LVwG-300176/3/Wim/PP

Linz, 22.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde des O.H.O., x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.04.2013, GZ: Ge96-128-2012-Bd/Dm, wegen Übertretungen des  ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes (ASchG)

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 60 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Ver­fahrens­­kostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG auf 480 Euro.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

zu I.:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) als handelsrechtlichen Geschäftsführer der T.D. GmbH in x, als zur Vertretung nach außen berufenes Organ und als strafrechtlich Verantwortlichen wegen Übertretungen des § 130 Abs. 5 Z. 1 iVm § 118 Abs. 3 ASchG  iVm §§ 7-10 sowie § 87 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) 4 Geldstrafen in der Höhe von jeweils 1.500 Euro, bei Uneinbringlichkeit 4 Ersatzfreiheitsstrafen in der Höhe von jeweils von 75 Stunden sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag ver­hängt.

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T.D. GmbH in x, und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, dass anlässlich einer am 20.11.2012 auf der Baustelle x, Bauteil x, x, durchgeführten Kontrolle von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz festgestellt wurde, dass die gesetzlichen Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung nicht erfüllt waren.

 

Am 20.11.2012 waren 4 Arbeitnehmer der obgenannten Firma auf dem ca. 3° geneigten Flachdach der Baustelle x, Bauteil x, x, bei einer Absturzhöhe von ca. 12 m mit Isolierarbeiten beschäftigt, wobei sich folgende 4 Arbeitnehmer

1.  Herr H.H., geb. x,

2.  Herr S.A., geb. x,

3.  Herr A.I., geb. x und

4.  Herr M.Z., geb. x

 

an den Seiten des Daches aufhielten, an denen eine Absturzhöhe von ca. 12m gegeben war, wobei keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 BauV vorhanden waren.

 

Gemäß § 87 Abs. 2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m geeignete Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§7-10 BauV vorhanden sein.“

 


 

2. Dagegen hat der Bf rechtzeitig Beschwerde erhoben und darin zusammen­gefasst vorgebracht, dass im Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses die T.D. GmbH in Konkurs gewesen sei. Er könne die Strafe daher nicht bezahlen, da er derzeit weder über Einkommen noch Vermögen verfüge. Zudem sei die Firma bereits im Zeitpunkt der Strafausstellung insolvent gewesen und wäre er daher nicht mehr Geschäftsführer gewesen. Es wurde um Einstellung des Strafver­fahrens ersucht.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsstrafverfahrensakt. Daraus ergibt sich der im Spruch festgestellte Sachverhalt, der auch durch den Bf nicht bestritten wurde. Weiters ist aus den einliegenden Firmenbuchauszügen zu ersehen, dass der Bf seit 30.03.2012 handelsrechtlicher Geschäftsführer der T.D. GmbH war, der Tatvorwurf den 20.11.2012 umfasst und die Konkurseröffnung am 08.05.2013 erfolgte. Das Straferkenntnis wurde im August 2013 rechtswirksam zugestellt. Der Bf hat derzeit weder Einkommen noch Vermögen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

4.1. Hinsichtlich der geltenden Rechtsvorschriften kann auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis grundsätzlich verwiesen werden.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber den angeführten Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Der objektive Tatbestand der Übertretung (die Ausführungen von Dacharbeiten ohne Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen bei einer Absturzhöhe von ca. 12 m) wurde auch vom Bf nicht bestritten und ist daher der objektive Tatbe­stand der Übertretung als erfüllt anzusehen.

 

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist auszuführen, dass grundsätzlich der handelsrechtliche Geschäftsführer einer GmbH diese nach außen vertritt und auch verwaltungsstrafrechtlich zu belangen ist. Erst mit Eröffnung des Insolvenz­verfahrens geht diese Verantwortlichkeit auf den Insolvenzverwalter über allerdings erst für Vorfälle ab diesem Zeitpunkt. Für Übertretungen davor bleibt der handelsrechtliche Geschäftsführer unbeschränkt verantwortlich. Es war daher der Umstand, dass im Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses das Unternehmen bereits in Konkurs war, rechtlich nicht relevant.

 

4.2. Hinsichtlich der Beurteilung des Verschuldens lautet § 5 VStG:

Abs. 1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Abs. 2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um sogenanntes Ungehor­samsdelikt bei dem Fahrlässigkeit anzunehmen ist, sofern der Täter nicht glaub­haft macht, dass ihn der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da der Bf im gesamten bisherigen Verfahren kein schuldentlastendes Vorbringen erstattet hat, ist von Fahrlässigkeit hinsichtlich der subjektiven Tat­seite auszugehen.

 

4.3.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessens­entscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsver­folgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüf­barkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.3.2. Zur konkreten Strafbemessung kann grundsätzlich auf die Ausführungen der Erstinstanz verwiesen werden. Grundsätzlich weist der Bf im Zeitpunkt der Übertretung zwar keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen aus, er ist jedoch auch nicht verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Es gilt für ihn daher der niedrigere Strafrahmen des § 130 Abs. 5 VStG. Angesichts der enormen Absturzhöhe erscheinen die verhängten Strafen grundsätzlich als angemessen. Zusätzlich strafmildernd zu berück­sichtigen war jedoch die nunmehrige prekäre finanzielle Situation des Bf.

 

Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände war somit insgesamt die spruchgemäß vorgenommene Strafreduktion zu gewähren.

 

Sonstige Gründe für eine Strafherabsetzung liegen nicht vor. Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 45 Abs. 1 letzter Satz VStG (außer­ordentliche Strafmilderung bzw. Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) war Abstand zu nehmen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen bzw. geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie geringes Verschulden) nicht gegeben sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten, da der Beschwerde zumindest teilweise Folge gegeben wurde. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich aufgrund der vorgenommenen Strafreduktion gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer