LVwG-650113/14/PY/HK/SA

Linz, 09.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. x, Dr. x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23. Jänner 2014, VerkR21-341-2013, wegen Entziehung der Lenkberechtigung

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.  

 

1.  Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23. Jänner 2014, VerkR21-341-2013, wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen AM, B, C1; C, BE, C1E, CE und F ab Zustellung des Bescheides für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen. Weiters wurde ausgesprochen, dass ihm eine allfällige ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung sowie ein allfälliger ausländischer EWR-Führerschein für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen wird.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Lungenfacharzt in seinem Gutachten, in dem angeführt ist, dass „wahrscheinlich kein signifikant erhöhtes Unfallrisiko“ bei kürzer dauernden Fahrten besteht, zu vage geblieben ist, um eine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen feststellen zu können. Der vom Sachverständigen avisierten Auflage, wonach die maximale Lenkdauer eine Stunde betragen dürfe, mangelt es an der erforderlichen Verstreckungstauglichkeit, zumal diese keinerlei Überprüfung zugänglich ist.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde im Sinn des § 7 VwGVG iVm Art. 130 Abs.1 Z1b-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt wurde.

 

Darin bringt der Bf vor, dass in der lungenfachärztlichen Stellungnahme vom 13. Dezember 2013 Prim. Dr. x zusammenfassend zum Ergebnis gelangt, dass aufgrund der vorliegenden Befunde für kurzandauernde Fahrten bis 2 Stunden kein signifikant erhöhtes Unfallrisiko besteht, soweit nicht Alkohol oder sedierende Medikamente eingenommen werden. Lediglich bei längeren Fahrten, insbesondere nachts, wäre mit Konzentrationsstörungen bzw. Einschlafneigung zu rechnen. Diese Beurteilung beziehe sich daher lediglich auf Langstrecken, welche nachts zurückgelegt werden. Daraus ziehe jedoch der amtliche Sachverständige in seinem Gutachten gemäß § 8 FSG den Schluss, dass grundsätzlich mit Konzentrationsstörungen und Einschlafneigungen auch tagsüber zu rechnen sei. Es handelt sich dabei um eine aktenwidrige Feststellung und konsumiere der Bf zudem weder Medikamente noch Alkohol. Aus dem verkehrspsychologischen Gutachten gehe zudem hervor, dass Konzentrationsfähigkeit sehr wohl gut gegeben sei und könne der Verkehrspsychologe gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auch zweifelsfrei die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit beurteilen. Dementsprechend wird auch in der lungenfachärztlichen Stellungnahme vom 13. Dezember 2013 angeführt, dass derzeit keine relevante Tagesmüdigkeit mittels Pupillometrie nachweisbar ist. Die Entscheidung der belangten Behörde stehe zudem im Widerspruch mit der eingeholten verkehrspsychologischen Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV, wonach der Einschreiter zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Es werden lediglich regelmäßige lungenfachärztliche Untersuchungen empfohlen und sind aus verkehrspsychologischer Sicht fachärztliche Kontrolluntersuchungen in Bezug auf die Schlafapnoe ausreichend, um ein etwaig bestehendes Risikopotential einzudämmen. Die Vorschreibung von entsprechenden Kontrolluntersuchungen würde daher ausreichen, um auf die Erkrankung entsprechend zu reagieren und entbehrt die Maßnahme des Führerscheinentzugs daher jeglicher Grundlage. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Empfehlungen des Amtsarztes tatsächlich erforderlich sind, um dem Einschreiter das Lenken von Kraftfahrzeugen zu ermöglichen, ist anzumerken, dass diese von Seiten der Behörde völlig ignoriert wurden. Die Behörde wäre daher nach Aktenlage lediglich berechtigt gewesen, dem Einschreiter entsprechende Auflagen zu erteilen, nicht jedoch einen gänzlichen Entzug der Lenkberechtigung auszusprechen.

 

Ergänzend vorgebracht wird, dass auf die Lenkberechtigungen der Gruppe 2 verzichtet wird, die Lenkberechtigungen der Gruppe 1 jedoch für den Einschreiter unbedingt erforderlich sind, um den Arbeitsplatz zu erreichen. Dabei handelt es sich um eine Wegstrecke mit einer Fahrzeit von 30 Minuten, welcher dieser am Morgen und am Abend zurücklegen muss und wäre ein diesbezügliche Auflage bei entsprechender Anmerkung auch exekutierbar. Es wird daher die Einholung eines medizinischen Gutachtens, zum Beweis dafür, dass die Symptome laut Diagnose behandelt werden können und der Bf zu 100% geeignet ist Kraftfahrzeuge zu lenken beantragt und weiters der Antrag gestellt, das Verwaltungsgericht wolle in Stattgebung dieser Beschwerde den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben, in eventu eine mündliche Verhandlung durchführen.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt und Einholung ergänzender amtsärztlicher Gutachten. Die eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet wurde und der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 29. August 2014 zurückzog, konnte diese gemäß § 24 Abs.4 VwGVG entfallen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Mit dem gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Jänner 2014 wurde dem Bf die Lenkberechtigung für die Klassen AM, B, C1; C, BE, C1E, CE und F ab Zustellung des Bescheides für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen.

 

Mit Schreiben vom 16. Mai 2014 wurde vom Landesverwaltungsgericht der erstbehördliche Amtsarzt um eine Gutachtensergänzung dahingehend ersucht, ob die Auflage einer Umkreisbeschränkung aus amtsärztlicher Sicht für die gesundheitliche Eignung des Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet erscheint.

 

Mit E-Mail vom 12. Juni 2014 übermittelte der Amtsarzt einen Aktenvermerk, aus dem hervorgeht, dass der Bf in einem mit dem Amtsarzt am 16. Mai 2014 durchgeführten Gespräch zum Ausdruck brachte, dass er weder ein Nachtfahrverbot noch eine Umkreisbeschränkung zur Kenntnis nehmen werde und auch eine Befristung auf 2 Jahre und die Vorlage lungenfachärztlicher Befunde alle 6 Monate akzeptieren könne.

 

In einer dazu vom Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingeholten Stellungnahme führt dieser mit Schreiben vom 3. Juli 2014 aus, dass diesem Gespräch ein Missverständnis zugrunde lag, der Beschwerdeführer seine Zustimmung hinsichtlich etwaiger anzuordnender Auflagen, sofern vom Amtssachverständigen für unbedingt erforderlich befunden, erteilt und das Landesverwaltungsgericht höflich ersucht wird, erneut eine Gutachtensergänzung im obigen Sinn im Auftrag zu geben.

 

Im daraufhin erstatteten Gutachten vom 7. August 2014 wird vom amtsärztlichen Sachverständigen ausgeführt, dass wegen der Schwere des obstruktiven Schlafapnoesyndroms mit nachweislichen 75 Atemaussetzern oder deutlich verminderter Atmung pro Stunde eine gesundheitliche Nichteignung des Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen vorliegt, da damit der erholsame Tiefschlaf fehlt, sodass eine gesteigerte Tagesmüdigkeit bzw. Einschlafneigung bei monotonen Situationen resultiert.

 

Im Rahmen des Parteiengehörs wurde die gutachterliche Stellungnahme dem Bf im Wege seiner  rechtsfreundlichen Vertretung übermittelt. Mit Schreiben vom 27. August 2014 teilt der Bf dazu mit, dass beantragt werde, das Verfahren für ein halbes Jahr zu unterbrechen und dem Beschwerdeführer nach Ablauf eines halben Jahres die Vorlage neuerlicher Untersuchungsergebnisse aufzutragen sowie eine neuerliche explizite Beantwortung der gerichtlichen Fragestellung hinsichtlich der Umkreisbeschränkung bzw. des Nachtfahrverbotes aufgetragen werden möge.

 

Mit Schreiben vom 29. August 2014 teilte der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung mit, dass er auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass von ihm bereits eine Gewichtsreduktion erreicht wurde.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 -  4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechenden Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z4 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV), BgBl. II 1997/322 idgF gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinn des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt. Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung ist, wenn sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, ergibt, gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten.

 

5.2. Auf der Grundlage der erhobenen Befunde, nämlich der lungenfachärztlichen Stellungnahme vom 13. Dezember 2013 sowie der nunmehrigen lungenfachärztlichen Stellungnahme von Dr. x, bei der belangten Behörde eingelangt am 6. August 2014 und dem darauf basierenden amtsärztlichen Gutachten gemäß § 8 FSG von Dr. x vom 7. August 2014 ist zusammenfassend davon auszugehen, dass beim Bf die zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse A, B, E, F, sowie C und E und Motorfahrräder und Leichtkraftfahrzeuge erforderliche gesundheitliche Eignung (derzeit) nicht vorliegt, wobei die Schwere der Ausprägung der diagnostizierten Schlafapnoe so gravierend ist, dass auch die Vorschreibung von Auflagen oder zeitliche und örtliche Beschränkungen nicht in Frage kommen.

 

Den Ausführungen des amtsärztlichen Gutachters, insbesondere den Ausführungen des Facharztes Dr. x, wird vom Bf auch in seiner Stellungnahme vom 27.8.2014 nicht widersprochen. Insbesondere erscheint im Hinblick auf die Aussage des Facharztes, wonach der Beschwerdeführer ohne Vorwarnung, das heißt, ohne entsprechende Vorsymptome plötzlich einschlafen könne, das Vorliegen einer gesundheitlichen Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Hinblick auf die damit verbundene Gefahrenquelle als evident. Dem vom Bf gestellten Antrag, das Verfahren für die Dauer von sechs Monaten bis zur Vorlage neuerlicher Untersuchungsergebnisse auszusetzen, konnte daher im Hinblick auf den gesetzlich erforderlichen Entzug der Lenkberechtigung bei Vorliegen einer körperlichen Nichteignung nicht entsprochen werden. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor gesundheitlich nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeigneten KFZ-Lenkern. Der Beschwerde gegen den von der belangten Behörde ausgesprochenen Entzug konnte daher aufgrund der aktuellen medizinischen Befunde keine Folge gegeben werden.

 

Es wird seitens des Landesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass der Bf damit angehalten ist, seine Fahrten zum Arbeitsplatz wie auch andere familiäre und gesellschaftliche Lebensumstände neu zu organisieren. Gleichzeitig erscheint dieser Umstand aber auch geeignet, den Bf noch stärker zu der von den Fachärzten empfohlenen Gewichtsreduktion zur Verbesserung seines gesundheitlichen Zustandes anzuregen und zu motivieren. Ein Zuwarten bis zur Vorlage  positiver Befunde wäre aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich sachlich jedoch nicht zu begründen und auch nicht zu verantworten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für den Beschwerdeführer und für die belangten Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny