LVwG-550248/2/Kü/KHu/IH

Linz, 08.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der P. GmbH, vertreten durch RA Dr. C.S., x, vom 6. Mai 2014 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2. April 2014, GZ UR01-68-2011, betreffend Feststellung gemäß
§ 10 Altlasten­sanierungsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. April 2014,
GZ: UR01-68-2011, wurde auf Grund des Antrages der nunmehrigen Beschwerde­führerin (im Folgenden: Bf) gemäß § 10 Abs 1 Z 2 Altlastensanierungsgesetz festgestellt, dass „der gegenständlichen Sachverhalt (Inhalt des Genehmigungsbescheides des BMLFUW vom 25. August 2011, BMLFUW-UW.2.1.1/1378-VI/1/2011-Ki) nämlich die Verbringung von 8.000 Tonnen Abfälle der Schlüsselnummer x (Ersatzbrennstoffe, Qualitätsgesichert) der ÖNORM S 2100 in Verbindung mit der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II 570/2003, idF BGBl. II 498/2008, EAK-Code 19 12 10 zur Verwertung (R1) zur V.S in 04405 T. in der Republik S. gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 4 des Altlastensanierungsgesetzes der Beitragspflicht unterliegt.“

 

Begründend stellte die Behörde insbesondere das (ergänzende) Gutachten des ASV für Abfalltechnik, Herrn Ing. S., vom 17. März 2014 dar:

 

"A) Qualität der Ersatzbrennstoffe:

 

Der Anlagenbescheid des Zementwerks erhält strenge Anforderungen an die Qualität von Ersatzbrennstoffen, welche bereits bei der Übernahme erfüllt werden müssen. Das bedeutet, dass jede einzelne Fraktion (Anlieferung) für sich ohne jede weitere Vorbehandlung für den Einsatz geeignet ist. Dies muss vom Anlieferer auf Grund der Vorgaben des Anlagenbescheides auch nachgewiesen werden.

 

 

 

B) Vermischung:

 

Im Anlagenbescheid sowie auch in der nunmehr übermittelten Bestätigung ist klar beschrieben, dass verschiedene Anlieferungen gemeinsam in einem Bunker eingebracht werden. Dies bedeutet, dass es zu Vermischungen verschiedener Fraktionen kommt (kommen kann). Diese Vermischung wird aber zugelassen und nicht absichtlich oder gar gesteuert herbeigeführt. Aus technischer Sicht wäre es völlig unsinnig, Abfallfraktionen, von denen jede einzelne für sich für den beabsichtigten Zweck geeignet ist, miteinander zu vermischen, weil dies mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre, ohne für den Anlagenbetreiber irgend einen Nutzen zu bringen. Die hier (zufällig) möglicherweise zu Stande kommende Vermischung kann also technisch nicht als "Behandlung" gesehen werden.

 

 

 

C) Abtrennung von Teilen > 40 mm:

 

Die Abtrennung von Teilen > 40 mm über ein Sternsieb dient der Ausfallsicherheit der Anlage (Verhinderung von Verstopfung der Brennstoffzuführung). Dies stellt daher keine "Behandlung" des Brennstoffes dar, ebenso wenig wie zB eine Vorwärmung eines Brennstoffes zur Verbesserung des Wirkungsgrades einer thermischen Anlage eine solche darstellen würde. Aus der zitierten Bestätigung geht vielmehr hervor, dass sich die Ersatzbrennstoffe von der Übernahme in die Anlage bis zum Einsatz im Drehrohrofen in einem geschlossenen System befinden.

 

 

 

D) Zusammenfassung:

 

In der Anlage werden auf Grund der Vorgaben des Anlagenbescheides nur Ersatzbrennstoffe übernommen, welche ohne weitere Behandlung bestimmungsgemäß eingesetzt werden können. Es ist daher aus technischer Sicht keine Behandlung erforderlich.

 

Aus den Unterlagen ist keine Abfallbehandlung ersichtlich, eine solche widerspräche auch der Lebenserfahrung aus dem Handling von Industrieanlagen, wo Verfahrensschritte nur gesetzt werden, wenn diese für den Anlagenbetreiber von Nutzen sind (oder durch behördliche Vorgaben erzwungen werden).“

 

 

 

Die Behörde führte im Bescheid ferner aus:

 

 

„Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 4 des Altlastensanierungsgesetzes unterliegt das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Ziffer 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes dem Altlastenbeitrag. Grundsätzlich unterliegen - im Inland - die oben zitierten Tätigkeiten im Sinne § 3 Abs. 1 Ziffer 1 bis 3a des Altlastensanierungsgesetzes der Beitragspflicht. Mit der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Ziffer 4 wurde jene Lücke geschlossen, indem Abfälle außerhalb des Bundesgebietes zu einer solchen Tätigkeit verbracht werden und damit die Beitragspflicht umgangen wird. Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes bedeutet dies, dass jedes Befördern von Abfällen außerhalb des Bundesgebietes zu einer Tätigkeit die im Inland beitragspflichtig ist, der Beitragspflicht unterliegt.

Es wurden hier sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 1 Ziffer 4 Altlastensanierungsgesetz, nämlich die Beförderung von Abfällen außerhalb des Bundesgebietes (S.) zu einer Tätigkeit die im Inland beitragspflichtig ist (Verbrennung bzw. thermische Verwertung), erfüllt. Es steht somit eindeutig fest dass der gegenständliche Sachverhalt beitragspflichtig im Sinne § 3 Abs. 1 Ziffer 4 des Altlastensanierungsgesetzes ist.

 

Darüber hinaus ging der Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 17. März 2014 auf sämtliche von Ihnen vorgetragenen Bedenken ein und kommt zum Ergebnis, dass in der Anlage nur Ersatzbrennstoffe auf Grund der Vorgaben des Anlagenbescheides übernommen werden, die ohne weitere Behandlung bestimmungsgemäß eingesetzt werden können und daher aus technischer Sicht keine Behandlung erforderlich ist.

 

Der Amtssachverständige hat für die Behörde in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass im gegenständlichen Fall keine Abfallbehandlung erfolgt.

Abschließend festzuhalten ist, dass hier alle Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Z 4 Altlastensanierungsgesetzes vorliegen und auch keine Abfallbehandlung durchgeführt wird. Somit unterliegt der gegenständliche Sachverhalt zweifellos der Beitragspflicht des ALSAG, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.“

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schriftsatz vom 6. Mai 2014 durch ihren bevollmächtigten Vertreter Beschwerde, in der beantragt wurde,

 

1.   den angefochtenen Bescheid dahingehend zu ändern, dass er zu lauten hat wie folgt:

 

„Es wird festgestellt, dass die auf Grund der mit

Notifizierung AT x

Bescheid vom 25. August 2011 des Bundeministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Geschäftszahl: BMLFUW-UW.2.1.1/1378-VI/1/2011-Ki) der P. GmbH erteilten Genehmigung zur Verbringung von 8.000 Tonnen Abfälle der Schlüsselnummer x (Ersatzbrennstoffe, Qualitätsgesichert) der ÖNORM S 2100 in Verbindung mit der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl.II 570/2003, idF BGBl.II 498/2008, EAK-Code 19 12 10 (brennbare Abfälle (Brennstoffe aus Abfällen)) zur Verwertung (R1 Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung) zur V.S. in T. 654 in der Republik S. (Zementwerk T.) verbrachten Abfälle gem. § 3 Abs. 1 Ziffer 4 des Altlastensanierungsgesetzes nicht der Beitragspflicht unterliegen.“

 

2.   in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und der Erstbehörde die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

 

Begründend beanstandete die Bf die an den Amtssachverständigen gerichtete Fragestellung, sowie die Missachtung des Parteiengehörs in Bezug auf das im behördlichen Verfahren eingeholte ergänzende Gutachten des ASV.

 

Insbesondere legte die Bf auch die – auf das ergänzende Gutachten des ASV Bezug nehmende – gutachterliche Stellungnahme des staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikers für Bio- und Umwelttechnik, DI (FH) J.K., vom 26. April 2014 bei. Darin wurde ausgeführt:

 

" A) Qualität der Ersatzbrennstoffe:

Der Anlagenbescheid des Zementwerks erhält strenge Anforderungen an die Qualität von Ersatzbrennstoffen, welche bereits bei der Übernahme erfüllt werden müssen. Das bedeutet, dass jede einzelne Fraktion (Anlieferung) für sich ohne jede weitere Vorbehandlung für den Einsatz geeignet ist. Dies muss vom Anlieferer auf Grund der Vorgaben des Anlagenbescheides auch nachgewiesen werden.

 

Dem Betreiber des Zementwerkes „C.T.“ in T. in der Repuplik S. (nachfolgend kurz „Zementwerk T.“ genannt) wurden unter anderem mit Entscheidung der S. Inspektion für Umweltschutz, Inspektion für Umweltschutz K., x (Nr.: 1332/196-OlPK/2006-Mer/750810105) am 20.10.2006 unter Punkt 6. Bedingungen für die Mitverbrennung von Abfällen im Drehofen erteilt. Neben der Abfallschlüsselnummernliste (ASN) welche 44 nicht gefährliche- und 39 gefährliche unterschiedliche Abfälle beinhaltet, bilden weitere Kriterien die Anforderungen an die Qualität der Abfälle.

 

Nach Durchsicht der dem Ersteller dieser gutachterlichen Stellungnahme zur Verfügung gestellten Unterlagen kann von einer dem Konsens entsprechenden Übernahme der Abfälle zur Mitverbrennung ausgegangen werden.

 

Eine Schlussfolgerung, ob eine andere Tätigkeit bzw. Abfallbehandlung als die Verbrennung einer solchen vorgeschaltet ist, kann aufgrund der geforderten und ein zu haltenden Annahmekriterien und der Qualität der Ersatzbrennstoffe aus technischer Sicht nur dahingehend getroffen werden, dass es aufgrund der Anzahl von 83 verschiedenen Abfallschlüsselnummern und den daraus bestehenden Ersatzbrennstoffen unausweichlich zu einer Vermengung und Vermischung (R12) der Abfalle während der Anlieferung und Übernahme kommt.

 

Ob durch die bewusst gewählte Verfahrensweise bei der Übernahme und die damit automatisch verbundene Vermengung und Vermischung der angelieferten Abfälle, diese dadurch die rechtlich eindeutig festgelegte Tätigkeit bzw. Abfallbehandlung der Vermengung und Vermischen (R12) verliert, kann vom Ersteller dieser gutachterlichen Stellungnahme nicht beurteilt werden.

 

Aus technischer und sachverständiger Sicht des Erstellers der gutachterlichen Stellungnahme kommt es bei der Übernahme unbestritten zur Vermengung und Vermischung (R12) der unterschiedlich angelieferten Abfallfraktionen.

 

B) Vermischung:

 

Im Anlagenbescheid sowie auch in der nunmehr übermittelten Bestätigung ist klar beschrieben, dass verschiedene Anlieferungen gemeinsam in einem Bunker eingebracht werden. Dies bedeutet, dass es zu Vermischungen verschiedener Fraktionen kommt (kommen kann). Diese Vermischung wird aber zugelassen und nicht absichtlich oder gar gesteuert herbeigeführt.

 

Aus technischer Sicht wäre es völlig unsinnig, Abfallfraktionen, von denen jede einzelne für sich für den beabsichtigten Zweck geeignet ist, miteinander zu vermischen, weil dies mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre, ohne für den Anlagenbetreiber irgend einen Nutzen zu bringen. Die hier (zufällig) möglicherweise zu Stande kommende Vermischung kann also technisch nicht als "Behandlung" gesehen werden.

 

 

Aus technischer und sachverständiger Sicht wird den Ausführungen des ASV dahingehend zugestimmt, dass es bei Anlieferungen verschiedener Fraktionen, gemeinsam in einem Bunker zur Vermengung und Vermischung der Fraktionen kommt.

Auch für den Fall, dass durch die bewusst gewählte Verfahrensweise die Vermengung und Vermischung „nur zugelassen“ wird und „nicht absichtlich oder gar gesteuert“ herbeigeführt wird, ist es aus technischer Sicht Faktum, dass es zu einer Vermengung und Vermischung der unterschiedlichen Abfallfraktionen kommt.

 

Zu den weiteren erklärenden Behauptungen des ASV im Punkt B) Vermischung folgende Erörterung:

Für die Beurteilung ob und wie weit eine angelieferte Abfallfraktion für sich selbst für den beabsichtigten Zweck geeignet ist oder nicht, entscheidet aus rechtlicher Sicht unbestritten die Einhaltung der geforderten Annahmekriterien und weitere diesbezügliche Bestimmungen. Ob eine Beurteilung ob und wie weit eine angelieferte Abfallfraktion für sich selbst für den beabsichtigten Zweck aus technischer Sicht geeignet ist, oder ob eine vorhergehende Behandlung, wie zum Beispiel das Vermengen und Vermischen mit anderen den Annahmekriterien entsprechenden Abfallen aus prozess- und anlagentechnischen Gründen sinnvoll erscheint, obliegt einzig und allein dem Anlagenbetreiber.

Aus technischer Sicht ist eine Homogenisierung, eine Vermengung und Vermischung von Abfällen, innerhalb der geforderten Kriterien einer Abfallbehandlungsanlage nicht nur eine wesentliche Aufgabe, sondern, nach der Überprüfung und Einhaltung der gesetzlich geforderten Rahmenbedingungen und Sicherheitsbestimmungen, unbestritten die essenziellste Aufgabe für einen technischen, ökologischen und ökonomischen einwandfreien Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage.

 

C) Abtrennung von Teilen > 40 mm:

 

Die Abtrennung von Teilen > 40 mm über ein Sternsieb dient der Ausfallsicherheit der Anlage (Verhinderung von Verstopfung der Brennstoffzuführung). Dies stellt daher keine "Behandlung" des Brennstoffes dar, ebenso wenig wie zB eine Vorwärmung eines Brennstoffes zur Verbesserung des Wirkungsgrades einer thermischen Anlage eine solche darstellen würde. Aus der zitierten Bestätigung geht vielmehr hervor, dass sich die Ersatzbrennstoffe von der Übernahme in die Anlage bis zum Einsatz im Drehrohrofen in einem geschlossenen System befinden.

 

 

Gemäß vorgelegten Unterlagen, werden sämtliche übernommenen Abfallfraktionen einer Trennung mittels Sternsieb von kleiner bzw. größer 40 mm unterzogen. Aus technischer Sicht erscheint es plausibel, dass dies dem einwandfreien und ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage dient.

Aus technischer und sachverständiger Sicht des Erstellers der gutachterlichen Stellungnahme ist die Tätigkeit der Trennung von Abfällen mittels Sternsieb in kleiner bzw. größer 40 mm, eindeutig eine Tätigkeit, die Abfallbehandlung R12 gemäß § 2 Abs. 5 AWG 2002.

Ob die Tatsache, dass sich die behandelten Abfallfraktionen und Ersatzbrennstoffe während dieser Behandlung in einem „geschlossenem System“ befinden, wobei dieser Begriff an und für sich einer genaueren Erörterung bedürfte, bewirkt, dass aus rechtlicher Sicht diese Behandlung keine Behandlung mehr darstellt, kann aus technischer Sicht vom Ersteller dieser gutachterlichen Stellungnahme nicht beurteilt werden.

 

D) Zusammenfassung:

 

In der Anlage werden auf Grund der Vorgaben des Anlagenbescheides nur Ersatzbrennstoffe übernommen, welche ohne weitere Behandlung bestimmungsgemäß eingesetzt werden können. Es ist daher aus technischer Sicht keine Behandlung erforderlich.

 

Aus den Unterlagen ist keine Abfallbehandlung ersichtlich, eine solche widerspräche auch der Lebenserfahrung aus dem Handling von Industrieanlagen, wo Verfahrensschritte nur gesetzt werden, wenn diese für den Anlagenbetreiber von Nutzen sind (oder durch behördliche Vorgaben erzwungen werden).

 

 

In der Anlage werden auf Grund der Vorgaben des Anlagenbescheides bis zu 83 unterschiedliche Abfälle als Ersatzbrennstoffe übernommen. Sämtliche übernommenen Abfälle haben gemäß allgemein gültigen Bestimmungen den Annahmekriterien und sonstigen Vorgaben zu entsprechen.

Die daraus erfolgte Schlussfolgerung des ASV, dass aus technischer Sicht dadurch keine Behandlung erforderlich ist, kann aus technischer und sachverständiger Sicht des Erstellers der gutachterlichen Stellungnahme nicht nachvollzogen werden.

 

Aus den gesichteten und erörterten Unterlagen des Zementwerk T. ist gemäß § 2 Abs. 5 AWG 2002 eindeutig die Tätigkeit bzw. das Abfallbehandlungsverfahren R12 der Trennung (mittels Sternsieb) und der Vermengung und Vermischung vor der thermischen Verwertung R1 ersichtlich.“

 

3. Mit Schreiben vom 13. Mai 2014 legte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt die ggst. Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. LVwG zur Entscheidungsfindung vor. Das Oö. LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gem § 24 VwGVG abgesehen werden, weil eine solche von der Bf nicht beantragt wurde. Im Übrigen war die weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Verhandlung auch nicht zu erwarten.

 

 

II. 1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Bf verbringt aufbereitete feste Abfälle der Abfallart „Ersatzbrennstoffe, qualitätsgesichert“ zur Verwertung durch Verbrennung (Verwertungsverfahren R1) in der V.S. in T. in der Republik S. (im Folgenden: Zementwerk T.) ins Ausland. Die Abfälle werden per LKW an das Zementwerk geliefert, wo sie nach Zuführung zu einem Sternabscheider zur Abscheidung von Partikeln > 40 mm in einen Stahlbehälter mit einem Volumen von 8 m³ gelangen. Von dort werden die Abfälle zur Verbrennung befördert.

 

2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen der Bf sowie den im Akt der belangten Behörde einliegenden Unterlagen, insbes. auch den vorliegenden Gutachten. Insofern steht der Sachverhalt unbestritten fest.

 

 

III. Rechtslage:

 

Gemäß  § 3 Abs 1 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) idgF unterliegen dem Altlastenbeitrag

1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

           a.    das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

           b.    das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,

           c.    das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen,

2. das Verbrennen von Abfällen in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der Abfallverbrennungsverordnung, BGBl. II Nr. 389/2002,

3. das Verwenden von Abfällen zur Herstellung von Brennstoffprodukten,

3a. das Einbringen von Abfällen, ausgenommen hüttenspezifische Abfälle, in einen Hochofen zur Herstellung von Roheisen oder das Verwenden von Abfällen zur Herstellung von Produkten für das Einbringen in einen Hochofen zur Herstellung von Roheisen, ausgenommen hüttenspezifische Abfälle,

4. das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes, auch dann, wenn dieser Tätigkeit ein oder mehrere Behandlungsverfahren vorgeschaltet sind, um die jeweilige beitragspflichtige Tätigkeit zu ermöglichen.

 

§ 3 Abs 1 Z 4 ALSAG idF vor BGBl I 103/2013 lautet: „[Dem Altlastenbeitrag unterliegen ...] das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes.“

 

Gemäß § 10 Abs 1 ALSAG hat die Behörde (§ 21) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,

1.   ob eine Sache Abfall ist,

2.   ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,

3.   ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,

4.   welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,

5.   ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,

6.   welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt.

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

 

2. Die Bf bringt im Wesentlichen vor, dass vor der eigentlichen Verwendung als Brennstoff (Verwertungsverfahren R1 gem Anhang 2 des AWG 2002) durch einen Sternabscheider eine Abtrennung von Partikeln > 40 mm sowie in Folge eine Lagerung der Abfälle in Edelstahlbehältern erfolge, wo eine Vermengung mit anderen Abfällen stattfinde. Damit sei der eigentlichen Verbrennung das Verwertungsverfahren R12 („Austausch von Abfällen, um sie einem der unter R1 bis R11 aufgeführten Verfahren zu unterziehen“) vorgeschaltet. Dieses bilde den ersten unmittelbaren Zweck der Verbringung ins Ausland, anhand derer die Beitragspflicht gem § 3 ALSAG zu beurteilen sei; da das Verfahren R12 in § 3 Abs 1 Z 1 bis 3a nicht genannt sei, liege keine Verpflichtung zum Begleichen von Altlastenbeiträgen vor.

 

3. Der Bf ist zunächst darin zuzustimmen, dass nach der Rsp des VwGH zu § 3 Abs 1 Z 4 ALSAG idF vor BGBl I 103/2013 unter dem Befördern zu „einer Tätigkeit“ nicht das Befördern zu einer – einer ersten Tätigkeit (Behandlung) im Ausland nachfolgenden – abschließenden Tätigkeit zu verstehen ist, sondern das Befördern zu der Tätigkeit, zu welcher die Abfälle von der Bf unmittelbar verbracht werden. Es ist die „Tätigkeit“ der Beurteilung nach § 3 Abs 1 Z 4 ALSAG zugrunde zu legen, zu deren ersten (unmittelbaren) Zweck die Verbringung außerhalb des Bundesgebietes erfolgte, nicht die daran anschließende weitere bzw. eine abschließende Tätigkeit (vgl etwa VwGH nur 14.11.2013, Zl. 2011/17/0140 mwN; VwGH 26.07.2012, Zl. 2012/07/0032).

 

4. Mit der Novelle BGBl I 103/2013 wurde § 3 Abs 1 Z 4 ALSAG dahingehend geändert, dass das Befördern von Abfällen zu einer Tätigkeit gem Z 1 bis 3a außerhalb des Bundesgebietes auch dann der Beitragspflicht unterliegt, wenn die Abfälle nicht unmittelbar der beitragspflichtigen Tätigkeit zugeführt werden (vgl ErlRV 2293 BlgNR 24. GP 18 f).

 

5. Unabhängig von der Frage, welche Fassung des § 3 Abs 1 Z 4 ALSAG im konkreten Fall zur Anwendung gelangt – sowohl die belangte Behörde als auch die Bf scheinen in ihrer Begründung auf die frühere Fassung der ggst. Bestimmung abzustellen –, erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt:

 

a. Dies ergibt für § 3 Abs 1 Z 4 ALSAG idgF alleine schon daraus, dass die Vorschaltung einer oder mehrerer Behandlungsverfahren vor einer Tätigkeit gemäß Z 1 bis 3a nichts am Vorliegen der Beitragspflicht ändert. Damit wäre auch die von der Bf behauptete Vorschaltung des Behandlungsschrittes R12 nicht weiter relevant, weil er der Ermöglichung der beitragspflichtigen Tätigkeit dient, und vermag an der Pflicht zur Leistung des Altlastenbeitrages nichts zu ändern.

 

b. Zum selben Ergebnis kommt man auch, wenn man den vorliegenden Feststellungsantrag anhand der früheren Rechtslage beurteilt:

 

c. Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 25. August 2011, Zl. BMLFUW-UW.2.1.1/1378-VI/1/2011-Ki, wurde unter der Notifizierung AT 023206 die Genehmigung zur Verbringung von 8.000 Tonnen Abfälle der Schlüsselnummer x (Ersatzbrennstoffe, qualitätsgesichert) zur Verwertung (R1) im Zementwerk T. erteilt. Aus dem Spruch des ggst. Notifizierungsbescheides ergibt sich, dass die Verbringung in das Ausland zur Zuführung zum Verwertungsverfahren R1 (Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung) stattfindet.

 

Nach der Rsp des VwGH ist es zweckmäßig, die im Notifizierungsverfahren angeführte Verwertungs- und Beseitigungsart heranzuziehen, um anhand dieser beurteilen zu können, zu welchem Zweck die ggst. Verbringung von Abfällen außerhalb des Bundesgebietes erfolgt (VwGH 26.07.2012, Zl. 2012/07/0032). Alleine schon daraus ergibt sich der Zweck der Verbringung ins Ausland zur Verwertung durch Verbrennung.

 

d. Hinzu kommt, dass die Entladung, Lagerung und der Transport der Abfälle – so die Betriebsanlagengenehmigung des Zementwerks T. – einen „geschlossenen Kreis“ bildet. Der ASV für Abfalltechnik kommt in seinem Gutachten insbes. zu dem Schluss, dass die Abtrennung von Teilen > 40 mm „der Ausfallsicherheit der Anlage“ diene und dass im Lagerbehälter zwar eine Vermengung von Abfällen möglich sei, diese aber nur „zugelassen und nicht absichtlich oder gar gesteuert herbeigeführt“ werde. Darin seien somit keine eigenen Behandlungsschritte zu erkennen.

 

Wiewohl das Gegengutachten die Bedeutung dieser beiden Schritte hervorhebt und darin den gesonderten Behandlungsschritt R12 erblickt, erachtet es das Oö. LVwG als besonders entscheidungserheblich, dass die Abfälle dem Zementwerk bereits aufbereitet angeliefert werden und Qualitätskriterien erfüllen müssen. Die Abtrennung größerer Partikel sowie die allfällige Vermengung des Abfalles erfolgt einzig und allein im System des Zementwerks und wird ausschließlich zum Zweck der Gewährleistung der Ausfallsicherheit der Anlage durchführt.

 

e. Dieser Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich sowohl aus den Darstellungen des ASV sowie dem von der Bf vorgelegten Gutachten. Die rechtliche Würdigung dieses Vorgangs obliegt hingegen nicht den Gutachtern, sondern einzig und allein den Verwaltungsbehörden und den Gerichten. Sollte in einem Gutachten eine rechtliche Beurteilung durch einen Sachverständigen enthalten sein, ist diese unbeachtlich, beeinträchtigt aber die Aussagekraft eines ansonsten mängelfreien Gutachtens nicht (vgl etwa nur Hengstschläger/Leeb, AVG, § 52 Rz 7 AVG mwN).

 

f. Abschließend sei auch auf das jüngste Erk des VwGH (Zl. 2011/17/0140 vom 14.11.2013) hingewiesen, in dem anerkannt wird, dass die Rekonditionierung von Abfällen keine eigenständige, zweckbestimmende Tätigkeit darstellen muss, die als erste Tätigkeit im Sinne der o.g. Rsp des VwGH den Charakter der Beförderung des Abfalls bestimmt. Im konkreten Fall vermag das Oö. LVwG in der Abscheidung von übergroßen Partikeln sowie der Vermengung im Lagerbehälter keine eigenständige, zweckbestimmende Tätigkeit zu erkennen, sondern allenfalls bloß reine vorgelagerte Hilfstätigkeiten, die am eigentlichen Zweck der Verbringung des Abfalles zur Verwertung durch Verbrennung nichts zu ändern vermögen.

 

6. Im Ergebnis liegt der Zweck der Verbringung der Abfälle somit in der Verbrennung, womit die Bf Abfälle zu einer Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 1 bis 3a ALSAG (in concreto: Z 2) ins Ausland verbringt. Dieser Vorgang unterliegt gem § 3 Abs 1 Z 4 leg cit der Verpflichtung zur Leistung des Altlastenbeitrages.

 

 

V. Die Beschwerde war damit als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 29. Jänner 2015, Zl.: Ra 2014/07/0102-3