LVwG-550308/5/KLe/IH LVwG-550309/5/KLe/IH

Linz, 29.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den nach der Geschäfts­verteilung zuständigen Senat H (Vorsitzender: Dr. Bleier, Berichterin:
Maga. Lederer, Beisitzer: Dipl.-Ing. Türkis) über die Beschwerden von K und D K aus M, gegen die Bescheide der Agrarbehörde Oberösterreich vom 22.4.2014, LNO-101105/148-2014-Oh/Pla und vom 22.4.2014, LNO-101104/249-2014-Oh/Ko nach der am 29. September 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheiden der Agrarbehörde Oberösterreich 22.4.2014,
LNO-101105/148-2014-Oh/Pla und vom 22.4.2014, LNO-101104/249-2014-Oh/Ko wurden die Flurbereinigungspläne M II und W-H erlassen. Mit diesen Bescheiden wurden die Eigentumsverhältnisse einschließlich der entsprechenden Grunddienstbarkeiten neu geregelt.

 

Gegen diese Bescheide richten sich die rechtzeitig durch die Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerden, in denen Folgendes angeführt ist:

„Einspruch wegen zu hohen Flächenverlustes unseres Grundstückes bei einem Grundtausch von der FL M II zu FL W-H.

Auch wenn es seitens der Abteilung LNO eine Besprechung am 21.2.2014 im Gemeindeamt M gegeben hat, wurde uns von der Behörde kein Lösungsvorschlag angeboten, daher halten wir weiter an unserem Einwand gegen die Grundzusammenlegung fest.

Erst bei den Neueinteilungsgesprächen wurde uns mitgeteilt, dass es auch möglich ist, Grundstücke aus der FL M in die FL W/H zu vertauschen. Leider ist der hohe Flächenverlust, durch die unterschiedliche Bewertung der Tauschgrundstücke, für uns untragbar und auch nicht akzeptabel. Unser Tauschgrundstück x in M II ist in der Ertragslage besser als das in der Neuordnung uns zugewiesene Grundstück in W-H.

Die Erklärung des Flächenverlustes durch die unterschiedlichen Bonitäten ist für uns zu hoch und daher nicht akzeptabel. Den Bescheiden ABL-101104/81-2009 und ABL-101105/45-2009 für den Besitzstandsausweis und Bewertungsplan sind zwischen beiden Flurbereinigungen unterschiedliche Wertklassen zugrunde gelegt worden und es ist auch schwierig, Grundtäusche zwischen beiden Operaten nachvollziehen zu können. Bei der Einleitung sind wir davon ausgegangen, dass unsere einbezogenen Grundstücke in der FL M und in der FL W/H getrennt behandelt werden, sonst hätten wir sicher bei der Auflage des Besitzstandes und der Bewertung FL M II einen Einspruch wegen der schlechten Bonität unseres Grundstückes gemacht. Auch mit der spitzen Ausformung des neuen Abfindungskomplexes sind wir nicht einverstanden.

Wir haben die Grundstücke in den letzten Jahren um zirka 7 Euro pro gekauft um unseren Betrieb aufzustocken, daher ist uns der Flächenverlust in der Neuordnung von 2 692 viel zu hoch. Wir sind daher nicht bereit der Neuordnung in der FL M II und der FL W/H zuzustimmen. Gerne wären wir bereit unseren Neueinteilungskomplex rund um den Besitzkomplex x in M II zu bekommen. Eine Lösung wäre aber auch eine Abschlagszahlung für den neuerlichen Ankauf einer Fläche, die uns durch den Tausch verloren gegangen ist.

Wir hoffen auf Verständnis unserer Einwendungen und bitten um zufriedenstellende Lösung auch für uns.“

Die Agrarbehörde hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss der bezughabenden Verwaltungsakte mit Vorlageschreiben vom 14.7.2014  vorgelegt.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Sinne der nach § 24 Abs. 1 VwGVG, sowie der aus Art. 47 Abs. 2 der GRC abzuleitenden Rechte durchzuführen. Gemäß § 28 Abs. 2 Z2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden.

 

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der Verfahrensakt verlesen.

 

An der Verhandlung nahmen der Vertreter der belangten Behörde, das sachverständige Organ der Agrarbehörde, der Beschwerdeführer und dessen Schwiegervater G K teil.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Liegenschaft EZ x, GB x. Das darin vorgetragene Grundstück x, KG x ist in die Flurbereinigung M II einbezogen. Im rechtskräftigen Besitzstandsausweis und Bewertungsplan wurde es als Besitzkomplex x (5 305 , Vergleichswert 10.875,25 Euro) ausgewiesen.

Der Besitzkomplex x liegt auf 232,1 bis 232,6 m ü.A. Dieser Bereich gehört zu den überflutungsgefährdetsten Lagen in M (Überflutung durchschnittlich alle 5 Jahre). Bei der Bewertung wurde diesem Umstand insofern Rechnung getragen, als dass diese Höhenlage im FL-Verfahren ausgehend von der Finanzbodenschätzung um 3 Wertklassen abgewertet wurde. Das ergibt die Einreihung von x in die Wertklasse LN8 (2,05 Euro/).

Die Beschwerdeführer haben dieses Grundstück im Jahr 1995 um öS 275.860 (20.047,53 Euro; 3,78 Euro/) erworben.

Im Bereich W-H haben die Beschwerdeführer im Zuge des Siedlungsverfahrens ABL-612152 (Übereinkommen am 17.3.2009, GB-Beschluss vom 26.3.2010) den Besitzkomplex x um den Kaufpreis von 27.097 Euro erworben (3,50 Euro/). Im  rechtskräftigen Besitzstandsausweis und Bewertungsplan ist der Besitzkomplex x mit 7 742 m² und einem Vergleichswert von 19.504,14 Euro ausgewiesen.

 

Mit Niederschrift vom 28.6.2011 (genehmigt mit Bescheid ABL-101104/143
v. 13.7.2011) haben die Beschwerdeführer von den Ehegatten R J und J jene Restfläche des Grundstückes x, KG x (Besitzkomplexes x) erworben, die nach der Grundeinlöse für den Hochwasserschutzdamm übrig geblieben ist. Die Restfläche hatte ein Ausmaß von 4 184 mit 13.958,30 Euro Vergleichswert. Der Kaufpreis betrug 27.990,96 Euro.

Die Beschwerdeführer haben in der Wunschverhandlung am 19.3.2009 schriftlich ausdrücklich festgehalten:

„Die beiden Grundstücke x (M) und x (W) sollen zu einer Abfindung zusammengelegt werden.“

Die Vergleichswerte der Wertklassen in beiden Flurbereinigungsgebieten sind aufeinander abgestimmt. In beiden Verfahren liegen die gleichen Bewertungsgrundlagen vor. Idente Punktgruppen der Finanzbodenschätzung weisen in beiden FL-Gebieten dieselben Vergleichswerte auf. Nur die Wertklassenbezeichnung ist verschieden. Es wurden Abfindungsansprüche und Werte 1:1 zwischen beiden Gebieten verschoben.

Der gesamte Abfindungsanspruch von 44.337,69 Euro wurde durch die Abfindung x im Wert von 44.334,78 Euro abgefunden. Das Fläche-Wert-Verhältnis verändert sich von 0,3886 auf 0,3279, das ist ein Minus von 15,6%. In der Gesamtbetrachtung entsteht der maßgebliche Vorteil durch die Arrondierung der drei Bewirtschaftungseinheiten des alten Standes zu einer Abfindung (x). Die jährlichen unproduktiven Gesamtkosten (Formkosten und Fahrtkosten) nehmen von 862,7 Euro auf 526,1 Euro ab. Jährlich werden 337 Euro eingespart. Die mittlere Hofentfernung hat von 2894 auf 2700 abgenommen. Die Grenzlängen und damit die Randstreifen haben um 576 m (52% abgenommen).

 

Die Feststellungen stützen sich auf die fachliche Stellungnahme des sachverständigen Organs der Agrarbehörde, dessen Angaben im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt wurden. Das erkennende Gericht folgt diesen fachlichen Ausführungen, wobei die Beschwerdeführer diesen auf Berechnungen basierenden Darstellungen und Schlussfolgerungen sachlich nicht entgegen zu treten vermochten.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 1 Oö. FLG

(1) Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft können die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch

1. die Neueinteilung und Erschließung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie

2. die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe

nach zeitgemäßen volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten in einem Zusammenlegungsverfahren verbessert oder neu gestaltet werden.

(2) Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch

1. Mängel der Agrarstruktur (wie zum Beispiel zersplitterter Grundbesitz, ganz oder teilweise eingeschlossene Grundstücke, ungünstige Grundstücksformen, unwirtschaftliche Betriebsgrößen, beengte Orts- oder Hoflage, unzulängliche Verkehrserschließung, ungünstige Geländeformen, ungünstige Wasserverhältnisse, unzureichende naturräumliche Ausstattung) oder

2. Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (wie z.B. die Errichtung, Änderung oder Auflassung von Eisenbahnen, Straßen und Wegen, Wasserläufen, Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- oder Abwasseranlagen, Hochwasser-, Wildbach- oder Lawinenschutzbauten, Schulbauten, Sportplätzen, Friedhöfen).

 

Nach § 15 Abs. 1 Oö. FLG ist die Neuordnung des Zusammenlegungsgebiets die Festlegung der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, der neuen Flureinteilung sowie der dieser entsprechenden Eigentums- oder sonstigen Rechtsverhältnisse. Die Agrarbehörde hat bei der Neuordnung des Zusammenlegungsgebiets eine Gesamtlösung in rechtlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht anzustreben und dabei auf eine den Raumordnungszielen und -grundsätzen (§ 2 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) entsprechende, geordnete Entwicklung des ländlichen Lebens-, Wirtschafts- und Naturraums sowie auf eine geordnete Entwicklung der Betriebe Bedacht zu nehmen. Sie hat dabei die Bestimmungen des § 1 zu beachten, die Interessen der Parteien und der Allgemeinheit gegenseitig abzuwägen und zeitgemäße betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und ökologische Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei der Neuordnung sind ökologische Maßnahmen wie vor allem die Erhaltung, Neustrukturierung und Neuschaffung von Ökoverbundsystemen anzustreben.

 

§ 19 FLG schreibt die Anforderungen fest, an welchen die Übereinstimmung einer Abfindung mit dem Gesetz zu messen ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 hat jede Partei, deren Grundstücke der Zusammenlegung unterzogen werden, Anspruch darauf, unter Anrechnung der Grundaufbringung gemäß § 16 Abs. 2 entsprechend dem Wert ihrer in das Verfahren einbezogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden. Hierbei ist insbesondere auf die lagebedingten Eigenschaften und Nutzungsmöglichkeiten (§ 12 Abs. 2) der Grundstücke Bedacht zu nehmen.

Zufolge § 19 Abs. 7 FLG müssen alle Grundabfindungen einer Partei in Art und Bewirtschaftungsmöglichkeit allen in das Verfahren einbezogenen Grundstücken der Partei weitgehend entsprechen und bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ohne erhebliche Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes einen größeren oder zumindest gleichen Betriebserfolg wie die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke der Partei ermöglichen. Die Grundabfindungen müssen aus Grundflächen bestehen, die eine günstige Form und Größe aufweisen und ausreichend erschlossen sind.

Nach § 19 Abs. 8 FLG hat das Verhältnis zwischen dem Flächenausmaß und dem Wert der gesamten Grundabfindungen einer Partei dem Verhältnis zwischen Flächenausmaß und Wert der gesamten in das Verfahren einbezogenen Grundstücke der Partei möglichst zu entsprechen. Unvermeidliche Abweichungen sind bis zu einschließlich einem Fünftel dieses Verhältnisses zulässig.

Gemäß § 19 Abs. 9 FLG ist der Bemessung der Abfindung der Abfindungs-anspruch zugrunde zu legen. Der Unterschied zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Wert der Grundabfindung darf nicht mehr als 5 % des Wertes des Abfindungsanspruches betragen und ist in Geld auszugleichen.

 

Ein Flurbereinigungsverfahren dient von seinem gesetzlichen Auftrag her der Förderung des betroffenen Gebietes (Agrarstrukturverbesserung), und nicht nur den einzelnen Grundeigentümern. Die Wahrung öffentlicher Interessen ist den damit befassten Behörden und nicht den einzelnen Grundeigentümern überantwortet. Aus öffentlichen Interessen kann kein subjektiv-öffentliches Recht abgeleitet werden. Die Beschwerdeführer haben somit keinen Anspruch darauf, dass bei der Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens eine ihnen vorschwebende, ihrer Ansicht nach im öffentlichen Interesse liegende Optimallösung realisiert wird.

 

Die Veränderung von Komplexen muss immer im Gesamtzusammenhang mit dem Flurbereinigungserfolg gesehen werden. Nachteile bei einem Komplex können bei anderen Komplexen ausgeglichen werden und dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Der wirtschaftliche Gesamtvorteil für die Beschwerdeführer ist nachvollziehbar und schlüssig bewiesen. Durch die Neuordnung ist für den Betrieb der Beschwerdeführer jedenfalls kein wirtschaftlicher Nachteil gegeben. Für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung ist deren Gesamtvergleich mit dem gesamten Altbesitz entscheidend (vgl. VwGH 2004/07/0147 vom 23.2.2006).

 

In der Wunschverhandlung wurde ausdrücklich nur eine Grundabfindung gefordert. Diese Abfindung liegt im gesetzlichen Rahmen.

Das Fläche-Wert-Verhältnis beträgt -15,6 %, welches sich im gesetzlichen Rahmen von einem Fünftel (20 %) bewegt (§ 19 Abs. 8 Oö. FLG).

Da in den gegenständlichen Flurbereinigungsverfahren gleiche Bewertungs-grundsätze angewandt wurden, die Abfindungsberechnung nachvollziehbar und schlüssig ist, können keine rechtlichen Bedenken gegen die „grenzüber-schreitende“ Agrarstrukturverbesserung erhoben werden.

 

Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Bleier