LVwG-600107/20/Bi/IH

Linz, 25.08.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn x, xstraße x, x bei x, vertreten durch Herrn RA Mag. x, xstraße x, x, vom 16. September 2013 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom

4. September 2013, VerkR96-3025-2013-Vku, wegen Übertretung der StVO 1960 aufgrund des Ergebnisses der am 3. März 2014 und 19. August 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung   zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das in Beschwerde gezogene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß    § 45 Abs.1 Z1 VStG ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 4 Abs.1 lit.c iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 250 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 97 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde von 25 Euro  auferlegt. Im Schuldspruch wurde ihm zur Last gelegt, er habe als Lenker des Lkw x mit dem Zentralachsanhänger x am 17. April 2013, 7.15 Uhr, in der Gemeinde x, von Gundertshausen kommend in Richtung Ranshofen, auf der Höhe des Autohauses x auf der B156 bei Strkm 46.000, obwohl sein Verhalten mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und Sachschaden an einer fremden Sache entstanden sei, an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, zumal er sich und sein Fahrzeug vor der Tatbestandsaufnahme von der Unfallstelle entfernt habe, obwohl ihn eine weitere Person auf den Sachschaden aufmerksam gemacht habe.

 

2. Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Diese Berufung ist nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehen, über die gemäß Art.131 B-VG das Landesverwaltungsgericht OÖ. zu entscheiden hat. Am 3. März und am 19. August 2014 wurde auf ausdrücklichen Antrag eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des nunmehrigen Beschwerdeführers (in Folge: Bf), seines Rechtsvertreters RA Mag. x, sowie des Zeugen x (H) und des kfz-technischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing x (SV) durchgeführt. Der Vertreter der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.  

 

3. Der Bf  macht im Wesentlichen geltend, im Straferkenntnis fehle das Datum, sodass die rechtmäßige Unterfertigung durch ein dazu berufenes Organ nicht beurteilt werden könne. Fakt sei, dass nach dem Unfall zwischen ihm und dem Anzeiger ein kurzes Gespräch stattgefunden habe, sodass er angenommen habe es sei ausreichend, das Fahrzeugkennzeichen zu notieren; von der Aufnahme eines Unfallberichtes sei nicht die Rede gewesen.

Die Verpflichtung gemäß § 4 Abs.1 lit.c StVO bestehe sinnvollerweise nur dann, wenn es überhaupt zu einer amtlichen Tatbestandsaufnahme komme oder zu kommen habe. Das sei hier nicht der Fall gewesen, weil nur Sachschaden vorgelegen habe und der Anzeiger habe nicht angegeben, er wolle die Intervention der Polizei. Damit habe er keinen Tatbestand verwirklicht, der eine Bestrafung rechtfertige. Es bestehe auch keine Verpflichtung, einen Unfallbericht auszufüllen, der im Zivilverfahren keine rechtliche Wirkung entfalte.

Die belangte Behörde habe den Sachverhalt vollkommen unrichtig beurteilt und im Hinblick auf seine Unfallschilderung auch falsch festgestellt. Er habe den Unfall bzw den Zusammenstoß nicht bemerkt. Der Aktenvermerk vom 8.5.2013 sei kein taugliches Beweismittel, er sei unter Vorlage von Lichtbildern erstellt worden, wobei es an der genauen Ausmessung der Schäden am Fahrzeug bzw deren Begutachtung fehle. Ein Erkennbar-Sein-Müssen sei nicht gleichzusetzen mit einem tatsächlichen Wahrnehmen eines Zusammenstoßes. Er habe eine Kollision nicht wahrgenommen. Beantragt wird die Einholung eines SV-Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Spuren am Anhänger bzw am Fahrzeug des Beschuldigten nicht korrespondieren und dazu, dass für ihn ein Wahrnehmen der Kollision ohne Blick in den Seitenspiegel nicht möglich gewesen sei.  Da er die Kollision nicht bemerkt habe, könne auch keine „Sachverhaltsfeststellungs­mitwirkung“ stattgefunden haben.

Die Strafe sei viel zu hoch, es liege kein Fahrerfluchtsdelikt vor. Er habe angehalten und den Unfall ohne Kenntnis von der Anzeige des Anzeigers selbst angezeigt. Der Anzeiger habe das Kennzeichen gehabt und nach dem Unfall auch das Fahrzeug angehalten. Eine Bestrafung hätte gar nicht erfolgen dürfen. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie Verfahrenseinstellung.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bf und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses berücksichtigt und der Zeuge x unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB zeugenschaftlich vernommen wurde. Weiters wurden sowohl der Pkw x des Zeugen x als auch der vom Bf beim Vorfall gezogene Anhänger x (zugelassen auf x, x) vom SV unter Verwendung einer Messlatte unter Zugrundelegung der Schadensfotos vermessen und im Rahmen der mündlichen Verhandlung zur Korrespondenz der Schäden bzw Unfallspuren sowie zur Erkennbarkeit der Streifung ein Gutachten erstellt.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Auf der Grundlage des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass es am 17. April 2013 um etwa 7.15 Uhr zwischen dem vom Zeugen x gelenkten Pkw und dem vom Bf gezogenen Anhänger im Zuge eines Spurwechsels auf der B156 x Straße im Gemeindegebiet x in Fahrtrichtung x nach der Kurve bei km 45.8 zur einer Streifung kam, bei der der Pkw des Zeugen x im Bereich des Radkastens und des Kotflügels rechts vorne beschädigt wurde. Am Anhänger war laut Lichtbildbeilage zur Anzeige der PI Neukirchen/Enknach lediglich ein blauer Farbabrieb links hinten ersichtlich.

Nach der Schilderung des Zeugen x fuhr dieser mit seinem blauen VW Passat seit x hinter dem von Bf gelenkten Gespann, bestehend aus dem etwa 4m langen Jeep Cherokee und dem ebenfalls ca 4m langen offenen Aluminium-Anhänger in der Form eines Aluminium-Rahmens mit einem offenen Alu-Container, der zur Unfallzeit mit Maische beladen war, nach. Vor dem Bf fuhr ein Klein-Lkw bzw Lieferwagen, der im Bereich nach der Kurve bei km 45.8 bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von ca 60 km/h langsamer wurde und bei der Zufahrt vor km 46.000 rechts einbog. Der Zeuge x führte aus, von x weg sei die Kolonne mit durchschnittlich 70 km/h gefahren, in der letzten Kurve seien es etwa 60 km/h gewesen und ab der Fa x sei die langgestreckte Kurve so weit einsehbar – es gehe dort bergab, die Straße liege höher als die Wiese, unten sei ein Bach – dass er sich entschlossen habe, den vor ihm fahrenden Pkw mit Anhänger und den langsamen Lieferwagen in einem Zug zu überholen; das gehe sich dort bei ausreichend Sicht auf einen ev. Gegenverkehr aus. Er habe nicht zum Gespann des Bf aufgeholt, sondern sei bereits in einem Abstand zwischen einer halben und einer ganzen Autolänge hinter diesem mit gleicher Geschwindigkeit nachgefahren und habe weder ein Blinken beim Anhänger noch beim Pkw vorne gesehen. Er sei schon komplett auf der linken Spur gewesen, dh nicht beim Ausscheren sondern bereits zur Gänze auf der Gegenfahrbahn „mit dem Gesicht neben dem Anhänger“, als der Anhänger links ausgeschert und es zu einer Streifung gekommen sei. Er habe sich zunächst auf das Überholen und einen ev. Gegenverkehr konzentriert und, als er die Berührung bemerkt habe, sofort gebremst und sich zurückfallen lassen hinter den Anhänger. Er könne nicht sagen, ob der Bf überholen oder die Kurve schneiden wollte. Nach der Berührung habe er sich auf das Wieder-Einscheren konzentriert; es könne sein, dass der Bf inzwischen den Lieferwagen überholt habe. Als Unfallstelle hat der Zeuge x den Kurvenbereich vor der Zufahrt zum Autohaus x bezeichnet. Da der Bf trotz Zeichen des Zeugen x mit Lichthupe und Hupe nicht stehengeblieben und dann in Richtung Schwand eingebogen sei, sei er ihm nachgefahren und habe ihn dann überholt und in einer Hofeinfahrt angehalten. Die Fahrzeuge seien hintereinander gestanden und er habe den Bf auf seinen Unfallschaden hingewiesen. Der Bf sei zwar ausgestiegen aber trotz des Hinweises des Zeugen gar nicht auf seine rechte Fahrzeugseite gegangen und habe immer gesagt, er sehe keinen Schaden, das mit dem Unfall stimme nicht. Als der Zeuge dem Bf angekündigt habe, er rufe jetzt die Polizei, habe dieser plötzlich gesagt, er zeige ihn an und überhaupt habe er keine Zeit; dann sei der Bf eingestiegen und weggefahren. Es sei nicht richtig, dass zwischen ihnen eine Einigung erfolgt sei, dass der Zeuge das Kennzeichen des Gespanns aufschreibe und der Bf später zur Polizei gehe. Der Bf habe ihm vielmehr gedroht, er zeige ihn an, weil anscheinend er, der Zeuge, ihm hineingefahren sei. Der Zeuge x hat telefonisch die PI Neukirchen verständigt laut Anzeige um 7.30 Uhr. Nach seinen Angaben fuhr er dann zur PI, wo der Schaden am Pkw fotografiert wurde.   

 

Der Bf führte in der Verhandlung aus, er sei hinter einem Klein-Lkw mit ca 60 km/h nachgefahren und habe diesen, der dann nur mehr mit ca 50 km/h gefahren sei – und dann rechts irgendwo eingebogen sei – überholen wollen; dazu habe er am Ende der Sperrlinie in den Rückspiegel geschaut und hinter sich 2 Pkw gesehen. Nachdem er vorne in der Kurve keinen Gegenverkehr bemerkt habe, habe er geblinkt. Er habe eine Streifung oder den Pkw des Zeugen x nicht bemerkt, sondern erst am nächsten Tag nachgeschaut und eine Bremsspur gesehen, ca 50 m nach dem Ende der Sperrlinie. Dort seien Spuren von 2 Rädern gewesen, nämlich eine äußerst links und eine dazu passend auf der linken Fahrbahnhälfte. Der Zeuge sei ihm ca 2 km nachgefahren und habe ihn nach dem Einbiegen angehalten. Er habe „ihm gedeutet, als hätte er einen Vogel.“ Beide seien ausgestiegen und der Zeuge habe gesagt, er habe ihn angefahren. Er habe den Zeugen gefragt, ob er seine Papiere wolle und er werde zur Polizei fahren und den Unfall melden, der Zeuge solle sich sein Kennzeichen aufschreiben. Er sei dann am Abend zur PI Eggelsberg gegangen und habe am nächsten Tag von der PI Neukirchen erfahren, worum es gegangen sei. Am nächsten Tag seien auch die Fotos gemacht worden vom Anhänger seines Freundes. Er habe beim Gespräch mit dem Zeugen x hinten und vorne am Auto keinen Schaden gesehen, obwohl er ganz beim Auto gestanden sei.

 

Der SV hat nach Ausmessen der Berührungsstellen an beiden Fahrzeugen – am Pkw des Zeugen rechts vorne laut Schadensfotos und am Anhänger links hinten, zumal das Schadensbild am Pkw, insbesondere das Aufreißen der Blechschürze vor dem Radkasten, nur durch Verhaken der links außen am Leuchtenträger befindlichen Ausprägung erklärbar ist, weil der seitliche Rahmen ansonsten völlig glatt ist – ausgeführt, nach seinem Dafürhalten sei das Schadensbild am Pkw nur mit dem Verhaken am hinteren Ende des Leuchtenträgers am Anhänger plausibel nachvollziehbar, wobei die beiden Höhen der Abriebspuren am Pkw und des Leuchtenträgers am Anhänger korrespondierten. Aus dem Schadensbild beider Fahrzeuge lasse sich aber eine Relativgeschwindigkeit nicht bestimmen. Das vom Bf gelenkte Gespann habe eine Gesamtlänge von ca 8m. Zur Frage eines Bemerken-Müssens des Zustandekommens einer Streifung führte der SV aus, dass eine solche weder durch einen Anfahrruck oder ein Anstoßgeräusch bemerkbar sei, weil ein Streifstoß im Zuge einer Beschleunigung oder eines Bremsens nur sehr gering sei und auch das Streifgeräusch aufgrund der Entfernung zwischen dem hinteren Ende des Anhängers und der Sitzposition des Bf mit zusätzlichen überlagernden Umgebungsgeräuschen nicht eindeutig wahrnehmbar sei.

 

Der Bf hat in der Verhandlung am 19. August 2014 ausgesagt, er habe einen blauen Farbabrieb auf den letzten 40 cm des Anhängers links hinten festgestellt, was mit der vom SV dargelegten Überlegung der Berührungsstellen überein­stimmen könnte. Er hat außerdem erstmals eine Halle rechts der B156 nach dem Ende der Sperrlinie erwähnt, auf deren Höhe der Unfall passiert sei. Diese Halle ist auf dem DORIS-Foto (bei nicht aufscheinendem Flugdatum) nicht zu sehen, allerdings auf dem Standortfoto auf „x“. Laut Bf fand die Streifung im Bereich dieser Halle etwa 50 m nach Ende der Sperrlinie statt.

Die Angaben des Bf und des Zeugen x stimmen insoweit überein, als das Ende der Sperrlinie kurz vor km 45.8 gelegen ist, die Halle ist laut Herold-Foto im Vergleich zum DORIS-Foto, ausgemessen anhand der Leitlinien, etwa 55m lang. Km 45.8 befindet sich laut DORIS 155 m vor der Zufahrt zum Autohaus, dh wenn sich die Unfallstelle, wie der Bf sagt, ca 50 m nach Ende der Sperrlinie befindet – dazu ist in der Anzeige nichts festgehalten, die Bremsspuren wurden offenbar nicht vermessen – war das kurz vor dem Ende der Halle ca 100 m vor der Zufahrt. Der Zeuge x bestätigte in der Verhandlung am 3. März 2014 als Ort der Streifung pauschal „die Kurve vor der Zufahrt zum Autohaus“, konnte aber nichts Näheres mehr dazu sagen. Ein „Widerspruch“ in den beiden Aussagen ist darin nicht zu erkennen.

 

Tatsache ist, dass der Bf nach der Konfrontation mit dem Unfallschaden durch den Zeugen x wegfuhr, wobei offenbar in diesem Gespräch von der Polizei die Rede war; unklar ist aber, wer wen anzeigen wollte. Allerdings bezieht sich das Gespräch zwischen dem Bf und dem Zeugen x nach dem Unfall nicht auf die Unfallstelle sondern einen von dieser offenbar mehr als 2 km entfernten Ort, sodass es in Bezug auf § 4 StVO unbeachtlich ist.

 

In der Verhandlung hat der SV zur Frage, ob und inwiefern der Bf am Unfallsort eine Streifung bemerken hätte müssen, ausgeführt, als Stoßreaktion oder durch ein Anstoßgeräusch sei eine Streifung mit den genannten Teilen beider Fahrzeuge nicht bemerkbar gewesen. Die Anstoßstelle selbst, also der Bereich des rechten vorderen Radkastens des Pkw und die linke hintere Ecke des Anhängers hat der SV vom Lenkerplatz des Bf aus ebenso wenig für direkt einsehbar erachtet. Nach seinen Ausführungen wäre aber ein neben dem Anhänger befindlicher Pkw über einer Höhe von 60 cm – in dieser Höhe befand sich der Rahmen des Anhängers, der darauf platzierte oben offene Container verläuft konisch – grundsätzlich im Seitenspiegel zu sehen gewesen; je nach Winkel und Entfernung zwischen Pkw und Anhänger bestehe die Möglichkeit, aus einer (zu) geringen Entfernung den Schluss auf eine Berührung zu ziehen.

Grundsätzlich wechselt beim Ausscheren oder Fahrstreifenwechsel (zB im Zuge eines Überholvorgangs) eines Pkw mit Anhänger von gesamt 8m Länge naturgemäß der Pkw vor dem Anhänger auf die linke Spur bzw die Fahrbahn für den Gegenverkehr, dh vom Lenkerplatz aus kann bei gleichzeitigem Fahrstreifen­wechsel beider Pkw die Sicht auf den hinteren Pkw verdeckt sein.

 

Der Bf macht geltend, dass offenbar beide Pkw-Lenker, bedingt durch die geringer werdende Geschwindigkeit des Lieferwagens, das Ende der Sperrlinie und die Übersichtlichkeit der Kurve in Bezug auf einen (nicht vorhandenen) Gegenverkehr, gleichzeitig zum Überholen ansetzten, dh der Bf als in örtlicher Hinsicht vor dem Zeugen x überholender Pkw „Vorrang“ hatte und der Zeuge x nicht mehr nach links hätte wechseln dürfen.

Auch wenn der Zeuge x nach seinen Aussagen ein Blinken am Anhänger und am Pkw des Bf nicht gesehen hat und bereits zur Gänze mit dem Pkw auf der Gegenfahrbahn bzw sein Lenkerplatz auf Höhe des hinteren Endes des Anhängers war, als der „Anhänger“ des vom Bf gelenkten Pkw nach links wechselte, ist diese Variante vom Geschehensablauf her nicht gänzlich auszuschließen, da eine genaue Lage von Bremsspuren mangels Unfallaufnahme nicht bekannt ist und daher das genaue Unfallgeschehen nicht rekonstruiert werden kann. 

 

Damit ist aber in rechtlicher Hinsicht auch nicht auszuschließen, dass der Bf auch bei Aufwendung der erforderlichen Aufmerksamkeit und Sorgfalt ein Näherkommen bis zur Streifung zwischen dem Pkw des Zeugen x und dem Hinterende des von ihm gezogenen Anhängers nicht zwingend bemerken hätte müssen, weil die genauen Anstoßpositionen beider Fahrzeuge im Nachhinein nicht mehr eruierbar sind.

Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht des § 4 Abs.1 lit.a und des Abs.5, die eine Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des Sachverhalts nach sich ziehen, ist als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, uva).

Aus all diesen Überlegungen war im Zweifel zugunsten des Bf, naturgemäß ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten, spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Zu II.:

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger