LVwG-300476/2/KLi/BD

Linz, 12.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über die Beschwerde vom 23. September 2014 des Ing. H.W., geb. x, x, vertreten durch L. R., x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 26. August 2014, GZ: Ge96-8-2014-Bd/Dm wegen Übertretung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 26. August 2014, GZ: Ge96-8-2014-Bd/Dm wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 17 Abs. 7 AÜG gemäß § 22 Abs. 1 Z2 2. Fall AÜG eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 66 Stunden verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführer dazu verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 150 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B.S. GmbH in M., x, und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher der genannten Firma und in Ihrer Eigenschaft als Beschäftiger von Arbeitskräften unterlassen, dafür zu sorgen, dass für jede nicht in Österreich sozialversicherungspflichtige überlassene Arbeitskraft Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitskraft zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument A1) nach der Verordnung (EG Nr. 883/04 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABL.Nr. L166 vom 30.04.2004 S.1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU Nr. 465/2012, ABL Nr. L149 vom 08.06.2012 S.4) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Absetzen 2 und 3 AÜG am Arbeits- (Einsatz) Ort bereitgehalten wurden.

 

Für folgende Personen wurden keine Unterlagen bereitgehalten:

 

1.) Herr P.C., geb. x, ungarischer Staatsbürger

Entlohnung: EU 1.170,00 Netto, lt. Dienstzettel EU 9,91 brutto/Std.

 

2.) Herr A.L.M., geb. x, ungarischer Staatsbürger

Entlohnung: EU 1.400,00 Netto, lt. Dienstzettel EU 9,91 brutto/Std.

 

3.) Herr L.T.N., geb. x, ungarischer Staatsbürger

Entlohnung: EU 1.100,00 Netto, lt. Dienstzettel EU 9,91 brutto/Std.

 

4.) Herr P.P., geb. x, ungarischer Staatsbürger“

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 23. September 2013 mit den Anträgen, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge in der Sache selbst entscheiden, der Beschwerde Folge geben, 1.) das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verfahren einstellen, in eventu 2.) das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zurückverweisen, in eventu 3.) die im Straferkenntnis ausgesprochene Geldstrafe in Höhe von gesamt € 1.500 auf einen geringeren Betrag reduzieren.

Die Beschwerde wird damit begründet, dass die belangte Behörde den zu Grunde liegenden Sachverhalt rechtsunrichtig gewürdigt habe und sohin unter der verfehlten Annahme von einer Arbeitskräfteüberlassung ausgegangen sei. Richtig sei hingegen, dass bei der am 21.11.2013 seitens der Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr durchgeführten Kontrolle vier Mitarbeiter der F.K. mit Sitz in B. bei Eisenbiegearbeiten angetroffen wurden. Die vier im Straferkenntnis zitierten Mitarbeiter hätten der Finanzpolizei unter anderem das jeweilige Sozialversicherungsdokument A1 und den Dienstzettel der F.K. vorgelegt. Darüber hinaus sei seitens des Geschäftsführers der B.S. GmbH der Werkvertrag zwischen der B.S. GmbH und der F.K. vorgelegt worden. Richtigerweise handle es sich hiebei sohin um die Übertragung von Arbeiten in einem Werkvertragsverhältnis und nicht – wie unrichtig von der Behörde angenommen und nunmehr bekämpft – im Wege der Arbeitskräfteüberlassung. Die B.S. GmbH übernehme lediglich die fertig bearbeitete und kommissionierte Ware am definierten Übergabeplatz zur Qualitätskontrolle. Die Qualitätskontrolle werde durch Herrn A.S., einem österreichischen Arbeitnehmer der B.S. GmbH, nach erfolgter Übergabe durchgeführt. In diesem Zusammenhang dürfe wiederholt auf die hiezu ergangene Judikatur im Hinblick auf die Bearbeitung und Kommissionierung von Betonstahl verwiesen werden, welche zweifelsfrei als werkvertragsfähig qualifiziert worden sei.

 

Ferner legte der Beschwerdeführer Pläne und Positionsetiketten der F.K. vor, aus welchen sich ableiten würde, dass Leistungen im Sinne eines Werkvertrages erbracht werden würden. Auf Basis dieser Unterlagen sei der wirtschaftliche Gehalt der beauftragten Werkleistungen eindeutig ableitbar und sei zweifelsfrei festzustellen, dass keine Überlassung von Arbeitskräften im Sinne des AÜG vorliegen würde. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die herrschende Judikatur in Österreich die Bearbeitung und Kommissionierung von Betonstahl klar als werkvertragliche Tätigkeit qualifiziert habe.

 

Herr R. gelte diesfalls als Ansprechpartner bei der B.S. GmbH, wobei die Bearbeitung und Kommissionierung entsprechend den werkvertraglich übergebenen Plänen ausschließlich und alleine in die Sphäre von Herrn L.M. falle. Eine darüber hinaus gehende Dienst- oder Fachaufsicht bestehe nicht und würden sich auch keine diese Würdigung bestätigenden Anhaltspunkte aus der Kontrolle durch die Finanzpolizei ergeben.

 

Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.09.1998, 97/09/0150, sei evident, dass die inkriminierten Tätigkeiten der vier ungarischen Personen jedenfalls als selbständige Tätigkeiten im Rahmen des ohnehin vorgelegten Werkvertrages zu qualifizieren seien. Dem zufolge ergebe sich zweifelsfrei, dass die angezogenen Normen des Arbeitskräfte-überlassungsgesetzes rechtswidrig angenommen worden seien, obwohl keine Arbeitskräfteüberlassung im Sinne der zitierten Bestimmungen vorliege.

 

Mangels Vorliegen einer verwaltungsstrafrechtlich relevanten Übertretung würden daher die oben genannten Anträge gestellt.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Am 21.11.2013 um 8:50 Uhr erfolgte eine Kontrolle durch die Finanzpolizei Team 43 am Firmengelände der B.S. GmbH in M., x. Dabei wurde festgestellt, dass die im Punkt I.1. zitierten Personen zum Zeitpunkt der Kontrolle in einer Werkhalle dieses Unternehmens arbeiteten. Die Finanzpolizei verfasste daraufhin eine Anzeige vom 3. Dezember 2013, FA-GZ. 051/10362/21/431 an die Bezirkshauptmannschaft Perg.

 

II.2. Mit Verfahrensanordnung vom 21. Jänner 2014, GZ: Ge96-86-2013 trat die Bezirkshauptmannschaft Perg gemäß § 29a VStG gegenständliche Rechtssache an die belangte Behörde ab. Diese Abtretung wurde damit begründet, dass der Wohnort des Beschuldigten nicht in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Perg fallen würde und durch die Abtretung das Verfahren wesentlich vereinfacht und beschleunigt werde.

 

II.3. Von der belangten Behörde wurde das Verfahren zu GZ: Ge96-8-2014/Bd-Dm geführt. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. März 2014 wurde der Beschwerdeführer von dem sodann im Straferkenntnis zu Grunde gelegten Sachverhalt informiert, welcher eine Stellungnahme vom 11. April 2014 – im Wesentlichen mit dem Inhalt der Beschwerde – erstattete. Daraufhin erging das zu Punkt I.1. zitierte Straferkenntnis der belangten Behörde.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich vollständig aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde zu GZ: Ge96-8-2014/Bd-Dm. Die Abtretung der Bezirkshauptmannschaft Perg an die belangte Behörde vom 21. Jänner 2014 sowie die Begründung, dass die Abtretung gemäß § 29a VStG erfolge (der Wohnort des Beschuldigten liege nicht im örtlichen Zuständigkeitsbereich der BH Perg und es werde durch die Abtretung das Verfahren wesentlich vereinfacht und beschleunigt) geht aus dieser Verfahrensanordnung hervor. Weitergehende diesbezügliche Sachverhaltserhebungen waren insofern nicht erforderlich.

 

 

III.2. Zwar hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt; gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Verhandlung allerdings, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Gegenständlich ist der Bescheid der belangten Behörde wegen örtlicher Unzuständigkeit aufzuheben, sodass ungeachtet des Parteienantrages die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen konnte.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 22 Abs. 4 AÜG regelt die örtliche Zuständigkeit wie folgt:

Bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung gilt die Verwaltungs-übertretung als in jenem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits- (Einsatz) Ort der nach Österreich überlassenen Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits- (Einsatz) Orten am Ort der Kontrolle.

 

§ 29a VStG regelt die Möglichkeit der Abtretung eines Strafverfahrens:

Wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, kann die zuständige Behörde das Verfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz oder Aufenthalt hat. Das Strafverfahren darf nur an eine Behörde im selben Bundesland, der Strafvollzug nur an eine Bezirksverwaltungsbehörde oder Landespolizeidirektion, insoweit diese zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, übertragen werden.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Gegenstand dieses Verwaltungsstrafverfahrens ist eine dem Beschwerdeführer vorgeworfene Übertretung nach § 17 Abs. 7 iVm § 22 Abs. 1 Z2 2. Fall AÜG. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe Unterlagen iSv § 17 AÜG nicht bereitgehalten.

 

Dazu regelt § 22 Abs. 4 AÜG ferner die örtliche Zuständigkeit der in Betracht kommenden Bezirksverwaltungsbehörde. § 22 Abs. 4 AÜG sieht diesbezüglich vor, dass die Verwaltungsübertretung als in jenem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen gilt, in dem der Arbeits- (Einsatz) Ort der nach Österreich überlassenen Arbeitnehmer liegt. Im gegenständlichen Fall liegt dieser Einsatzort in M., also im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Perg.

Die entsprechende Anzeige der Finanzpolizei vom 3. Dezember 2013, FA-GZ. 051/10362/21/4313 wurde dementsprechend auch an die Bezirkshauptmannschaft Perg erstattet. Von der Bezirkshauptmannschaft Perg wurde allerdings gemäß § 29a VStG eine Abtretung an die Wohnsitzbehörde des Beschwerdeführers, das ist die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, verfügt.

 

V.2. Gemäß § 22 Abs. 4 AÜG ist allerdings die Wohnsitzbehörde des Beschwerdeführers örtlich unzuständig, um über die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu entscheiden. § 22 Abs. 4 AÜG normiert, dass die zuständige Behörde jene ist, in deren Sprengel der Arbeitsort der überlassenen Arbeitnehmer liegt. Aufgrund dieser speziellen Zuständigkeitsbestimmung war daher die belangte Behörde örtlich unzuständig, um über das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren zu entscheiden.

 

Insbesondere ergibt sich auch aus den Materialien (1903 der Beilagen XXIV. GP-Regierungsvorlage-Erläuterungen), dass „im neuen Abs. 4 bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung der Tatort der Verwaltungsübertretung festgelegt wurde, um Zuständigkeitsprobleme zu verhindern.“

 

Somit ergibt sich, dass es Absicht des Gesetzgebers war, eine eindeutige Zuständigkeitsregelung zu treffen.

 

V.4. Die Intention des Gesetzgebers findet außerdem Deckung in § 27 VStG. Demgemäß ist örtlich zuständig jene Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Für die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde ist nur der Ort maßgebend, an dem die Unternehmensleitung tatsächlich ausgeübt wird (vgl. VwGH 12.03.1990, 90/19/0091). Auch im Fall von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers Tatort (VwGH 19.01.1995, 94/09/0258). Im Verfahren sind keine Umstände zutage getreten, die darauf schließen ließen, dass die tatsächliche Leitung des Unternehmens an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt wird (VwGH 16.12.2008, 2008/09/0285) [UVS 30.04.2009, VwSen-251918/39/Fi/SE].

 

V.5. Auch der VwGH hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Frage der örtlichen Zuständigkeit im Rahmen des Arbeitsrechtes auseinanderzusetzen. Wird nicht der unmittelbare Täter, sondern der gesetzliche Vertreter einer GesmbH als nach § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher bestraft, so liegt diesem in der Regel insoweit ein Unterlassungsdelikt zur Last, als er es verabsäumt hat, dass ihm als Vertreter der Gesellschaft zumutbare und Mögliche vorzukehren, um die Begehung der Verwaltungsstraftat durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In diesen Fällen kommt als Tatort jeweils jener Ort in Betracht, an welchem der gesetzliche Vertreter hätte handeln sollen. Im Zweifel fällt dieser Ort mit dem Sitz des Unternehmens zusammen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, § 44a VStG, unter E 245 ff. zitierte Rechtsprechung). Dieser Ort ist aber – dem Beschwerdevorbringen zuwider – im Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Wendung „mit dem Sitz in (es folgt die genaue Adresse) …“ genannt. Ob die Beschäftigung der beiden ausländischen Arbeitnehmerinnen an diesem Firmensitz oder an einem anderen Ort stattgefunden hat, ist für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers ohne Belang (VwGH 04.09.2006, 2003/09/0096).

 

V.6. Ferner befasste sich der VwGH in der Vergangenheit auch bereits mehrfach mit den Voraussetzungen des § 29a VStG. Ob die Voraussetzungen des § 29a VStG zutreffen, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Delegierung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1985, 85/18/0211). Entscheidend für die Beurteilung, ob eine erfolgte Delegierung dem Gesetz entsprach, ist somit nicht der der Delegierung nachfolgende tatsächliche Verfahrensverlauf, sondern ausschließlich die auf die Aktengrundlagen im Zeitpunkt der Delegierung geschützte Erwartung des Eintrittes einer wesentlichen Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens (VwGH 28.05.1993, 93/02/0032).

 

V.7. In der  jüngsten Vergangenheit  hat der  VwGH die  Voraussetzungen des § 29a VStG im Hinblick auf eine Verwaltungsübertretung nach § 28 AuslBG überprüft. Die diesbezügliche Rechtsprechung lässt sich auf die Strafbestimmungen des AÜG übertragen:

 

„Gemäß § 29a VStG kann die zuständige Behörde das Strafverfahren an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Übertragung nach § 29a VStG kein Bescheid, sondern eine verfahrensrechtliche Anordnung. Als solche unterliegt sie keiner abgesonderten Anfechtung und – mangels Bescheidcharakters – auch keiner Bekämpfung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Ist die verfahrensrechtliche Anordnung mit Rechtswidrigkeit behaftet, so kann diese bei Anfechtung des ihr folgenden Bescheides geltend gemacht werden (vgl. zum Ganzen etwa das Erkenntnis vom 16. April 1997, Zl. 96/03/0368, mwN). Ob die Voraussetzungen des § 29a VStG zutreffen, bestimmt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Delegierung. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine erfolgte Delegierung dem Gesetz entsprach, ist somit nicht der der Delegierung nachfolgende tatsächliche Verfahrensverlauf, sondern ausschließlich die auf die Aktengrundlagen im Zeitpunkt der Delegierung gestützte Erwartung des Eintrittes einer wesentlichen Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens (siehe das Erkenntnis vom 24. Februar 2012, Zl. 2008/02/0360).

 

Für diese Annahme bot die Aktenlage – wie die Beschwerde zutreffend geltend macht – im Zeitpunkt der Übertragung im vorliegenden Fall keine ausreichende Grundlage. Auch die belangte Behörde stellte Gründe, die eine solche Annahme gerechtfertigt hätten, nicht dar. Da die übertragende Behörde die Verwaltungsstrafsache bei der Delegierung offenbar für spruchreif hielt, war durch die Delegierung eine wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens nicht mehr zu erwarten. Aber auch weitere Erhebungen wären im gegenständlichen Fall zweckmäßigerweise am Ort der Arbeitsleistungen und Tatort, das ist im Fall von Übertretungen gegen § 28 AuslBG nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. Juli 2012, Zl. 2010/09/0062), vorzunehmen gewesen […]

 

Dies verkannte die belangte Behörde, die die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz durch die Aufhebung des mit Berufung bekämpften Bescheides – entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift – von Amts wegen (siehe dazu etwa die Erkenntnisse vom 12. Dezember 2012, Zl. 2012/180096, und vom 19. Dezember 2012, Zl. 2009/08/0054, je mwN) wahrzunehmen gehabt hätte. Durch die Bestätigung dieses Straferkenntnisses belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z1 VwGG aufzuheben war, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.“ [VwGH 25.06.2013, 2010/09/0121]

 

V.8. Im Einklang mit dieser Rechtsprechung war daher die belangte Behörde zur Entscheidung in gegenständlicher Verwaltungsstrafsache örtlich unzuständig. Vielmehr wäre das Verfahren vor der übertragenden Behörde fortzuführen gewesen und wäre diese dazu verpflichtet gewesen, allfällig notwendige Erhebungen zu tätigen und eine Entscheidung zu treffen.

 

Dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht releviert hat, schadet nicht, zumal diese nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Amts wegen wahrzunehmen ist.

 

Aus den angeführten Gründen war daher der Beschwerde Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben. Gemäß § 52 Abs. 8 und Abs.9 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Insbesondere liegt für den gegenständlichen Fall eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur örtlichen Zuständigkeit in arbeitsrechtlichen Verwaltungsstrafsachen vor. Darüber hinaus hat sich der Verwaltungsgerichtshof zur Zulässigkeit einer Abtretung gemäß § 29a VStG ausgesprochen. Auf die obigen Erwägungen (V.) wird verwiesen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer