LVwG-650150/10/KOF/JB/CG

Linz, 01.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn K M, geb. x, x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. K P, x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 08. Mai 2014, VerkR21-88-1-2014 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung u.a., nach der am 11. August 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG wird die Beschwerde

als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid bestätigt.

 

II.       

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen
nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

·      die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B sowie eine allfällig bestehende ausländische Lenkberechtigung auf die Dauer von 16 Monaten – vom
20. Februar 2014 bis einschließlich 20. Juni 2015 – entzogen sowie

 

 

 

·      verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

-      eine Nachschulung zu absolvieren,

-      eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen und

-      ein vom Amtsarzt der belangten Behörde erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

 

Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 14. Mai 2014 – hat der Bf innerhalb offener Frist die begründete Beschwerde vom 10. Juni 2014 erhoben.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Dem Bf wurde – wegen der Begehung eines „Alkoholdeliktes“ nach § 99 Abs.1 StVO – die Lenkberechtigung auf die Dauer von sechs Monaten, vom 27. August 2011 bis einschließlich 27. Februar 2012 entzogen.

 

Der Bf lenkte am 25. Jänner 2014 um 22.08 Uhr einen – auf ihn zugelassenen, dem Kennzeichen nach näher bestimmten – PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr.

Dabei verschuldete der Bf einen Verkehrsunfall mit Sachschaden – der Pkw des Bf, ein weiterer abgestellter Pkw und ein Carport wurden schwer beschädigt.

Der Bf beging Fahrerflucht, kehrte allerdings um 22.19 Uhr mit seinem PKW an den Unfallort zurück.

 

Anlässlich der Amtshandlung verweigerte der Bf die Vornahme des Alkotests.

 

Die belangte Behörde hat über den Bf wegen der Verwaltungsübertretungen
nach § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO, § 4 Abs. 1 lit. a und § 4 Abs. 5 StVO Geldstrafen – Ersatzfreiheitsstrafen – verhängt.

 

Der Bf hat gegen dieses Straferkenntnis innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.

 

Am 11. August 2014 wurde beim LVwG OÖ. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bf, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie die Zeugen, Frau M. R., Herr R. D. und Herr Insp. M. B. teilgenommen haben.

 

 

 

 

Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Rechtsvertreter des Bf betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO die Beschwerde zurückgezogen. – In diesem Punkt ist dadurch das behördliche Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen.

 

Betreffend die Fahrerflucht (§§ 4 Abs.1 lit.a und 4 Abs.5 StVO) hat der Bf die Beschwerde aufrechterhalten und bestritten, im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles den auf ihn zugelassenen PKW gelenkt zu haben.

 

Die nach Beendigung des Beweisverfahrens durchgeführte Beweiswürdigung hat ergeben, dass – auch im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles – der Bf selbst den auf ihn zugelassenen PKW gelenkt hat.

 

Somit wurde am Schluss der mVh die Entscheidung verkündet und die Beschwerde betreffend die Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.a und
§ 4 Abs. 5 StVO abgewiesen.

 

Die Verkündung der Rechtsmittelentscheidung hat die Wirksamkeit ihrer Erlassung;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0021; Beschluss vom 16.11.2004, 2004/11/0154;

sowie die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage,

E7 zu § 51h VStG (Seite 1066) zitierte Judikatur.

 

Die schriftliche Ausfertigung – Erkenntnis des LVwG OÖ. vom 25.09.2014,
LVwG-600369/12 – wurde mittlerweile der belangten Behörde als einer der Parteien des Verfahrens am 01.10.2014 zugestellt und dadurch erlassen;

siehe die in Walter-Thienel, aaO, E1 zu § 51d VStG (Seite 1023f) zitierte  Judikatur sowie die Beschlüsse des VwGH vom 18.02.2010, 2009/10/0239 und vom 26.06.2009, 2008/04/0110.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;   

VwGH vom 20.09.2001, 2001/11/0237; vom 23.04.2002, 2002/11/0063; vom 08.08.2002, 2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 06.07.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur  uva.

 

Diese Bindungswirkung besteht auch dann, wenn gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben wird bzw. wurde;

VwGH vom 18.01.2000, 99/11/0333; vom 20.09.2001, 2001/11/0237; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 06.07.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur

 

 

 

 

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 30 Abs.2 FSG ist dem Besitzer einer – allfällig bestehenden (VwGH vom  17.03.2005, 2005/11/0057 und vom 20.03.2012, 2012/11/0014) – ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines
(§ 1 Abs.4 FSG) welcher einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z.1 FSG) in Österreich hat,
die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 FSG zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 iVm)
§ 99 Abs.1 StVO begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.04.2002, 2000/11/0184; vom 22.02.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur; vom 19.07.2002, 2000/11/0171; vom 06.04.2006, 2005/11/0214.

 

Der Bf hat innerhalb von 2 1/2 Jahren zwei „Alkoholdelikte“ nach § 99 Abs.1 StVO begangen. – Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit; VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 20.3.2001, 2000/11/0089; vom 23.5.2000, 2000/11/0102; vom 23.4.2002, 2000/11/0182; vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 24.9.2003, 2001/11/0285; vom 27.2.2004, 2002/11/0036; vom 20.4.2004, 2003/11/0143.

 

Für diese beiden Alkoholdelikte allein wäre bereits gemäß § 26 Abs.2 Z2 FSG die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens 12 Monate zu entziehen.

 

Beim zweiten Alkoholdelikt (Tatzeit: 25. Jänner 2014) hat der Bf jedoch
– wie dargelegt –  auch noch einen Verkehrsunfall mit beträchtlichem Sachschaden verschuldet und Fahrerflucht begangen.

 

Der VwGH hat – in vergleichbaren Fällen – folgende Entziehungsdauern als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen:

·      Erkenntnis vom 08.08.2002, 2001/11/0210 mit umfangreicher Vorjudikatur:

erstes Alkoholdelikt, Verkehrsunfall, Fahrerflucht;  Entziehungsdauer 10 Monate.

·      vom 27.04.1995, 95/11/0095 – 2 Alkoholdelikte innerhalb von ca. 13 Monaten;  

 Entziehungsdauer 15 Monate.

·      vom 21.01.2003, 2002/11/0227: zwei Alkoholdelikte jeweils iVm Verschulden eines Verkehrsunfall innerhalb von vier Jahren;  Entziehungsdauer: 18 Monate

·      vom 22.01.2002, 2001/11/0401: zwei Alkoholdelikte innerhalb von zwei Jahren; Entziehungsdauer 15 Monate.

 

Betreffend das Erk. des VwGH vom 08.08.2002, 2001/11/0210 ist festzustellen, dass bei der damaligen Bf der Atemluftalkoholgehalt 0,68 mg/l betragen hat.

Für das Alkoholdelikt allein hätte die Mindestentziehungsdauer – nach der zur Tatzeit (11.08.1999) geltenden Rechtslage, § 26 Abs.1 Z3 FSG, BGBl I Nr. 120/ 1997 idF BGBl I Nr. 94/1998 – „nur“ drei Monate betragen.

Auf Grund des von der damaligen Bf verschuldeten Verkehrsunfalles sowie der Fahrerflucht wurde – wie dargelegt – eine Entziehungsdauer von 10 Monaten festgesetzt und vom VwGH als rechtmäßig bestätigt.

 

Weiters hat der Gesetzgeber mit der FSG-Novelle BGBl I. Nr. 93/2009 – diese ist am 01. September 2009 in Kraft getreten – bei Begehung eines Alkoholdeliktes nach § 99 Abs.1 StVO die Mindestentziehungsdauer von vorher vier Monate auf nunmehr sechs Monate erhöht!

 

 

Die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer – 16 Monate, gerechnet der Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides – entspricht somit der Rechtslage und war dadurch als rechtmäßig zu bestätigen.

 

Begeht der Lenker eines KFZ eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 StVO, dann ist der Betreffende gemäß § 24 Abs.3 FSG zu verpflichten

·      eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren,

·      eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen,

·      ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen

VwGH  vom 06.07.2004, 2004/11/0046;  vom 23.03.2004, 2004/11/0008;

vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 13.08.2003, 2003/11/0145; vom 24.06.2003, 2003/11/0142; vom 13.08.2003, 2003/11/0134; vom 13.08.2003, 2003/11/0133; vom 23.05.2003, 2003/11/0130; vom 20.10.2001, 2000/11/0157.

 

Es war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und der behördliche Bescheid zu bestätigen.

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des

Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung  des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Josef Kofler