LVwG-750102/2/Sr/Spe

Linz, 23.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des P. Q., geb. x, kosovarischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. W., P. x, x R., gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. August 2013, AZ: 1025618/FP/13, mit dem ein Antrag auf Aufhebung eines unbefristeten Rückkehrverbotes abgewiesen wurde

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

 

I.         Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG iVm. § 60 Abs. 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 50/2012, wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Bescheid vom 7. November 2008, AZ: Sich40-16037, erließ die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gemäß § 62 Abs.1 und 2 iVm §§ 60 Abs. 2 Z 1 sowie 63 und 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF ein unbefristetes Rückkehrverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.

 

Einer dagegen erhobenen Berufung des Bf vom 20. November 2008 wurde von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich mit Bescheid vom 29. Jänner 2009 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Bf wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Dezember 2009 als unbegründet ab.

 

Mit Schreiben vom 27. März 2013 stellte der Bf einen Antrag auf Aufhebung dieses Rückkehrverbotes.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis trat den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 2. April 2013 zuständigkeitshalber an die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat W., ab.

 

2. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich wies daraufhin mit Bescheid vom 9. August 2013, AZ: 1025618/FP/13, den Antrag des Bf auf Aufhebung dieses Rückkehrverbotes ab. Die Dauer des Rückkehrverbotes wurde von Amts wegen gemäß § 54 Abs. 3 FPG auf 10 Jahre beschränkt.

Begründend führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

Sie sind Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Zi. 1 FPG, weil Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen.

Gemäß § 60 Abs. 5 FPG ist ein Rückkehrverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie reisten am 22.02.2007 über unbekannt illegal mit dem KFZ in das Bundesgebiet ein und stellten am 22.02.2007 beim Bundesasylamt Linz unter dem Namen: „P. Q.", geb. x in K., Kosovo, Staatsangehörigkeit SERBIEN, einen Antrag auf Internationalen Schutz.

Dieses Verfahren ist seit 04.06.2007 in Berufung.

Aufgrund Ihrer Verurteilung durch das LG Wels, GZ: 25 HV 100/2008k vom 18.09.2008, r.k. 22.08.2009, .wegen Verbrechen nach dem SMG und §§ 297/1, 288/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten bedingt, verhängte die BH Ried das bezughabende unbefristete Rückkehrverbot. Einer dagegen eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid der SID vom 29.01.2009 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Eine dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Erkenntnis des VwGH vom 22.12.2009 abgewiesen.

Am 27.03.2013 stellten Sie an die BH Ried einen Antrag auf Aufhebung des „Rückreiseverbotes", der zuständigkeitshalber an die LPD , PK W., weitergeleitet wurde.

Bei der Priorierung Ihrer Daten wurde festgestellt, dass Sie laut Versicherungsdatenauszug vom 29.05.2013 seit 08.02.2013, bzw. 07.09.2012, als Arbeiter beschäftigt waren.

Eine Anfrage beim AMS OÖ. ergab, dass über Sie keine aufrechte Arbeitsbewilligung aufscheint.

Nach einer Überprüfung durch die Finanzpolizei des BMF wurden 2 Anzeigen wegen Übertretung des AuslBG erstattet.

1.) Am 05.06.2013 um 13:30 Uhr wurde bei Fa. G. S., E. x, x F./A., eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG von Erhebungsbeamten des Finanzamtes Linz durchgeführt. Der Firmeninhaber, Herr G. S.l, gab an, dass Sie seit Anmeldung zur Sozialversicherung 100 Stunden pro Monat als Helfer für eine Entlohnung von 923 Euro brutto pro Monat beschäftigt sind. Der Arbeitsantritt war am 08.02.2013. Arbeitserlaubnis konnte keine vorgelegt werden. Nach Abfrage in der AMS Datenbank und Rücksprache mit der Asylbehörde haben Sie keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und dürften nur mit arbeitsmarktrechtlicher Bewilligung beschäftigt werden. Sie wurden am 05.06.2013 abgemeldet.

2.) In einer Anzeige vom 27.06.2013 stellte die Finanzpolizei fest, dass Sie seit 07.09.2012 als geringfügig Beschäftigter Arbeiter bei Fa. X G. X, B. x, x W., beschäftigt sind, obwohl Sie über keine gültige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügen. Sie wurden am 30.06.2013 abgemeldet.

 

In den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des PK W. scheint eine Vormerkung wegen § 1/3 FSG auf.

Die Behörde hat erwogen, dass bei der Beurteilung der Frage, ob die Gründe für ein Rückkehrverbot weggefallen sind, grundsätzlich maßgeblich ist, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin in dem Sinne zutrifft, dass die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes erforderlich erscheint, um eine von Ihnen ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden. Dabei ist auch festzustellen, ob dies unter dem Aspekt des Schutzes des Privat- und Familienlebens zulässig ist. Nach Meinung der Behörde ist davon auszugehen, dass Ihr der schwerwiegenden Verurteilung zu Grund liegendes persönliches Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die das Grundinteresse der Gesellschaft berührt, die organisierte Suchtgiftkriminalität hintan zu halten.

Erschwerend sind die Anzeigen der Finanzpolizei und die verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung zu werten. Ihr Gesamtverhalten bedeutete eine grobe Missachtung der Rechtsordnung und einen ausgeprägten Mangel an Verbundenheit mit rechtlich geschützten Werten.

Die von Ihnen ausgehende Gefahr ist nach wie vor eine tatsächliche, gegenwärtige und erheblich, und berührt ein Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung organisierter Suchtgiftkriminalität.

Nach Ansicht der Behörde ist zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit die Aufrechterhaltung des gegenständlichen Rückkehrverbotes nach wie vor geboten. Der Grund, der zur Erlassung des Rückkehrverbotes geführt hat, ist nach Ansicht der Behörde unter Berücksichtigung der Schwere der begangenen Straftaten und der hohen Sozialschädlichkeit der Weitergabe von Heroin und Kokain nicht weggefallen.

Seitens der Behörde wurden auch sonst keine Gründe gesehen, das Rückkehrverbot von Amts wegen aufzuheben, es war allerdings gem. § 54 Abs. 3 FPG auf die Dauer von 10 Jahren zu beschränken. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise aus dem Bundesgebiet.

 

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 12. September 2013 und führt wie folgt aus:

 

Nach § 60 Abs. 5 FPG ist ein Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amtswegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erfassung geführt haben, weggefallen sind. Richtig ist, dass ich am 18.9.2008, also vor mehr als fünf Jahren wegen Verbrechen nach dem SMG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten bedingt verurteilt wurde. Damals war ich 20 Jahre alt und ein junger Erwachsener. Mittlerweile bin ich fünf Jahre älter und reifer. In den fünf Jahren habe ich mir strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. Mir werden allerdings jetzt zwei Anzeigen der Finanzpolizei des BMF vorgehalten. Verwiesen wird auf einen Versicherungsdatenauszug. Dies bedeutet, dass keine Sozialversicherungsabgaben hinterzogen wurden, sondern die Dienstgeber bzw. ich die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erkannt haben.

 

Hinzu kommt eine Vormerkung nach dem FSG.

 

Die Gefahr, die von Suchtgiftkriminalität ausgeht, hat sich nicht wiederholt. Die hohe Rückfallgefahr, die man bei Drogendelikten annimmt, hat sich bei mir nicht gezeigt.

 

Die berufliche Tätigkeit kann nicht dazu führen, dass meine Gefährlichkeit plötzlich nicht nachgelassen hat und plötzlich weiterhin eine ungünstige Zukunftsprognose für mich gilt.

 

Das Asylverfahren dauert bei mir bereits sehr lange und kämpfe ich darum, den Status eines Subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der Gefährdung in der Heimat zu erlangen. Dann würde da Rückkehrverbot ohnedies gegenstandslos sein.

Dessen ungeachtet bin ich der Meinung, dass jetzt schon die Gründe weggefallen sind, die zu seiner Erlassung geführt haben.

 

Abschließend wird der Antrag gestellt, die Bundesministerin für Inneres möge der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid insofern abändern, als das Rückkehrverbot aufgehoben wird.

 

4. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem nunmehrigen Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 23. September 2013 zur Entscheidung vor.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, das Beschwerdevorbringen und das EKIS.

 

Aus dem IZF (Stand 20. Oktober 2014) ist zu ersehen, dass das Asylverfahren gemäß den §§ 3 und 8 AsylG am 22. Mai 2014 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden ist. Die zeitgleich vom Bundesasylamt erlassene Ausweisungsentscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 22. Mai 2014 behoben und zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2014 hat das BFA gegen den Bf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen, ihm gemäß §§ 55 und 57 FPG keine Aufenthaltsberechtigung erteilt und ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt. Dagegen hat der Bf innerhalb offener Frist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Das Beschwerdeverfahren ist noch anhängig. 

 

Abgesehen von der zur Erlassung des Rückkehrverbotes führenden Verurteilung findet sich keine weitere Eintragung im EKIS. Laut dem im Akt einliegenden SA-Auszug wurde die bedingt verhängte Freiheitsstrafe von 12 Monaten am 10. September 2012 endgültig nachgesehen (LG Wels 025 HV 100/2008k).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung zunächst von dem unter den Punkten I 1. bis I 4. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

II.             

 

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

 

 

III.            

 

1. Gemäß § 125 Abs. 21 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013, läuft, sofern eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz, gegen die eine Berufung zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden ist, die Berufungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Berufung erhoben, so kann gegen diese vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 15. Jänner 2014 Beschwerde beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Das Landesverwaltungsgericht hat in diesen Fällen dieses Bundesgesetz in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 anzuwenden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG.

 

§ 125 Abs. 25 Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 68/2013 lautet auszugsweise:

 

[....]. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Rückkehrverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 Abs. 4 und 5 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 [aus verfassungsrechtlichen Überlegungen gemeint wohl „vor“ BGBl. I Nr. 87/2012] aufgehoben oder für gegenstandslos erklärt werden. [.....].

 

§ 60 Abs. 5 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012 lautet:

 

Das Rückkehrverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

2.1. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Nach § 54 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z. 1, 2, 4, 5, 7 – 9 und Abs. 3. § 63 Abs. 5 und 6 und § 61 gelten.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des   § 53 Abs. 2 Z. 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z. 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen.

 

Als bestimmte Tatsache gemäß § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG gilt eine gerichtliche Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder, wenn ein Drittstaatsangehöriger mehr als einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag auf Aufhebung eines Rückkehrverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung der Maßnahme die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Rückkehrverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem dieses erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Rückkehrverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009 , 2008/22/0587 und vom 10.11.2009 , 2008/22/0848).

 

2.3. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass im Beschwerdeverfahren auf § 60 Abs. 5 FPG abzustellen ist. Somit ist zu überprüfen, ob die Gründe, die zur Erlassung des ursprünglichen Rückkehrverbotes geführt haben, nunmehr weggefallen sind.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat sich – sofern die Gründe als nicht weggefallen angesehen werden - mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Rückkehrverbotes dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Rückkehrverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

2.4. Bei der Beurteilung des Falls ist also zunächst auf die Gründe einzugehen, die zur Erlassung des Rückkehrverbotes geführt haben.

 

Der Bf wurde wegen Verbrechen und Vergehen nach dem SMG und Vergehen nach dem StGB (ausführliche Darstellung siehe oben) vom LG Wels unter GZ: 25 HV 100/2008k am 18. September 2008 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt.

 

Die konstatierte kriminelle Neigung betraf das SMG und im Zusammenhang damit das StGB. Sowohl die im Instanzenzug befassten Behörden als auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. September 2009 erkannten im Entscheidungszeitpunkt, dass auf Grund der Schwere der beschriebenen Straftaten und vor allem der hohen Sozialschädlichkeit der Weitergabe von Heroin und Kokain nicht absehbar sei, zu welchem Zeitpunkt die vom Bf ausgehende Gefährlichkeit weggefallen sein werde.

 

2.5. Die belangte Behörde stellt im angefochtenen Bescheid fest, dass auf Grund der „schwerwiegenden Verurteilung“ nach wie vor vom Bf eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich die organisierte Suchtgiftkriminalität hinan zu halten, berührt. Aus dem „Gesamtverhalten“ leitete sie weiter ab, dass der Bf die Rechtsordnung grob missachte und einen ausgeprägten Mangel an der Verbundenheit mit rechtlich geschützten Werten aufweise.

 

2.6. Den formelhaften und allgemein gehaltenen Ausführungen der belangten Behörde kann so nicht gefolgt werden.

 

Der entscheidende Richter verkennt nicht, dass der Bf in erheblichem Umfang gegen das SMG verstoßen und darüber hinaus weitere Straftaten begangen hat. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Straftaten nach dem SMG im Zeitraum März bis Mai 2008 und die Verstöße gegen das StGB im Juni 2008 gesetzt wurden.

 

Noch vor der Verurteilung im September 2008 hat der Bf das Haftübel verspürt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Dezember 2009 das verspürte Haftübel und das bis zum Entscheidungszeitpunkt andauernde Wohlverhalten für einen Gefährlichkeitsausschluss als nicht ausreichend erkannt. Die verstrichene Zeit wurde ausdrücklich als zu kurz angesehen.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde lässt sich mit den strafrechtlich relevanten Taten des Bf im Frühjahr/Sommer 2008 unter Bedachtnahme auf das seither an den Tag gelegte Wohlverhalten keinesfalls eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr begründen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wie die Einsicht in das EKIS zeigt, ist der Bf seit seiner Verurteilung im Jahr 2008 weder wegen einer gerichtlich strafbaren Tat verurteilt noch wegen einer solchen angezeigt worden. Auf Grund des durchgängigen Wohlverhaltens wurde auch die bedingt verhängte Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen.

 

Der lange Zeitraum des Wohlverhaltens (mehr als sechs Jahre), in dem der Bf weder gegen das SMG noch StGB verstoßen hat, lässt erkennen, dass die damals vom Bf ausgegangene Gefährlichkeit weggefallen ist.

 

Eine Prüfung nach Art. 8 Abs. 1 EMRK konnte somit entfallen.

 

 

 

3. Es war daher im Ergebnis der Beschwerde stattzugeben und das gegen den Bf mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 29. Jänner 2009 unbefristet erlassene Rückkehrverbot aufzuheben.

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider