LVwG-600442/6/Br/SA/MSt

Linz, 28.08.2014

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des Herrn x, geb. x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen den Punkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 27.05.2014, VerkR96-45630-2013,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe statt gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG eingestellt wird.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs.9 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrens-kostenbeiträge.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde in dessen Punkt 1) dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 12.10.2013 um 10:05 Uhr als Lenker eines Autobusses mit dem polizeilichen Kennzeichen x im Gemeindegebiet von Ansfelden auf der A1 bei Straßenkilometer 171.000 in Fahrtrichtung Salzburg die Lenkdauer von 4,5 Stunden ohne einer Fahrtunterbrechung von mindestens 15 Minuten um eine Minute überzogen.

Dadurch habe er gegen § 134 Abs.1 KFG iVm Art. 7 EG-VO 561/2006 verstoßen.

Im Punkt 2. und 3. wurden weitere Verstöße gegen die zitierte EG-VO zur Last gelegt, hinsichtlich derer die Beschwerde jedoch zurückgezogen wurde.

 

 

I.1. Die Behörde begründet den Schuld- u. Strafausspruch im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich.

 

 

 

II. Mit der durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Beschwerde wird im Ergebnis mit einem Verstoß gegen das sogenannte Doppelbestrafung Verbot “ne bis in idem“ begründet. Im Übrigen erachtet der Beschwerdeführervertreter das Straferkenntnis auch völlig unangemessen, weil dieses nicht mit den Einkommensverhältnissen des Beschwerdeführers, der nur 1.200 Euro im Monat verdiene und darüber hinaus Transferleistungen im Umfang von 992 Euro monatlich zu tragen habe und somit die Strafe damit nicht in einem sachbezogenen Einklang stünde.

 

 

 

III.1. Die Behörde hat den Verfahrensakt mit dem Vorlageschreiben vom 04.08.2014 unter Anschluss eines Inhaltsverzeichnisses und dem Hinweis keine Gründe für eine Beschwerdevorentscheidung zu erblicken, dem Oö. Landesverwaltungsgericht  zur Entscheidung vorgelegt.

 

III.2. Angesichts der nicht inhaltlich ausgeführten Beschwerde wurde mit hiesigem Schreiben vom 18.08.2014 dem Rechtsvertreter dargelegt, dass sich die Tatvorwürfe offenkundig aus den Datenaufzeichnungen der Fahrerkarten ergeben würden und diesen in der Beschwerde nicht entgegengetreten werde. Im Hinblick auf den Punkt 1) der Fahrzeitüberschreitung von bloß einer Minute wurde die Möglichkeit von einer Bestrafung abzusehen aufgezeigt, wobei im Hinblick auf die übrigen Punkte auf die bereits darin ausgesprochene Mindeststrafe verwiesen und der Anfall zusätzlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren dargelegt wurde.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat in der Folge zu diesen Punkten mit E-Mail vom 28.08.2014, nachdem er bereits in einem vorherigen Schreiben dieses Ergebnis angekündigt hatte, die Beschwerde zurückgezogen.

Dass sich letztlich die Beschwerde nur auf dem Punkt 1) beschränkt und letztlich bereits auf Grund der Aktenlage (Zeitüberschreitung von nur einer Minute) feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid im Ergebnis aufzuheben ist, hatte eine öffentliche mündliche Verhandlung zu entfallen.

 

III.3. Betreffend den Beschwerdehinweis auf Gewährung einer Ratenzahlung, betreffend die mit der durch die Zurückziehung der Beschwerde mit der Mindestgeldstrafe in Rechtskraft erwachsenen Spruchpunkte ist der Beschwerdeführer auf die diesbezügliche Zuständigkeit der Behörde zu verweisen, an die die Geldstrafe zu entrichten ist.

 

 

IV. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

 

In der Sache ist festzuhalten, dass es offenbar nur aufgrund der automatisierten Datenerfassung erklärbar ist, dass es selbst bei einer bloßen Fahrzeitüberschreitung von einer Minute zu einer Anzeigeerstattung und einer Bestrafung gekommen ist. Es würde wohl jeglicher lebensnaher und praxisgerechter Beurteilung entbehren, wollte man bei einem Berufskraftfahrer schon in einer derart kurzen Zeitüberschreitung ein strafwürdiges Verhalten erblicken. Schon ein solches Ereignis zu pönalisieren, würde auf das Ergebnis hinauslaufen eine sanktionsfreie Abwicklung des Berufsverkehrs weitgehend zu verunmöglichen.

 

 

V. Rechtlich hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 hat  die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

Z4., die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

    Die Formulierung „hat“ ist dahingehend auszulegen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch darauf besteht.

    Mit Blick Judikatur zur Vorgängerbestimmung des § 21 Abs.1 VStG ist für dessen Anwendung das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien (ist durch die hier anzuwendende Bestimmung erst worden) erforderlich, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringem Verschulden im Sinne des § 21 VStG ist wohl nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (Hinweis auf 10. April 2013, 2011/08/0218, mwN).

In lebensnaher und am Maßstab des Gebotes einer am Sachlichkeitsgebot zu orientierenden verfassungskonformen Rechtsanwendung wird bei einer Fahrzeitüberschreitung eines Berufskraftfahrers von „einer Minute“ dieses Zurückbleiben hinter dem Schutzzweck der Norm vernünftigerweise wohl nicht zu zweifeln sein.

 

 

VI. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Entscheidung gründet hier im klaren Ergebnis der Beweislage bzw. der Beweiswürdigung.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. B l e i e r