LVwG-300410/2/Kü/TO/PP

Linz, 19.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn R.S. vom 3. August 2014 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15. Juli 2014, GZ: SV96-26-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde gegen die Strafhöhe insofern stattgegeben, als die Geldstrafen auf jeweils 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.      Nach § 38 VwGVG iVm § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) er­mäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf insgesamt 73 Euro; für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oö. Ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
15. Juli 2014, GZ: SV96-26-2014, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs. 1 Z 1 iVm
§ 33 Abs. 1 Z 1 ASVG zwei Geldstrafen iHv jeweils 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 146 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 ASVG die poln. StAen. D.B. und Z.A. vom 9.1.2014 bis 14.1.2014 jeweils ab 7.00 Uhr im Ausmaß von 10 Std. tägl. mit Fliesenlegearbeiten auf der Baustelle Ihres Einfamilienhauses in P. als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen ein Entgelt von jeweils 15 Euro netto/Std. in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt und haben hierüber vor Arbeitsantritt keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse erstattet.“

 

2. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 3. August 2014, in der die Reduzierung des Strafausmaßes beantragt wird, wird Folgendes vorgebracht:

1. Die bemessene Strafe von 1.606 Euro berechnet sich laut Ihrem Strafer­kenntnis wie folgt:

730 Euro pro nicht bzw. zu spät gemeldeten Dienstnehmer

73 Euro Verfahrenskosten pro nicht bzw. zu spät gemeldeten Dienstnehmer

Es ist aus § 111 ASVG nicht erkennbar, dass diese Mindeststrafe im Anlassfall für jede nicht oder zu spät gemeldete Person verhängt werden muss.

Die mir zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit liegt darin, dass ich als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften des ASVG nicht erstattet habe. Hätte ich mich vor der Anstellung der beiden Dienstnehmer bei der Oö. Gebietskrankenkasse erkundigt, hätte ich wohl für beide Dienstnehmer die fälligen Mindestabgaben bezahlt. Mein Vergehen bewerte ich also deswegen nicht als zweifach, weil ich zwei Dienstnehmer unrechtmäßig angestellt hatte, sondern weil ich, unabhängig von der Anzahl der anzustellenden Personen generell die mir zugemutete Anfrage nicht gemacht habe.

2. Im Strafverfahren wir hinsichtlich der Strafbemessung bemerkt, dass ich keine Sorgepflichten hätte.

Dem ist entgegen zu halten, dass ich mit L.H. ein gemeinsames Kind habe und dass wir gemeinsam das neue Haus gebaut haben. Einem Steuerzahler, dem das Finanzamt durch die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages eine Sorgfaltspflicht für unsere gemeinsame Tochter zubilligt, sollte auch die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als Strafbehörde eine Sorgfaltspflicht anrechnen. Dass wir ein gemeinsames Kind haben, steht im Übrigen in der Niederschrift vom 26. Juni 2014.“

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Beschwerde samt bezug­habenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 4. August 2014 dem Landes­ver­waltungsgericht Oö. zur Entscheidungsfindung vorgelegt. Gemäß § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Einzelrichter zu entscheiden.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet.

 

 

II.            Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes:

 

1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen richtet. Der Schuldspruch ist daher in Rechtskraft erwachsen und hat das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich keine Feststellungen zur subjektiven und objektiven Tatseite zu treffen.

 

2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kran­ken­ver­sicherungsträger anzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäf­tigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienst­nehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechende auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienst­nehmer beschäftigten Personen.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebs­zeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in der Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwal­tungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herab­setzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Dem Einwand des Bf, dass nicht für beide Dienstnehmer gesondert Strafen zu verhängen sind, ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzu­halten, wonach eine Verletzung der Verpflichtung, einen Dienstnehmer zur Pflichtversicherung anzumelden, auch Rechtsgüter beeinträchtigt, die dem einzelnen Dienstnehmer zuzuordnen sind und daher - da kein Verstoß gegen dasselbe Rechtsgut vorliegt - nicht gemeinsam mit anderen unterlassenen Anmeldungen weiterer Dienstnehmer als einheitliches (fortgesetztes) Delikt angesehen werden kann (vgl. VwGH vom 16.3.2011, Zl. 2009/08/0056). Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die Verletzung der Meldepflicht hinsichtlich jedes einzelnen Dienstnehmers eine - gesondert zu verfolgende - Verwaltungsübertretung im Sinne des § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG dar­stellt.

 

In Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles gelangt der erkennende Richter zum Schluss, dass die Voraussetzungen für die Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe iSd § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG vorliegen. Es liegt ein erstmaliger Verstoß des Bf gegen die Melde­pflicht des ASVG vor. Der Bf ist zudem geständig und verweist zu Recht auf die bislang nicht berücksichtigten Sorgepflichten.

 

Von der Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) war Abstand zu nehmen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen (beträcht­liches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen bzw. geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und Inten­sität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie geringes Verschulden) nicht gegeben sind. Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ausreichend, um den Bf künftig von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen anzuhalten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

III.           Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu ent­richten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger