LVwG-300451/20/KLi/PP

Linz, 29.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 6. August 2014 des A C,
geb. x, x, x vertreten durch Mag. W K, Rechtsanwalt, x, x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 8. Juli 2014, GZ: SV96-30-2014-Bd/Dm wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversiche­rungsgesetzes (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und das Straf­erkenntnis vom 8. Juli 2014, GZ: SV96-30-2014-Bd/Dm aufgehoben.

 

II.       Gemäß §  52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Gang des Verfahrens vor der belangten Behörde:

 

I.1. Mit Straferkenntnis vom 8. Juli 2014, GZ: SV96-31-2014-Bd/Dm wurden dem Beschwerdeführer vier Verstöße gegen das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz (ASVG) wie folgt vorgeworfen:

 

„1) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat. obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: I J, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

2) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: A M, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, X

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

3) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x. x, zu verant­worten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflicht­versicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollver­sicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: D M, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

4) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x. x. zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat. obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: S S. geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x. x

Tatort: Gemeinde E. X

Kontrollzeit: 29.03.2014. 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x“

 

Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt. Ferner wurde der Beschwerde­führer dazu verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von jeweils 73 Euro zu leisten.

 

 

I.2. In weiterer Folge erging von der belangten Behörde der Bescheid vom
17. Juli 2014, GZ: SV96-31-2014-Bd/Dm. Mit diesem Bescheid wurde ausge­sprochen, dass das angefochtene Straferkenntnis vom 8. Juli 2014 wie folgt berichtigt werde:

 

1) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 29.03.2014 (Zeitpunkt der Kontrolle) beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: D C, geb. x

Arbeitsantritt: 01.01.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

2) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: I J, , geb. x

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

3) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflichtver­sicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: A M, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

4) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeits­antritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: D M, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x

 

5) Sie haben als Verantwortlicher (unbeschränkt haftender Gesellschafter) der Firma x G OG in x, x, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberln nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, in der Zeit vom 24.03.2014 bis zum 29.03.2014 pro Tag 5 - 8 Stunden beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zur Pflicht­versicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den/die Beschäftigte(n) vor Arbeitsantritt anzumelden und es wurde die Meldung nicht erstattet.

 

 

 

Name: S S, geb. x

Arbeitsantritt: 24.03.2014

Beschäftigungsort: x, x

Tatort: Gemeinde E, x

Kontrollzeit: 29.03.2014, 09:15 Uhr

Tatzeitraum: x - x“

 

Ferner wurde ausgesprochen, dass über den Beschwerdeführer gemäß § 111 ASVG jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, für den Fall der Unein­bringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden verhängt werde. Ferner wurde der Bf dazu verpflichtet einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von jeweils 73 Euro zu bezahlen.

 

I.3. Gegen das Straferkenntnis vom 8. Juli 2014 richtet sich die Beschwerde vom 6. August 2014. In dieser Beschwerde wird zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit den beiden weiteren Gesellschaftern (und Beschwerdeführern) der Firma x G OG ein Veranstaltungszentrum im Objekt
„K-M“ einrichten wollte. Die x G OG habe dieses Objekt gemietet. Es sei geplant gewesen, im Frühjahr/Sommer 2014 ein Gastlokal zu eröffnen; die Eröffnung habe am 10. Juni 2014 stattgefunden, mit 1. August 2014 habe die Entgeltsverpflichtung zur Zahlung der Miete begonnen. Nachdem es sich um ein voll eingerichtetes Gastlokal gehandelt habe, seien lediglich geringfügige Adaptierungsarbeiten und keine wie immer gearteten Bauarbeiten getätigt worden. Es sei von vorn herein klar gewesen, dass die entsprechenden Adaptierungsarbeiten von Professionisten durchgeführt werden sollten. Zu Beginn der Tätigkeiten sei aber festgestellt worden, dass eine Lüftung aus einem anderen Objekt im gegenständlichen Objekt eingelagert war, welche in das benachbarte Anwesen verbracht werden hätte müssen. Der Sohn eines Gesellschafters (A C) – nämlich D C – habe sich aus freien Stücken bereit erklärt, diese Tätigkeiten durchzuführen. Er habe keinem der drei Gesellschafter mitgeteilt, wann, wie und mit welcher Person er diese Tätigkeiten vornehmen würde. D C habe eigenmächtig und ohne einen Gesellschafter davon zu verständigen, die vier Personen gebeten, ihm dies­bezüglich zu helfen. Keiner der drei Gesellschafter habe eine wie immer geartete Möglichkeit gehabt, die Tätigkeiten der vier Personen zu unterbinden, zumal die Gesellschafter keine Kenntnis davon gehabt hätten, dass D C eigen­mächtig diese durchgeführt habe. Selbstverständlich wäre dies, hätte der Beschuldigte bzw. einer der beiden Mitgesellschafter davon Kenntnis gehabt, D C untersagt worden. D C wurde sodann von den Gesellschaftern zur Rede gestellt, wobei er mitgeteilt habe, dass kein Entgelt vereinbart worden sei und diese Personen ihm geholfen hätten und klassisch im Rahmen der „Nachbarschaftshilfe“ tätig gewesen seien. D C habe sich mündlich bereit erklärt, die Lüftungsteile aus der K-M in das benachbarte Anwesen zu bringen. Wann, wie und mit wem sei nicht vereinbart worden. Aufgrund dessen habe er einen Schlüssel gehabt und habe in das Objekt hinein gekonnt. Alle drei Gesellschafter hätten noch andere Zivilberufe. D C habe eigenmächtig, ohne dass es mit den Gesellschaftern abgesprochen gewesen sei und ohne dass er die Gesellschafter informiert habe, die aufge­griffenen Personen gebeten, ihm zu helfen. Das einer der drei Gesellschafter auf die Idee gekommen wäre, über Facebook wildfremde Personen aus Bosnien, die nicht einmal ein Wort Deutsch könnten, nur für diese Arbeiten zu akquirieren, widerspreche jeglicher Logik. Es seien daher die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG gegeben. Es möge daher die Hälfte der Mindeststrafe verhängt werden. Ferner werde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bean­tragt.

 

I.4. Gegen den Bescheid vom 17. Juli 2014, GZ: SV96-30-2014-Bd/Dm wurde keine Beschwerde erhoben.

 

 

II. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich:

 

II.1. In Entsprechung des Antrages des Beschwerdeführers hat am
20. Oktober 2014 vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden. In dieser Verhandlung wurde der Akteninhalt sowie die Sach- und Rechtslage erörtert. Insbesondere wurde diskutiert, dass in gegenständlicher Rechtssache das angefochtene – und damit nicht rechtskräftige – Straferkenntnis vom 8. Juli 2014 sowie der unangefochtene – und damit rechtskräftige – Bescheid vom 17. Juli 2014 vorliegen würden. Diese beiden Entscheidungen der belangten Behörde ergeben sich schlüssig aus dem Akteninhalt. Auch wurde vom Beschwerdeführer zugestanden, beide Entschei­dungen erhalten zu haben.

 

Vom Beschwerdeführer wurde allerdings vorgebracht, dass es sich beim Bescheid vom 17. Juli 2014 um einen – wie auch von der belangten Behörde ausgeführt – Berichtigungsbescheid gemäß § 62 Abs. 4 AVG handelt würde.

 

II.2. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 62 Abs. 4 AVG Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangel­haftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigt werden könnten. Durch einen Übernahmefehler seien im Straferkenntnis vom
8. Juli 2014 irrtümlicherweise lediglich vier an Stelle der fünf nicht zur Pflichtver­sicherung angemeldeten Arbeitnehmer angeführt worden, obwohl in der Auf­forderung zur Rechtfertigung dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden sei, fünf Arbeitnehmer nicht angemeldet zu haben.

 

III. Rechtslage:

§ 62 Abs. 4 AVG regelt die Berechtigung eines Bescheides von Amts wegen:

Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden kann die Behörde jederzeit von Amts wegen berichtigen.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

IV.1. Zu hinterfragen ist gegenständlich zunächst, ob tatsächlich ein berichti­gungs­fähiger Schreib- oder Rechenfehler im Sinn von § 62 AVG vorliegt.

 

Bei Schreib- und Rechenfehlern handelt es sich um textliche Unstimmigkeiten, die den wahren Sinn des Bescheides nicht in Frage stellen, sondern den richtigen Gedanken der Behörde falsch ausdrücken. Darunter sind zum Beispiel der falsche Vorname eines Bescheidadressaten, das Vergreifen im Ausdruck bei der „Zurückweisung“ einer Berufung im Spruch, wobei aus der Begründung klar hervorgeht, dass die Behörde nicht von einer Unzulässigkeit des Rechtsmittels ausgeht, die irrtümliche falsche Angabe einer Gesetzesstelle, nicht aber Fehler der Beweiswürdigung, der rechtlichen Beurteilung oder der Begründung eines Bescheides zu verstehen. Offenbar auf einem Versehen beruhende Fehler, die Schreib- und Rechenfehlern gleichzuhalten sind, sind zum Beispiel das Anführen einer falschen Längenangabe oder die Angabe einer falschen (nicht existie­renden) Grundstücksnummer in einem Baubescheid, nicht jedoch die unrichtige rechtliche Beurteilung eines richtig angenommen Sachverhaltes. Unrichtigkeiten, die offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer auto­mations­unterstützen Datenverarbeitungsanlage beruhen, sind Fehler in soge­nannten „Computerbescheiden“, die ihren Ursprung in technischen Mängeln, in „maschinellen“ Defekten haben. Nach den Materialien soll eine Berichtigung nur möglich sein, „wenn es sich nicht um Programmfehler (Software)“ handelt. Auch wenn Daten in eine EDV-Anlage unrichtig eingegeben werden und auf deren Grundlage ein unrichtiger Bescheid ergeht ist keine Berichtigung zulässig. Es handelt sich hierbei um einen Eingabefehler der deshalb nicht berichtigt werden kann, weil der wahre Wille der Behörde durch den Betrieb der EVD-Anlage nicht verfälscht wurde (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 467 mwN).

 

IV.2. Im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes liegt insofern weder ein Schreib- bzw. Rechenfehler noch ein offenbar auf einem Versehen beruhender Fehler vor. Allerdings kann auch eine Unrichtigkeit, die ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer auto­mationsunterstützen Datenverarbeitungsanlage beruht, nicht erblickt werden. Offensichtlich handelt es sich nämlich genau um einen solchen Eingabefehler, der einer Berichtigung nicht zugänglich ist. Die belangte Behörde wäre insofern gar nicht dazu berechtigt gewesen, einen „Berichtigungsbescheid“ – wie jenen vom 17. Juli 2014 – zu erlassen. Vielmehr hätte die belangte Behörde ein weiteres Straferkenntnis erlassen müssen, mit welchem über den Verstoß gegen das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) im Hinblick auf den fünften Arbeit­nehmer – D C – abzusprechen gewesen wäre. Der (Berichtigungs-) Bescheid vom 17. Juli 2014 ist ein weiteres Straferkenntnis, welches zum einen erstmals über die Beschäftigung von D C und zum anderen neuerlich über die Beschäftigung der vier weiteren Arbeitnehmer abspricht.

 

IV.3. Insofern stellt sich die Frage nach der Bekämpfbarkeit des Bescheides vom 17. Juli 2014. Wird durch den Berichtigungsbescheid in subjektive Rechte einge­griffen, ist der Bescheid in zweifacher Hinsicht bekämpfbar.

 

Zum einen kann ihm vorgeworfen werden, dass die Berichtigung nicht zulässig war; zum Beispiel wenn kein berichtigungsfähiger Mangel im Sinn des § 62
Abs. 4 AVG vorliegt oder die Berichtigung darüber hinausgeht, etwa weil der Bescheid, dessen Spruch beibehalten wurde, eine neue, wesentlich andere Begründung erhielt und daher die Unabänderlichkeit des Bescheides zu respek­tieren gewesen wäre. Zum anderen kann gegen den berichtigten Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit vorgegangen werden, soweit durch die Berichtigung in subjektive Rechte materiell- oder verfahrensrechtlicher Natur eingegriffen wird. Diesfalls laufen die Rechtsmittelfristen einschließlich der Frist für die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht ab Erlassung des Berichtigungs­bescheides (Hängstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 471).

 

IV.4. Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt somit einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde – bei entsprechender Aufmerksamkeit – bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (Hauer/Leukauf Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 62 AVG E 2, 3a). Mit anderen Worten sind also jene Fehler, die Eingabefehler in ein EDV-unterstütztes Datenverarbeitungsprogramm darstellen, einer Berichtigung im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG nicht zugänglich. Nur jene Bescheide, die tatsächlich zulässige Berichtigungsbescheide im Sinn von
§ 62 Abs. 4 AVG sind, können mit dem ursprünglichen Bescheid (Straf­erkenntnis) eine Einheit bilden. In weiterer Konsequenz kann daher ein Rechts­mittel gegen das ursprüngliche Straferkenntnis nur dann den Berichtigungs­bescheid umfassen, wenn dieser grundsätzlich zulässig war.

Für den Fall, dass eine Berichtigung nicht zulässig war, hätte dieser Bescheid mittels gesonderter Beschwerde angefochten werden müssen. Eine derartige Anfechtung ist gegenständlich nicht erfolgt. Der (unzulässige Berichtigungs-) Bescheid vom 17. Juli 2014 ist insofern (dennoch) in Rechtskraft erwachsen. Dem steht auch nicht entgegen, dass mit diesem Bescheid ein „Straferkenntnis“ im Sinn des VStG und nicht ein „Bescheid“ im Sinn des AVG berichtigt wird;
§ 62 AVG findet nämlich auch in Verfahren nach dem VStG Anwendung.

 

IV.5. Nachdem allerdings nunmehr ein angefochtenes – und damit nicht rechts­kräftiges – Straferkenntnis sowie ein unangefochtener – und damit rechts­kräftiger – Bescheid über dieselbe Verwaltungsstrafsache absprechen, liegt eine entschiedene Rechtssache vor. Bereits mit dem Bescheid vom
17. Juli 2014 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich aller fünf Arbeitnehmer rechtskräftig wegen eines Verstoßes gegen das ASVG bestraft, sodass er nicht gleichzeitig nochmals mit dem Straferkenntnis vom 8. Juli 2014 wegen derselben Vergehen im Hinblick auf vier Arbeitnehmer bestraft werden kann. Ein Bestehenlassen beider rechtskräftiger Bestrafungen würde gegen das Doppel­bestrafungsverbot verstoßen.

 

IV.6. Zusammengefasst war insofern der Beschwerde dennoch Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis wegen entschiedener Rechtssache aufzu­heben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 VwGVG.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer