euro Ihnen bzw. Ihrer Frau übergeben hat.

 

Im gegenständlichen Verfahren wurden Sie im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Sie sind dieser Aufforderung nachgekommen und haben sich über Ihren rechtsfreundlichen Vertreter, wie folgt, geäußert:

 

Neben der rechtsfreundlich angezeigten Vertretung machen Sie geltend, dass auch Ihr Vater, der mit Ihrer Mutter zusammenlebt, über Ersparnisse verfügen würde, mit denen er die Lebensunterhaltskosten bestreiten könne, sofern nicht das gemeinsame Einkommen ausreichen würde. Es würden für ein Jahr die Ersparnisse der Mutter in der Höhe von 12.263,49 Euro zur Verfügung stehen.

 

Es würde noch ein Sparbuch des Vaters mit einer Einlage von rund 10.000,-- Euro vorgelegt werden.

 

Im Übrigen würden Sie bekannt geben, dass Ihre Eltern bereits fast 70 Jahre alt seien und für die täglichen Verrichtungen im Haushalt und für Besorgungen usw. Hilfe benötigen würden. Da es keine anderen Geschwister gäbe, die sich dafür zur Verfügung stellen würden, hätten Sie sich dafür bereit erklärt.

Mit Schriftsatz vom 18.09.2013 haben Sie dann eine Kopie des in der Stellungnahme vom 16.09.2013 angekündigten Sparbuches vorgelegt.

 

 

Zu Ihrer Stellungnahme und dem vorgelegten Sparbuch ist festzustellen, dass das Sparbuch Ihrer Familie nicht zugeordnet werden kann, da es die Bezeichnung "X" hat. Überdies weist es einen Einlagenstand von nur 6.411,33 Euro aus. Eine X kann im gegenständlichen Antrag nicht ausgemacht werden und damit kein Zusammenhang zu Ihnen hergestellt werden.

 

Weiters ist auch mit zu berücksichtigen, dass Sie selbst in Serbien verheiratet sind und auch Ihre Gattin sowie Ihr Kind versorgt werden müssen. Auch wenn Ihre Gattin ein geringes Einkommen durch eine Beschäftigung hat, so werden wohl auch Sie zum Familienunterhalt Ihrer Kernfamilie beitragen müssen, da Sie diesbezüglich unterhaltspflichtig sind.

 

Auch unter Berücksichtigung der Ersparnisse Ihrer Mutter wäre Ihr Aufenthalt in finanzieller Hinsicht in Österreich nicht gesichert. Dabei muss jedenfalls auch berücksichtigt werden, dass Ihre Mutter nur über eine sehr geringe Eigenpension, 196,99 Euro und eine Ausgleichszulage von 500,-- Euro, verfügt.

 

Auch wenn durch die ausgewiesenen Sparguthaben der Lebensunterhaft für ca. 1 Jahr abgedeckt wäre, so muss doch auch berücksichtigt werden, dass dieses Guthaben in kurzer Zeit aufgezehrt sein wird und damit die konkrete Situation entstehen kann, dass für Sie Mittel der öffentlichen Hand aufgewendet werden müssen.

 

Sie haben weiters bisher keinen Nachweis erbracht, dass Sie in Österreich über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügen, sodass auch in dieser Hinsicht der Republik Österreich Kosten entstehen könnten. Dies auch insofern, als die abgegebene Haftungserklärung nicht als tragfähig angesehen werden kann. Im Krankheitsfall, wenn Sie sich in Spitalspflege begeben müssten und keine Krankenversicherung besteht, müssten im Krankenhaus Braunau am Inn pro Verpflegstag 562,20 Euro bezahlt werden. In diesem Fall wären die gesamten Ersparnisse Ihrer Eltern binnen weniger Tage aufgebraucht und Ihr weiterer Aufenthalt in Österreich finanziell nicht mehr gesichert.

 

Wie Sie in Ihrer Stellungnahme selbst angeben und es Ihnen offenbar auch bewusst ist, haben Sie mit dem von Ihnen angestrengten Aufenthaltstitel keinen Zugang zum Arbeitsmarkt.

 

Ihr Vorbringen, dass Sie sich um Ihre Eltern kümmern und diese bei der Bewältigung des Alltags unterstützen wollen ist verständlich, doch kann dies nicht als überwiegendes Argument für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Angehöriger" herangezogen werden. Vielmehr muss von den Fakten ausgegangen werden, dass Ihr Aufenthalt in keiner Weise finanziell abgesichert ist.

 

Für die Betreuung und Unterstützung Ihrer Eltern stehen Österreich auch entsprechende öffentliche Einrichtung wie z.B. mobile Dienste der verschiedenen karitativen Einrichtungen wie Rotes Kreuz, Volkshilfe, Diakonie oder Caritas usw. zur Verfügung und können diese in Anspruch genommen werden.

 

Ihr Antrag vom 13.08.2013 war somit abzuweisen.“

 

3. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2013 Berufung erhoben. Darin wurde zunächst beanstandet, dass die Behörde die fehlende Krankenversicherung zu einem Abweisungsgrund gemacht habe, davon aber zuvor keine Rede gewesen sei. Auch im Verwaltungsverfahren gelte der Grundsatz des Überraschungsverbotes.

 

Der Bf habe einen Nachweis über das Bestehen einer Krankenversicherung erbracht und habe die Möglichkeit, einen Betreuungsauftrag für Österreich zu beantragen, da ein Abkommen zwischen Jugoslawien und Österreich bestehe.

 

Die Behörde habe außerdem das Sparguthaben der Mutter nicht voll angerechnet. Nach der Rsp des VwGH komme ein Nachweis von Unterhaltsmitteln auch durch Spareinlagen des oder der Zusammenführenden in Betracht. Der Fehlbetrag finde in concreto in den Spareinlagen Deckung. Es sei nicht zulässig, die Zusammenführende mit den Unterhaltsleistungen der Schwiegertochter und Enkel zu belasten und zusätzlich mit Ausgaben für die Miete und PKW. Die Befürchtung, das Guthaben sei binnen kurzer Zeit aufgebraucht, sei nicht berechtigt, konnte das Guthaben doch immerhin auch angespart werden.

 

Schließlich habe sich die Behörde nur am Rande mit der Bestimmung des § 11 Abs 3 NAG auseinandergesetzt.

 

Der Bf beantragte, der Berufung Folge zu geben und den bekämpften Bescheid insofern abzuändern, als eine Niederlassungsbewilligung erteilt wird.

 

4. Mit 1. Jänner 2014 trat die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 in Kraft. Berufungen gelten gem § 3 VwGbK-ÜG als rechtzeitig erhobene Beschwerden an das zuständige Verwaltungsgericht. Mit Schreiben vom 20. Jänner 2014, beim Oö. LVwG eingelangt am 23. Jänner 2014, legte das Bundesministerium für Inneres die ggst. Beschwerden sowie die zugrundeliegenden Verfahrensakten dem Oö. LVwG vor.

 

5. Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 wurden vom Bf aktuelle Urkunden betreffend Vermögen und Einkommen von Mutter und Vater vorgelegt.

 

6. Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem § 24 Abs 4 VwGVG verzichtet werden, da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt aus den Feststellungen der belangten Behörde, dem Beschwerdevorbringen sowie den ergänzenden Eingaben der Bf ergab und eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten war.

 

 

II.            1. Das Oö. LVwG geht von folgendem entscheidungserheblichen Sachverhalt aus: Der Bf ist serbischer Staatsangehöriger und hat während seines visumfreien Aufenthaltes in Österreich den ggst. Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ gestellt.

 

Die Mutter des Bf ist österreichische Staatsbürgerin und hat den Bf während seines Aufenthaltes in Serbien mit monatlich 200-300 Euro unterstützt. Sie hat eine Haftungserklärung für den Bf abgegeben und stellt ihm eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung.

 

Die Mutter des Bf bezog zuletzt eine Netto-Pension (inkl. Ausgleichszulage) iHv € 818,72 monatlich; sein Vater iHv € 268,75. Die Mutter des Bf verfügt mit Stand 16. Juli 2014 über ein Sparkonto mit einem Guthaben iHv € 16.643,43 sowie über einen Bausparvertrag mit einem Guthaben iHv € 1.895,63. Ihr Girokonto weist ein Guthaben von € 626,86 auf. Der Bf ist als Angehöriger bei seiner Ehefrau bei der serbischen Krankenversicherung („Republički fond za zdravstveno osiguranje“ – serbischer Krankenversicherungsfonds) versichert.

 

2. Der Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt.

 

 

III.           Rechtslage:

 

Gemäß § 81 Abs 26 NAG 2005 idgF sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Bundesminister für Inneres anhängigen Berufungsverfahren und Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (§ 73 AVG) nach diesem Bundesgesetz ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I 87/2012 (in der Folge: NAG 2005 aF) zu Ende zu führen.

 

Gem § 47 Abs 1 NAG 2005 aF sind Zusammenführende im Sinne der Abs 2 bis 4 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

 

Gem § 47 Abs 2 NAG 2005 aF ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

Die Begriffsbestimmung für Familienangehörige lautet gem § 2 Abs 1 Z 9 NAG 2005 aF: „wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels“.

 

Gem § 47 Abs 3 NAG 2005 aF kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger” erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1.   Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird,

2.   Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird oder

3.   sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a.    die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,

b.    die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder

c.    bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.

 

Gem § 11 Abs 1 NAG 2005 aF dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn

1.   gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

2.   gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.   gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.   eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs 1 oder 2) vorliegt;

5.   eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs 6 vorliegt oder

6.   er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

Gem § 11 Abs 2 NAG 2005 aF dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.   der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.   der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.   der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.   der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.   durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.   der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Gem § 11 Abs 4 NAG 2005 aF widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.   sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.   der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

 

Gem § 11 Abs 5 NAG 2005 aF führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

 

IV.          Das Oö. LVwG hat erwogen:

 

Der Bf ist der volljährige Sohn einer österreichischen Staatsbürgerin und hat selbst die Staatsangehörigkeit eines Drittstaates. Damit ist die Mutter des Bf eine „Zusammenführende“ iS der Bestimmung des § 47 NAG 2005 aF. Zu beachten ist zunächst, dass der Bf als volljähriger Sohn nicht als Familienangehöriger iS der Begriffsbestimmungen des NAG 2005 aF gilt.

 

Der Bf ist aber unstrittig ein (sonstiger) Angehöriger der Zusammenführenden. Derartigen sonstigen Angehörigen in absteigender Linie kann ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn sie vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben. Dies ist in concreto der Fall, da die Zusammenführende dem Bf monatlich einen Betrag von 200-300 Euro zukommen ließ.

 

Gem § 47 Abs 3 NAG 2005 aF ist Bewilligungsvoraussetzung für den Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ die Erfüllung des 1. Teils des NAG 2005 aF:

 

a. Hinsichtlich allfälliger Erteilungshindernisse iS des § 11 Abs 1 NAG 2005 aF (Rückkehrentscheidungen, Ausweisungen und dergleichen) liegen keine Anhaltspunkte vor. Damit ist entscheidend, ob der Bf die oben bereits dargestellten (positiven) Bewilligungsvoraussetzungen des § 11 Abs 2 NAG 2005 aF erfüllt:


b. Hierzu ist zunächst zu konstatieren, dass eine Gefährdung der öffentlichen Interessen (§ 11 Abs 2 Z 1 iVm Abs 4 leg cit) durch den Aufenthalt des Bf nicht zu erblicken ist. Hinsichtlich der Unterkunft (§ 11 Abs 2 Z 2) wird darauf verwiesen, dass sich die Zusammenführende bereiterklärt hat, den Bf bei sich aufzunehmen und die Zusammenführende selbst wiederum einen Mietvertrag vorlegen konnte. Damit wurde der Anspruch auf eine Unterkunft hinreichend dargelegt.

 

c. Hinsichtlich der Frage, ob der Bf über eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist (vgl § 11 Abs 2 Z 3 leg cit), ist festzustellen, dass zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien ein Abkommen über soziale Sicherheit (BGBl III 155/2012) geschlossen wurde. Demnach besteht ein Anspruch auf Sachleistungen u.a. dann, wenn eine Person, welche die nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, im Gebiet des anderen Vertragsstaates wohnt (vgl Art 11 leg cit).

 

Der Bf hat eine Bestätigung über seine Krankenversicherung des serbischen Krankenversicherungsfonds vorgelegt. Aus dieser Urkunde sowie aus dem bestehenden Abkommen zwischen Österreich und Serbien lässt sich ein alle Risiken abdeckender Krankenversicherungsschutz des Bf ableiten, welcher in Österreich leistungspflichtig ist.

 

d. Hinsichtlich der Frage einer möglichen finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs 2 Z 4 iVm Abs 5 leg cit) kann festgehalten werden:

 

Der Bf konnte kein eigenes Einkommen bzw. keine eigenen Ersparnisse vorweisen. Mutter und Vater des Bf beziehen gemeinsam eine monatliche Netto-Pension iHv. € 1087,47; unter Berücksichtigung der 13. und 14. Pensionszahlung ergibt dies ein monatliches Netto-Familieneinkommen iHv. € 1268,72. An Miete werden monatlich rund € 270,-- bezahlt.

 

Der Aufenthalt eines Fremden führt gem § 11 Abs 5 NAG 2005 aF dann zu keiner finanziellen Beeinträchtigung einer Gebietskörperschaft, wenn er feste und regelmäßige Einkünfte hat, die der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen, wobei die Einkünfte durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert werden (insbes. Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen); bei diesen Abzügen bleibt ein Betrag bis zu der in § 292 Abs 3 genannten Höhe unberücksichtigt. Die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel können bspw. auch durch eine Haftungserklärung nachgewiesen werden. Dabei darf nur der das Existenzminimum übersteigende Teil des Einkommens des Verpflichtenden berücksichtigt werden.

 

Der Richtsatz für die Ausgleichszulage beträgt gem § 293 Abs 1 ASVG im Jahr 2014 für alleinstehende Personen € 857,73, für Ehegatten/eingetragene Partner im gemeinsamen Haushalt € 1.286,03. Der Wert der sog. vollen freien Station beträgt gem § 292 Abs 3 ASVG € 260,35.

 

Die Zusammenführende bzw. ihr Mann können mit ihren monatlichen Pensionseinkünften die für ein in einem gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar vorgesehen Richtsätze nicht vollständig erreichen, weil sich anhand der nachgewiesenen Pensionseinkünfte sowie der Höhe der Miete ein Fehlbetrag von rund € 27,-- pM zeigt. Anzumerken ist hierbei jedoch, dass die vor der Erstbehörde angegebenen ausländischen Leistungsbezüge in der ggst. Berechnung nicht berücksichtigt wurden, weil hierzu keine aktuellen Nachweise vorliegen. Die exakte Höhe dieser zusätzlichen Bezüge konnte aber für das konkrete Verfahren dahingestellt bleiben, erwiesen sie sich doch für eine ausreichende finanzielle Sicherstellung nicht weiter relevant:

 

Um dem Bf einen ausreichenden Unterhalt in Österreich zu gewährleisten, ist für ihn der Richtsatz für eine alleinstehende Person iHv € 857,73 pM zu veranschlagen. Die Zusammenführende hat gem § 47 Abs 3 NAG 2005 aF eine Haftungserklärung für den Bf abgegeben. In Anbetracht dessen, dass die Zusammenführende selbst nur eine geringe – das Existenzminimum bzw. die o.g. Richtsätze sogar unterschreitende – Pension erhält, kommt eine Deckung des Unterhalts des Bf aus ihren laufenden Pensionszahlungen nicht in Betracht.

 

Eine finanzielle Sicherstellung kann jedoch auch durch Sparguthaben erbracht werden (vgl etwa VwGH 10.09.2013, Zl. 2013/18/0046 mwN). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Aufenthaltstitel – wie auch im konkreten Fall – zunächst auf 12 Monate zu befristen sind, dass also im ggst. Verfahren für die Deckung des Unterhalts des Bf € 10.292,76 zu veranschlagen sind (siehe etwa VwGH 18.10.2012, Zl. 2011/23/0129 mwN).

 

Die Zusammenführende kann ein Vermögen von rund € 19.000,-- (dzt. Girokontoguthaben, Sparguthaben sowie Bausparguthaben) belegen. Eine Deckung des erforderlichen Unterhalts des Bf ist damit für ein Jahr jedenfalls gewährleistet, selbst wenn die Zusammenführende den für den eigenen Lebensunterhalt ermittelten Fehlbetrag iHv € 27,-- pM ebenfalls aus ihren Ersparnissen decken müsste. Eine mögliche finanzielle Inanspruchnahme von Gebietskörperschaften kann unter diesem Blickwinkel ausgeschlossen werden.

 

e. Da durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels an den Bf auch keinerlei Beeinträchtigung der Beziehung der Republik Österreich mit anderen Staaten ersichtlich ist (§ 11 Abs 2 Z 5) und ein Nachweis der Erfüllung der Integrationsvereinbarung beim Erstantrag noch nicht erforderlich ist (§ 11 Abs 2 Z 6 leg cit), erfüllt der Bf die Voraussetzungen des 1. Teils des NAG 2005 aF.

 

 

V.           Da damit sämtliche Voraussetzungen des § 47 Abs 3 NAG 2005 aF für die Erteilung des Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ erfüllt sind, war der angefochtene Bescheid aufzuheben und dem Bf der begehrte Aufenthaltstitel zu erteilen. Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels von zwölf Monaten ergibt sich aus § 20 Abs 1 NAG 2005. Die belangte Behörde hat den hiermit erteilten Aufenthaltstitel in Form einer Karte gemäß § 1 NAG‑DV an den Bf im Inland auszufolgen. Bei Ausfolgung des Aufenthaltstitels ist der Bf gemäß § 19 Abs 7 letzter Satz NAG 2005 über die Vorschriften im Verfahren zur Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu belehren. Der Bf wird darauf hingewiesen, dass Aufenthaltstitel gemäß § 19 Abs 7 NAG 2005 nur persönlich ausgefolgt werden dürfen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Christian Stierschneider