LVwG-850005/4/BMa/AK
Linz, 28.01.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der H, des F und des W, jeweils Straße 1,
4020 Linz, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. November 2013, GZ: 002/2013 Nord, 501/N/13,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
Dem Antrag der Beschwerdeführer an den Magistrat Linz vom 21. Mai 2013 auf bescheidmäßige Feststellung, dass der Gastgarten im Innenhof des Objektes Straße 2 ohne erforderliche Genehmigung betrieben wird, wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
14. November 2013, GZ: 002/2013 Nord, 501/N/13, keine Folge gegeben. Begründend wurde unter Hinweis auf § 76a Abs. 1 Z. 4 GewO im Wesentlichen ausgeführt, ausschlaggebend für die Genehmigungsfreiheit eines Gastgartenbetriebes gemäß § 76a Abs. 1 GewO sei der Zeitpunkt der Errichtung bzw. der Anzeige desselben bei der Gewerbebehörde erster Instanz. Der durch den Verfassungsgerichtshof mit 1. Dezember 2012 aufgehobene Passus „eine Gesundheitsgefährdung oder unzumutbare Belästigung durch Lärm ist jedenfalls nicht zu erwarten, wenn die im Einleitungssatz und in Ziffer 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllt sind“ könne für im Zeitraum 18. August 2010 bis 30. November 2012 nicht untersagte Anzeigen gemäß § 76a GewO rückwirkend eine Genehmigungspflicht nicht begründen, ohne dass in bestehendes subjektives Recht eingegriffen würde.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 29. November 2013, in der im Wesentlichen unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird. Aus einem Gutachten, das in einem Verfahren im Jahre 2008 hinsichtlich der Errichtung eines Gastgartens mit 36 Verabreichungsplätzen und einer Betriebszeit von Montag bis Freitag von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr erstellt wurde, ergebe sich, dass ausgehend vom damaligen Projekt eine erhebliche Belästigung der Nachbarn zu erwarten gewesen sei. Aufgrund der der Behörde vorliegenden Gutachten sei es unzweifelhaft, dass die Voraussetzungen des § 76a Abs. 1 Z. 4 GewO nicht erfüllt seien und der Gastgarten nunmehr einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen sei. Die kurzzeitig durch die Novelle BGBl. I Nr. 66/2010, in Kraft getreten am 19. August 2010, bewirkte Genehmigungsfreistellung von Gastgärten könne nicht dazu führen, dass die in dieser Zeit während der Genehmigungsfreistellung errichteten Gastgärten nunmehr auch weiterhin als konsensgemäß angesehen werden könnten. Die durch die Anzeige nach § 76a Abs. 3 GewO unter Inanspruchnahme der Genehmigungsfreistellung betriebenen Gastgärten würden nur bis 30. November 2012 ohne Genehmigung betrieben werden können. Dies ist der Zeitpunkt der Aufhebung der Regelung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH vom 7.12.2011, G17/11ua). Der Mangel an Bescheidqualität bewirkt, dass eine formlose Kenntnisnahme auch keinen der Rechtskraft fähigen Abspruch über die Qualifikation des Vorhabens als bloß anzeigepflichtig enthalten würde. Es würde daher der im Jahr 2010 genehmigungsfrei gestellte und angezeigte Gastgarten eine betriebsanlagenrechtlich genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigte Betriebsanlage darstellen. Denn die Anzeige des Gastgartens könne nicht als eine Genehmigung interpretiert werden. Abschließend wurde das Begehren gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich bzw. das gemäß Artikel 151 Abs. 51 Z. 8 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ab 1. Jänner 2014 zuständige Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid aufheben und feststellen, dass der Gastgarten im Innenhof des Objektes Wurmstraße 20 ohne erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wird.
II. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt.
III. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
Gemäß § 76a Abs. 1 GewO 1994 idgF ist für die Zeit von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr für Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, keine Genehmigung erforderlich, wenn
1. sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen,
2. sie über nicht mehr als 75 Verabreichungsplätze verfügen,
3. in ihnen lauteres Sprechen, als der übliche Gesprächston der Gäste, Singen und Musizieren vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind,
4. aufgrund der geplanten Ausführung zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden; eine wesentliche Beeinträchtigung des Verkehrs im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 4 ist jedenfalls nicht zu erwarten, wenn der Gastgarten gemäß § 82 Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960 in der jeweils geltenden Fassung, bewilligt ist.
Nach Abs. 2 leg.cit. ist für Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, für die Zeit von
9.00 Uhr bis 22.00 Uhr keine Genehmigung erforderlich, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 Z. 1-Z. 4 sinngemäß erfüllt sind.
Wenn die in Abs. 1 oder Abs. 2 angeführten Voraussetzungen wiederholt nicht eingehalten werden, hat die Behörde den Gastgarteninhaber mit Verfahrensanordnung zur Einhaltung der Voraussetzungen aufzufordern. Kommt der Gewerbetreibende dieser Aufforderung nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die Schließung des Gastgartens zu verfügen. § 360 Abs. 4, letzter Satz und Abs. 5 sind sinngemäß anzuwenden (Abs. 5 leg.cit.).
Gemäß Abs. 8 leg.cit. sind die §§ 79 und 79a GewO auf Gastgärten, die im Sinne des Abs. 1 oder Abs. 2 betrieben werden, mit der Maßgabe anzuwenden, dass Auflagen und Einschränkungen der Betriebszeit zu Gunsten von Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 nur so weit vorzuschreiben sind, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind.
Die in den §§ 358 und 348 GewO 1994 idgF angeführten Feststellungsverfahren sind solche, die vom Anlageninhaber betrieben werden können bzw. zur Klärung seiner Rechte dienen. Ein Feststellungsverfahren, das den Nachbarn die Möglichkeit einräumt, einen Bescheid zu begehren, dass eine bestimmte Betriebsanlage keine Genehmigung hat, ist in der GewO 1994 nicht vorgesehen. Die Judikatur erklärt die Erlassung von Feststellungsbescheiden auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage für zulässig, „wenn seine Erlassung für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist“, was etwa auch dann der Fall ist, wenn sich die Partei bei ungeklärter Rechtslage der Gefahr einer Bestrafung aussetzen würde; ebenso wenn eine Leistungsverpflichtung durch Rückstandsausweis festgesetzt wurde [Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 (2003) RZ 407].
Es ist jedoch unzulässig, in einem Feststellungsbescheid die Geltung von Normen festzustellen (ebenda und VwGH vom 23.05.1995, 94/07/0026). Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die bescheidmäßige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig (VwGH vom 12.02.1985, 84/04/0072).
Dem Feststellungsbegehren der Beschwerdeführer wurde daher von der belangten Behörde zu Recht keine Folge gegeben, liegen doch die Voraussetzungen zur Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides nicht vor und der Antrag war bereits mangels Vorliegens der Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen.
Darüber hinaus ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass von einem genehmigten Bestand des Gastgartens auszugehen ist. Dass dieser bei verfassungsgemäßer Interpretation nur unter den Voraussetzungen des § 76a Abs. 5 GewO idgF betrieben werden kann, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Denn durch diese Regelung sind Rechte der Nachbarn auch bei einer bestehenden Genehmigung hinreichend gewahrt und die Beschwerdeführer sind durch den genehmigten Bestand des Gastgartens nicht beschwert, ist doch dessen Betrieb u.a. nur dann zulässig, wenn die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 idgF wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind.
Die von der Beschwerde zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.05.2005 zur niederösterreichischen Bauordnung, Zl. 2003/05/0181, stellt lediglich klar, dass der Mangel an Bescheidqualität in einem Anzeigeverfahren, das in der Kenntnisnahme durch die Behörde mündet, bewirkt, dass eine Kenntnisnahme auch keinen der Rechtskraft fähigen Abspruch über die Qualifikation der Bauführung als bloß anzeigepflichtig enthält. Ein Verwaltungsakt, der „erhebliche Rechtswirkungen“ zeitige, dürfe nicht als unbekämpfbar konstruiert werden, weil das verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechtsschutzsystem sonst leerlaufen würde.
Auch dieses Judikat ist davon ausgegangen, dass die Anzeige als eine „dem Gesetz entsprechende“ zu deuten ist und geeignet ist, ein Rechtsverhältnis zu schaffen.
Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, wurde doch die Frage der Zulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides von der geltenden Verwaltungsgerichtshof-Judikatur nicht uneinheitlich beantwortet.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Gemäß § 14, TP. 6, Abs. 1 iVm mit Abs. 5 lit. b Gebührengesetz 1957, BGBl.
Nr. 267/1957 idF BGBl. I Nr. 70/2013, haben die Beschwerdeführer folgende Kosten zu tragen: 14,30 Euro
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Gerda Bergmayr-Mann
LVwG-850005/4/BMa/AK vom 28. Jänner 2014
Erkenntnis
Rechtssatz
§ 76a GewO 1994
§ 76a Abs5 GewO 1994
Zu § 76a GewO: Ein genehmigter Gastgarten kann nur unter den Voraussetzungen des § 76a Abs. 5 GewO 1994 idgF betrieben werden. Durch diese Regelung sind die Rechte der Nachbarn auch bei bestehenden Genehmigungen, die auf der vom VfGH mit Erkenntnis vom 7. Dezember 2011, G17/11ua, aufgehobenen Bestimmung basieren, gewahrt und die Nachbarn sind durch den genehmigten Bestand des Gastgartens nicht beschwert, ist doch dessen Betrieb u.a. nur dann zulässig, wenn die gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 idgF wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind.
Beschlagwortung:
Gastgarten; Nachbarrechte; Betriebsanlagengenehmigungsverfahren
Beachte:
Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.
VwGH vom 23. November 2016, Zl.: Ra 2014/04/0005-11