LVwG-150260/8/VG/WP

Linz, 25.07.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde 1. des x und 2. der x, beide wohnhaft in x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Ried im Traunkreis vom 27. März 2014, GZ: 810/3 - 2014, betreffend Feststellung der Anschlusspflicht an die gemeindeeigene Wasserversorgungs­anlage, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß §§ 36 Abs 1 iVm 7 Abs 4 iVm 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             

 

1. Die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) sind jeweils Hälfteeigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks Nr .x, EZ x der KG x. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Ried im Traunkreis vom 12. August 2013, den Bf jeweils am 16. August 2013 zugestellt, wurde die Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Ried im Traunkreis festgestellt und die Bf verpflichtet, das verfahrensgegenständliche Grundstück binnen zwei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 29. August 2013, beim Gemeindeamt der Gemeinde Ried im Traunkreis am selben Tag eingelangt, (rechtzeitig) Berufung an den Gemeinderat der Gemeinde Ried im Traunkreis (im Folgenden: belangte Behörde).

 

3. Mit Bescheid vom 27. März 2014, den Bf jeweils im Wege der Hinterlegung am 7. April 2014 (Beginn der Abholfrist) zugestellt, wies die belangte Behörde die Berufung der Bf als unbegründet ab.

 

4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014 Bescheidbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde wurde vom Erst-Bf am 8. Mai 2014 bei der belangten Behörde persönlich eingebracht (siehe ON 2 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde führen die Bf aus, sie seien am 11. April 2014 spätabends aus ihrem Urlaub zurückgekehrt und hätten das hinterlegte Dokument am 14. April 2014 behoben. Gem § 17 Abs 3 ZustellG werde die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Dies sei im Fall der Bf der 14. April 2014 gewesen, weshalb die Beschwerde rechtzeitig sei. Zum Beweis legen die Bf Buchungsbestätigungen bei.

 

5. Mit Verspätungsvorhalt vom 9. Juli 2014 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Bf darauf hin, dass die Beschwerde offenbar verspätet eingebracht worden sei und gab den Bf die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens. Der Verspätungsvorhalt wurde den Bf jeweils am 14. Juli 2014 zugestellt.

 

6. Mit Schreiben vom 20. Juli 2014, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 21. Juli 2014 eingelangt, wiesen die Bf nochmals darauf hin, dass sie von 2. April 2014 frühmorgens bis 11. April 2014 spätabends auf Urlaub in Spanien gewesen seien. Aufgrund der Öffnungszeiten des Postpartners, bei dem das Dokument hinterlegt worden sei, konnte das Dokument erst am 14. April 2014 behoben werden. Die Beschwerde sei daher rechtzeitig. Zum Beweis legen die Bf nochmals Buchungsbestätigungen bei.

 

 

II.          

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze der Bf) und die Einholung von Stellungnahmen (vgl ON 2 [Aktenvermerk über ein Telefonat mit der belangten Behörde] ON 7 [Stellungnahme der Bf zum Verspätungsvorhalt] des verwaltungsgerichtlichen Akts). Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und den eingeholten Stellungnahmen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

 

 

III.       

 

1. Gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Ober­österreich ergibt sich aus Art 131 Abs 1 B-VG und dem Nichtvorliegen von abweichenden Regelungen in den Abs 2 und 3 leg cit.

 

2. Gem §§ 36 Abs 1 iVm 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gem § 12 VwGVG sind Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.

 

3. Gem §§ 17 VwGVG iVm 32 Abs 2 AVG endet eine nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

 

4. Kann ein Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden, so ist dieses gem § 17 Abs 1 ZustellG zu hinterlegen. Gem Abs 3 leg cit ist das hinterlegte Dokument zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten, wobei der Lauf dieser Frist mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, beginnt. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

 

IV.         

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus den aktenkundigen Rückscheinen, dass der Bescheid der belangten Behörde für die Bf nach erfolgtem Zustellversuch ab 7. April 2014 (Beginn der Abholfrist) beim zuständigen Postpartner zur Abholung hinterlegt war. Der Bescheid war damit rechtswirksam zugestellt und es begann mit diesem Tag die vierwöchige Beschwerdefrist des §§ 36 Abs 1 iVm 7 Abs 4 VwGVG zu laufen. Letzter Tag für die Einbringung der Beschwerde war daher gemäß §§ 17 VwGVG iVm 32 Abs 2 AVG Montag, der 5. Mai 2014 (kein Feiertag). Mit dem Ablauf dieses Tages war das Rechtsmittel als verfristet anzusehen. Die am 8. Mai 2014 bei der belangten Behörde (persönlich) eingebrachte Beschwerde erfolgte demnach offenkundig verspätet.

 

2. Da die Beschwerde offenkundig verspätet erhoben wurde, hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich – wie bereits unter I. 5. dargelegt – den Bf mit Schreiben vom 9. Juli 2014 Gelegenheit gegeben, zur Frage der Verspätung ihres Rechtsmittels Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit haben die Bf Gebrauch gemacht. Sowohl in ihrer Beschwerde als auch in ihrer Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt führen die Bf aus, sie seien am 11. April 2014 spätabends aus ihrem Urlaub zurückgekehrt und hätten das hinterlegte Dokument am 14. April 2014 behoben. Gem § 17 Abs 3 ZustellG werde die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Dies sei im Fall der Bf der 14. April 2014 gewesen, weshalb die Beschwerde rechtzeitig sei. Zum Beweis legen die Bf Buchungsbestätigungen bei. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist daher wesentlich, ob sich gem § 17 Abs 3 vierter Satz ZustellG ergeben hat, dass die Bf wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnten. In diesem Fall – wovon die Bf offensichtlich ausgehen – würden hinterlegte Dokumente als nicht zugestellt gelten. Diese Rechtsansicht der Bf steht allerdings im Widerspruch zur – nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auf die hier vorliegende Fall­konstellation übertragbare –  stRsp des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtzeitigkeit iSd § 17 Abs 3 vierter Satz ZustellG:

 

 

 

Nach dieser Rsp (zB vom 8.11.2012, 2010/04/0112 mit Verweis auf die Vorjudikatur) „wurde beispielsweise noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen“. Dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes lag ein Berufungsverfahren zugrunde, bei dem die Rechtsmittelfrist zwei Wochen betrug. Demnach liegt also eine unzulässige Verkürzung der (gesetzlichen) Rechtsmittelfrist von zwei Wochen bei Verbleib von 10 Tagen zur Ausführung des Rechtsmittels jedenfalls nicht vor. Überträgt man diese Rsp auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren (Rechtsmittelfrist: vier Wochen gem § 7 Abs 4 VwGVG), so läge eine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei Verbleib von 20 Tagen zur Ausführung des Rechtsmittels jedenfalls nicht vor.

 

3. Die Bf geben an, sie seien am 11. April 2014 spätabends an die Abgabestelle zurückgekehrt, hätten daher an diesem Tag Kenntnis vom Zustellvorgang erlangt und hätten die hinterlegten Dokumente am 14. April 2014 behoben. Gerechnet vom Tag der Behebung der behördlichen Sendung verblieben den Bf daher zumindest 20 (volle) Tage (den Tag der Behebung und den letzten Tag der Frist nicht eingerechnet) zur Ausführung des Rechtsmittels. Im Sinne der dargelegten – und nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren übertragbaren – stRsp des Verwaltungs­gerichtshofes liegt keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist vor und gilt die Zustellung mit dem Tag des Beginns der Abholfrist (7. April 2014) als bewirkt. Die Beschwerde war demzufolge nicht rechtzeitig.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.            

Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Rechtzeitigkeit iSd § 17 Abs 3 ZustellG und der damit verbundenen zulässigen Verkürzung der Rechtsmittelfrist (Beschwerdefrist) im neuen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz fehlt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch

Beachte:

Der angefochtene Beschluss wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 25. Juni 2015, Zl.: Ro 2014/07/0107-3