LVwG-300406/9/Kl/TK/SH

Linz, 30.10.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Dipl.Ing. Dr. K.A.H., x, vertreten durch x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
16. Juni 2014, Ge96-119-2013/HW, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 8. August 2014

 

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der verhängten Geldstrafe wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 3 Tage herabgesetzt wird.

 

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 150 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Juni 2014,  Ge96–119-2013/HW, wurde über den Beschwerdeführer (kurz: BF) eine Geldstrafe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs. 4 Z.1 der Arbeitsmittelverordnung - AM-VO in Verbindung mit § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handels-rechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin H.T. GmbH, FN x, Sitz in H., Geschäftsanschrift: x, folgende Verwaltungs-übertretung zu verantworten hat:

 

„Die Arbeitsinspektoren D.I. T. und Ing. T. vom Arbeitsinspektorat Linz haben bei einer Unfallerhebung am 26.8.2013 Folgendes festgestellt:

 

 

 

Am 26.8.2013

 

 

 

wurde der Arbeitnehmer I.P. in der Arbeitsstätte H.T. GmbH., x, am Einlaufband der Maschine F Siebtrommeltrockner (Bauj.: unbekannt, jedenfalls vor 1995) beschäftigt.

 

An dieser Maschine waren die Gefahrenstellen (Kraftübertragungseinrichtung, Einzugsstellen) durch Verdeckungen gesichert - wobei diese Verdeckungen sich ohne fremdes Hilfsmittel (Handrad) öffnen bzw. aus der Schutzstellung bewegen ließen - ohne dass das Arbeitsmittel stillstand oder das Öffnen der Schutzeinrichtung das Arbeitsmittel bzw. den Teil des Arbeitsmittels zwangsläufig stillsetzte.

 

 

 

Dadurch wurde § 43 Abs. 4 Z.1 AM-VO übertreten, wonach - sofern sich Schutzeinrichtungen nach Abs. 3 ohne fremde Hilfsmittel öffnen oder abnehmen lassen - sie so beschaffen sein müssen, dass sie sich entweder nur aus der Schutzstellung bewegen lassen, wenn das Arbeitsmittel still steht oder das Öffnen der Schutzeinrichtung das Arbeitsmittel bzw. den Teil des Arbeitsmittels zwangsläufig still setzt, wobei ein Gefahr bringender Nachlauf verhindert sein muss.“

 

 

 

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die deutliche Herabsetzung der Strafe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in seinem subjektiven Recht dahingehend verletzt werde, dass er zweimal für dieselbe Tat vor Gericht gestellt werde. § 22 Abs. 1 VStG normiere eine grundsätzliche Subsidiarität des Verwaltungsstrafrechtes, nämlich dass eine Tat nur dann als Verwaltungsstrafrecht strafbar sei, wenn sie nicht gleichzeitig einem gerichtlichen Straftatbestand unterfalle. Dieser Vorrang des Kriminalstrafrechtes bestehe immer schon dann, wenn der in Rede stehende Sachverhalt einem gerichtlichen Straftatbestand unterfällt. Die Tat müsse also nicht konkret strafbar sein. Auch die – etwa wegen des Vorliegens von Entschuldigungsgründen, Strafaufhebungs- oder Strafausschließungsgründen – im Ergebnis straflose Kriminalstraftat lasse die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden, da nach dem Ergebnis des eingeholten Gutachtens des Herrn DI Dr. W.G. nach der AM-VO zwar eine feststehende trennende Schutzeinrichtung zu wählen gewesen wäre, diese jedoch den vorliegenden Unfall nicht verhindert hätte. Ein Endschalter sei gegenständlich nicht Stand der Technik gewesen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde beschränke sich Art. 4 7. ZPMRK nicht auf das Recht, nicht zweimal bestraft zu werden, sondern beziehe sich auch auf das Recht „nicht zweimal vor Gericht gestellt zu werden“. Auch im vorliegenden Fall werde der Beschwerdeführer aufgrund einer Handlung, nämlich nicht für die von § 43 AM-VO vorgeschriebene Schutzeinrichtung gesorgt zu haben, zweimal vor Gericht gestellt. Die neuerliche Verfolgung des Beschwerdeführers wegen der gleichen Handlung durch die belangte Behörde verletze Art. 4 7. ZPMRK.

Weiters sei im Betrieb des Beschwerdeführers ein wirksames Kontrollsystem zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes eingerichtet. Bis einschließlich 2007 sei vom Beschwerdeführer die S.C. GmbH als externe Sicherheitsfachkraft beigezogen worden und habe diese keine Mängel der Sicherheit an der verfahrensgegenständlichen Maschine gegenüber dem Beschwerdeführer aufgezeigt. Die Feststellungen der externen Sicherheitsfachkraft im Bewertungs- und Maßnahmenprotokoll vom 22.4.2003 hätten nicht den gegenständlichen Maschinenteil, sondern die beiden offenliegenden Walzen 14 und 15 der Maschine betroffen. Durch Entfernung dieser Teile der Maschine sei der vorgeschriebene Punkt auch vom Arbeitgeber erfüllt worden. Der verfahrensgegenständliche Teil der Maschine sei von S.C. und später auch von der AUVA immer unbeanstandet geblieben. Seit 2008 werde anstelle der S.C. GmbH eine jährliche präventivdienstliche Betreuung durch die AUVA durch den Beschwerdeführer in Anspruch genommen und hätte die letzte Begehung vor dem verfahrensgegenständlichen Unfall am 11.1.2013 stattgefunden. Diese Begehung habe weder einen Mangel an der Sicherung der Bedienungstür an der verfahrensgegenständlichen Maschine moniert noch darauf hingewiesen, dass eine Verbesserung der Sicherung notwendig sei. Der Beschwerdeführer habe sich daher verlassen können, dass die notwendigen Schutzvorkehrungen vorliegen. Darüber hinaus organisiere der Beschwerdeführer regelmäßig zumindest vierteljährliche Sicherheitsschulungen durch die jeweiligen Produktions- und Betriebsleiter, bei welchen die Mitarbeiter wiederholt auf das Gefahrenpotential der jeweiligen Maschinen sowie insbesondere auf das Verbot, in laufende Maschinen zu greifen, hingewiesen worden seien. Auch sei auf der verfahrensgegenständlichen Maschine ein Hinweisschild angebracht, auf welchem ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass die Maschine nicht bei laufendem Vorgang geöffnet werden dürfe.

Schließlich wurde die Strafbemessung bekämpft und darauf hingewiesen, dass das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument vom 22.4.2003 nicht den verfahrensgegenständlichen Teil der Maschine betreffe und daher nicht als straferschwerend heranzuziehen sei. Vielmehr seien die Kontrolleinrichtungen zumindest als strafmildernd zu berücksichtigen. Die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften, nämlich die Verwendung der entsprechenden feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen, hätten den Unfall und die Verletzungen des Dienstnehmers nicht verhindert.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die  Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8. August 2014, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurde Dipl. Ing. H.T., Arbeitsinspektorat L., als Zeuge geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. T. GmbH mit Sitz in H. Am 26.8.2013 war der Beschwerdeführer im Betrieb anwesend, allerdings nicht in dem Teil, in dem der Unfall passierte.

Am 26.8.2013 wurde der Arbeitnehmer I.P. in der näher bezeichneten Arbeitsstätte bei der näher bezeichneten Maschine beschäftigt, wobei an dieser Maschine die Gefahrenstellen (Kraftübertragungseinrichtung, Einzugsstellen) durch Verdeckungen gesichert waren, wobei diese Verdeckungen sich ohne fremdes Hilfsmittel (Handrad) öffnen bzw. aus der Schutzstellung bewegen ließen, ohne dass das Arbeitsmittel still steht oder das Öffnen der Schutzeinrichtung das Arbeitsmittel bzw. den Teil des Arbeitsmittels zwangsläufig stillsetzt. Der Arbeitnehmer geriet im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Hand in die Antriebskette und wurden ihm mindestens 3 Finger abgetrennt.

Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Linz zu 55 BAZ 1090/13w-1 wurde gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.

Bei der Siebtrommeltrocknungsmaschine wird die Stoffflocke über ein Fließband zum Lattenband transportiert und von dort in zwei Siebtrommeln getrocknet und sodann ausgeworfen. Bei Erwerb der Maschine im Jahr 1989 waren die Einrichtungen beim Lattenband (Walzen, Zupfwalze), welche Stein des Anstoßes durch die Fa. S. laut Protokoll vom 22.4.2003 waren, vorhanden, wurden aber in der Folge eliminiert. Die Eintragsvorrichtung für das Lattenband ist mit Verdeckung ummantelt und ist es zum Reinigen erforderlich, diese Verdeckung zu öffnen. Auf dieser Verdeckung befindet sich ein Schild, dass das Öffnen verboten ist. Durch Öffnen der Verdeckung kann die Eintragsvorrichtung zugänglich gemacht werden. Der Arbeitnehmer war für den Betrieb der Maschine eingeschult und bereits ein halbes Jahr bei der Maschine tätig. Es war ein Schild angebracht „Reinigungsarbeiten beim Flockentrockner nur bei abgeschalteter Maschine durchführen“. Es wäre beim Schaltkasten der Ausschalter zu betätigen gewesen und erst dann die Abdeckung zu öffnen gewesen. Dies hat der Arbeitnehmer auch gewusst. Durch eine schwarze Schraubvorrichtung an der Tür konnte leicht die Tür zum Einzug der Maschine vom Arbeitnehmer geöffnet werden und bei laufender Maschine hineingegriffen werden. Ein weiteres Werkzeug war nicht erforderlich.

Nach dem Unfall wurde eine Sicherung an der Maschine dahingehend vorgenommen, dass ein versperrtes Vorhangschloss angebracht worden ist und zum Werkmeister gegangen werden muss, um einen Schlüssel zur Öffnung des Vorhangschlosses zu erlangen, wobei zum Öffnen zunächst der Schlüssel am Schaltkasten abgezogen werden muss. Mit Abziehen des Schlüssels am Schaltkasten steht die Maschine still.

Vom Beschwerdeführer wurden eine Betriebsanweisung mit Sicherheitsschutz, Betriebsunterweisung mit Sicherheits-Arbeitsschutz, Anweisung zur Unterweisung, verpflichtende Hinweise für die Sicherheit, Berichte über eine präventivdienstliche Betreuung durch die AUVA für die Jahre 2008 bis 2013, ein Gefahrenermittlungs-, Bewertungs- und Maßnahmenprotokoll vom 22.4.2003 sowie Befund und Gutachten über Endschalter für Schutzabdeckung vom 21.2.2014 vorgelegt.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Verwaltungsakt aufliegenden Fotos sowie auf die Aussagen des einvernommenen Arbeitsinspektors. Es ergaben sich in wesentlichen Teilen keine Widersprüche bei den Aussagen und sind die Aussagen des Arbeitsinspektors auch durch die aufliegenden Fotos dokumentiert. Sie werden auch vom BF im Wesentlichen bestätigt. Es bestehen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Die Aussagen können daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 43 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO sind Gefahrenstellen im Sinne dieser Bestimmung alle Stellen an bewegten Teilen von Arbeitsmitteln, bei denen bei mechanischem Kontakt eine Verletzungsgefahr besteht.

Gefahrenstellen sind durch Schutzeinrichtungen so zu sichern, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen erreicht wird. Primär sind Gefahrenstellen durch Verkleidungen, Verdeckungen oder Umwehrungen zu sichern, die das Berühren der Gefahrenstelle verhindern (Abs. 3).

Sofern sich Schutzeinrichtungen nach Abs. 3 ohne fremde Hilfe öffnen oder abnehmen lassen, müssen sie so beschaffen sein, dass

 

1.   sie sich entweder nur aus der Schutzstellung bewegen lassen, wenn das Arbeitsmittel still steht oder das Öffnen der Schutzeinrichtung das Arbeitsmittel bzw. den Teil des Arbeitsmittels zwangsläufig still setzt, wobei ein gefahrbringender Nachlauf verhindert sein muss,

2.   das in Gangsetzen des Arbeitsmittels nur möglich ist, wenn sich die beweglichen Schutzeinrichtungen in der Schutzstellung befinden und

3.   die Verriegelungen der Schutzeinrichtungen so gestaltet und angeordnet sind, dass sie nicht leicht unwirksam gemacht werden können (Abs. 4).

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z. 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Im Grunde des erwiesenen festgestellten Sachverhaltes, welcher vom BF nicht bestritten wurde, ist eindeutig eine Verletzung dieser Bestimmungen gegeben, weil am 26.8.2013 in der Arbeitsstätte beim Siebtrommeltrockner im Einlaufbereich der Maschine Verdeckungen ohne fremdes Hilfsmittel öffenbar waren, ohne dass das Arbeitsmittel stillstand oder ohne dass das Öffnen der Schutzeinrichtung das Arbeitsmittel bzw. den Teil des Arbeitsmittels stillsetzte. Die Verriegelung der Schutzeinrichtung bzw. die Verdeckung konnte händisch leicht durch Betätigung der Schraubknöpfe ohne weiteres erforderliches Werkzeug unwirksam gemacht werden. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der Bf die Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

5.2. Der BF bestreitet ein Verschulden. Insbesondere wendet er ein funktionierendes Kontrollsystem ein. Weiters stützt er sich auf Überprüfungen durch eine externe Sicherheitsfachkraft bzw. die AUVA. Diese Überprüfungen hätten keine Beanstandung des Siebtrommeltrockners ergeben. Laut dem Gutachten des Gerichtssachverständigen hätte auch ein Endschalter den Unfall nicht verhindert. Dieses Vorbringen kann den Beschwerdeführer nicht entlasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Der BF hat zu seinem Verschulden kein relevantes Vorbringen und keine relevanten Beweismittel zur Entlastung beigebracht. Regelmäßige Unterweisungen und Anweisungen können jedoch ein Verschulden nicht ausschließen und reichen für ein lückenloses Kontrollsystem nicht aus. Vielmehr hat im Rahmen des Kontrollsystems auch die Einhaltung der Anweisungen kontrolliert zu werden. Dass der BF an der konkreten Stelle (Maschine) die Einhaltung der Anweisungen zum Tatzeitpunkt kontrolliert hätte, wird vom BF nicht behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr hat das Beweisverfahren gezeigt, dass der Arbeitnehmer entgegen den allgemeinen Anweisungen gehandelt hat. Gerade für solche Fälle eines eigenmächtigen Handelns des Arbeitnehmers hat aber das einzurichtende Kontrollsystem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Platz zu greifen.

 

Auch die Überprüfungen durch die Präventivfachkraft bzw. die AUVA können den Bf nicht von seiner Schuld befreien. Insbesondere hat sich der Bf selbst von der Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu überzeugen. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass auch im Protokoll vom 22.4.2003 und vom 5.1.2005 von einer mangelnden Abdeckung gesprochen wurde. Wenngleich auch nach den Angaben des Bf es sich um einen anderen Maschinenteil handelte, so wurde trotzdem ein ähnliches Problem aufgezeigt und auch die Problemlösung vorgegeben. Wie das Arbeitsinspektorat zu Recht ausführt, wurde breits damals die Problematik eines leichten Umgehens der Abdeckungen bzw. Verdeckungen erkannt und aufgezeigt und hätte grundsätzlich zum Anlass genommen werden müssen, eine diesbezügliche Überprüfung der Geräte vorzunehmen.

Das weitere Vorbringen, dass auch ein Endschalter den Unfall nicht hätte verhindern können (siehe Gutachten des Gerichtssachverständigen), kann die Schuld nicht ausschließen, zumal – entgegen dem Kriminalstrafrecht – nicht der Arbeitsunfall bzw. die Körperverletzung strafbar ist, sondern die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nach der AM-VO durch den Arbeitgeber unter Strafe gestellt ist, unabhängig davon, ob ein Unfall passiert ist oder nicht.

 

Der Unternehmer hat vielmehr darzulegen, wie und wie oft er Kontrollen durchführt, und welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu gewährleisten (vgl. VwGH vom 5.9.2008, 2008/02/0129). Eigene Kontrollen zum Beispiel an der betreffenden Maschine bringt der Bf nicht vor und stellt diese nicht unter Beweis. Dagegen führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es kein Vertrauen drauf geben kann, dass die – nach Ansicht des Beschwerdeführers ausreichend – geschulten, erfahrenen und langjährigen Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 27.12.2011, 2010/02/0242 mit weiteren Nachweisen).

 

Es ist daher von schuldhaftem, nämlich fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro, 80.000 Euro Vermögen und Eigentümer einer Immobilie ausgegangen. Strafmildernd wurde die Unbescholtenheit gewertet. Straferschwerend hat die belangte Behörde auf das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument vom 22.4.2003 hingewiesen. Weiters wurden nachteilige Folgen, nämlich Verletzung des Arbeitnehmers, berücksichtigt.

 

Den persönlichen Verhältnissen hat der Bf nichts entgegengesetzt und konnten diese weiterhin zugrunde gelegt werden. Wenngleich auch das von der Behörde aufgezeigte Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument nicht die verfahrensgegenständliche Stelle ausweist, so ist dennoch das grundsätzliche Gefahrenpotential der ungehinderten Öffnungsmöglichkeit für Verdeckungen aufgezeigt worden. Dies hätte zum Anlass genommen werden müssen, auch andere Gefahrenstellen der Maschine näher zu kontrollieren. Es ist daher diesbezüglich eine gewisse Sorglosigkeit vorhanden. Dass im Übrigen die Maschine nicht den gesetzlichen Vorschriften der AM-VO entspricht, hat auch zu nachteiligen Folgen geführt, welche im Rahmen des Unrechtsgehaltes der Tat gewertet werden mussten.

Trotzdem konnte die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe antragsgemäß herabgesetzt werden, zumal es sich um die erstmalige Tatbegehung handelt und die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe dem üblichen Strafausmaß bei erstmaliger Tatbegehung mit Unfallfolgen entspricht. Das verhängte Strafausmaß erscheint hingegen im Grunde der absoluten Unbescholtenheit des Bf als überhöht. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass der Bf an der Einhaltung der Bestimmungen der AM-VO interessiert und bemüht ist und sofort nach Unfallsgeschehen den gesetzmäßigen Zustand hergestellt hat. Auch die wiederkehrenden Überprüfungen der Maschine haben gezeigt, dass der Bf bemüht ist, sich gesetzmäßig zu verhalten. Das nunmehr verhängte Strafausmaß ist aber erforderlich, um den Bf für die Zukunft zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten und auch die gleichartige Tatbegehung hintanzuhalten. Aus general- und spezialpräventiven Gründen war daher das nunmehr verhängte Strafausmaß erforderlich und auch den angeführten persönlichen Verhältnissen des Bf angepasst.

 

Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Rechtsgutes der Gesundheit und Unversehrtheit des Arbeitnehmers und des Fehlens eines lückenlosen Kontrollsystems war auch nicht von einem geringfügigen Verschulden auszugehen (VwGH 22.6.2011, 2009/04/0152). Es lag daher auch kein Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs. 1 Z.4 VStG vor. Es war daher auch nicht mit einer Ermahnung vorzugehen.

Da außer der Unbescholtenheit keine Milderungsgründe zu verzeichnen waren, liegen auch nicht die Voraussetzungen eines erheblichen Überwiegens der Milderungsgründe für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG vor.

 

5.4. Hingegen kommt dem Beschwerdevorbringen betreffend Doppelverfolgungs-/bestrafungsverbot keine Berechtigung zu.

 

§ 22 Abs. 1 VStG bestimmt, dass soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Die Staatsanwaltschaft Linz hat das Ermittlungsverfahren gegen den Bf gemäß
§ 190 Z 2 StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht. Es wurde daher eben nicht das Vorliegen eines in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Tatbestandes festgestellt. Gerade zur Ermittlung, ob das Handeln einen gerichtlich strafbaren Tatbestand bildet, sind die Erhebungsschritte der Staatsanwaltschaft erforderlich, und ist bei Nichtvorliegen von der Verfolgung abzusehen. Entgegen dem Vorbringen des Bf liegen keine Entschuldigungsgründe, Strafaufhebungs- oder Strafausschließungsgründe einer an sich grundsätzlich strafbaren Handlung vor, sondern sprechen tatsächliche Gründe gegen eine weitere Verfolgung, also es liegt kein tatbestandsmäßiges Verhalten vor.

Aber auch die vom Bf behauptete Verletzung des Art. 4 7. ZPMRK liegt nicht vor.

Gemäß Art. 4 7. ZPMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich u.a. in seinem Erkenntnis vom 14.3.2012, VwSen-281370/16/Kl/BRe, ausgeführt hat, ist nach der Rechtsprechung des VfGH eine mehrfache Strafverfolgung wegen mehrerer Delikte dann ausgeschlossen, wenn diese zueinander in einer Scheinkonkurrenz stehen. Der EGMR stellt in seiner neueren Rechtsprechung darauf ab, dass eine mehrfache Strafverfolgung dann unzulässig ist, wenn sie sich auf denselben oder im Wesentlichen denselben Sachverhalt bezieht (EGMR Zolotukhin 10.2.2009, 14939/03). Der VfGH ist dieser Auffassung nicht gefolgt: Vfslg. 18833/2009 (vgl. Thiennel, Zeleny, Verwaltungsverfahren, 18. Auflage, Manz, Seite 226 mit Nachweisen). Es schließt sich daher auch der
Oö. Verwaltungssenat der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts an. Insbesondere ist den Ausführungen des Berufungswerbers dahingehend beizupflichten, dass eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach § 190 StPO einer Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft nach dem früheren § 90 StPO gleichzusetzen ist. Insbesondere ist aber auch davon auszugehen, dass
Art. 4 7. ZPMRK von einer rechtskräftigen Verurteilung oder einem rechts­kräftigen Freispruch ausgeht, welche dann eine neuerliche Verfolgung durch ein Gericht ausschließen. Bei der Ermittlung durch die Staatsanwaltschaft ist es aber noch zu keiner rechtskräftigen Verurteilung bzw. keinem rechtskräftigen Freispruch gekommen. Vielmehr kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 193
Abs. 2 StPO bis zum Eintritt der Strafbarkeitsverjährung die Fortführung eines nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahrens anordnen. Darüber hinaus ist aber auch noch anzuführen, dass es sich beim Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft um keine gerichtliche Entscheidung handelt. Es ist daher bei einer weiteren Verfolgung oder Bestrafung durch den Oö. Verwaltungssenat noch kein gerichtliches Verfahren vorausgegangen, welches eine weitere Verfolgung oder Bestrafung hindert. Auf den letzten Halbsatz des Art. 4 7. ZPMRK ist hinzuweisen, wonach nicht „erneut vor Gericht gestellt ...“ werden darf. Dies setzt daher voraus, dass die rechtskräftige Verurteilung oder der rechtskräftige Freispruch von einem Gericht zu erfolgen hat. Dies war auch die Sachverhalts- und Entscheidungsvoraussetzung des zitierten Urteils des EGMR vom 10.2.2009, 14939/03.

Eine Beschwerde gegen diese Entscheidung vom 14.3.2012 hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 22.11.2012, B4074/12-3, abgelehnt. Darin führt er auch aus: „Im konkreten Fall ist es im Übrigen nicht zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung gekommen.“ Auch der Verwaltungs­gerichtshof hat die abgetretene Beschwerde mit Beschluss vom 11.9.2013,
Zl. 2013/02/0013-7, abgelehnt.

An dieser Rechtsauffassung ändert auch nichts das Urteil des EGMR vom 14.1.2014, 32042/11, wonach dieselbe Tat dann vorliegt, wenn sich die Verurteilung auf identische oder im Wesentlichen übereinstimmende Fakten stützt. Wesentlicher zugrundeliegender Sachverhalt war, dass das gerichtliche Strafverfahren nach Rechtskraft der Verwaltungsstrafe nicht eingestellt wurde.

Zusammenfassend ist daher im Sinn der zitierten Judikatur auszuführen, dass das dem Bf vorgeworfene Verhalten nach § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 43 Abs. 4 Z 1 AM-VO vom Straftatbestand des § 88 StGB nicht vollständig erschöpft ist und in concreto zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staats­anwaltschaft mangels einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung geführt hat.

 

Auch in den Materialien (2009 der Beilagen XXIV. GP) zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, ist zu § 22 Abs.1 VStG angeführt: „Der vorgeschlagene Abs.1 normiert eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit“. Daraus ist unmittelbar ein Verbot der Doppelbestrafung abzuleiten. Hinsichtlich Verfolgbarkeit ist keine Aussage getroffen, weil auch der VfGH die Bestimmung des § 22 VStG als Regelung der Strafbemessung (im Sinn des Kumulationsprinzips) ansieht und nicht wie § 30 VStG als verwaltungsstrafverfahrensrechtliche Regelung (VfGH 15.12.1996, Slg. 14696). Die Verfahrensregelung des § 30 Abs.1 VStG stellt grundsätzlich auf die unabhängige Verfolgbarkeit, jene des § 30 Abs.2 VStG bei Zweifel hinsichtlich der Ahndung (Verfolgbarkeit) einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung auf eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichts ab. Insofern hat die Rechtslage keine Änderung erfahren.

 

6. Weil die Beschwerde zumindest teilweise hinsichtlich der Strafhöhe Erfolg hatte, war kein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesver­waltungsgericht gemäß § 52 Abs.8 VwGVG festzulegen. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 150 Euro, das sind 10 % der verhängten Strafe (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­urteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Entscheidung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (VwGH 24.4.2014,
Ro 2014/01/0014).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

 

 

 

LVwG-300406/9/Kl/TK/SH vom 30. Oktober 2014

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

VStG §22 Abs1;

StPO §190 Z2;

Art4 7.ZPMRK

 

* Aus der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staats­anwaltschaft nach § 190 Z.2 StPO (kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung) kann abgeleitet werden, dass kein in die Zuständigkeit der Gerichte fallender  strafbarer Tatbestandes vorliegt.

 

* Nach VfSlg 14696/1996 regelt § 22 VStG die Strafbarkeit nach dem Kumulationsprinzip und verkörpert somit systematisch eine Strafbemessungsnorm, während § 30 VStG eine verwaltungs­strafverfahrensrechtliche Bestimmung darstellt. Davon ausgehend regelt nur § 30 VStG die Verfolgbarkeit des Täters, wobei Abs.2 eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichts verlangt. Insofern liegt keine Änderung der Rechtslage vor.

 

* Eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung nach Einstellung des Ermitt­lungsverfahrens gemäß § 190 Z.2 StPO stellt keine Verletzung des Art. 4 7. ZPMRK dar, weil damit weder eine rechtskräftige Verurteilung noch ein rechtskräftiger Freispruch erfolgt ist und der Einstellungsbeschluss der StA keine gerichtliche Entscheidung ist. Der Täter wird daher nicht „erneut vor Gericht gestellt oder bestraft“ (auch VfGH vom 22.11.2012, B 4074/12-3, und VwGH vom 11.9.2013, 2013/02/0013-7).

 

Beschlagwortung:

Doppelbestrafung; Kumulationsprinzip; Einstellung durch Staatsanwalt – Fortsetzung des Strafverfahrens durch Verwaltungsbehörde