LVwG-150303/5/DM/WP LVwG-150304/5/DM/WP

Linz, 30.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des J S, in L., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, in M., gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Lochen vom 26. Juni 2014, GZ: 810/6-2014-D, betreffend Feststellung des Anschlusszwangs an die gemeindeeigene öffentliche Wasserversorgungsanlage

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Lochen vom 26. Juni 2014, GZ: 810/6-2014-D, wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

„Die Berufungen des J S vom 25. Februar 2011 gegen die Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde Lochen vom 9. Februar 2011, jeweils GZ: 810/6-2011-V/An, betreffend Feststellung des Anschlusszwangs an die gemeindeeigene öffentliche Wasserver­sorgungsanlage für die Objekte A x und y, in L., werden als unbegründet abgewiesen und der Anschlusszwang für die Gebäude und Anlagen auf Grundstück Nr x, EZ x der KG x gem §§ 5 iVm 1 Abs 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz festgestellt.“ Der Spruchteil „Rechtsgrundlagen“ bleibt unberührt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit den Bescheiden des Bürgermeisters der Gemeinde Lochen (im Folgenden: Bürgermeister) vom 9. Februar 2011, beide jeweils GZ: 810/6-2011-V/An, zugestellt am 11. Februar 2111 (wohl gemeint: 2011), wurde die Anschlusspflicht an die gemeindeeigene gemeinnützige öffentliche Wasserversorgungsanlage für die Objekte A x und y, in L., festgestellt. Begründend wurden lediglich die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen wiedergegeben und auf die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahme vom Anschlusszwang hingewiesen.

 

2. Gegen diese Bescheide erhob der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit zwei Schriftsätzen vom 25. Februar 2011 Berufung. In der Sache machte der Bf in beiden Verfahren vorwiegend Grundrechtsverletzungen geltend und begehrte die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

 

3. Mit zwei Schriftsätzen vom 3. März 2011 berichtigte der Bf seine Berufungen in einem Punkt.

 

4. Mit den Bescheiden des Gemeinderates der Gemeinde Lochen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 21. Juni 2013, zugestellt am 27. Juni 2013, wurden die Berufungen des Bf als unbegründet abgewiesen und die Bescheide des Bürgermeisters bestätigt. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage führte die belangte Behörde jeweils begründend aus, dass laut einer Wasserbedarfsberechnung des DI P O aus dem Jahr 2011 der mittlere Tageswasserverbrauch der öffentlichen Wasserversorgung der Gemeinde Lochen bei 418 m³/d, die Konsensmenge bei 521 m³/d liege. Pro Person werde ein täglicher Wasserverbrauch in Höhe von 30 Litern angenommen. Da im Objekt A. x vier Personen leben würden und im Objekt A. y eine Person lebe, ergebe das einen täglichen Wasserverbrauch von 120 bzw 30 Litern. Der mittlere Tageswasserverbrauch der öffentlichen Wasserversorgung L. erhöhe sich daher auf 418,12 m³/d bzw 418,03 m³/d und könne daher der zu erwartende Wasserbedarf der Objekte A. x und y voll befriedigt werden. Hinsichtlich § 1 Abs 3 Z 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz liege die Liegenschaft des Bf, bestehend aus den Wohnobjekten A x und x sowie einem landwirtschaftlichen Betriebsgebäude, Stall mit Heubergeraum und Garagengebäude, im Versorgungsbereich der gemeindeeigenen gemeinnützigen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Lochen. Die Entfernung zur Versorgungsleitung betrage ca 3 Meter, eine planliche Darstellung liege bei. Zum Einwand des Bf, es sei vom Bürgermeister kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, führte die belangte Behörde aus, der Bf sei vor Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide im Rahmen einer Bürgerversammlung darüber aufgeklärt worden, „dass alle Objekte, die bisher noch nicht an einer Wasserleitung der Gemeinde liegen, dem Anschlusszwang im Sinne des § 1 O.Ö. Wasserversorgungsgesetz unterliegen“ würden.

 

5. Gegen diese Bescheide erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit zwei Schriftsätzen vom 11. Juli 2013 (Poststempel jeweils 11. Juli 2013) Vorstellung beim Gemeindeamt Lochen. Im Wesentlichen wendete sich der Bf in seinen Schriftsätzen gegen die rechtliche Würdigung des unbestritten gebliebenen Sachverhalts. Einleitend führte der Bf aus, die angefochtenen Bescheide bestünden im Wesentlichen aus Zitaten von Gesetzesstellen und die Bescheidbegründungen stellten eine Scheinbegründung dar. Zudem hätte sich die belangte Behörde nicht mit den Einwendungen des Bf auseinandergesetzt und seine Beweisanträge völlig ignoriert. In der Sache brachte der Bf im Wesentlichen Grundrechtsverletzungen vor.

 

6. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 19. März 2014, LVwG-150139/2/DM/WP bzw LVwG-150140/3/DM/WP wurden aufgrund der Beschwerden des Bf die Berufungsbescheide der belangten Behörde vom 21. Juni 2013, GZ: 810/6-2013-V/An (betreffend den Liegenschaftsteil A y) sowie 810/6-2013-D/An (betreffend den Liegenschaftsteil A x) mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Berufungs­bescheides / neuer Berufungsbescheide an die belangte Behörde zurück­verwiesen.

 

7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16. Mai 2014 wurde der rechtsfreundliche Vertreter des Bf aufgefordert mitzuteilen, wieviel Stück Vieh bei „den einzelnen Objekten A x und y gehalten werden bzw. wieviel Trinkwasser diese pro Tag benötigten“. Für die Beantwortung dieses Schreibens wurde dem Bf eine Frist von 2 Wochen gewährt. Dieses Schreiben wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bf am 21. Mai 2014 zugestellt.

 

8. Mit Schreiben vom 5. Juni 2014 nahm der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Stellung. Er gab bekannt, mit Stichtag 1. Juni 2014 würden auf der Liegenschaft A x laut AMA 41,07 GVE (Großvieheinheiten) gehalten. Diese würden pro Einheit 100 Liter Wasser/Tag benötigen, sodass ein täglicher Wasserbedarf von 4107 Liter bestünde. Darüber hinaus verbrauche der Waschautomat weitere 150 Liter/Tag, was einen Gesamtbedarf von 4257 Liter Wasser/Tag bedeute. Zusätzlich seien rund 3000 Liter/Jahr für die Stallreinigung und 3000 Liter/Jahr für das Waschen der Maschinen erforderlich.

 

9. Mit Schreiben vom 11. Juni 2014 ersuchte die belangte Behörde um Mitteilung, ob es sich bei den Objekten A x und y um einen landwirtschaftlichen Betrieb handle oder ob für jedes einzelne Objekt die angegebenen GVE anzurechnen seien.

 

10. Mit E-Mail vom 12. Juni 2014 teilte der rechtsfreundliche Vertreter des Bf mit, es handle sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb und es seien daher „insgesamt 41,07 GVE vorhanden“.

 

11. Mit (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2014, GZ 810/6-2014-D, dem Bf zuhanden seines rechtsfreundlichen Vertreters am 2. Juli 2014 zugestellt, wies die belangte Behörde die Berufungen des Bf als unbegründet ab und bestätigte die Bescheide des Bürgermeisters vom 9. Februar 2011. Begründend führt die belangte Behörde aus, auf der vom Anschlusszwang erfassten Liegenschaft des Bf mit der Grundstücksnummer x, EZ x der KG x (A x und y) würden 5 Personen leben. Bei einem täglichen Wasserverbrauch von 30 Liter/Tag/Person ergebe sich ein täglicher Wasserverbrauch von 150 Litern. Unter Berücksichtigung der Angaben des Bf über den Wasserverbrauch der Tiere des landwirtschaftlichen Betriebes ergebe sich ein täglicher Wasserverbrauch von 4273 Litern. Das ergebe einen mittleren Tageswasserverbrauch von insgesamt 4,423m3. Da die derzeitige Konsensmenge bei 521m³/Tag und der mittlere Tagesverbrauch der Ortswasserleitung derzeit bei 418m3 liege, könne der zu erwartende Wasserbedarf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft voll befriedigt werden.

 

12. Gegen diesen Bescheid richten sich die – bei der belangten Behörde am 10. Juli 2014 eingelangten – Beschwerden vom 10. Juli 2014 mit den Anträgen, 1. eine mündliche Verhandlung durchzuführen, 2. der gegenständlichen Beschwerde Folge zu geben und festzustellen, „dass eine dingliche Absprache über die Ausnahme vom Anschlusszwang zugunsten der Liegenschaft EZ x [wohl gemeint: EZ x], in L., Bezirksgericht M., besteht“ sowie die beiden Rechtssachen J S und A S zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Im Wesentlichen wendet sich der Bf gegen die rechtliche Würdigung des unbestritten gebliebenen Sachverhalts.

 

Der Bf macht unter Punkt I. geltend, der Bürgermeister sei für die Erlassung der Bescheide I. Instanz zuständig gewesen und sei daher von der Mitwirkung am zweitinstanzlichen Verfahren ausgeschlossen. Dieser Fehler bewirke daher die Nichtigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides.

 

Unter Punkt II. behauptet der Bf, aus der Textierung des Spruches des Bescheides könne „keineswegs abgeleitet werden, dass es sich um zwei (!) abgewiesene Berufungen und um zwei (!) Bescheide des Bürgermeisters vom 09.02.2011 mit identer Geschäftszahl“ handle.

 

Mit Hinweis auf die mangelnde Vollstreckbarkeit eines Bescheides gegen den Bf behauptet der Bf unter Punkt III., für die Parzelle Nr x der KG x dürfe „keine unterschiedliche bescheidmäßige Erledigung hinsichtlich der Feststellung der Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgungsanlage erfolgen“.

 

Unter Punkt IV. behauptet der Bf, die Erklärung der Rechtsvorgänger des Bf als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, J und E S, vom 14. Oktober 1968 sei als Antrag auf Gewährung der Ausnahme vom Anschlusszwang zu werten. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht davon aus, dass der Bf die – im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltene – Erklärung des J S vom 14. Oktober 1968 meint und aufgrund der Ausführungen der belangten Behörde eine idente Erklärung der E S existiert. Das – weder vom Bf beigebrachte noch von der belangten Behörde auffindbare – Schreiben des Bürgermeisters an die Rechtsvorgänger des Bf sei als Bescheid zu werten und sei deshalb von einer (rechtskräftigen) Absprache des Bürgermeisters über die Ausnahme vom Anschlusszwang auszugehen. Zum Inhalt dieses Schreibens verweist der Bf auf das – seinen Behauptungen nach idente, weil im Stile eines Musterschreibens verfasste – Schreiben des Bürgermeisters vom 28. November 1968 an die Rechtsvorgänger der A S.

 

Unter Punkt V. behauptet der Bf abschließend, der Bescheid enthalte keine Feststellungen darüber, in welcher Entfernung die Anschlussobjekte A x und y zur Versorgungsleitung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage liegen würden. Entsprechende Ermittlungen hätten zum Ergebnis führen müssen, dass die Entfernung mehr als 50m betrage.

 

13. Mit Schreiben des Bürgermeisters, offensichtlich fälschlich mit Datum 19. Mai 2014 versehen, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 22. Juli 2014 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde mit dem Hinweis, von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abzusehen, zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Bf). Weiters wurde seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich in Bezug auf das Grundstück des Bf eine aktuelle Grundbuchsabfrage durchgeführt (ON 3 des verwaltungsgerichtlichen Aktes). Nach Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde vom Gemeindeamt der Gemeinde Lochen das Gemeinderatssitzungsprotokoll über die Beschlussfassung der Berufungsentscheidung beigebracht (ON 4 des verwaltungsgerichtlichen Aktes).

Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und den erwähnten ergänzenden Ermittlungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich.

 

 

III.

 

1. Gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Ober­österreich ergibt sich aus Art 131 Abs 1 B-VG und dem Nichtvorliegen von abweichenden Regelungen in den Abs 2 und 3 leg cit.

 

Die Beschwerde ist daher zulässig.

 

2. Gem §§ 36 Abs 1 iVm 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gem § 12 VwGVG sind die Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen. Der Bescheid der belangten Behörde wurde dem Bf zuhanden seines rechtsfreundlichen Vertreters am 2. Juli 2014 zugestellt. Dagegen erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 10. Juli 2014, bei der belangten Behörde am 10. Juli 2014 eingelangt, Beschwerde an das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich.

 

Die Beschwerde ist daher auch rechtzeitig.

 

3. Gem §§ 5 iVm 1 Abs 1 Oö. Wasserversorgungsgesetz LGBl 1997/24 idF LGBl 2013/90 hat die Gemeinde im Zweifelsfall festzustellen, ob Anschlusszwang besteht. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten auszugsweise:

 

㤠1

(1) Im Versorgungsbereich einer gemeindeeigenen gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsanlage, im folgenden kurz öffentliche Wasserversorgungsanlage genannt, besteht nach Maßgabe dieses Landesgesetzes für Gebäude und Anlagen einschließlich der jeweils dazugehörigen Grundstücke, in denen Wasser verbraucht wird, im folgenden kurz Objekte genannt, Anschlußzwang.

 

(2) [...]

 

(3) Zum Versorgungsbereich zählt jede Liegenschaft,

 

1. deren zu erwartender Wasserbedarf von der öffentlichen Wasserversorgungsanlage voll befriedigt werden kann, und

 

2. deren kürzeste Entfernung zu einer Versorgungsleitung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage nicht mehr als 50 m beträgt.

 

(4) [...]

 

§ 5

Die Gemeinde hat im Zweifelsfall festzustellen, ob und inwieweit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verpflichtungen und Verbote nach diesem Landesgesetz, insbesondere gemäß § 1 und § 2 Abs. 1 und 3 gegeben sind. Ferner hat die Gemeinde festzustellen, welche Vorkehrungen zu treffen sind, damit der Wasserberechtigte bzw. der Eigentümer der Wasserversorgungsanlage die Verpflichtung des § 2 Abs. 4 erfüllt.

 

§ 7

(1) [...]

 

(2) Die in diesem Landesgesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde sind solche des eigenen Wirkungsbereiches.

 

 

IV.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gem § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Unter Punkt I. seiner Beschwerde behauptet der Bf, der Bescheid der belangten Behörde sei aufgrund der Mitwirkung des Bürgermeisters nichtig, denn der Bürgermeister hätte „den angefochtenen Bescheid ausgefertigt und unterschrieben“. Mit dieser Behauptung verkennt der Bf bzw sein rechtsfreundlicher Vertreter die Rechtslage: Denn gem § 59 Abs 1 Oö. Gemeindeordnung 1990 idgF hat der Bürgermeister „die von den Kollegialorganen gesetzmäßig gefaßten Beschlüsse durchzuführen“. Die Intimation von Erledigungen, bei der Entscheidungen eines Verwaltungsorgans nicht von ihm selbst, sondern von einer anderen Behörde der Partei gegenüber ausgefertigt und den Beteiligten mitgeteilt werden (vgl dazu ausführlich Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014) Rz 165) ist bei Entscheidungen des Gemeinderates daher gesetzlich vorgesehen und lässt keinesfalls Rückschlüsse auf eine rechtswidrige Mitwirkung des Bürgermeisters bei der Beschlussfassung im Gemeinderat zu. Vielmehr zeigt das Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 26. Juni 2014, dass der Bürgermeister bei der Beschlussfassung über die Berufungen des Bf die Vorsitzführung an seinen Stellvertreter, Vizebürgermeister Karl, übergeben hat.

 

2. Unter Punkt II. behauptet der Bf, aus der Textierung des Spruches des Bescheides könne „keineswegs abgeleitet werden, dass es sich um zwei (!) abgewiesene Berufungen und um zwei (!) Bescheide des Bürgermeisters vom 09.02.2011 mit identer Geschäftszahl“ handle. Mit diesem Vorbringen ist der Bf teilweise im Recht: Der von der belangten Behörde vorgelegte Verwaltungsakt beinhaltet die vom Bf angesprochenen Bescheide des Bürgermeisters vom 9. Februar 2011. Beide Bescheide sind – übereinstimmend mit den Ausführungen des Bf – mit identer Geschäftszahl versehen. Der Spruch der beiden Bescheide unterscheidet sich allerdings insofern, als der eine Bescheid auf das Objekt A x, der andere Bescheid auf A y Bezug nimmt. Dass einer dieser Bescheide dem Bf nicht zugestellt worden sei und damit niemals erlassen wurde, behauptet der Bf an keiner Stelle seiner bisherigen Schriftsätze. Demgemäß bezogen sich die – vom Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich aufgehobenen – Berufungsbescheide der belangten Behörde auch auf diese (unterschiedlichen) Bescheide des Bürgermeisters, waren diese Berufungsbescheide vom 21. Juni 2013 denn auch mit unterschiedlichen Geschäftszahlen versehen (810/6-2013-V/An betreffend den Liegenschaftsteil A y sowie 810/6-2013-D/An betreffend den Liegenschaftsteil A x). Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ging in seiner Entscheidung vom 19. März 2014 von einem „sachlichen und rechtlichen“ Zusammenhang zwischen diesen Bescheiden aus, da sich beide Objekte auf dem Grundstück Nr  x der KG x befänden und der landwirtschaftliche Betrieb als Einheit zu betrachten sei. Augenscheinlich ging in Anbetracht der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich auch die belangte Behörde im fortgesetzten Berufungsverfahren von dieser Einheitlichkeit aus und wollte beide Berufungen gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 9. Februar 2011 unter einem, also mit einer Berufungsentscheidung erledigen. Dies ergibt sich einerseits aus der Präambel des (Ersatz-)Bescheides („Der Gemeinderat als Berufungsbehörde hat sich [...] mit den Berufungen [...] gegen die Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde Lochen, AZ.: 810/6-2013-V/An, betreffend die Liegenschaften A x und y [...] neuerlich befasst“) sowie aus dessen Begründung („Auf der fraglichen, vom Anschlusszwang erfassten Liegenschaft des Berufungswerbers, Grundstück Nr. x, KG x. [Adresse A x und y] leben [...]). Wie der Bf zu Recht ausführt, steht diesem Interpretationsergebnis allerdings der ausdrückliche Wortlaut des Spruches des in Beschwerde gezogenen (Ersatz-)Bescheides entgegen, wird darin nämlich lediglich „[d]ie Berufung von Herrn J. S. [...] abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters AZ: 810/6-2013-V/An vom 09.02.2011 bestätigt“. Aufgrund der Ausführungen des Bf sieht sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Rahmen seiner Kognitionsbefugnis veranlasst, durch eine Spruchkorrektur den Einklang zwischen normativer Anordnung und Bescheidbegründung herzustellen und damit dem behördlichen Willen mit der notwendigen Klarheit zum Ausdruck zu verhelfen.

 

2. Mit Hinweis auf die mangelnde Vollstreckbarkeit eines Bescheides gegen den Bf behauptet der Bf unter Punkt III., für die Parzelle Nr x der KG x dürfe „keine unterschiedliche bescheidmäßige Erledigung hinsichtlich der Feststellung der Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgungsanlage erfolgen“. Aufgrund der vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgenommenen Spruchkorrektur erweist sich dieses Vorbringen des Bf als gegenstandslos und bedarf daher keiner weiteren Erörterung.

 

3. Unter Punkt IV. behauptet der Bf, das – vom Bf nicht vorgelegte und von der belangten Behörde nicht auffindbare, allerdings mit dem Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde Lochen vom 28. November 1969 in der Rechtssache A. S. idente – Schreiben des Bürgermeisters sei dem materiellen Inhalt nach im Zusammenhalt mit der Erklärung vom 14. Oktober 1968 als Bescheid hinsichtlich der gewährten Ausnahme von der Anschlusspflicht zu werten. Die Erklärung vom 14. Oktober 1968 sei als Antrag auf Ausnahme vom Anschlusszwang anzusehen und wurde dies demnach mit Schreiben des Bürgermeisters mit Bescheidcharakter bestätigt.

 

Der Bf beruft sich mit diesem Vorbringen auf eine Bewilligung (über die Gewährung der Ausnahme vom Anschlusszwang), die ihm von der zuständigen Behörde (Bürgermeister) schriftlich erteilt worden sei. Trotz dieser Bewilligungspflicht konnte der Bf weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einen Bewilligungsbescheid  vorlegen. Wenn der Bf nun meint, es könne nicht ihm „angelastet werden, dass er über diese [...] Aktenunterlagen nicht mehr verfügt“, so ist ihm entgegenzuhalten, dass auch die Partei eines Verfahrens eine (begrenzte) Mitwirkungspflicht bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts trifft (VwGH 19. Dezember 2001, 2000/20/0318; vgl zur Mitwirkungspflicht des Eigentümers bei der Feststellung, ob angenommen werden kann, dass eine Baubewilligung erteilt wurde: VwGH 30. Jänner 2001, 2000/05/0252). Da das vom Bf ins Treffen geführte Schreiben des Bürgermeisters weder vom Bf beigebracht werden kann, noch bei der belangten Behörde auffindbar ist, geht das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vom Nichtvorliegen der vom Bf behaupteten Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang aus.

 

Aber selbst wenn man von der Existenz eines solchen Schreibens ausginge und – wie der Bf behauptet – sich der Inhalt dieses Schreibens mit jenem in der Rechtssache A. S. decken würde, wäre der Bf nicht im Recht:

Denn um vom Vorliegen eines Bescheides sprechen zu können, bedarf es – neben anderen Merkmalen – jedenfalls einer normativen Anordnung der Behörde (vgl statt vieler Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014) Rz 417 sowie Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (2009) Rz 820ff). Inwieweit dem vom Bf ins Treffen geführten Schreiben des Bürgermeisters ein normativer Inhalt zugesonnen werden kann, ist für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich angesichts des Inhalts dieses – mehr den Charakter einer Mitteilung der Behörde in sich tragende – Schreiben nicht nachvollziehbar. Vielmehr stellt sich die Sachlage aus Sicht der erkennenden Richterin wie folgt dar: Mit der Erklärung vom 14. Oktober 1968 haben die betroffenen Liegenschaftseigentümer (und damit die Rechtsvorgänger im Eigentum des Bf) gegenüber dem Bürgermeister erklärt, nicht an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anschließen zu wollen. Daraufhin wurden die Liegenschaftseigentümer mit Schreiben des Bürgermeisters darüber aufgeklärt, dass Anschlusszwang bestehe und die Behörde gem § 3 des Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes auf Antrag eine Ausnahme vom Anschlusszwang gewähren könne. Hinsichtlich dieser Möglichkeit der Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang wurden die Liegenschaftseigentümer aufgefordert, „beim gef. Gemeindeamt einen Antrag auf Ausnahme vom Anschlußzwang gemäß § 3 des Gemeinde-Wasserversorgungsgesetzes unter Anschluß eines Wasserunter­suchungsbefundes (das Trinkwasser ist durch den Gemeindearzt einer chem. bakt. Untersuchung zuzuführen) einzubringen“. Dass der Bürgermeister mit diesem Schreiben bereits die Ausnahme vom Anschlusszwang gewährt hätte, lässt sich weder aufgrund des Inhalts noch anhand der Formulierung dieses Schreibens ableiten. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher in Übereinstimmung mit der belangten Behörde nicht vom Vorliegen der bescheidmäßigen Gewährung einer Ausnahme vom Anschlusszwang bezüglich der Liegenschaft des Bf aus.

 

4. Unter Punkt V. bringt der Bf vor, die belangte Behörde hätte im vorangegangenen Verwaltungsverfahren keinerlei Feststellungen zur Distanz zwischen der öffentlichen Wasserversorgungsanlage und der anschlusspflichtigen Liegenschaft getroffen. Damit ist der Bf zum Teil im Recht: Denn die belangte Behörde hat zwar im Zuge des (ersten) Berufungsverfahrens Erhebungen hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmales durchgeführt und im – vom Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich behobenen – (Berufungs-)Bescheid (samt Planskizze) auch dargelegt. Eine Aufnahme dieses Sachverhaltselementes in den (Ersatz-)Bescheid unterließ die belangte Behörde allerdings. Da die Feststellungen der belangten Behörde (vgl die Planskizze in den ersten Berufungsbescheiden; Entfernung ca 3m) hinsichtlich des Tatbestandselementes des § 1 Abs 3 Z 2 Oö. Wasserversorgungsgesetz nachvollziehbar sind, geht das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich von der Erfüllung dieses Tatbestandselementes aus. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag der Bf mit diesem Vorbringen daher nicht mit Erfolg zu behaupten.

 

5. Im Ergebnis konnte der Bf eine Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides nicht mit Erfolg behaupten. Die belangte Behörde hat die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinem Beschluss vom 19. März 2014 aufgezeigten Sachverhaltslücken geschlossen und in gesetzeskonformer Weise die Anschlusspflicht an die gemeindeeigene öffentliche Wasserver­sorgungsanlage festgestellt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

V.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wenn der Bf unter Punkt I. die Mitwirkung des Bürgermeisters bei der Beschlussfassung über die Berufungsentscheidung durch die belangte Behörde als rechtswidrig erachtet, so beruht dieses Vorbringen auf der Unkenntnis der Gesetzeslage, da die Intimation von Bescheiden des Gemeinderates durch den Bürgermeister in der Oö. Gemeindeordnung 1990 gesetzlich vorgesehen ist. Unter Punkt II. releviert der Bf einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des Berufungsbescheides. Die Interpretation der normativen Anordnung stellt nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich weder im gegenständlichen Fall noch darüber hinaus eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Das Vorbringen unter Punkt III. wurde durch die vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Rahmen seiner Kognitionsbefugnis gelegenen Spruchkorrektur gegenstandslos. Das Vorliegen einer Bewilligung über die Ausnahme vom Anschlusszwang, das der Bf unter Punkt IV. zu behaupten sucht, bedeutet ebenso nicht die Beurteilung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da der Bf den ins Treffen geführten Bewilligungsbescheid gerade nicht beibringen konnte. Punkt V. der Beschwerde betrifft lediglich eine Frage der Sachverhaltsfeststellung. Eine Rechtsfrage war diesbezüglich nicht zu lösen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 20. Februar 2015, Zl.: E 1966/2014-4

Beachte:

Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.