LVwG-600270/20/Bi/KR

Linz, 29.09.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn Mag. F P, W, S, vom 7. April 2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 31. März 2014, VerkR96-1445-2013, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 26. September 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung  zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene  Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.  

 

II.

Gemäß § 52 Abs.1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer 12 Euro, das sind 20% der Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 


 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 9 Abs.4 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde von 10 Euro  auferlegt. Im Schuldspruch wurde ihm zur Last gelegt, er habe am 26. März 2013 um 15.46 Uhr in Linz, A7, Rampe 3, km 0.290, Richtung Wien, Abfahrt Franzosenhausweg als Lenker des Kfz X an einer Kreuzung mit dem Vorschriftszeichen „Halt“ und einer auf der Fahrbahn angebrachten Haltelinie nicht an dieser angehalten.   

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die seitens der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht vorgelegt wurde, über die gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden war. Am 26. September 2014 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung an der im Spruch genannten Kreuzung in Anwesenheit des Bf, des Zeugen Meldungsleger GI D G (Ml), API Haid, und des technischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing R H (SV) statt. Die Vertreterin der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet. 

 

3. Der Bf  macht im Wesentlichen geltend, er wolle überprüfen lassen, wer eine derartig hanebüchene standortbezogene Verkehrskontrolle anordne bzw unterliege dies der Willkür der durchführenden Beamten, nämlich auf einem versenkten Feldweg, wo die Sicht auf den angebliche Strafort durch eine Leitplanke verstellt sei und der Beamte von seinem Standort aus die Haltelinie gar nicht sehen könne sondern nur vermuten und wo der Abstand dazu und die dazwischen verkehrenden Fahrzeuge eine visuelle Erfassung des Strafereignisses gar nicht möglich machten. Es sei ein offenes Geheimnis, dass viele Verkehrskontrollen nicht wegen der Verkehrssicherheit, sondern wegen des Punktesammelns der einzelnen Beamten erfolgten zur Erhöhung der Einnahmen für das Innenministerium und das berufliche Weiterkommen des Beamten. Er  beantrage einen Lokalaugenschein am Ort der angeblichen Übertretung. Es sei unerträglich, dass sich der Staat seine (Un-)Leistungen immer öfter doppelt bezahlen lasse, zuerst über Steuern und dann über permanent erhöhte Verfahrenskosten und konstruierte Strafdelikte. Der Bf zeichnet mit „in Erwartung der Besinnung ihrerseits“.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bei der in Rede stehenden Autobahnabfahrt, bei der der Bf gehört, die Ausführungen der belangten Behörde berücksichtigt, der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB zeugenschaftlich einvernommen und vom AmtsSV ein technisches Gutachten zur Frage der Nachvollziehbarkeit des Tatvorwurfs eingeholt wurde.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens beobachtete der Ml am 26. März 2013 gegen 15.46 Uhr den bei der Abfahrt Franzosenhausweg von der A7, FR A1, abfahrenden Pkw X von seinem Standort gegenüber der Autobahnabfahrt aus, wobei das Polizeifahrzeug auf einem asphaltierten Weg unterhalb der Böschung der D in Blickrichtung Autobahnabfahrt abgestellt war. Bei der Verhandlung wurde der damalige Abstellort nach den Angaben des Ml nachvollzogen, wobei kein Zweifel dahingehend bestand, dass im März das auf der Böschung wachsende Gras so niedrig war, sodass für den Ml vom Lenkersitz des VW S aus eine ausreichende Sichtmöglichkeit unter der Leitschiene durch auf die vor der Kreuzung befindliche Haltelinie einerseits und bei in Richtung des Polizeifahrzeuges, also Richtung Franzosenhausweg, fahrenden Pkw auf deren vordere Kennzeichentafeln bestand – unter der Voraussetzung, dass die Sicht nicht durch Fahrzeuge im Gegenverkehr verdeckt wurde.

Der Ml bestätigte in der Verhandlung, es habe damals eine Anordnung bestanden, die  Beachtung der Stop-Tafel zu kontrollieren, zumal sich in der Zeit vorher dort ein Unfall ereignet hatte. Den Zeitpunkt der Kontrolle ebenso wie den genauen Abstellort des Polizeifahrzeuges habe er ausgesucht, wobei eine ausreichende Sicht auf die Haltelinie und eine einwandfreie Ablesemöglichkeit der Kennzeichen im Vordergrund standen. 

Vom vom Ml beschriebenen Abstellort in der von ihm geschilderten Position aus bestand eine solche Sicht auf von der A7 kommende Pkw, wobei trotz des am Verhandlungstag bestehenden höheren Bewuchses (Gras, Unkraut) zwischen der Leitschienenunterkante und dem Boden eine Feststellung, ob ein Fahrzeug konkret vor der Haltelinie anhält oder diese ignorierend weiterfährt, einwandfrei möglich war. Eine solche Möglichkeit bestand auch vom vom Bf abweichend beschriebenen Abstellort des Polizeifahrzeuges etwa 10 m weiter vorne in Richtung Kreuzung Autobahnabfahrt/D am Tag der Verhandlung trotz des nunmehrigen höheren Bewuchses. Daran, dass der Ml zum Tatzeitpunkt in der Lage war, einerseits den vom Bf gelenkten Pkw vor der Haltelinie zu beobachten, um ein Nicht-Anhalten festzustellen, und anschließend beim im Abstand von ca 10 m an ihm vorbeifahrenden Pkw das Kennzeichen auf Augenhöhe einwandfrei abzulesen, bestand auch aufgrund der nach Sitzprobe gemachten Feststellungen des SV kein Zweifel.

 

Damit vermochte die Behauptung des Bf, er habe sehr wohl angehalten und der Ml habe die von ihm geschilderten Beobachtungen von seinem Standort nicht machen können, nicht zu überzeugen. Wäre damals durch Gegenverkehr eine Sichteinschränkung erfolgt, wäre der Ml zu seinen Beobachtungen nicht in der Lage gewesen und hätte insbesondere auch das Pkw-Kennzeichen nicht ablesen können. Der Bf hat aber zum einen nicht behauptet, zur angegebenen Zeit nicht dort gefahren zu sein, und zum anderen sogar einen anderen Abstellort des Polizeifahrzeuges angegeben.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 9 Abs.4 StVO 1960 ist, wenn an einer Kreuzung das Vorschriftszeichen „Halt” und auf der Fahrbahn eine Haltelinie angebracht ist, an dieser Haltelinie anzuhalten.

Gemäß Punkt 2) „Verkehrsregelung“ Abs.3 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 19. Juni 1992, Zl.138.007/10-I/31-92, mit der die Anschlussstelle “Linz-Franzosenhausweg“ der A7 einschließlich der in diesem Bereich vorhandenen Zu- und Abfahrten zur Autobahn erklärt wurde, haben Verkehrsteilnehmer, die die Autobahn über die Abfahrtsstraße von der Richtungsfahrbahn Linz-A1 (Rampe 2), der Anschlussstelle „Linz-Franzosenhaus­weg“ verlassen wollen, an der Kreuzung der Rampe 2 mit dem Zubringer zu den Rampen 1 und 4 – das sind die Auffahrt und Abfahrt auf der RFB A1-Linz – anzuhalten und dem Querverkehr Vorrang zu geben.

 

Nach den oben zusammengefassten Ergebnissen des Beweisverfahrens besteht auf der Grundlage der in technischer Hinsicht einwandfrei nachvollziehbaren und glaubwürdigen Ausführungen des Ml kein Zweifel daran, dass der Bf bei der Abfahrt Franzosenhausweg der RFB Linz-A1 die dort befindliche Stop-Tafel samt Haltelinie missachtet und den von ihm gelenkten Pkw nicht im Sinne des § 9 Abs.4 StVO 1960 an der Haltelinie angehalten hat. Er hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann.

Die Ausführungen der Bf, die Überwachung der Beachtung der Stop-Tafel sei keine „Verkehrssicherheits-Maßnahme“ und diene nur der Geldbeschaffung und Profilierung von Polizeibeamten, und laut Information des O passiere dort ohnehin nichts, sind nicht geeignet, sein Verhalten in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Ob dort laut O „ohnehin nichts passiert“, ist ebenso wenig relevant wie seine Ansichten über die Sinnhaftigkeit der Überwachung der Einhaltung von gesetzlichen Verpflichtungen zum Anhalten.        

 


 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Laut Begründung des Straferkenntnisses wurden von der belangten Behörde – zutreffend – die vom Bf bekanntgegebenen finanziellen Verhältnisse (Arbeits­losenunterstützung von 780 Euro, weder Vermögen noch Sorgepflichten) zugrundegelegt und weder mildernde noch erschwerende Umstände gewertet. Mittlerweile ist der Bf nach Tilgung der Vormerkung vom August 2009 unbescholten, was aber wegen des ohnehin schon äußerst niedrigen Strafbetrages keine Strafherabsetzung rechtfertigt – dabei ist auch die in der Verhandlung auffällig gewordene Uneinsichtigkeit des Bf zu berücksichtigen.   

 

Das Landesverwaltungsgericht kann nicht finden, dass die belangte Behörde den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Geld- und Ersatzfrei­heitsstrafe ist unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 19 VStG der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes – das ist hier entgegen der Ansichten des Bf immer noch die Verkehrssicherheit – und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat angemessen, ein Ansatz für eine Strafherabsetzung findet sich nicht. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für eine Ermahnung gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG vor, zumal das Verschulden des Bf nicht als geringfügig angesehen werden kann, obwohl von fahrlässiger Begehung auszugehen war.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

Gemäß § 52 Abs.1 und 2 VwGVG beträgt der im Fall der Bestätigung des Straferkenntnisses vorzuschreibende Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren 20% der Geldstrafe.

 

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision des Beschwerdeführers ist auf der Grundlage des § 25a Abs.4 VwGG nicht zulässig – gemäß dieser Bestimmung ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs.6 Z1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs.4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.


 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger