LVwG-800056/10/BMa/BZ

Linz, 01.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des S G aus W, vertreten durch Dr. T R, Rechtsanwalt in W, vom 21. März 2014, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 18. Februar 2014,
GZ: Ge96-4135-3-2013, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 idgF (im Folgenden: GewO)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 8 und Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Beschwerde­führer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

„1) Sie haben am 05.08.2013 um ca. 16:20 Uhr in x, x, im Lokal ‚P‘ dem Geschäftsführer des Lokals ein totalgefälschtes Mobiltelefon der Marke ‚x‘ sowie am 05.08.2013 in x, x, im Geschäft ‚S F S‘ den beiden Angestellten ein totalgefälschtes Mobiltelefon der Marke ‚x‘ zum Kauf angeboten und dadurch das Handels- und Handels­agentengewerbe selbstständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, somit gewerbsmäßig im Sinne des § 1 GewO 1994, ausgeübt, obwohl Sie für diese Tätigkeit über keine Gewerbe­berechtigung verfügen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 366 Abs. 1 Z 1 iVm §§ 5 Abs. 1 und 339 Abs. 1 GewO 1994

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe ver­hängt:

 

Geldstrafe von                falls diese uneinbringlich ist,                                    gemäß §                Ersatzfreiheitsstrafe von               

 

500,00 Euro            66 Stunden                                    366 Abs. 1 Einleitung

                                                            GewO 1994           

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

 

50,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich
100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550,00 Euro.“

 

Mit Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses wurde auch eine Verfallserklärung ausgesprochen:

 

„2) Die gemäß § 110 StPO beschlagnahmten Gegenstände

a) 2 x weiß

b) 1 Messerset x

c) 8 x

d) 8 x für x

e) 8 x

werden gem. § 369 GewO 1994 für verfallen erklärt.“

 

1.2. Gegen dieses seinem Rechtsvertreter am 21. Februar 2014 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 21. März 2014 mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Aufhebung und Neubemessung der Strafhöhe beantragt wird.

 

1.3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 7. April 2014 vor.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichterin.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) hat Einsicht genommen in den vorgelegten Verfahrensakt sowie den Verfahrensakt des aus verfahrensökonomischen Gründen zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Verfahrens LVwG-800054-2014 und am 25. Juni 2014 eine öffent­liche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf ordnungsgemäß geladen und in der Verhandlung rechtsfreundlich vertreten wurde.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

2.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der Bf hat im Beisein von S G, D G und I G ein paar Tage zuvor in W zwei x zu einem Preis von je 40 oder 50 Euro und ein Messerset zu einem Preis von 7 Euro erworben.

 

Am Tattag hat der Bf gemeinsam mit D G das Lokal „P“ aufgesucht und dem Geschäftsführer M E Y erzählt, dass sie vom Lokal „A S“ kommen würden und kein Geld mehr zum Spielen hätten. Anschließend hat D G dem Geschäftsführer ein x zum Kauf angeboten. Daraufhin hat der Bf gemeinsam mit D G das Geschäft „S“ betreten. D G hat dort den beiden Angestellten M A und D R dasselbe gefälschte x als Originalgerät zum Kauf angeboten. Der Bf hat kein Handy oder Messerset zum Kauf angeboten.

 

Bei seiner Betretung hat der Bf zwei x weiß, ein Messerset x, 8 x, 8 x für x und 8 x dabeigehabt.

 

Das von der Staatsanwaltschaft Wels wegen dieses Sachverhaltes geführte Ermittlungsverfahren wurde mangels Vorliegens einer mit gerichtlichen Strafe bedrohten Handlung eingestellt, weil die Beschuldigten - wohl auch allein schon aufgrund der Preisgestaltung für Laien erkennbar - mit gefälschten Gegenständen gehandelt haben bzw. zu handeln versuchten, somit fehle es bereits am Schädigungsvorsatz (Schreiben der Staatsanwaltschaft Wels vom 17. April 2014).

 

2.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten erstinstanzlichen Verfahrensakt, sowie dem dem Verfahrensakt zu LVwG-800054 angeschlossenen Abschlussbericht der LPD Oberösterreich vom 7. August 2013 der unter anderem Vernehmungspro­to­kolle, Bildbeilagen und Sicherstellungsprotokolle enthält, ergibt und als verlesen gilt.

 

Vom LVwG wurden Erhebungen zum Stand des Verfahrens vor der Staatsanwalt­schaft Wels getätigt.

 

Dass vom Bf keine Waren zum Verkauf angeboten wurden ergibt sich einerseits aus den Zeugenaussagen der beiden Angestellten des Geschäfts „S“. Demnach hielt sich der Bf, während D G die Waren angeboten hatte, zuerst in der Herrenabteilung und anschließend im Bereich der Kassen auf und sah sich bei der Damenbekleidung um (Zeugenaussage des A am 06.08.2013 bei der LPD).

Andererseits hat auch M E Y, der Betreiber der Pizzeria „P“ angegeben, dass ihm ein Handy von D G angeboten wurde und nicht etwa auch vom Bf (Zeugenaussage des Y am 06.08.2013 bei der LPD). Dieser war beim Gespräch nur anwesend.

 

2.3. Rechtsgrundlagen:

 

Gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF
BGBl. I Nr. 212/2013, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforder­liche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Nach § 1 Abs. 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbst­ständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welchen Zweck dieser bestimmt ist.

 

Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann und wenn sie längere Zeit erfordert.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gewerbe, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

 

Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen (Abs.2 leg.cit.).

 

2.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat der Bf selbst weder ein Handy noch ein Messerset zum Kauf angeboten. Er hat lediglich D G  begleitet.

Demnach hat er keine Tätigkeit durchgeführt, die unter den Begriff „Handelsgewerbe“ zu subsumieren ist. Auch wenn der Bf die Absicht gehabt hatte, die von ihm erworbenen Gegenstände zum Verkauf anzubieten, hat er keine Ausführungshandlungen vorgenommen.

 

Es ist daher bereits die objektive Tatseite nicht erfüllt, sodass eine Prüfung der subjektiven Tatseite entfallen kann.

 

2.5. Im Ergebnis war daher der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

3. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 8 und Abs. 9 VwGVG weder ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann