LVwG-600474/7/KLE/SA LVwG-600476/7/KLE/SA

Linz, 21.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde des S L, P, H, Deutschland, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, jeweils vom 12.5.2014, 1) VerkR96-2883-2014 und 2) VerkR96-2885-2014, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 1) 12 Euro und 2) 12 Euro zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 12.5.2014, VerkR96-2883-2014 folgenden Spruch erlassen:

„Sie haben am 25.02.2014 um 11:05 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X (D) in der Gemeinde Ried im Innkreis, B – Ecke G, Fahrtrichtung stadteinwärts, gelenkt und haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 17 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, BGBl. Nr. 159/1960 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 60 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (10% der Strafe, mindestens aber 10,00 Euro).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 70,00 Euro).“

2. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 12.5.2014, VerkR96-2885-2014 folgenden Spruch erlassen:

„Sie haben am 25.02.2014 um 19:59 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X (D) in der Gemeinde Ried im Innkreis, B – Ecke G, Fahrtrichtung stadtauswärts, gelenkt und haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 14 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, BGBl. Nr. 159/1960 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 60 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (10% der Strafe, mindestens aber 10,00 Euro).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 70,00 Euro).“

 

Gegen diese Straferkenntnisse richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde Folgendes ausgeführt:

„Ich kann Ihnen immer noch nicht dienlich sein mit der Nennung des Lenkers.

Ich könnte Ihnen ca. 20 Personen nennen, die Zugriff auf das Auto haben, aber da ich zu dieser Zeit im Urlaub war, kann ich leider nicht den Lenker nennen. Ich bin nicht gefahren und darum bin ich nicht bereit die Strafe zu bezahlen.“

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An der Verhandlung nahmen weder ein Vertreter der belangten Behörde noch der Beschwerdeführer teil. Beide waren entschuldigt.

 

Der Beschwerdeführer gab in seinem Mail vom 30.9.2014 an:

„An der Verhandlung kann ich auf beruflichen Gründen nicht teilnehmen. Wie bereits schon mehrmals der BH Ried mitgeteilt, bin ich nicht bereit für etwas zu zahlen, war ich nicht begangen habe. Es gibt leider keine Fotos anhand denen man den Fahrer ermitteln könnte. Es handelt sich um einen Drittwagen und dieser ist vielen Personen frei zugänglich und es war mir nicht möglich einen Fahrer zu ermitteln. Ich beziehe mich hier auf deutsches Recht, wo immer der Fahrer ermittelt werden muss. Ich danke ihnen schon einmal für eine faire Beurteilung dieses Falles.“

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Laut Anzeige der Gemeinde Ried im Innkreis hat der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X (D), dessen Zulassungsbesitzer der Beschwerdeführer ist,

1. am 25.02.2014 um 11:05 Uhr in der Gemeinde Ried im Innkreis, B – Ecke G, Fahrtrichtung stadteinwärts, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 17 km/h überschritten und

2. am 25.02.2014 um 19:59 Uhr in der Gemeinde Ried im Innkreis, B – Ecke G, Fahrtrichtung stadtauswärts, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 14 km/h überschritten.

Der Beschwerdeführer wurde von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis mit Schreiben vom 1.4.2014 aufgefordert, bekanntzugeben, wer zu den fraglichen Zeitpunkten das benannte KFZ gelenkt habe. Er gab keine entsprechende Person bekannt.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Tatvorwürfe mit der Begründung auf Urlaub gewesen zu sein und er 20 Personen nennen könne, die Zugriff auf das Auto gehabt hätten. Der Beschwerdeführer legte keine Beweise (zB. Hotelrechnung hinsichtlich des Urlaubs) vor bzw. gab Zeugen, die zB. bestätigen könnten zu den vorgeworfenen Tatzeitpunkten das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben bekannt, sondern beschränkte sich auf bloße Behauptungen.

Es besteht daher für das Landesverwaltungsgericht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer zu den vorgeworfenen Tatzeitpunkten das auf ihn zugelassenen Fahrzeugt gelenkt hat.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

In Verwaltungsstrafverfahren ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat sind aber Grenzen gesetzt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl. VwGH 08.02.1995, Zl. 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft bloß zu bestreiten.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH erfordert die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren, dass dieser seine Verantwortung nicht drauf beschränkt, die ihm vorgehaltenen Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegen zu setzen und entsprechende Beweise anzubieten (vgl. VwGH 22.3.2000, 98/03/0344).

 

Der Mitwirkungsverpflichtung des Beschwerdeführers kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Da die Behörde, auch wenn es sich um ein „bloßes“ Radarfoto handelt, auf dem der Lenker nicht erkennbar ist, beim Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs zu Recht vom Verdacht einer Täterschaft ausgeht und sohin ein ausreichend konkreter Tatvorwurf vorliegt, muss der Zulassungsbesitzer diesen Tatvorwurf nunmehr seinerseits konkrete Behauptungen entgegensetzen und entsprechende Beweise (zB Zeugen, Bestätigungen des Arbeitgebers, Kreditkartenabrechnungen, Urlaubsbestätigungen etc) anbieten, dass er als Lenker jedenfalls ausscheidet. Es ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend, wenn er sich drauf beschränkt, die ihm konkret vorgehaltenen Ermittlungsergebnisse bloß für unrichtig zu erklären. Es würde diesbezüglich auch ausreichen, für den Fall, dass der Lenker das Fahrzeug jedenfalls nicht gelenkt hat, eine Person namhaft zu machen, die dies bestätigen kann.

 

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft darlegen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hat. Es wurden auch seitens des Beschwerdeführers keine Beweisanträge gestellt.

 

Das Verfahren hat keine Umstände hervorgebracht, welche den Beschwerdeführer entlasten und somit sein Verschulden ausschließen hätten können.

 

Das Landesverwaltungsgericht gelangt zur Überzeugung, dass der letztlich zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienene und auch schon bisher am Verfahren inhaltlich nicht mitwirkende Beschwerdeführer als Lenker in Betracht kommt.

Von einem Fahrzeughalter ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu erwarten, dass er zumindest nachvollziehbare Aspekte darzulegen in der Lage ist, die dessen Lenkerschaft (Fahrzeugführerschaft) zumindest fraglich erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.09.1996, 96/17/0320).

 

Weil all das unterblieb, bildet dies einen hinreichend schlüssigen Beweis dafür, dass offenbar nur er selbst als Lenker dieses KFZ in Betracht kommt. Ein Rechtsanspruch auf ein das Gesicht eines Fahrzeuglenkers zeigendes Frontfoto besteht nicht. Darauf kann auch keine Beweisregel gestützt werden.

 

So hat etwa der Verfassungsgerichtshof vom 22.9.2011, B1369/10, in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen, dass eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker nicht vorliege, wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schluss zieht, er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen.

 

Das bloß globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137, sowie VwGH 20.9.1996, 96/17/0320 mit Hinweis auf VwGH 6.12.1985, 85/18/0051).

 

Auch der Verweis auf deutsches Recht vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Der Beschwerdeführer übersieht hier, dass die Taten in Österreich begangen wurden und daher auch österreichisches Recht zur Anwendung kommt.

 

Nach § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der anzuwendenden Verwaltungsstrafbestimmung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Die Behörde ging mangels entsprechender Nachweise zu Recht von folgenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen aus: monatliches Einkommen von 1.300 Euro, durchschnittliches Vermögen, keine Sorgepflichten.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist der Ansicht, dass die von der Behörde verhängten Geldstrafen tat- und schuldangemessen und in der festgesetzten Höhe erforderlich sind, um den Beschwerdeführer wirksam von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten.

 

Die Geldstrafen entsprechen dem Unrechtsgehalt der begangenen Übertretung, liegen an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und im unteren Bereich der möglichen Höchststrafe

 

Die ohnehin niedrig verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Beschwerdeführer in Zukunft zur genauesten Beachtung seiner gesetzlichen Verpflichtungen bewegen.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

 

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Karin Lederer