LVwG-150216/9/DM/FE

Linz, 08.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerden der 1. M W und des 2. Ing. R W, beide vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. B A und Dr. A A, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Enns vom 27.3.2014, AZ: Bau-2013-083, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit Eingabe vom 25.7.2013 (bei der erstinstanzlichen Baubehörde eingelangt am 5.8.2013) beantragte Frau A H (in der Folge: Bauwerberin, kurz: Bw) bei der Baubehörde erster Instanz die Erteilung einer Baubewilligung für das Bauvorhaben "Errichtung von vier Wohneinheiten" auf dem Grundstück Nr. x, EZ. x, KG x.

 

I.2. Die Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf) sind jeweils zur Hälfte Eigentümer des westlich unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Nr x, KG x.

 

I.3. Mit Kundmachung vom 22.10.2013 beraumte die Baubehörde erster Instanz hinsichtlich des Bauvorhabens "Zubau von vier Wohnungen, Umbau im bestehenden Kellergeschoß und Neubau einer Kapelle in E, Parz x, EZ x, KG x" für den 11.11.2013 eine mündliche Bauverhandlung an, zu der die Bf unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG geladen wurden.

 

Mit Schriftsatz vom 4.11.2013 erhoben die Bf Einwendungen gegen das beantragte Bauvorhaben. Zusammengefasst erachteten sie sich durch Abstandsverletzungen, die Anzahl der Geschoße, die Lage des Bauvorhabens, die Entwertung ihres Grundstücks sowie im Orts- und Landschaftsbild in ihren subjektiven Rechten verletzt.

 

Im Zuge der am 11.11.2013 stattfindenden mündlichen Bauverhandlung erstattete der bautechnische Amtssachverständige auszugsweise folgenden Befund:

 

„Die Baubehörde hat für den 26.09.2013 eine Bauverhandlung für den Zubau von 4 Wohnungen, den Umbau im bestehenden Kellergeschoss und den Neubau einer Kapelle auf Grundstück x KG x anberaumt. Beim Ortsaugenschein wurde festgestellt, dass das natürliche Gelände nicht in allen Punkten mit der Plandarstellung übereinstimmt. Der Verhandlungsleiter hat die Verhandlung bis zum Vorliegen der ergänzten Plandarstellung vertagt.

 

 

 

Die Bauantragstellerin hat neue Einreichunterlagen mit Darstellung des natürlichen Geländes im Bereich des bestehenden Kellergeschosses und entlang der Nachbargrundgrenzen vorgelegt und dem Bauansuchen zu Grunde gelegt.

 

Nach diesen Einreichunterlagen des Planverfassers Planungsbüro S KG aus N vom 17.10.2013 soll auf der Parzelle x, EZ x KG x der Zubau für vier Wohnungen, der Umbau im bestehenden Kellergeschoss und der Neubau einer Kapelle vorgenommen werden. Die betroffene Grundfläche ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Wohngebiet" ausgewiesen und wird vom Bebauungsplan Nr. x "H" erfasst. Ein Neuplanungsgebiet wurde für die gegenständliche Grundfläche nicht verhängt.

 

Mit Bescheid vom 23.06.1976 wurde Familie H die Erweiterung eines Gasthauses und der Neubau eines Wohnhauses mit 4 Wohnungen baubehördlich bewilligt. Diese Bewilligung wurde teilweise in Anspruch genommen - es wurde nur das Kellergeschoss errichtet. Dieses Kellergeschoss wurde in die Neuplanung einbezogen und soll die Gemeinschaftsräume für die geplanten 4 Wohneinheiten enthalten.

 

Der bestehende Keller liegt im nordwestlichen Teil des Grundstückes x KG x. Auf dem Kellergeschoss sollen 2 neue Vollgeschosse unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m von den Bauplatzgrenzen errichtet werden. Pro Geschoss sollen 2 Wohneinheiten mit Grundflächen von 76 bzw. 83 m2 ausgeführt werden. Als Überdachung ist ein Vollwalmdach mit einer Dachneigung von 30,6 Grad und Aluminiumeindeckung vorgesehen. Die Übermauerung der Rohdecke über dem Obergeschoss soll gemäß Plandarstellung 77 cm betragen. Zur Belichtung dieses Dachraumes sollen 5 Gaupen eingebaut werden.

 

§ 2 BauTG definiert einen Dachraum wie folgt: Ein Dachraum ist - soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt - eine von Dachschrägen und den Giebelwänden umschlossener Raum über dem obersten oberirdischen Geschoss mit Übermauerungen bis höchstens 1,2 m über der Rohdeckenoberkante und Fenstern in Giebelwänden, Gaupen oder Dachflächenfenstern. Ein Dachraum ist in die Gesamtgeschosszahl nicht einzurechnen. Der Bebauungsplan trifft keine von dieser Regelung abweichenden Festlegungen. Das Bauansuchen enthält einen nicht ausgebauten Dachraum mit einer Übermauerung der Rohdecke von 77 cm, der in die Gesamtgeschosszahl nicht einzurechnen ist.

 

Im Bebauungsplan ist definiert, dass auf dem Grundstück x KG E im Bereich des bestehenden Kellers ein 3-geschossiges Gebäude mit einer max. Firsthöhe von 269 m über Adria errichtet werden kann. Gemäß Schnittdarstellung soll der First des Wohnhauses in einer Höhe von +268,97 m über Adria bzw. 9,81 m über dem künftigen Erdgeschossfußboden verlaufen.

 

Gemäß Legende kann das Kellergeschoss auch als Vollgeschoss in Erscheinung treten. Ragt das Kellergeschoss mehr als 150 cm (gemessen von der Rohdeckenunterkanten an zumindest einem Punkt) über dem Geländeschnittpunkt heraus, wird dieses auch als Geschoss bei der Anzahl der Geschosse mit eingerechnet. Im Erdgeschossplan ist das natürliche Gelände im Anschluss an den bestehenden Keller dargestellt. Der tiefste Geländeschnittpunkt des natürlichen Geländes liegt auf einem Niveau von 1,98 m unter dem geplanten Erdgeschossfußboden. Die Rohdeckenunterkante als Bezugspunkt für die Ermittlung der Geschosszahl liegt auf einem Niveau von 0,63 m unter dem Erdgeschossfußboden. Die Rohdeckenunterkante liegt gemäß Plandarstellung 135 cm über dem tiefsten Geländeanschnittpunkt des natürlichen Geländes. Das Kellergeschoss ist somit in die Geschossanzahl nicht einzurechnen.

 

In den Einwendungen der Nachbarn R und M W ist angeführt, dass die Loggien in den Bau voll integriert sind und somit nicht die Ausnahme von den Abstandsbestimmungen gemäß Oö Bautechnikgesetz in Anspruch nehmen können. Die Legende des Bebauungsplanes definiert, dass

 

untergeordnete Anbauten wie  Loggien .... im Ausmaß von 20 m2 verbauter Fläche (pro Geschoss) -

 

unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zu den Straßenfluchtlinien und zu den Nachbargrundgrenzen - zulässig sind. Diese Festlegung sowie die Bestimmungen des § 41 Oö Bautechnikgesetz erfüllen die beiden südlich gelegenen Loggien. In den neuen Einreichunterlagen sind die beiden nördlichen Wohneinheiten nicht mit einer Loggia, sondern mit einem Balkon ausgestattet, der von den Nachbargrundgrenzen einen Mindestabstand von 2 m einhält. § 41 Abs. 2 OÖ BauTG definiert, dass Balkone die Mindestabstände zu den Bauplatz-oder Nachbargrundgrenzen unterschreiten können. Die Balkone unterscheiden sich von den Loggien dadurch, dass die seitlichen Mauern nicht ausgeführt werden sollen und durch Geländer ersetzt werden sollen. Ein Mindestabstand von 2 m gegen die Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen darf nicht überschritten werden. Diese Festlegung ist eingehalten.

 

Die Legende des Bebauungsplanes Nr. x definiert neben den Baufluchtlinien, der max. 3-geschossigen Bebauung und der max. Firsthöhe von 269 m über Adria, dass bei einer offenen Bauweise ungeachtet der Baufluchtlinien der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 3 m (bzw. h/3 ) einzuhalten ist. Der beantragte Neubau hält - mit Ausnahme der bereits erwähnten nördlichen Balkone - den Mindestabstand von 3 m ein. Gemäß Schnittdarstellung und Erdgeschossgrundriss liegt das natürliche Gelände an den Nachbargrundgrenzen maximal 2,09 m unter dem Erdgeschossfußboden (Darstellung Erdgeschossgrundriss - Geländetiefpunkt an der Grundgrenze des Grundstücks x KG E -R). Die Traufe (Tropfkante des Daches - gemessen bei max. 1 m Dachvorsprung) verläuft in einer Höhe von 6,91 m über dem Erdgeschossfußboden. Die Maximalhöhe des Baukörpers in den Bereichen mit einem Abstand von 3 m von den Nachbargrundgrenzen beträgt somit 9,00 m. Die im Einreichplan dargestellten Traufen der Dachgaupen mit einer Tropfkantenhöhe von 8,66 m über dem Erdgeschossfußbodenniveau (gesamt maximal 10,75m) erfüllen das Kriterium einer Maximalhöhe von einem 1/3 der Gebäudehöhe, da diese Dachgaupen von der Grundgrenze einen Abstand von mehr als 4 m einhalten. Der Dachfirst mit einer Höhe von 9,81 m über dem künftigen Erdgeschossfußboden (gesamt maximal 11,90 m) ist wegen der Walmdachausführung mehr als 5 m von der Grundgrenze entfernt und hält ebenfalls die Festlegung eines Mindestabstandes von einem 1/3 der Höhe von den Nachbargrundgrenzen ein.“

 

 

I.4. Mit Bescheid vom 17.1.2014 erteilte die Baubehörde erster Instanz sodann die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Bedingungen und Auflagen und nahm ausführlich Stellung zu den vorgebrachten Einwendungen der Bf.

 

Dagegen erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 27.1.2014 Berufung und beantragten, den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig aufzuheben.

 

I.5. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Gemeinderates der Stadt Enns (in der Folge: belangte Behörde) vom 27.3.2014 wurde den Berufungen der Bf keine Folge gegeben. Dies wurde umfangreich begründet.

 

I.6. Dagegen richtet sich die nun mit Schriftsatz vom 24.4.2014 rechtzeitig erhobene Beschwerde, mit der die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt wurde, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erstinstanzliche Behörde. Weiters stellten die Bf den Antrag, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anzuberaumen. Die Bf machen dabei Widersprüche des Bauvorhabens zu dem hier geltenden Bebauungsplan geltend. Vorgebracht wird zusammengefasst, dass die Mindestabstände in mehreren Punkten nicht eingehalten würden und die Anzahl der Vollgeschoße überschritten werde.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in Bezug auf das Grundstück der Bf eine aktuelle Grundbuchsabfrage durchgeführt (ON 7 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Zudem wurde durch Anfrage beim Stadtamt Enns erhoben, dass der im Beschwerdeverfahren relevante Bebauungsplan Nr x “H“ nach wie vor unverändert in Geltung steht (ON 8 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt und Verfahrensverlauf ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten und den erwähnten ergänzenden Ermittlungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich.

 

 

III. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier maßgebliche Bestimmung der Oö Bauordnung 1994 (kurz: Oö BauO 1994), LGBl Nr 66/1994, in der Fassung LGBl Nr 90/2013, lautet auszugsweise wie folgt:


㤠31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

...

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

...

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.“

 

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 (kurz: Oö BauTG 2013), LGBl Nr 35/2013, lauten wie folgt:

 

§ 40

Abstandsbestimmungen für Gebäude und Schutzdächer

 

Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für die Lage und Höhe von Gebäuden und Schutzdächern:

1.     Beim Neu- und Zubau von Gebäuden ist, sofern sich aus den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen von der fertigen Außenwand, von 3 m einzuhalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen.

...

6.     Die Höhe des jeweiligen Bauwerksteils ist vom jeweils nächstgelegenen Punkt an der dem jeweiligen Abstand zugeordneten Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze zu messen. Aufzugschächte, Rauch- und Abgasfänge, Antennenanlagen und ähnliche Einrichtungen auf Gebäudeteilen oder Schutzdächern sind dabei nicht einzurechnen.

...

 

§ 41

Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen

 

(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen nicht für:

...

(2) Die Mindestabstände zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen können unterschritten werden mit:

...

3.     das künftige Gelände überragenden Terrassen und Treppen im Freien, Balkonen, üblichen Dachvorsprüngen und angebauten Werbeeinrichtungen um 2 m; ein Mindestabstand von 2 m gegen die Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen darf jedoch nicht unterschritten werden;

...

(3) Abs. 1 Z 2 bis 5 und Abs. 2 gelten für die durch einen Bebauungsplan festgelegten Abstände sinngemäß, soweit Letzterer nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

...“


Der hier maßgebliche Bebauungsplanes Nr "H" des Gemeinderates der Stadt Enns vom 7.7.2011, Zl 5.3.2, legt in seiner zeichnerischen Darstellung auszugsweise Folgendes fest:

 

 

 

 

In den Satzungen zum Bebauungsplan Nr x „H“ wird auszugsweise Folgendes festgehalten:

 

"...

§ 32 (1) 3 Fluchtlinien

Die Straßenfluchtlinien und Baufluchtlinien sind codiert oder maßstabsgerecht direkt dem Plan zu entnehmen.

Parzellen und Grundstücke im Bauland ohne Baufluchtlinien sind nicht mit einem Hauptgebäude bebaubar.

Untergeordnete Anbauten wie Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien, erdgeschoßige Wintergärten udgl. im Ausmaß von max. 20 m² verbauter Fläche (pro Geschoß) - unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zu den Straßenfluchtlinien und zu den Nachbargrundgrenzen - sind zulässig.

Über die Baufluchtlinien kann gegen die Straßenfront mit folgenden Bauteilen vorgetreten werden: mit Erker bis 1 m, Balkonen, Schutzdächer, Freitreppen und Terrassen bis 2 m.

 

§ 32 (1) 4 Die Gebäudehöhen

Die Gebäudehöhe ist durch die maximale Zahl der Vollgeschoße (III bzw. III +DG) in der Nutzungsschablone fixiert und die zulässige Gebäudehöhe mit einer maximalen Firsthöhe Üm über Adria ergänzt.

Das Kellergeschoß kann mitunter auch als Vollgeschoß in Erscheinung treten. Ragt das Kellergeschoß mehr als 150 cm (Rohdeckenunterkante an zumindest einem Punkt) über den Geländeschnittpunkt heraus, wird dieses auch als Geschoß bei der Anzahl der Geschoße miteingerechnet.

Auf dem Dach angebrachte Einrichtungen wie Sonnenkollektoren u.Ä. sind nicht an die angegebene Firsthöhe gebunden.

Für Stiegenhaus- oder Liftüberdachungen kann die Firsthöhe punktuell um max. 1,0 m überschritten werden. Bei Angabe der Geschoße kann eine Übermauerung des letzten Obergeschoßes bis zu maximal 30 cm und nur dann erfolgen, soweit dies technisch notwendig ist. Für den Bereich der max. dreigeschoßigen Bauweise (III) ist ein zusätzlicher Dachraumausbau nicht mehr zulässig.

Bei Angabe eines ausgebauten Dachraums 'DR' (gem. Oö. BauTG) darf die Übermauerung - gemessen von der Rohdeckenoberkante - 1,20 m nicht überschreiten.

Bei Angabe eines ausgebauten Dachgeschoßes 'DG' (gem. Oö. BauTG) dürfen die Begriffsmerkmale des Dachraumes überschritten werden, ohne dabei diejenigen eines Vollgeschoßes zu erreichen. Die Übermauerung - gemessen von der Rohdeckenoberkante - wird mit max. 1,50 m beschränkt.

..."

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch § 27 in Verbindung mit § 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfanges erwogen:

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar behält somit seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren nur, wenn er (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben hat (vgl als Beispiel für viele etwa VwGH vom 27.2.2013, 2010/05/0203).

 

IV.1. Die Bf erachten sich in ihrem Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen verletzt. So sei der Mindestabstand von 3 m zu ihrer Grundgrenze betreffend die Loggien nicht eingehalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m seien, müsse der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen. Wie aus den Einreichunterlagen ersichtlich sei, betrage die Höhe des Gebäudes 11,60 m, sodass zum Nachbargrundstück ein Abstand von 3,87 m als Mindestabstand einzuhalten sei. Tatsächlich betrage die Gebäudehöhe 11,90 m, sodass sich der Mindestabstand mit 3,97 m errechne, gerechnet von der fertigen Außenwand. Die Gebäudehöhe sei vom bestehenden Gelände gemäß der Judikatur zu ermitteln und nicht vom neuen Gelände. Soweit im angefochtenen Bescheid der Mindestabstand gemäß Plandarstellung mit ca 4,01 m zitiert werde, sei diese Feststellung unrichtig und werde ausdrücklich bekämpft. Der Bescheid sei in diesem Punkt mangelhaft, weil kein exakter Mindestabstand zur Nachbargrundgrenze im Bescheid festgestellt werde und eine Circa-Darstellung ungenügend sei und bei exakter Feststellung der Mindestabstand von 3,97 m bzw 3,87 m nicht erreicht werde. Der Abstand sei auch im Plan nicht dargestellt worden und betrage in der Natur 3,45 m.

Die Bf sind mit diesem Vorbringen daher offensichtlich der Ansicht, es müsse – obwohl sie sich nur gegen den Abstand der Loggien zu ihrer Grundgrenze wenden – mit dem Zubau als Ganzes, gemessen von der fertigen Außenwand, ein Mindestabstand von 3,87 m bzw 3,97 m von ihrer Nachbargrundgrenze eingehalten werden, was tatsächlich nicht der Fall sei, weil der Abstand in der Natur 3,45 m betrage.

 

I.1.1. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist (vgl etwa VwGH 24.6.2014, 2013/05/0148). Dabei kommt es in einem Projektgenehmigungsverfahren nicht darauf an, welcher Zustand besteht, sondern darauf, welcher Zustand nach Verwirklichung des Projekts herbeigeführt werden soll (vgl VwGH 8.4.2014, 2011/05/0079, mit Hinweis auf die Entscheidung vom 28.9.2010, 2009/05/0316). Ein allfälliger Abstand von 3,45 m in der Natur ist daher nicht zu beurteilen. Maßgeblich sind allein die eingereichten Pläne.

 

I.1.2. Es ist weiters festzuhalten, dass die Abstandsbestimmungen der §§ 40 f Oö BauTG 2013 nur dann zur Anwendung kommen, soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt. Nun legt der hier maßgebliche Bebauungsplan betreffend die Gebäudehöhe aber gerade fest, dass maximal drei Vollgeschoße errichtet werden dürfen und weiters, dass die maximale Firsthöhe 269 müA betragen dürfe. Diese ist mit + 268,97 m über Adria (vgl Schnitt A – A des Einreichplanes) eingehalten und wird auch von den Bf nicht bestritten.

 

I.1.3. Betreffend Abstände legt der Bebauungsplan in „§ 32 (1) 3 Fluchtlinien“ noch fest, Parzellen und Grundstücke im Bauland ohne Baufluchtlinien seien nicht mit einem Hauptgebäude bebaubar. Untergeordnete Anbauten wie Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien, erdgeschossige Wintergärten und dergleichen im Ausmaß von maximal 20 m2 verbauter Fläche (pro Geschoss) seien – unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zu den Straßenfluchtlinien und zu den Nachbargrundgrenzen – zulässig. Über die Baufluchtlinien könne gegen die Straßenfront mit folgenden Bauteilen vorgetreten werden: Mit Erker bis 1 m, Balkonen, Schutzdächer, Freitreppen und Terrassen bis 2 m.

 

Damit legt der Bebauungsplan aber auch hinsichtlich der Einhaltung von Abständen abweichende Regelungen zum Oö BauTG 2013 fest. Zum einen gibt er Baufluchtlinien vor, über die mit dem Gebäude oder Gebäudeteilen nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö BauTG 2013 (oder darauf basierend der Bebauungsplan) nicht anderes bestimmt (vgl § 32 Abs 3 Z 2 Oö ROG 1994). Zum anderen qualifiziert der Bebauungsplan Loggien im Rahmen seiner Regelung als untergeordnete Anbauten, die unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zur Nachbargrundgrenze zulässig sind.

 

I.1.3.1. Zunächst sei festgehalten, dass es sich im Beschwerdefall tatsächlich um Loggien als untergeordnete Anbauten iSd Bestimmung des anzuwendenden Bebauungsplanes handelt:

 

Im Befund des bautechnischen Amtssachverständigen anlässlich der mündlichen Bauverhandlung vom 11.11.2013 wurde dazu festgehalten, die Balkone würden sich von den Loggien dadurch unterscheiden, dass die seitlichen Mauern nicht ausgeführt werden sollen, sondern durch Geländer ersetzt werden sollen. Auch aus den Einreichplänen ergibt sich, dass die Loggien seitliche Wände und auch eine Decke (Überdachung) aufweisen.

 

In Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Auflage, wird eine Loggia definiert als „1. an einem Wohnraum anschließender laubenartiger Raum, an einer Seite nach dem Freien offen mit einer Brüstung (Öst.: Parapet) als Abschluss; 2. halboffene Bogenhalle.“ Ein Balkon wird definiert als „vor die Fassade vorgekragter Gebäudeteil: offener, von dem angrenzenden Raum aus zugänglicher Austritt mit Umwehrung an den freien Seiten“.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Loggia ein nach vorne offener, von seitlichen Wänden, einem Fußboden und einer Decke begrenzter Raum zu verstehen, der in der Regel anderen Räumen einer Wohnung vorgelagert und – zum Unterschied von einem Balkon, der immer an der Hausfront eingesetzt ist – meist in das Gebäude eingeschnitten ist (vgl etwa VwGH 30.1.2014, 2011/05/0097; 27.10.1998, 98/05/0069).

 

Im konkreten Fall handelt es sich somit um Loggien, die nicht in das Gebäude eingeschnitten sind, sondern an der Hausfront eingesetzt sind, was jedoch iSd Definition des Verwaltungsgerichtshofes für die Qualifikation als Loggia nicht abträglich ist.

 

I.1.3.2. Es ist daher in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob die sich der Bf zugewandten Loggien diesen oben beschriebenen Mindestabstand von 3 m einhalten:

 

Im beschwerdegegenständlichen Fall wird mit dem Zubau an der der Bf zugewandten Seite nicht bis ganz an die Baufluchtlinie herangebaut. Die Balkone im nördlichen Teil des Zubaus bzw die Loggien im südlichen Teil des Zubaus überragen die Baufluchtlinie jedoch teilweise. Der Bebauungsplan legt fest, dass – bei Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zur Nachbargrundgrenze – untergeordnete Anbauten wie Loggien zulässig sind. Aus der Darstellung im Erdgeschoss-Plan ist nun ersichtlich, dass mit den beiden Loggien jedenfalls ein Abstand von mehr als 3 m zur Grundgrenze der Bf eingehalten wird. Sofern sich die Bf daran stoßen, die belangte Behörde hätte in ihrem Bescheid eine Circa-Angabe, nämlich „gemäß Plandarstellung ca. 4,1 m“ auf Seite 17 des angefochtenen Bescheides, verwendet, so ist dies für die Beurteilung der subjektiv-öffentlichen Rechte der Bf ohne Belang, weil sich aus den Einreichplänen jedenfalls klar ergibt, dass der normierte Mindestabstand von 3 m zur Nachbargrenze der Bf eingehalten wird.

 

Die im Bebauungsplan festgelegten Abstände zum Grundstück der Bf werden mit den Loggien daher eingehalten.

 

IV.2. Die Bf bringen weiters vor, mit den beiden nördlich gelegenen „Balkonen“ müsste entsprechend den Satzungen zum Bebauungsplan ein Mindestabstand von 3 m zu ihrer Grundstücksgrenze eingehalten werden. Nach dem eingereichten Projekt würden jedoch nur 2 m Abstand gehalten werden.

 

Die Bf sind der Ansicht, man müsse – entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde – die beiden Balkone unter „§ 32 (1) 3 Fluchtlinien“ der Satzungen zum Bebauungsplan subsumieren. Dort heißt es: „Untergeordnete Anbauten wie Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien, erdgeschossige Wintergärten und dergleichen … sind – unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m … zu den Nachbargrundgrenzen – zulässig.“ Die Balkone müssten nach Rechtsansicht der Bf unter die Formulierung „und dergleichen“ subsumiert werden. Somit wäre ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten.

 

Dieser Rechtsansicht kann sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht anschließen. Nach der Formulierung in „§ 32 (1) 3 Fluchtlinien“ der Satzungen zum Bebauungsplan war es offensichtlich der Wille des Verordnungsgebers, raumbildende Baumaßnahmen als „untergeordnete Anbauten“ iSd Bestimmung zu erfassen. Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien und erdgeschossige Wintergärten sind allesamt raumbildend. Ein Balkon dagegen ist gerade nicht raumbildend, weshalb nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich die belangte Behörde zu Recht davon ausgeht, dass Balkone nicht unter die Formulierung „und dergleichen“ in „§ 32 (1) 3 Fluchtlinien“ zu subsumieren sind.

 

Da die Satzungen somit keine Abstandsregelungen für Balkone zu Nachbargrundgrenzen normieren, muss auf das Oö BauTG 2013 zurückgegriffen werden. Gemäß § 41 Abs 2 Z 3 leg cit können die Mindestabstände zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen mit Balkonen um 2 m unterschritten werden; eine Mindestabstand von 2 m gegen die Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze darf jedoch nicht unterschritten werden. Aus der Erdgeschossdarstellung des Einreichplans ergibt sich, dass mit den Balkonen genau ein Abstand von 2 m zur Grundgrenze der Bf eingehalten wird.

 

IV.3. Des Weiteren erachten sich die Bf dadurch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, dass die beiden nördlich gelegenen „Balkone“ nach ihrer Rechtsansicht richtigerweise als Loggien zu qualifizieren gewesen wären. Das eingangs eingereichte Bauvorhaben sei auf Grund dieses Einwand zurückgezogen und dann dahingehend korrigiert worden, dass lediglich die Seiteneinfriedungen dieser Loggien zum Teil weggelassen worden seien. Es handle sich hier um eine Umgehung, die dadurch dokumentiert sei, dass die Überdachungen dieser Flächen verblieben seien, die von der Behörde nunmehr als Schutzdächer qualifiziert werden würden, obwohl so nicht eingereicht und bezeichnet. Die vorliegenden nunmehr als Balkone eingereichten Bauwerksteile seien tatsächlich in dieser Form als Loggien zu qualifizieren, weil sie fünfseitig verbaut seien in der Form, dass die Seitenteile durch Balkongeländer ersetzt würden, aber tatsächlich fünfseitig verbaut seien, was nicht zwingend voraussetze, dass dies durchgehend der Fall sein müsse.

 

Diesbezüglich kann auf die Ausführungen weiter oben (Punkt I.1.3.1.) verwiesen werden. Demnach weisen die Balkone keine seitlichen Wände auf, sondern verfügen an allen drei Seiten über ein Geländer als Absturzsicherung. Damit kann es sich jedoch iSd angeführten Definitionen einer Loggia nicht um eine solche handeln. Daran ändert auch eine allenfalls bestehende Überdachung nichts.

 

Vielmehr wird die Definition eines „Balkons“ in Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Auflage, als „vor die Fassade vorgekragter Gebäudeteil: offener, von dem angrenzenden Raum aus zugänglicher Austritt mit Umwehrung an den freien Seiten“ gerade klassisch erfüllt.

 

IV.4. In weiterer Folge monieren die Bf die Anzahl der Vollgeschoße. Neben dem Kellergeschoß liege ein Erdgeschoß, ein Obergeschoß und ein Dachgeschoß vor, somit vier Geschoße. Der Bebauungsplan lege hingegen eine maximal dreigeschoßige Bauweise fest. Das Dachgeschoß sei entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde in die Gesamtgeschoßanzahl einzurechnen. Dies deshalb, weil es als solches nach außen optisch in Erscheinung trete, im konkreten Fall durch mehrere Fenster im aufgehenden Außenmauerwerk. Die Übermauerung sei nur ein weiteres unabhängiges Kriterium, hier aber nicht beachtlich, weil das Dachgeschoß nach außen durch die aufgezeigten Fenster optisch als solches in Erscheinung trete und die dahinterliegenden Räume für Wohn-, Betriebs- oder Aufenthaltszwecke genutzt werden könnten. Darüber hinaus liege auch ein Kellergeschoß vor, das, weil es 1,72 m über den Geländeanschnitt hinausrage, in die Anzahl der Vollgeschoße mit eingerechnet werden müsse.

 

IV.4.1. Der Bebauungsplan erklärt maximal drei Vollgeschoße für zulässig. Das Kellergeschoß kann entsprechend den Satzungen zum Bebauungsplan mitunter auch als Vollgeschoß in Erscheinung treten. Ragt das Kellergeschoß mehr als 150 cm (Rohdeckenunterkante an zumindest einem Punkt) über dem Geländeschnittpunkt heraus, wird dieses auch als Geschoß bei der Anzahl der Geschoße mit eingerechnet.

 

Die belangte Behörde legt nun in ihrem angefochtenen Bescheid (Seiten 15 f) nachvollziehbar dar, dass das gegenständliche Kellergeschoß an keiner Stelle mehr als 150 cm über den Geländeschnittpunkt herausragt. In der Erdgeschoßdarstellung des Einreichplans werden die Geländeschnittpunkte ausgewiesen. Die belangte Behörde führt Folgendes aus:

 

„Im Einreichplan (Erdgeschoss) ist der tiefste Geländeschnittpunkt des natürlichen Geländes zum Zeitpunkt der Bauverhandlung auf einem Niveau von 1,98 m unter dem geplanten Erdgeschossfußboden dargestellt. Die Geländehöhen des natürlichen Geländes sind sowohl im Erdgeschossplan, als auch in den Schnitten dargestellt. Maßgeblich ist für die Beurteilung der Geländeanschnittpunkt im nordwestlichen Gebäudeeck des Kellerbestandes mit einem Höhenniveau von -1,98m unter dem geplanten Erdgeschossfußboden. Die Rohdeckenunterkante liegt gemäß Schnitt A – A in einer Höhe von 0,63 m unter dem Erdgeschossfußboden. Nach dem Bauansuchen ragt die Rohdeckenunterkante somit um 1,35 m (1,98 – 0,63 m) über den tiefsten Geländeschnittpunkt hinaus. Nachdem der im Bebauungsplan für die Bewertung als Vollgeschoss definierte Wert von 1,5 m nicht überschritten ist, ist das Kellergeschoss nicht als Vollgeschoss zu qualifizieren.“

 

Aus dieser Berechnung ergibt sich daher auch für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, dass das gegenständliche Kellergeschoß nicht mehr als 1,50 m über den Geländeschnittpunkt hinausragt.

 

Angemerkt wird noch, dass die belangte Behörde vom natürlichen Gelände als Geländeschnittpunkt ausgegangen ist, richtig jedoch wohl vom künftigen Gelände auszugehen gewesen wäre. Dies deshalb, weil in den Satzungen zum Bebauungsplan formuliert ist „... mehr als 150 cm ... über dem Geländeschnittpunkt ...“, wobei nicht näher definiert ist, ob es sich dabei um das ursprüngliche oder das künftige Gelände handelt. Stellt man jedoch auf den Schutzzweck der Regelung ab, kann nur das künftige, also jenes Gelände gemeint sein, das sich nach Vollendung der Bauführung ergibt (vgl sinngemäß VwGH 27.1.2004, 2001/05/1130; 15.2.2011, 2010/05/0209; vgl auch § 3 Abs 2 Z 2a und § 25 Abs 1 Z 1 und 7a Oö. BauO 1994 sowie § 2 Z 9, § 40 Z 3, § 41 Abs 1 Z 5 lit d und Abs 2 Z 3, 4 und 5 Oö BauTG 2013, wo stets auf das ‚künftige‘, also auf das projektierte Gelände abgestellt wird).

 

Diese Auslegung wird auch durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 15.2.2011, 2010/05/0209, gestützt, wo Folgendes festgehalten wurde: „Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, wie weit ein Bau dem Nachbarn gegenüber in Erscheinung tritt, hat jenes Gelände zu sein, das sich nach Vollendung der Bauführung ergibt. Würde man auf das vor der Bauführung bestehende Urgelände abstellen, würde dies bei Geländeveränderungen bewirken, dass nicht mehr das bewilligte und realisierte Bauprojekt und sein ‚In-Erscheinung-Treten‘ von Relevanz wäre, sondern bloß ein fiktives ‚In-Erscheinung-Treten‘ ...“.

 

Da es im konkreten Fall jedoch keine Rolle spielt, ob die Berechnung anhand des natürlichen oder des künftigen Geländes vorgenommen wird, weil das Gelände an diesem Punkt keine Veränderung erfährt und auch sonst keine Geländeveränderungen durchgeführt werden, die einen tieferen Geländeschnittpunkt ergeben würden, kann dem Ergebnis der belangten Behörde, wonach das Kellergeschoß kein Vollgeschoß iSd Bestimmung des Bebauungsplanes darstellt, nichts entgegengehalten werden.

 

IV.4.2. Wie schon in der Berufung wurde auch in der Beschwerde wiederum moniert, das Kellergeschoß rage 1,72 m über den Geländeschnittpunkt hinaus, wobei gemäß der Judikatur vom bestehenden Gelände auszugehen sei. Wie bereits dargelegt, ist im konkreten Fall nicht vom bestehenden, sondern vom künftigen Gelände, das an der konkreten Stelle eine Anschüttung von 30 cm (siehe Schnitt A – A: „Best. Gelände -1,72, Neues Gelände -1,42“) aufweist, auszugehen. Selbst wenn man jedoch vom bestehenden Gelände ausgehen würde, ragt das Kellergeschoß nicht mehr als 150 cm von Geländeschnittpunkt heraus. Wie die belangte Behörde nachvollziehbar darlegt, ist „[i]m Einreichplan Schnitt A – A das bestehende Gelände in einer Höhe von 1,72 m unter dem künftigen Erdgeschoßfußboden kotiert. Die für die Beurteilung maßgebliche Rohdeckenunterkante ist ein einer Höhe von 0,63 m unter dem künftigen Erdgeschoßfußboden dargestellt. Somit ergibt sich im Bereich der Schnittführung A – A eine Höhe von 1,72 m minus 0,63 m = 1,09 m zwischen Rohdeckenunterkante und Geländeschnittpunkt.“ Der Wert von 150 cm entsprechend den Bestimmungen des Bebauungsplanes wird daher nicht überschritten.

 

IV.4.3. Es könnte sohin dahingestellt bleiben, ob – wie die Bf aufzeigen - ein Dachgeschoß vorliegt, das der Anzahl der Vollgeschoße hinzuzurechnen wäre, da dies – neben Erd- und Obergeschoß – das dritte zulässige Vollgeschoß bilden würde. Allerdings ist auch hier der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie unter Anwendung der Bestimmungen des Bebauungsplanes zum Ergebnis gelangt, dass der in den Einreichunterlagen dargestellte Dachraum mit einer Übermauerung der Rohdeckenoberkante des ersten Obergeschosses von 77 cm (siehe Schnitt A – A) nicht als Vollgeschoss zu werten ist. Der Bebauungsplan nimmt diesbezüglich Bezug auf das Oö BauTG idF vor Oö Baurechtsnovelle 2013, wonach eine Übermauerung von 1,20 m (gemessen von der Rohdeckenoberkante) nicht überschritten werden darf. Der in den Einreichunterlagen dargestellte Dachraum weist eine Übermauerung der Rohdeckenoberkante von 77 cm auf und entspricht somit den Bestimmungen des Bebauungsplanes.

 

Das Argument der Bf, das „Dachgeschoß“ sei in die Gesamtgeschoßzahl deshalb einzurechnen, weil es als solches nach außen in Erscheinung trete, im konkreten Fall durch mehrere Fenster im aufgehenden Außenmauerwerk, entspricht nicht den Plandarstellungen. Diese zeigen lediglich Fenster in Gaupenform, womit der Definition eines (ausgebauten) Dachraums sowohl gemäß § 2 Z 1 lit c Oö BauTG in der Fassung vor der Oö Baurechtsnovelle 2013 als auch der Definition in § 2 Z 8 lit b Oö BauTG 2013 entsprochen wird.

 

IV.5. Schließlich monieren die Bf noch, die Vorgaben des Bebauungsplanes, konkret „§ 32 (1) 3 Fluchtlinien“ der Satzungen zum Bebauungsplan, seien durch das projektierte Bauvorhaben nicht eingehalten. Entsprechend dieser Bestimmung sind Parzellen und Grundstücke im Bauland ohne Baufluchtlinien nicht mit einem Hauptgebäude bebaubar. Untergeordnete Anbauten wie Stiegenhäuser, Windfänge, Loggien, erdgeschossige Wintergärten und dergleichen sind im Ausmaß von maximal 20 m2 verbauter Fläche pro Geschoss – unter Einhaltung eines Mindestabstandes von 3 m zu den ... Nachbargrundgrenzen – zulässig. Die Bf rechnen nun vor, neben Balkon (8,47 m2) und Loggia (9,43 m2) wäre – entgegen der Berechnung der belangten Behörde - auch das auf der gegenüberliegenden Seite geplante Stiegenhaus (13,06 m2) pro Geschoss miteinzurechnen gewesen. Damit würde sich jedoch – entgegen der maximal zulässigen 20 m2 - eine Gesamtfläche von 30,96 m2 ergeben.

 

Diese Behauptung geht schon deshalb ins Leere, weil es sich entsprechend den Einreichunterlagen beim Stiegenhaus im konkreten Fall um keinen Anbau an das Hauptgebäude handelt, sondern dieses in das Hauptgebäude integriert ist.

 

Die Bf konnten somit keine Verletzung in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten aufzeigen, weshalb war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage ist eine grundsätzliche Bedeutung dann zuzuerkennen, wenn die Entscheidung der Sache nicht nur für die beschwerdeführende Partei von Wichtigkeit ist, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzliche Argumente gestützten Rechtsprechung liegt. Das ist der Fall, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die auch für eine Reihe anderer gleichgelagerter Fälle von Bedeutung ist und wenn dieselbe durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bisher nicht abschließend geklärt wurde. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder des formellen Rechts handeln (vgl den Stammrechtssatz des VwGH vom  26.9.1991, 91/09/0101). Der im Beschwerdefall anzuwendende Bebauungsplan verfügt einerseits über einen kleinen räumlichen Geltungsbereich (lediglich ein Grundstück) und andererseits war im Zusammenhang mit diesem Bebauungsplan auch keine Rechtsfrage zu klären, die im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzliche Argumente gestützten Rechtsprechung gelegen wäre. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Revision anhängig