LVwG-150131/5/MK/GD

Linz, 16.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des Herrn Dipl. Wirt. Ing. (FH) C T, MBA, in S., vertreten durch Notarin Dr. R H, in G. gegen den Bescheid des Stadtsenats der Stadt Steyr vom 12.07.2013, GZ: BauH-245/12 HÜ/kre (Beschluss vom 11.07.2013), betreffend Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags für das Grundstück Nr. x, EZ x, KG x.

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der Bescheid des Stadtsenats Steyr mit der Maßgabe bestätigt, dass die Restforderung 1.602,51 Euro beträgt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

 

I.1.       Herr Dipl. Wirt. Ing. (FH) C T MBA (im Folgenden Bf) und seine Ehefrau haben am 22.10.2011 das Grundstück Nr. x, EZ x, KG x von Herrn Mag. H P D erworben.

 

I.2.       Mit Bescheid vom 09.01.2013, GZ: BAU H-245/2012 We (zugestellt am 17.01.2013) wurde die Baubewilligung erteilt und der Verkehrsflächenbeitrag in Höhe von 2.470,26 Euro vorgeschrieben.

Mit fristgerechter Berufung vom 06.02.2013 wendete sich der Bf gegen die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags. Er habe das Grundstück erschlossen gekauft, was seine Notarin belegen würde und eine zweimalige Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags sei nicht rechtens.

 

I.3.       Im von der Stadt Steyr durchgeführten Ermittlungsverfahren ergab sich, dass die Stadt Steyr mit Herrn DI H P am 29.12.1965 bzw. 08.01.1966 einen Vertrag (GZ: Ha-6015/65) abschloss, der die Aufschließung des S, auf welchem sich das Grundstück des Bf Nr. x befindet,  zum damaligen Zeitpunkt regelte.

In dem 13 Punkte umfassenden Übereinkommen wurde festgehalten, dass das genehmigte Wohnhausaufbauvorhaben Bau5-5290/64 durch Kanalisierung, Herstellung von Verkehrsflächen inklusive Gehsteigen (ATS 1.434.035,-- = ATS 85,-- pro ), Herstellung der öffentlichen Wasserversorgungsleitung einschließlich Drucksteigerungsanlage und Herstellung der Straßenbeleuchtung durch Herrn DI H P aufgeschlossen werde. An den zu erwartenden Aufschließungskosten in Höhe von ATS 5.148.670,-- (Euro 374.168,44) sollte sich die Stadt Steyr mit 50 % finanziell beteiligen. Die neuen Straßen- und Gehsteigflächen waren nach Fertigstellung kostenlos in das öffentliche Gut und im Gegenzug die entbehrlich gewordenen alten Straßengrundstücke in das Eigentum des Herrn DI P zu übertragen.

Besonders hervorzuheben ist Punkt VI des Aufschließungsvertrages, welcher wie folgt lautete:

“Anbetrachts des vorliegenden Übereinkommens und des Umstandes, dass zumindest teilweise die Aufschließungskosten auf die zukünftigen Siedler überwälzt werden sollen, verzichtet die Stadtgemeinde darauf, von den Siedlungswerbern Anschlussgebühren jeglicher Art bzw. Anliegerleistungen einzuheben.“

 

 

Aufgrund dieses Vertrages hat die Stadt Steyr von der Vorschreibung der Aufschließungsbeiträge in diesem Siedlungsgebiet Abstand genommen. Im Jahr 2007 wurde der dem Vertrag zugrundeliegende Bebauungsplan aufgehoben. Aus Sicht der Stadt Steyr fiel damit die Grundlage des Vertrages weg und seit diesem Zeitpunkt wurden die Verkehrsflächenbeiträge nach der Bauordnung den Siedlern wieder vorgeschrieben.

 

Aufgrund eines Schreibens an Herrn DI H P vom 01.03.1984 wurde von der Stadt Steyr beurteilt, dass die Fertigstellung des Siedlungsgebiets eingetreten sei. Der Vertragspartner DI P hat diese Rechtsansicht laut vorliegendem Sachverhalt akzeptiert.

 

Innerhalb der Fachabteilungen der Stadtgemeinde Steyr bestanden gegensätzliche Rechtsansichten betreffend die Gültigkeit und Anwendbarkeit des gegenständlichen Vertrages.

 

 

I.4.       Mit zweitinstanzlichem Bescheid (GZ: BauH-245/12 HÜ/kre) des Stadtsenates der Stadt Steyr vom 12.07.2013 (Beschluss vom 11.07.2013) wurde der Berufung des Bf und seiner damals mitbeteiligten Ehefrau teilweise stattgegeben und der Verkehrsflächenbeitrag auf 1.613,32 Euro herabgesetzt. Der Bescheid wurde dem Bf am 24.07.2013 per Hinterlegung zugestellt. Unter Anführung eines VwGH-Judikats, welches falsch zitiert wurde (Zahl lautet korrekterweise VwGH 19.03.2001, Zl. 2000/17/0260) führte die Berufungsbehörde aus, dass es kein Kriterium mehr sei, wer die betreffende Verkehrsfläche seinerzeit errichtet habe und die Gemeinde den Verkehrsflächenbeitrag vorschreiben dürfe.

 

Unter Hinweis auf die Verpflichtung nach § 19 Abs. 4 Oö. BauO 1994 einen Verkehrsflächenbeitrag vorzuschreiben und etwaige Vorleistungen im Sinne des § 20 Abs. 7. Oö. BauO 1994 anzurechnen, wurde der Verkehrsflächenbeitrag neu berechnet. Die vom Bf in seiner Berufung angeführte Vorleistung aufgrund des zitierten Aufschließungsvertrages wurde entsprechend dem Verbraucherpreisindex zur Anrechnung gebracht. Der Verkehrsflächenbeitrag wurde dem Bf unter Anrechnung von Vorleistungen in Höhe von 1.613,32 Euro vorgeschrieben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Behörde II. Instanz lehnte einen gänzlichen Verzicht auf die Einhebung des Verkehrsflächenbeitrags ab und wies darauf hin, dass dies der Bestimmung des § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 nicht entsprechen würde.

 

Darüber hinaus  sei das Aufschließungsprojekt (GZ: Ha-6015/65),  mit März 1984 fertiggestellt worden und nur jene Siedler seien Nutznießer des Aufschließungsprojekts, die auch im Zeitpunkt der Baubewilligung davon erfasst waren. Die Baubewilligung des Bf vom 09.01.2013 stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem baubehördlich bewilligten Wohnhauswiederauf-bauvorhaben, das dem Aufschließungsprojekt zugrunde lag.

 

 

I.5.       Am 07.08.2013 (Poststempel) erhob der Bf durch seine Vertretung Frau Dr. R H, öffentliche Notarin, rechtzeitig das Rechtsmittel der Vorstellung. Es wurde beantragt von der Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags zur Gänze abzusehen.

Begründet wurde der Antrag mit dem oben angeführten Aufschließungsvertrag (GZ: Ha-6015/65), den die Stadt Steyr mit Herrn DI H P am 29.12.1965 bzw. 08.01.1966 abgeschlossen hatte. Der Magistrat der Stadt Steyr habe explizit auf die Einhebung von Anschlussgebühren bzw. Anliegerleistungen verzichtet. Die Grundstücksverkäufe durch Herrn DI H P und dessen Rechtsnachfolgers erfolgten unter dem Hinweis, dass für die unbebauten Grundstücke bereits sämtliche Aufschließungskosten bezahlt worden seien. Laut Angabe der Rechtsvertretung wäre dies auch in einer telefonische Rückfrage beim Magistrat (siehe Beilage ./E) bestätigt worden.

 

Der Rechtsvorgänger des Bf, welcher das gegenständliche Grundstück Nr. x der EZ x KG x an den Bf verkaufte, hatte angegeben, dass die Aufschließungskosten bezahlt wurden bzw. als bezahlt galten. Im Jahr 2000 seien ihm vom Magistrat irrtümlicherweise Aufschließungsbeiträge vorgeschrieben worden. Diese Vorschreibung sei vom Magistrat jedoch am 04.05.2000 unter Hinweis auf den Aufschließungsvertrag mit Herrn P (GZ: Ha-6015/65) aufgehoben worden (GZ: BauA-273/00Ju, Bau A-2185/99).

 

II.           Das Verwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Der oben dargestellte Sachverhalt steht fest.

 

 

 

III.          Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

 

III.1.       Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Nach der Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z. 8 B-VG in der Fassung der am 1.1.2014 in Kraft getretenen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist diese Vorstellung mit Wirkung vom 2.1.2014 (ONr 1 des verwaltungsgerichtlichen Aktes) an das mit dieser Novelle neu geschaffene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übergegangen. Diese Vorstellung ist daher als Beschwerde im Sinne des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) zu behandeln.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Nach § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

 

III.2.   In der Sache:

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 36/2008 lauten:

 

§ 19, Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen

 

(1) Anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 Oö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege.

 (3) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet und dadurch der Bauplatz (das Grundstück), auf dem ein Gebäude schon besteht oder zumindest bereits baubehördlich bewilligt ist, aufgeschlossen, ist der Beitrag anlässlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Dies gilt nicht im Fall der Erneuerung oder Sanierung einer schon bestehenden Verkehrsfläche. Abs. 1 und 2 sowie §§ 20 und 21 gelten sinngemäß.

(4) Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks ist.

 

§ 20, Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags

 

(1) Der Beitrag ist für die Grundstücksfläche, die der Berechnung der anzurechnenden Frontlänge zugrunde gelegt wurde, vorbehaltlich des Abs. 4b nur einmal zu entrichten.

(2) Die Höhe des Beitrags ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

(3) Die anrechenbare Breite der öffentlichen Verkehrsfläche beträgt unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite drei Meter.

(4) Anrechenbare Frontlänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz oder dem zu bebauenden oder bereits bebauten Grundstück flächengleichen Quadrats. Abweichend davon beträgt die anrechenbare Frontlänge jedoch        

1. bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken sowie bei Grundstücken, die entsprechend einer Grünland-Sonderausweisung im Sinn des § 30 Abs. 3 oder 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 genutzt werden, höchstens 40 Meter, sofern letztere nicht unter Z 2 fallen,

 2. bei betrieblich genutzten Grundstücken

 a) mit einer Fläche bis 2.500 höchstens 40 Meter,

 b) mit einer Fläche von mehr als 2.500 bis 5.000 m² höchstens 50 Meter,

 c) mit einer Fläche von mehr als 5.000 bis 10.000 m² höchstens 60 Meter,

 d) mit einer Fläche von mehr als 10.000 bis 20.000 m² höchstens 80 Meter;

 e) mit einer Fläche von mehr als 20.000 höchstens 120 Meter.

(4a) Im Sinn des Abs. 4 gelten       

1. eine Baufläche (Bauarea) und das sie umschließende bzw. an sie angrenzende Grundstück desselben Eigentümers oder derselben Eigentümerin auch dann als ein (einheitliches) Grundstück, wenn die Baufläche (Bauarea) nach den grundbuchs- und vermessungsrechtlichen Vorschriften ein eigenes Grundstück bildet,

 2. mehrere Grundstücke, die eine wirtschaftliche Einheit bilden, als ein Grundstück.

(4b) Wird der Bauplatz (das Grundstück) nach erfolgter Beitragsvorschreibung verändert, gilt im Fall einer neuerlichen Beitragsvorschreibung als anrechenbare Frontlänge die Seite eines mit dem vergrößerten Bauplatz (Grundstück) flächengleichen Quadrats. Dabei sind für die noch nicht vergrößerte Fläche bereits geleistete Beiträge gemäß Abs. 7 anzurechnen. Abs. 4 zweiter Satz und Abs. 4a gelten. (Anm.: LGBl. Nr. 96/2006)

(5) Den Einheitssatz hat die Landesregierung durch Verordnung festzusetzen; dabei sind jene durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten pro Quadratmeter zugrunde zu legen, die          

1. mit der Herstellung des Tragkörpers (einer mechanisch verdichteten Schottertragschicht) und

2. mit der Aufbringung einer bituminös gebundenen Tragschicht oder einer Pflasterung auf den Tragkörper

 üblicherweise verbunden sind. Für öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde hat der Gemeinderat durch Verordnung einen niedrigeren oder höheren Einheitssatz pro Quadratmeter festzusetzen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der Gemeinde die durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten niedriger oder höher sind als die von der Landesregierung der Festsetzung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Durchschnittskosten.

(6) Ist die öffentliche Verkehrsfläche im Zeitpunkt der Vorschreibung des Beitrags erst in der Weise errichtet, dass zunächst nur der Tragkörper hergestellt wurde, die bituminös gebundene Tragschicht oder die Pflasterung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgebracht werden soll, darf der Beitrag anlässlich der Erteilung der Baubewilligung oder der Tragkörperherstellung nur bis zu 50% vorgeschrieben werden; der ausständige Rest ist anlässlich der Fertigstellung vorzuschreiben. Der Berechnung ist der zur Zeit der Vorschreibung jeweils geltende Einheitssatz zugrunde zu legen.

(7) Sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge sind auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen, wobei die Beiträge, bezogen auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt kundgemachten Verbraucherpreisindex und den Monat ihrer vollständigen Entrichtung, um jenen Prozentsatz zu ändern sind, um den sich dieser Index geändert hat. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann.

 

 

 

 

 

 

§ 21, Ausnahmen und Ermäßigungen

 

(2) Der Verkehrsflächenbeitrag ermäßigt sich um 60%, wenn die Baubewilligung erteilt wird für den Neu-, Zu- oder Umbau von     

1. Gebäuden, die nach wohnbauförderungsrechtlichen Bestimmungen gefördert werden oder wurden;

2. Kleinhausbauten;

3. Gebäuden, die gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken dienen;

4. Gebäuden von Klein- oder Mittelbetrieben sowie von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben.

 

 

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Einheitssatz-Verordnung 2011

(Verordnung der Oö. Landesregierung, womit der bei der Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags anzuwendende Einheitssatz festgesetzt wird), LGBl. Nr. 36/2008, in der Fassung LGBl. Nr. 81/2010 lauten:

    

§ 1

Der Einheitssatz für die Berechnung des Beitrags zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen des Landes und der Gemeinden wird nach den durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten, die mit der Herstellung des Tragkörpers (einer mechanisch verdichteten Schottertragschicht) und der Aufbringung einer bituminös gebundenen Tragschicht oder einer Pflasterung auf den Tragkörper üblicherweise verbunden sind, mit 65 Euro pro Quadratmeter festgesetzt.

 

Anm.: Der Einheitssatz wird mit 1. Mai 2013 mit 72 Euro festgesetzt (Kundmachung LGBl.Nr. 39/2013)

 

 

 

IV.          Das Oö. Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.     Der Bf beantragt durch seine Rechtsvertretung von der Einhebung des Verkehrsflächenbeitrags zur Gänze abzusehen und begründet diesen Antrag mit dem oben angeführten Aufschließungsvertrag (GZ: Ha-6015/65), den die Stadt Steyr mit Herrn DI H P am 29.12.1965 bzw. 08.01.1966 abschloss. Der Magistrat der Stadt Steyr habe explizit auf die Einhebung von Anschlussgebühren bzw. Anliegerleistungen verzichtet. Die Grundstücksverkäufe durch Herrn DI H P und dessen Rechtsnachfolgers erfolgten unter dem Hinweis, dass für die unbebauten Grundstücke bereits sämtliche Aufschließungskosten bezahlt worden seien. Laut Angabe der Rechtsvertretung wäre dies auch in einer telefonische Rückfrage beim Magistrat bestätigt worden.

 

Im angesprochenen Aufschließungsvertrag (GZ: Ha-6015/65) wurde die Aufschließung des  S, auf welchem sich das Grundstück des Bf Nr. x befindet, vereinbart. In dem 13 Punkte umfassenden Übereinkommen wurde unter anderem festgehalten, dass die Verkehrsflächen inklusive Gehsteigen herzustellen sind. Die Kosten dafür wurden mit  ATS 1.434.035,-- (= ATS 85,-- pro ) festgehalten. Besonders hervorzuheben ist Punkt VI des Vertrages in welchem vereinbart wurde, dass die Stadtgemeinde Steyr “anbetrachts des vorliegenden Übereinkommens und des Umstandes, dass zumindest teilweise die Aufschließungskosten auf die zukünftigen Siedler überwälzt werden sollen, auf die Einhebung von Anschlussgebühren jeglicher Art bzw. Anliegerleistungen verzichtet.“

 

Mit Wirksamkeit 01.01.1977, LGBL. Nr. 35/1976, wurde der Verkehrsflächenbeitrag (damals: Fahrbahnkostenbeitrag) erstmals in der Oö. Bauordnung 1976 gesetzlich verankert. Der Beitrag war somit für gesamt Oberösterreich verpflichtend vorzuschreiben (siehe LGBl. 35/1976: §§ 19 bis 22 und Schluss- und Übergangsbestimmungen §§ 69 und 70). Unter anderem für die Stadt Steyr gab es bis dahin eine eigene Bauordnung, die auch schon einen „Beitrag für die Herstellung des Gehsteiges an Verkehrsflächen der Gemeinde“ kannte.

 

Seit diesem Zeitpunkt hat die Gemeinde den Verkehrsflächenbeitrag verpflichtend vorzuschreiben. Gemäß § 19 Oö. BauO 1994 idgF hat die Gemeinde anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 Oö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben.

Abmachungen zwischen dem Abgabengläubiger und dem Abgabenschuldner über den Inhalt der Abgabenschuld - etwa auch über einen gänzlichen Verzicht auf die Abgabenforderung - sind laut Verwaltungsgerichtshof (VwGH 20.03.2007, Zl. 2006/17/0384) ohne abgabenrechtliche Bedeutung. Zulässig sind solche Vereinbarungen nur dann, wenn die Gesetze sie ausdrücklich vorsehen, wobei sich diese gesetzlichen Ermächtigungen nur dann als verfassungskonform erweisen, wenn die öffentlich-rechtlichen Verträge lediglich die Modalitäten der Abgabenerhebung (Berechnung der Bemessungsgrundlage, Fälligkeit etc.) und nicht die Steuerpflicht selbst betreffen, wenn im Gesetz Voraussetzungen und Inhalt hinreichend bestimmt sind und wenn in Streitfällen eine bescheidförmige Erledigung vorgesehen ist, sodass eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit möglich ist (vgl. hierzu auch Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechtes 4, II, 182, und die dort angeführte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Im gegenständlichen Fall liegt keine gesetzliche Ermächtigung vor, die eine Abänderung der Einhebungspflicht rechtfertigen würde. Ausdrücklich weist der Verwaltungsgerichthof darauf hin, dass die Behörde ohne gesetzliche Ermächtigung auf die Erhebung von Abgaben nicht verzichten kann (E 29. April 1992, 88/17/0128). Angesichts dieser Rechtsprechung und im Lichte der aktuellen Rechtslage ist der zitierte Aufschließungsvertrag als rechtswidrig anzusehen. Die Gemeinde hat den Verkehrsflächenbeitrag vorzuschreiben. Der Bf kann aus diesem Vertrag keine Vorteile hinsichtlich der Befreiung vom Verkehrsflächenbeitrag erlangen.

 

 

IV.2.    Der Bf führt weiter aus, dass der Rechtsvorgänger des Bf, welcher das gegenständliche Grundstück Nr. x der EZ x KG x an den Bf verkaufte, angegeben hatte, dass die Aufschließungskosten bezahlt wurden bzw. als bezahlt gelten. Im Jahr 2000 seien ihm vom Magistrat irrtümlicherweise Aufschließungsbeiträge vorgeschrieben worden. Diese Vorschreibung sei vom Magistrat jedoch am 04.05.2000 unter Hinweis auf den Aufschließungsvertrag mit Herrn P (GZ: Ha-6015/65) aufgehoben worden (GZ: BauA-273/00Ju, Bau A-2185/99).

Hinsichtlich dieses Vorganges ist festzuhalten, dass es sich um die Errichtung eines privatrechtlichen Vertrages zwischen dem Bf als Grundstückseigentümer und seinem Rechtsvorgänger handelt, an dem die belangte Behörde kein Vertragspartner ist. Selbst wenn man diese Thematik auf zivilrechtlichem Wege weiter verfolgen möchte, ist doch auf den schriftlichen Kaufvertrag (Seite 5 oben) hinzuweisen, in welchem festgehalten wurde, dass sich der Käufer (=Bf) für den Fall der Vorschreibung weiterer Aufschließungsbeiträge bereit erklärte, diese unverzüglich nach Vorschreibung einzubezahlen und den Verkäufer diesbezüglich vollkommen schad- und klaglos zu halten.

 

Beilage./E, Kaufvertrag, Seite 4 unten und 5 oben:

 

 

Wenn die Rechtsvertretung des Bf in der Beschwerde darauf hinweist, dass eine telefonische Rückfrage beim Magistrat laut Beilage./E ergeben hätte, dass die Aufschließungskosten bereits bezahlt wurden bzw. als bezahlt gelten, so kann das Landesverwaltungsgericht dies aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen. Bei der Beilage./E handelt es sich um den Kaufvertrag bezüglich des vom Bf und seiner Ehefrau erworbenen Grundstücks x, EZ x GB x in welcher die Thematik Aufschließungskosten (siehe obigen Auszug) festgehalten wird. Einen Beleg für eine Auskunft vom Magistrat findet sich weder in der von der Rechtsvertretung angeführten Beilage./E noch in den anderen vorgelegten Beilagen. Im Gegenteil wird in Beilage./F schriftlich festgehalten, dass die Bestimmung des Artikel VI nicht mehr in der Form aufrecht ist und eine Entschärfung der Bestimmung eingetreten sei, obwohl sie natürlich noch aufrecht wäre. In derselben Beilage wird noch angesprochen, dass weitere Aufschließungskosten zu entrichten seien, falls ein Haus mit einer Wohnnutzfläche von mehr als 130m² errichtet werden sollte, wobei seitens des Landesverwaltungsgericht festgehalten wird, dass nicht entnommen werden kann welche Aufschließungsbeiträge gemeint sind. Da allerdings in der vorliegenden Beschwerde als auch im Kaufvertrag immer nur von Aufschließungskosten pauschal gesprochen wird, war der Verkehrsflächenbeitrag von diesem Begriff immer mit umfasst. Auch die Formulierung des Kaufvertrags in welchem festgehalten wird, dass sich die Käufer (Bf) bereit erklärten nach der Bebauung der Liegenschaft anfallende Aufschließungsbeiträge unverzüglich einzubezahlen entkräftet das Argument der Rechtsvertretung, wonach sämtliche Aufschließungskosten abgegolten seien.

 

 

Nach Einbringung der Beschwerde fand am 05.02.2013 ein email-Verkehr (laufende Nr. 44 laut Aktenverzeichnis) zwischen dem Magistrat Steyr und der Rechtsvertretung des Bf statt in welchem seitens des Magistrats ausdrücklich festgehalten wird, dass seit dem Jahr 2007 die Verkehrsflächenbeiträge nach der . Bauordnung wieder vorgeschrieben werden. Dies deutet auf eine einheitliche Kommunikationslinie des Magistrats hin.

 

 

 

Zusammengefasst ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen das Bild, dass der Bf mit weiteren Vorschreibungen von Aufschließungsgebühren rechnen musste und dies auch im Vertrag festgehalten wurde. Für eine vertiefende Klärung dieser Thematik ist allerdings auf den zivilrechtlichen Rechtsweg zu verweisen.

 

 

 

 

 

IV.3.       Die Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags erfolgte aufgrund der in §§ 20ff Oö. BauO 1994 angegebenen Berechnungsformel:

 

Grundstücksfläche 1003 x 3m gemäß § 20 (3) Oö. BauO 1994 x 65 (Einheitssatz laut Oö. Einheitssatz-Verordnung) – 60 % gemäß § 21 (2)            = Euro 2.470,27

 

Der Verkehrsflächenbeitrag beträgt Euro 2.470,27.

Nach § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994  sind sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen, wobei die Beiträge, bezogen auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt kundgemachten Verbraucherpreisindex und den Monat ihrer vollständigen Entrichtung, um jenen Prozentsatz zu ändern sind, um den sich dieser Index geändert hat. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann.

 

Entsprechend dieser Bestimmung hat der Bf mittels vorgelegter Dokumente, insbesondere des Aufschließungsvertrags (GZ: Ha-6015/65) belegt, dass von seinen Rechtsvorgängern Beiträge geleistet wurden. Laut Vertrag wurden für die Herstellung von Verkehrsflächen inklusive Gehsteigen  durch Herrn DI H P insgesamt ATS 717.017,50 für die Gesamtfläche des Projekts  (115.940 ) berechnet. Umgelegt auf die Teilfläche von 1003m² des gegenständlichen Grundstücks des Bf ergibt dies eine Vorleistung in Höhe von ATS 6.202,94. Unter Anwendung des Wertsicherungsrechner - VPI des Österreichischen Statistischen Zentralamts ergibt sich eine anrechenbare Leistung in Höhe von ATS 11.940,66 oder Euro 867,76 auf Basis des Datums der Bescheid Erlassung im Juli 2014.

   Ergebnis der Berechnung

Zeitpunkt

Verbraucherpreisindex 1976

Veränderungsrate

Wert

März 1984

147,3

-

6.202,94 ATS

Juli 2014

283,6

92,5

11.940,66 ATS

 

 

Verkehrsflächenbeitrag gemäß §§ 20 ff Oö. BauO 1994                Euro 2.470,27

anrechenbare Vorleistung gemäß § 21 Abs. 7 leg.cit.                     Euro    867,76

 

Restforderung                                                                                            Euro 1.602,51

 

 

Demzufolge sind Vorleistungen in Höhe von Euro 867,76 anzurechnen, was eine ausstehende Restforderung in Höhe von Euro 1.602,51 ergibt.

 

 

 

 

V. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass angesichts der Rechtsprechung des Österreichischen Verwaltungsgerichtshofes und im Lichte der aktuellen Rechtslage der zitierte Aufschließungsvertrag als heute rechtswidrig anzusehen ist. Die Gemeinde ist gesetzlich verpflichtet den Verkehrsflächenbeitrag vorzuschreiben. Der Bf kann aus dem Aufschließungsvertrag (GZ: Ha-6015/65) keine Befreiung vom Verkehrsflächenbeitrag erwirken. Vorleistungen in Höhe von Euro sind 867,76 anzurechnen, was eine ausstehende Restforderung in Höhe von Euro 1.602,51 ergibt.

 

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Kitzberger