LVwG-750117/6/ER

Linz, 16.06.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde Herrn M. S., geb. x, StA von Pakistan, c/o C. R. A., House Number x, x Block, x Town, P., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 5. April 2013, GZ: Sich40-20290,

 

zu Recht e r k a n n t:

 

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (im Folgenden: belangte Behörde) vom 5. April 2013, GZ Sich40-10340, wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) der am 1. Februar 2013 mit einer Befristung bis 1. Februar 2014 erteilte Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte“
Nr. A 25960237 mit sofortiger Wirkung entzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

„Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, sind pakistanischer Staats-angehöriger und somit Fremder gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 NAG.

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis stellte Ihnen gemäß § 41 Abs. 2 Ziffer 2 NAG am 01.02.2013 den bis 01.02.2014 gültigen Erstaufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte" Nr. x für die unselbständige Arbeitsaufnahme als sonstige Schlüsselkraft bei der F., R., Xstraße x, aus.

Aus Ihrem Versicherungsdatenauszug ergibt sich folgende Beschäftigung: 04.02.2013 bis 26.02.2013: F.

Am 27.02.2013 teilte die F. der Behörde mit, dass das Dienstverhältnis mit Ihnen am 26.02.2013 während der Probezeit aufgelöst wurde.

Das Arbeitsmarktservice Oö. gab daraufhin am 05.03.2013 schriftlich bekannt, dass bei Ihnen die Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht mehr vorliegen.

 

Mit Schreiben vom 06.03.2013 wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass die Behörde beabsichtigt, Ihnen den Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rote - Karte" zu entziehen. Im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs gaben Sie am 08.03.2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis folgende Äußerung ab:

‚Es ist richtig, dass ich die Anstellung bei der F. als Schlüsselkraft mit 26.02.2013 verloren habe. Diesbezüglich lege ich eine schriftliche Mitteilung von F. über die Lösung des Dienstverhältnisses während der Probezeit vor. Aus meiner Sicht befand ich mich noch in der Ausbildungs- bzw. Lernphase, möglicherweise habe ich die an mich gestellten Anforderungen während der ersten 3 Wochen nicht zeitgerecht erledigt. Ich hätte vermutlich noch mehr Zeit benötigt. Weitere Umstände, die zur Lösung des Dienstverhältnis geführt haben könnten, vermag ich nicht anzugeben.

Ich ersuche die Behörde, von einer sofortigen Entziehung der Rot-Weiß-Rot Karte Abstand zu nehmen und mir wenigstens 3 Monate Zeit zu geben, damit ich mir eine andere Schlüsselkraftstellung suchen kann. Ich habe mich konkret schon bei der Firma B. beworben. Außerdem möchte ich mich auf ein passendes Jobinserat der
Fa. B. in Österreich bewerben. Bei der W. AG in R. hat man mir gesagt, dass ich für eine Arbeitsaufnahme dort Deutschkenntnisse benötige. Da ich diese nicht im erforderlichen Umfang besitze, macht eine Bewerbung bei W. derzeit keinen Sinn. Im Übrigen habe ich vor auch noch Bewerbungen an die deutschen Unternehmenssitze von BMW und Audi zu senden.

 

Zu meinen persönlichen Verhältnissen gebe ich an, dass ich zuletzt 3 Jahre lang in S. das Masterstudium Manifacturing Management absolviert habe. Dies war mein erster Aufenthalt in der EU. Ich bin ledig und habe keine Kinder. Ich habe keine Verwandten in Österreich oder der EU. Meine Eltern leben in P.. Die Tätigkeit bei F. war mein erster Arbeitsplatz im Gebiet der EU. Zuvor arbeitete ich von Juli 2007 bis März 2009 in Pakistan als Qualitätsmanagement-Ingenieur. Nach Österreich bin ich im Zuge des Schlüsselkraftverfahrens am 31.01. oder01.02.2013 eingereist.

 

Die Behörde ist bei ihrer Entscheidung von folgender rechtlichen Beurteilung ausge-gangen:

...

 

Im vorliegenden Fall ist der Ihnen erteilte Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" deshalb zu entziehen, weil Ihr Arbeitsverhältnis bei der F. am 26.02.2013 geendet hat und bei Ihnen laut Mitteilung des Arbeitsmarktservice vom 05.03.2013 die Voraussetzungen als Schlüsselkraft gemäß § 12b Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht mehr vorliegen.

An diesen Tatsachen und deren zwingenden Rechtsfolgen vermögen Ihre Ausführungen vom 08.03.2013 nichts zu ändern.

Eine Zweckänderung auf den Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung" gemäß § 43 Abs. 1 NAG kommt ebenso wenig in Betracht, da für Sie keine wie immer geartete Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) vorliegt.

Mit der gegenständlichen Entziehung des Aufenthaltstitels ist im Hinblick auf die sehr kurze Dauer Ihrer Beschäftigung und Ihres Aufenthalts im Bundesgebiet kein relevanter Eingriff in die Ausübung Ihres Privat- und Familienlebens im Sinne von § 28 Abs. 4 NAG verbunden. Sie weisen in Österreich keine beruflichen, familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte auf. Eine Rückkehr in den Herkunftsstaat ist zumutbar. Mit der vorliegenden Entscheidung ist im Übrigen auch keine Einreisesperre verbunden.

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

I.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schreiben vom 22. April 2013 rechtzeitig Berufung/Beschwerde und begründete diese wie folgt:

 

„Ich verfüge über Schlüsselqualifikationen, die in Österreich nachgefragt sind. Österreich sucht Schlüsselkräfte - das ist auch der Grund, warum ich nach Österreich gekommen bin. Es gibt in Österreich viele meinem beruflichen Profil entsprechende Jobs. Ich bin sicher, dass ich einen Job finde, wenn mir dazu die Gelegenheit der Bewerbung und des Aufenthalts gegeben wird. Ich habe bis jetzt schon zahlreiche Bewerbungen geschrieben und bemühe mich, Arbeit zu finden.

Ich möchte mein berufliches Leben in Österreich starten und mich hier auch niederlassen.

Der Bewerbungsprozess wird 3 Monate dauern.

Parallel zu meiner Arbeit möchte ich Deutsch lernen, weil mir bewusst ist, dass ich die Deutsche Sprache für meinen beruflichen Werdegang brauche.

Zum Beweis dafür, dass ich über Schlüsselqualifikationen verfüge und dass das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber aufgelöst wurde, ersuche ich um Vernehmung der zuständigen Person bei F.

 

Beweis:

Master degree „manufactoring managment"

Bachelor degree „industrial & manufactoring engineering"

Bewerbungsschreiben

 

Aus den oben gesagten Gründen ersuche ich Sie, mir die erforderliche Zeit von 3 Monaten zu geben, um eine Chance zu erhalten, mich als Schlüsselkraft zu bewerben.“

 

I.3. Das Oö Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 27. Jänner 2014 vom Bundesministerium für Inneres vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Verwaltungsakt ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, zumal die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist pakistanischer Staatsbürger. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis stellte dem Bf gemäß § 41 Abs 2 Z 2 NAG am 1. Februar 2013 den bis 1. Februar 2014 gültigen Erstaufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte“, Nr x, für die unselbstständige Arbeitsaufnahme als sonstige Schlüsselkraft bei der Fa X., R., xstraße x, aus.

 

Das Dienstverhältnis mit der F. wurde am 26. Februar 2013 aufgelöst.

 

Die regionale Geschäftsstelle des Oö. Arbeitsmarktservice in Schärding gab daraufhin am 5. März 2013 schriftlich bekannt, dass die Voraussetzungen des Bf für die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht mehr vorliegen. Mit E-Mail vom 12. Juni 2014 teilte die regionale Geschäftsstelle des Oö. Arbeitsmarktservice in Schärding dem
Oö. Landesverwaltungsgericht mit, dass diese Information nach wie vor aktuell ist.

 

Der Bf hat keinen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs 1 NAG gestellt und verfügt weder über eine Berechtigung nach dem AuslBG noch hat er einen Antrag auf Ausstellung einer derartigen Berechtigung gestellt.

 

Der Bf hat am 2. Mai 2013 seinen Wohnsitz in Österreich abgemeldet. Mit E-Mail vom 16. August 2013 gab der ehemalige Arbeitgeber des Bf, die Firma F., der belangten Behörde die Pakistanische Adresse des Bf bekannt.

 

Der Bf kam der Aufforderung der Bundesministerin für Inneres vom 17. Oktober 2013, sich zur beabsichtigen Abweisung seiner Berufung binnen zwei Wochen zu äußern, andernfalls das Verfahren aufgrund der Aktenlage fortgeführt wird, die ihm nachweislich am 3. Dezember 2013 zugegangen ist, bis dato nicht nach.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

III.1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG erkennen ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

Gemäß § 81 Abs 26 NAG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei der Bundesministerin für Inneres anhängigen Berufungsverfahren nach dem NAG ab 1. Jänner 2014 vom jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 zu Ende zu führen.

Es ist sohin im vorliegenden Fall das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl I Nr 50/2012 anzuwenden.

 

III.2. Gemäß § 28 Abs 6 NAG sind Aufenthaltstitel gemäß §§ 41 und 42 zu entziehen, wenn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der Behörde mitteilt, dass die jeweiligen Voraussetzungen gemäß §§ 12 bis 12c AuslBG nicht länger vorliegen.

 

 

IV. Darüber hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

IV.1. Dem Bf wurde gemäß § 41 Abs 2 Z 2 NAG ein Aufenthaltstitel als „sonstige Schlüsselkraft“ gemäß § 12d Abs 2 Z 2 iVm § 12b Z 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für einen bestimmten Zeitraum für die unselbstständige Arbeitsaufnahme bei der Firma F., xstraße x, R. erteilt. Dieser Aufenthaltstitel war demnach an die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit bei einer bestimmt festgelegten Firma gebunden.

 

Das Dienstverhältnis wurde jedoch während der Probezeit am 26. Februar 2013 beendet. Daraufhin teilte die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der belangten Behörde mit E-Mail vom 5. März 2013 mit, dass die Voraussetzungen für die Einstufung des Bf als Schlüsselkraft gemäß § 12b AuslBG aufgrund der Abmeldung des Bf von der Sozialversicherung nicht mehr vorlägen.

 

Gemäß § 28 Abs 6 NAG sind Aufenthaltstitel gemäß §§ 41 und 42 NAG zu entziehen, wenn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice der Behörde mitteilt, dass die jeweiligen Voraussetzungen gemäß §§ 12 bis 12c AuslBG nicht länger vorliegen.

 

Da der Aufenthaltstitel des Bf an die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in einem bestimmten Unternehmen gebunden war, das Dienstverhältnis mit diesem Unternehmen beendet wurde und die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice daher mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen des Bf gemäß § 12b AuslBG nicht mehr vorliegen, der Bf auch sonst keine Berechtigung nach dem AuslBG vorweisen kann, noch einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs 1 NAG gestellt hat, war der Aufenthaltstitel durch die belangte Behörde zu entziehen.

 

 

V. Im Ergebnis war daher die Beschwerde des Bf abzuweisen und der bekämpfte Bescheid zu bestätigen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. R e i t t e r