LVwG-350074/21/Py/PP

Linz, 22.10.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde der Frau A.M., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. G.H., x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24.06.2014, GZ: SO10-719027, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunter­haltes und des Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung), den

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

I.         Der Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Braunau am Inn vom 24.06.2014, GZ: SO10-719027, wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

 

II.       Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24.06.2014, GZ: SO10-719027, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs abgewiesen. Begründend wird zusammengefasst angeführt, dass die Bf im Monat der Antragstellung über eine Notstandshilfe in Höhe von 166,14 Euro verfügte und ihr ein Lohn von
74 Euro vom Autohaus E.K. 14x jährlich ausbezahlt wurde. Ihr Ehegatte, Herr A.B., hat in diesem Monat ein Arbeitslosengeld in Höhe von 673,63 Euro erhalten. Zudem liegt der Behörde eine Vereinbarung aus dem Jahr 2009 vor, wonach der Sohn der Bf, Herr M.B., auf unbe­stimmte Zeit Unterhaltsleistungen in Form von unentgeltlichem Wohnen und einem monatlichen Barunterhalt in Höhe von 550 Euro für die Bf zu leisten hat. Eine identische Vereinbarung wurde zwischen dem zweiten Sohn, Herrn M.B. und dem Ehegatten der Bf, Herrn A.B. abgeschlossen. Da beide Vereinbarungen auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurden, sind diese nach wie vor gültig und haben somit die Antragstellerin als auch ihr Ehemann diese Ansprüche gemäß § 7 Abs. 2 Z 3 Oö. BMSG geltend zu machen. Unter Anrechnung dieser angeführten Unterhaltsleistungen der Söhne überschreitet das Einkommen den Mindeststandard und war daher der Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs abzuweisen.

 

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig von der Bf im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben und zusammengefasst vorgebracht, dass zum Zwecke einer Familienzusammenführung im Jahr 2009 die Söhne der Bf eine Erklärung unterfertigten, wonach ihre Eltern unentgeltlich bei ihnen wohnen könnten und ihnen ein Barunterhalt in Höhe von je 550 Euro netto beginnend mit 20.01.2009 ausbezahlt wird. Die Unterhaltsleistungen wurden auf unbestimmte Zeit ver­sprochen, da zum damaligen Zeitpunkt noch nicht absehbar war, ab welchem Zeitpunkt die Bf sowie ihr Ehegatte einer für ihren Lebensunterhalt ausreichenden Arbeit in Österreich nachgehen könnten. In weiterer Folge konnten beide jedoch Arbeit finden und endete ab März 2010 der Bargeldbezug der Bf von ihrem Sohn M.B., ebenso wie jener ihres Ehegatten A.B. vom Sohn M.B. Mit Bescheid des Arbeitsmarkt­service Braunau am Inn vom 14.04.2014 wurde die Notstandshilfe der Bf per 10.04.2014 gänzlich eingestellt und erhält diese seit diesem Zeitpunkt keinerlei Unterstützung mehr. Ein Antrag der PVA auf Alterspension scheiterte mangels aus­reichender Beitragsmonate, respektive Versicherungsmonate für die Wartezeit. Die Behörde ging daher fälschlicherweise davon aus, dass eine Not­lage aufgrund der Unterhaltszahlungen der Söhne nicht gegeben ist. Seitens des AMS wurde in einer Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes vom 26.02.2014 festgehalten, dass diese nicht mehr leistungsfähig und nicht mehr am Arbeits­markt vermittelt werden könne. Eine soziale Notlage und Bedürftigkeit im Sinn des Oö. Mindestsicherungsgesetzes liege daher vor und wäre diese – zumindest in einem kleinen Rahmen – zuzuer­kennen gewesen. Die Bemühungspflicht im Sinn des § 7 Oö. Mindest­sicherungsgesetz wurde somit durch die Bf nicht verletzt, vielmehr habe sie sich durch Antragstellung bezüglich einer österreichischen Pension bzw. einer italienischen oder Schweizer Rente aus­reichend um eine Bewältigung ihrer Notlage bemüht, weshalb zumindest die befristete Zuerkennung von bedarfsorientierter Mindestsicherung rechtmäßig wäre.

 

 

3. Mit Schreiben vom 28.07.2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.10.2014. An dieser nahmen die Bf mit ihrem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten Behörde teil. Als Zeugen wurden der Ehegatte der Bf, Herr A.B. sowie ihre beiden Söhne M.B. und M.B. einvernommen. In der mündlichen Verhandlung legte die Bf ein Schreiben des zuständigen Sozialversicherungsträgers der Schweizerischen Eidgenossenschaft vor, wonach derzeit ein Pensionsanspruch nicht bestehe. Des weiteren wurden Aufstellungen hinsichtlich der derzeitigen Einkommens- und Vermögensver­hältnisse des Herrn A.B. sowie der Söhne M.B. und Gattin S. sowie M.B. vorgelegt. Mit Schreiben vom 10.10.2014 legte die Bf – wie in der mündlichen Verhandlung vereinbart - ergänzend eine Bescheinigung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. Oktober 2014 über ihr Recht auf Daueraufenthalt in Österreich vor.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bf ist italienische Staatsangehörige und ist gemäß § 53a Abs. 1 Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt. Sie ist im Jahr 2008 gemeinsam mit ihrem Ehegatten, Herrn A.B., nach Österreich übersiedelt, um hier gemein­sam mit den in Österreich bereits erwerbstätigen Söhnen und deren Familien zu leben. Zum damaligen Zeitpunkt hoffte der Ehegatte der Bf, dass er in weiterer Folge eine in Aussicht gestellte Arbeitsstelle beim Arbeitgeber seiner Söhne erhalten würde. Nachdem zunächst jedoch weder die Bf noch ihr Ehegatte eine entsprechende Arbeitsmöglichkeit fanden, bestätigten für den Erhalt eines Aufenthaltsrechtes von mehr als drei Monaten ihrer Eltern in Österreich die beiden Söhne in einer Vereinbarung vom 19. Jänner 2009, dass sie je einem Elternteil Wohnmöglichkeit sowie Unterhalt in Höhe von 550 Euro netto monatlich ab 20. Jänner 2009 gewähren.

Die Bf ging in weiterer Folge verschiedenen zumeist geringfügigen Beschäftigungen in Österreich nach, ihr Ehegatte fand über eine Arbeitsstiftung bei der Firma B. eine Arbeit, war bei der Firma H.L. GmbH als Arbeiter tätig sowie zuletzt vom 03.11.2010 bis 11.06.2011 als geringfügig beschäftigter Arbeiter in einem Gastronomiebetrieb. Wie bereits ursprünglich vereinbart stellten die Söhne nach Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbs­tätigkeit der Eltern im gegenseitigen Einvernehmen im Jahr 2010 die gewährten Unterhaltsleistungen wieder ein. Den Eltern wurde aber weiterhin eine Wohn­möglichkeit zur Verfügung gestellt.

 

In einem medizinischen Gutachten vom 24.03.2014 wurde der Bf Arbeits­unfähigkeit bescheinigt und wurden ihre AMS-Leistungen eingestellt. Ihr Antrag auf Zuerkennung der Alterspension wurde mit Bescheid der Pensionsver­sicherungsanstalt vom 16.06.2014, AZ. OLA/5840 291253-1 01 Z, abgelehnt. Hinsichtlich ihrer beantragten Altersrente aus der Schweiz wurde ihr mit Schreiben vom 05.08.2014 vom Dipartimento Federale delle Finanze DFF der Schweizer Eidgenossenschaft mitgeteilt, dass erst mit 64 Jahre - somit ab 29.12.2017 - ein abschlagsfreier Pensionsanspruch vorliegt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis
der mündlichen Verhandlung vom 03.10.2014 und wird in dieser Form nicht bestritten.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. § 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, lautet:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­an­ gehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Dauer­aufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungs­nachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von
Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1. der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2. dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. BMSG ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Über­windung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 Oö. BMSG gelten als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 insbesondere

  1. der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;
  2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;
  3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie
  4. die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragenen Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG hat die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung und Berücksichtigung des Einkommens- und des verwertbaren Vermö­gens der hilfebedürftigen Person sowie tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter zu erfolgen.

 

Gemäß § 51 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I
Nr. 100/2005 idgF sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.   in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.   für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichs­zulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.   als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufs­ausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sind aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.   Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.   Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und da­rüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.   Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tat­sächlich gewährt wird;

4.   Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nach­weist, oder

5.   sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind

a.    die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben

b.    die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemein­schaft gelebt haben, oder

c.    bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

 

Gemäß § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen nach §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

 

5.2. Die belangte Behörde beruft sich in ihrer abweisenden Entscheidung auf die im Akt ein­liegenden Vereinbarungen der Bf sowie ihres Ehegatten mit den beiden Söhnen aus dem Jahr 2009 und führt aus, dass die Bf gehalten ist diese Ansprüche aufgrund der ihr gemäß § 7 Oö. BMSG zukommenden Bemühungs­pflicht entsprechend zu verfolgen. Aufgrund der somit durchzuführenden Anrechnung der Unterhaltszahlungen der Söhne an die Eltern in Höhe von je
550 Euro werde daher der Mindeststandard überschritten. Maßstab für die Beurteilung der sachlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes die aktuelle soziale Notlage, die ein Tätigwerden im Rahmen der bedarfsorientierten Mindestsicherung mit sich bringen kann. Den Ausführungen der belangten Behörde ist daher entgegenzuhalten, dass nach Angaben der Beschwerdeführerin dieser monatliche Unterhalt inzwischen nicht mehr geleistet wird, was auch durch die schlüssigen Angaben der in der mündlichen Verhandlung einvernommen Zeugen glaubwürdig bestätigt wurde. Jedoch auch der Vorwurf, die Bf würde ihrer Bemühungspflicht zur Abwendung oder Milderung ihrer aktuellen Notlage nicht ausreichend nachkommen, geht ins Leere, da sie der Rechtsnatur der vom Sohn im Jahr 2009 schriftlich auf unbestimmte Dauer zugesagte Leistung keine Rechnung trägt. Handelt es sich doch dabei nicht um eine zwingend bzw. gesetzlich vorgesehene und somit auch einklagbare Unterhaltspflicht, sondern vielmehr um eine gewillkürte freiwillige privat­rechtliche Zuwendung eines Familienangehörigen, die von den Parteien jederzeit widerrufen werden kann.

 

5.3. Eine Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung an die Bf bewirkt zudem nicht die in § 4 Abs. 1 Z 2 lit.c Oö. BMSG angeführten Rechtsfolgen, nämlich einen Verlust des Aufenthaltsrechtes der Bf in Österreich. § 4 Oö. BMSG legt die persönlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung fest. Daraus geht hervor, dass die Bf inzwischen zu dem in Abs. 2 Z 2 lit.d dieser Bestimmung aufgezählten Personenkreis zählt. Während es zum Zeitpunkt der Niederlassung der Bf in Österreich im Jahr 2008 aufgrund der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen erforderlich war, dass die Bf entweder selbst als Arbeitnehmerin oder Selbständige in Österreich tätig ist oder ihr – wie in der gegenständlichen Vereinbarung vom 19.01.2009 zugesagt – tatsächlicher Unter­halt gemäß § 52 Abs. 1 Z 3 NAG gewährt wird, ist diese Voraussetzung nunmehr weggefallen, da der Bf, die als EWR-Bürgerin inzwischen fünf Jahre rechtmäßig ihren Lebensmittelpunkt in Österreich gewählt hat, das (nunmehr uneingeschränkte) Recht auf Daueraufenthalt im Bundesgebiet zukommt, was durch die von der Bf im Anschluss an die mündliche Verhandlung vorgelegte Bescheinigung auch bestätigt wird.

 

Da somit die rechtlichen Voraussetzungen für die Einrechnung der aus dem
Jahr 2009 erfolgten freiwilligen Unterhaltsvereinbarung durch die Söhne nicht gegeben sind und dieser Betrag für die Ermittlung des Vorliegens der sachlichen Voraussetzungen für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht heranzuziehen ist, hat eine Neu­berechnung der Antragsvoraussetzungen stattzu­finden. Ergänzend wird angemerkt, dass nach Auffassung des Landesver­waltungs­gerichtes Oö. außer Zweifel steht, dass sowohl der Ehegatte der Bf wie auch sie selbst im Jahr 2008 ihren Aufenthalt in Österreich grundsätzlich unter Erwerbsabsicht genommen haben und von ihnen – unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten – auch entsprechende Bemühungen stattfanden, um durch eine Arbeitstätigkeit ausreichende eigene Finanzmittel für die Bestreitung des Lebensunterhaltes zu erreichen.

 

5.4. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den ange­fochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungs­gericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

Nach dem die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass die im Akt ein­liegende Unterhaltsvereinbarung nach wie vor Gültigkeit hat und der Berechnung zugrunde zu legen ist, hat sie aufgrund der gegenständlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die Voraussetzungen hinsichtlich der Ermittlung der sozialen Notlage der Bf neu zu beurteilen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Oö. BMSG steht es der Bf nicht nur zu, eine Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid dem Grunde nach zu erheben; vielmehr besteht für die Bf auch das Recht, eine Beschwerde der Höhe nach zu erheben, sollte nach ihrer Auffassung die ihr gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung zu niedrig bemessen worden sein. Über die Frage der Höhe der Mindestsicherung hat sodann wiederum das Landesverwaltungsgericht Oö. zu entscheiden. Durch eine sofortige Sachentscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oö. würde der Bf im gegenständlichen Verfahren daher eine Instanz im Hinblick der Höhe der beantragten Leistung genom­men werden.

 

Insofern war daher der Beschwerde derart Folge zu geben, dass der Bescheid der belangten Behörde aufgehoben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an dieselbe zurückverwiesen wird. Die belangte Behörde ist im Rahmen ihrer Entscheidung an die Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oö. dahingehend gebunden, dass die freiwillige Unterhaltsvereinbarung aus dem Jahr 2009 im Rahmen der Berechnungsgrundlagen keine Berücksichtigung zu finden hat und Geldunterhalt durch den Sohn bzw. die Söhne aktuell nicht geleistet wird. Die tatsächliche Höhe der der Bf ab Antrag­stellung zuzuerkennenden bedarfsorientierten Mindestsicherung wird im weiteren Ver­fahren vor der belangten Behörde zu klären sein.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­ver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny