LVwG-300454/2/KL/SH

Linz, 01.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Ilse Klempt über die Beschwerde des S. B., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. Juni 2014, SV96-150-2014, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz - ASVG

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 872 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30.6.2014, SV96-150-2014, wurde über den Beschwerdeführer (kurz: Bf) eine Geldstrafe von je 2.180 Euro in zwei Fällen, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 120 Stunden in zwei Fällen, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der „P. GmbH“ mit Sitz in x, zu verantworten hat, dass von dieser Gesellschaft als Dienstgeber die seit 7.1.2014, 07.30 Uhr, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt Beschäftigten von der Voll-versicherung gemäß § 5 ASVG nicht ausgenommenen, in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversicherten Dienstnehmer:

1. Ö. I.

2. Y. I.

nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (Oö. GKK) angemeldet wurden (weder mit Mindestangaben, noch Vollanmeldung), obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG pflichtversicherte Person (Voll- und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken-versicherungsträger an- und binnen 7 Tagen nach Ende der Pflichtversicherung abzumelden haben. Der Bf scheint bereits wegen gleichartiger Übertretungen nach dem ASVG rechtskräftig bestraft auf (ha. Straferkenntnisse vom 26.9.2011, SV96-432-2011, und vom 27.8.2012, SV96-541-2012).

 

 

II.            Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde durch den Bf eingebracht und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausge-führt, dass die Herren Y. I. und Ö. I. am 7.1.2014 nicht für die Firma P. GmbH gearbeitet hätten, sondern der Arbeitsbeginn erst am 8.1.2014 erfolgt sei. Somit sei auch die Anmeldung bei der Sozialversicherung am 8.1.2014 erfolgt. Es hätte auch schon öfters Probleme mit den Herren gegeben, weil sie Stunden eingeschrieben hätten, die nicht geleistet worden seien. Die genannten Personen seien am 7.1.2014 im Büro des Bf erschienen, um gemeinsam die Anmeldung bei der Sozialversicherung sowie den Arbeitsvorgang auf der Baustelle W. zu besprechen. Allerdings habe Herr Y. I. so stark nach Alkohol gerochen, dass er umgehend nach Hause geschickt werden musste und sich Herr Ö. I. bereit erklärt hätte, seinen Bruder Y. sicher nach Hause zu bringen. Es sei daher der Arbeitsantritt auf 8.1.2014 verschoben worden. Auch habe Herr Y. I. ver-sprochen, dass sich dieser Vorfall nicht mehr wiederholen werde.

 

 

III.           Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt aus-reichend geklärt ist und nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde und eine mündliche Verhandlung von den Parteien nicht beantragt wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 Z.1 VwGVG entfallen.

 

IV.1. Folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt steht als erwiesen fest und wurde auch vom Bf nicht bestritten, sondern auch der Beschwerde zugrunde gelegt:

Der Bf war zum Tatzeitpunkt 7.1.2014 handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in x. Die Beschäftigten Ö. und Y. I. waren arbeitslos gemeldet und es war mit dem Bf schon im Dezember 2013 ausgemacht, dass sie wieder am 7.1.2014 arbeiten können. Sie mussten vereinbarungsgemäß am 7.1.2014 um 7.30 Uhr zur Arbeit erscheinen und sind auch gekommen. Herr Ö. I. lebt seit 26 Jahren in Österreich und ist der Partieführer. Sein Bruder Y. und ein weiterer Arbeitnehmer arbeiten unter ihm. Vereinbart war eine Entlohnung von ca.
9 Euro. Y. I. sollte in Vollzeit arbeiten, sein Bruder Ö. 20 Stunden in der Woche.

Laut Versicherungsdatenauszug und elektronischem Datensammelsystem langte eine Meldung zur Sozialversicherung der beiden Arbeitnehmer am 8.1.2014 mit Beginn ab 8.1.2014 ein. Ö. I. wurde mit 39 Stunden pro Woche 5 Tage in der Woche angemeldet, Y. I. mit 20 Wochenstunden.

Weiters liegen Arbeitszeitaufzeichnungen für den 7.1.2014 der beiden Arbeit-nehmer vor, wonach sie für die P. GmbH von 7.30 bis 17.30 Uhr gearbeitet haben.

Bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck liegen zwei rechtskräftige ein-schlägige Vorstrafen gegen den Bf vor.

 

 

V.           Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

V.1. Gemäß § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teil-versicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzu-melden.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von

2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstraf-bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 4.9.2013,
Zl. 2013/08/0156) ist der Arbeitsantritt im Sinn des § 33 Abs. 1 ASVG schon mit dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem der Dienstnehmer vereinbarungsgemäß am Arbeitsort erscheint und dem Dienstgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Darauf, ob sogleich mit der konkreten Tätigkeit begonnen wird oder zunächst etwa administrative Angelegenheiten erledigt werden, kommt es nicht an.

 

V.2. Im Grunde der vorzitierten Gesetzesbestimmungen und der diesbezüg-lichen einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf den objektiven Tatbestand erfüllt. Nach den Arbeitsaufzeichnungen der angetroffenen und kontrollierten Arbeitnehmer haben diese am 7.1.2014 für die P. GmbH Arbeiten durchgeführt. Die Meldung zur Sozialversicherung erfolgte nachweislich aber erst mit 8.1.2014 und sohin nicht vor Arbeitsantritt.

Die Einwendungen des Bf in seiner Beschwerde führen jedoch nicht zum Erfolg. Im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung wäre selbst ein Erscheinen im Büro des Bf und Besprechen der Anmeldung der Sozialversicherung und des Arbeitsvor-ganges auf der Baustelle W. bereits als Arbeitsantritt zu werten, weil zu diesem Zeitpunkt ausgemacht war, dass die Arbeitnehmer am Arbeitsort erscheinen und ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Ob die Arbeitskraft dann tatsächlich in Anspruch genommen wird, ist dabei nicht von Belang.

Der Bf war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer und ist daher gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

V.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht ge-hört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Ver-waltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen Ungehorsams-delikte dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahr-lässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bf kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allge-mein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht aus.

Ein Vorbringen zur Entlastung hat der Bf nicht gemacht. Auch wurden keine Beweise hinsichtlich des Fehlens seines Verschuldens beigebracht. Es war daher im Sinne der gesetzlichen Vermutung von zumindest fahrlässiger Tatbegehung auszugehen. Es liegt somit auch Verschulden vor.

 

V.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 – 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Er-messensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfung des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Straferkennt-nisses durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse zugrunde gelegt. Mildernde Umstände waren nicht festzustellen; Unbescholtenheit lag nicht vor. Dagegen waren zwei einschlägige rechtskräftige Vorstrafen wegen gleich-artiger Verstöße gegen das ASVG bei der belangten Behörde vorgemerkt. Sie ist daher vom Wiederholungsfall und daher vom erhöhten Strafrahmen ausgegangen. Es wurde die gesetzliche Mindeststrafe im Wiederholungsfall ver-hängt.

Diesen Erwägungen hat der Bf in seiner Beschwerde nichts entgegen gesetzt und keine Umstände für eine Milderung oder Strafherabsetzung vorgebracht. Auch kamen solche nicht im Beschwerdeverfahren hervor. Es konnten daher die Er-wägungen der belangten Behörde auch der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt werden. Da es sich um einen Wiederholungsfall handelte und die gesetz-liche Mindeststrafe für diesen Wiederholungsfall verhängt wurde, kann nicht ge-funden werden, dass die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte. Die jeweils verhängten Geldstrafen je Delikt sind tat- und schuldangemessen und nicht überhöht. Es konnten daher sowohl die Geldstrafen als auch Ersatzfreiheits-strafen bestätigt werden. Milderungsgründe lagen hingegen nicht vor, sodass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht an-zuwenden waren. Auch lag nicht Geringfügigkeit des Verschuldens des Bf vor, weil das Verhalten des Bf nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher auch nicht mit Verfahrenseinstellung oder Ermahnung vorzugehen.

 

 

VI. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafen, das sind 872 Euro, aufzuerlegen.

 

 

VII.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Ilse Klempt