LVwG-650186/4/Bi/CG

Linz, 31.07.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des x, vom 4. Juli 2014 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 30. Mai 2014 VerkR21-797-1-2012, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse AM,

zu Recht e r k a n n t:

 

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang bestätigt.  

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 25 Abs.1 iVm 24 Abs.1 Z1 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A und B – Führerschein ausgestellt von der BH Gmunden am 16. Juli 2002 zu Zl: VerkR20-1778-2001/GM – für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen und gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferung des Führerscheines an die Behörde angeordnet. Außerdem wurde ihm gemäß § 30 FSG das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung auf die Dauer der Entziehung in Österreich Gebrauch zu machen. Gemäß § 24 Abs.3 FSG wurde er aufgefordert, vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten beizubringen; gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung – gemeint wohl: einer Beschwerde gegen den Bescheid – ausgeschlossen. Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 5. Juni 2014.

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde. Eine (nicht beantragte) mündliche Verhandlung konnte entfallen (§ 24 Abs.3 VwGVG).

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, da er aufgrund des Entzuges des Führerscheins den Arbeitsplatz verloren habe, ersuche er um Rückgabe des AM-Scheines, damit er sich im Umkreis seines Wohnortes eine Arbeitsstelle suchen könne.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie in die vom Landesgericht für Strafsachen Graz übermittelte gekürzte Ausfertigung des Urteils vom 24. September 2013, 16 Hv 86/13i, und in rechtlicher Hinsicht erwogen:       

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG ua  zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei der Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlich­­keit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Der am x geborene Beschwerdeführer wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des LG für Strafsachen Graz vom 20. September 2013, 16 Hv 86/13i, des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs.1 StGB, des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 15, 87 Abs.1 StGB und des Vergehens des unbefugten Besitzes von Waffen nach § 50 Abs.1 Z2 Waffengesetz begangen zu haben. Er wurde gemäß § 87 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Dabei war mildernd das reumütige Geständnis und dass es bei der Körperverletzung bei Versuch geblieben ist; erschwerend waren vier auf derselben schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen und das Zusammentreffen von einem Verbrechen und zwei Vergehen.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung erfolgte auf der Grundlage des § 7 Abs.3 Z9 FSG, wobei mit der Mindestentziehungsdauer aufgrund dem Bf bereits einmal wegen der Straftat gemäß § 83 Abs.1 StGB (BG Gmunden vom 4. Dezember 2008, 4U 151/2008x) bereits für drei Monate (14.5. bis 14.8.2009) die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entzogen wurde.

 

Unter dem Begriff Verkehrsunzuverlässigkeit ist ein charakterlicher Mangel zu verstehen. Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßen­verkehr häufig auf­treten­den Konfliktsituationen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Geistes­­­­­­haltung erwartet werden. Das wiederum setzt voraus, dass der Lenker eines Kraftfahr­zeuges Respekt und Achtung vor dem selbstbestimmten Leben und der Gesundheit anderer Straßen­verkehrsteilnehmer besitzt, was beim Bf  aufgrund seines wenig wert­schätzenden Verhaltens gegenüber x und x fraglich ist. Verkehrsunzuverlässigkeit ist nicht teilbar in Bezug auf verschiedene Klassen von Lenkberechtigungen, dh eine Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B, jedoch gleichzeitig nicht einer solchen für die Klasse AM ist begrifflich ausgeschlossen.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrs­teilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; 11.10.2003, B1031/02; 26.2.1999, B 544/97; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 22.11.2002, 2001/11/0108; ua).

Nach der Rechtsprechung des VwGH bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, die mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema (vgl E 14.11.1995, 95/11/0300; 24.8.1999, 99/11/0166; 30.5.2001, 2001/11/0081; 23.4.2002, 2000/11/0182; uva).

 

Gemäß § 24 Abs.1 letzter Satz FSG kann bei besonders berücksichtigungs­würdigen Gründen von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden. Dies ist auch dann möglich, wenn der Betreffende die Lenkberechtigung für die Klasse AM nur im Wege des § 2 Abs.3 Z7 besitzt.

 

Der Bf hat in der Beschwerde konkret die „Rückgabe des AM-Scheines“ verlangt, damit er „sich in der Umgebung seines Wohnortes eine Arbeitsstelle suchen“ könne. Er hat nicht geltend gemacht, er habe bereits eine konkrete fixe Arbeitsstelle, die wegen der äußerst verkehrsungünstigen Lage bei ungünstigen Arbeitszeiten (zB Schichtbeginn in der Nacht) mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder sehr schlecht erreichbar wäre. In einem solchen Fall wäre je nach tatsächlichem Erfordernis eine Belassung des „AM-Scheines“ eingeschränkt auf den direkten Weg von der Arbeit zur Wohnung und umgekehrt zu überlegen. Eine solche Konstellation liegt nach dem Beschwerdevorbringen aber offensichtlich nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

 

Zu II.:

Die ordentliche Revision ist für den Beschwerdeführer und für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger