LVwG-850115/2/BMa/BZ/IH

Linz, 20.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der Insolvenzmasse im Konkurs über das Vermögen des L M, vertreten durch Masseverwalter Dr. T H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27. März 2014, GZ: Ge10-103-2014, wegen Untersagung des Fortbetriebsrechtes

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Das Kostenersatzbegehren der Beschwerdeführerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) wurde gemäß § 44 iVm §§ 41
Abs. 5, 94 Z 81, 148a und 345 Abs. 5 Gewerbeordnung 1994 (GewO) festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des Fortbetriebsrechtes der Gewerbeberechtigung für „Zahntechniker (§ 94 Z 81 GewO 1994)“ des L M, geb. x, durch die Konkursmasse, vertreten durch Dr. T H, Rechtsanwalt, (im Folgenden: Bf) nicht vorliegen und es wurde die Ausübung des Fortbetriebsrechtes untersagt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 20.12.2013 sei der Konkurs über das Vermögen des L M eröffnet worden. L M sei Inhaber einer Gewerbeberechtigung für „Zahntechniker (§ 94 Z 81 GewO). Die Konkursmasse habe durch ihren Vertreter der belangten Behörde schriftlich mitgeteilt, dass dieser in seiner Eigenschaft als Masseverwalter gemäß § 44 iVm § 345 Abs. 2 GewO den Fortbetrieb anzeige.

Nach erfolgtem Hinweis, dass es sich beim Zahntechnikergewerbe um ein Gewerbe handle, bei welchem mit der Ausübung ohne Geschäftsführer Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen verbunden und daher ein Geschäftsführer zu bestellen sei, wurde schriftlich mitgeteilt, dass L M zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für den Fortbetrieb bestellt werde. Trotz mehrmaliger Ersuchen um Nachreichung der Anmeldebestätigung des L M zur Gebietskrankenkasse, sei eine Anmeldung des L M bei der Oö. Gebietskrankenkasse nicht erfolgt. Somit würden die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des Fortbetriebsrechtes nicht vorliegen.

 

I.2. Gegen diesen am 1. April 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 29. April 2014. Begründend führt diese im Wesentlichen aus, dass der vom Masseverwalter bestellte Geschäftsführer L M bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft kranken-, pensions- und unfallversichert und somit iSd § 39 Abs. 2. Z 2 GewO nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes vollversichert sei.

Beim Gewerbe des Zahntechnikers würde es sich um kein Gewerbe iSd § 41
Abs. 5 GewO handeln, von dem eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen ausgehe, wenn kein Geschäftsführer bestellt werde.

Der Bescheid widerspreche den Bestimmungen der Insolvenzordnung, die im Verhältnis zu den Bestimmungen der GewO leges speciales darstellen und diesen daher vorgehen würden. Mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 hätte der Gesetzgeber die sozial- und wirtschaftspolitische Notwendigkeit einer Vereinfachung des Sanierungsverfahrens zum Ausdruck gebracht. Wenn die Gewerbebehörde vom Masseverwalter somit fordere, dass dieser einen Geschäftsführer anstelle, der freilich auch entsprechend entlohnt werden müsse, damit er auch als Arbeitnehmer voll sozialversichert sei, würden diese erheblichen Unkosten, die keinen Mehrwert für die Masse darstellen würden, die Intention des Gesetzgebers konterkarieren. L M habe kürzlich auch einen Sanierungsplanantrag beim Insolvenzgericht eingebracht.

 

Abschließend wurden die ersatzlose Behebung des Bescheides und die Kenntnisnahme der Anzeige des Fortbetriebsrechtes sowie die Befreiung von der Kostentragung im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und Kostenersatz der dem Bf im verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten beantragt.

 

I.3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 5. Mai 2014 vorgelegt.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichterin.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Einsicht genommen in den vorgelegten Verfahrensakt. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung, da der maßgebliche Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage feststeht.

 

II. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

II.1. Folgender relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 20. Dezember 2013, 20 S 159/13b, wurde über das Vermögen des L M, geb. x, Zahntechniker in S, das Konkurs-verfahren eröffnet.

Rechtsanwalt Dr. T H wurde zum Masseverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 2. Jänner 2014 zeigte dieser in seiner Eigenschaft als Masseverwalter gemäß § 44 iVm § 345 Abs. 2 GewO den Fortbetrieb an.

 

Die Bf übermittelte mit Schreiben vom 23. Jänner 2014 ein ausgefülltes Formular „Geschäftsführer-Bestellung“, womit Herr L M, geb. x, als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt wird, sowie eine schriftliche Bestätigung des Herrn L M, dass er die Gewerbeberechtigung „Zahntechniker“ besitzt. In dem Formular „Geschäftsführer-Bestellung“ wurde unter anderem auch angegeben, dass sich L M mit 40 Stunden wöchentlich im Betrieb betätigen wird.

 

Eine Anmeldung des L M als Arbeitnehmer beim zuständigen Sozialversicherungsträger ist nicht erfolgt.

 

II.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus den vorgelegten Verfahrensakten ergibt und nicht bestritten wird.

II.3. Das LVWG hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

II.3.1. Rechtsgrundlagen  

 

Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 Gewerbeordnung (GewO) steht das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), der Insolvenzmasse zu.

Abs. 5 leg. cit. besagt: Steht das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft oder der Insolvenzmasse zu, tritt der Vertreter der Verlassenschaft oder der Insolvenzverwalter mit dem Einlangen der Anzeige des Fortbetriebes in die Funktion des Geschäftsführers ein. Er gilt nicht als Geschäftsführer, wenn mit der Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sind. In diesem Fall hat der Fortbetriebsberechtigte einen Geschäftsführer zu bestellen.

 

Nach § 44 leg. cit. entsteht das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gewerbeinhabers. Der Insolvenzverwalter hat jedoch den Fortbetrieb ohne unnötigen Aufschub der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen (§ 345 Abs. 1). Er kann auch nach Maßgabe des § 43 Abs. 3 auf das Fortbetriebsrecht verzichten. Das Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

 

Gemäß § 39 Abs. 2 GewO muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere eine dem Abs. 1 entsprechende, selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muss der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muss der gemäß § 9 Abs. 1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

1.   dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

2.   ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Diese Bestimmung gilt nicht für die im § 7 Abs. 5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden. Innerhalb eines Konzerns kann eine Bestellung zum Geschäftsführer auch für mehrere Konzernunternehmen erfolgen, wenn der Geschäftsführer Arbeitnehmer im Sinne des dritten Satzes zumindest bei einem der Konzernunternehmen ist. Der gemäß

Abs. 1 für die Ausübung eines Gewerbes, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, zu bestellende Geschäftsführer muss ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 29/1993 geltenden Bestimmungen des § 39 Abs. 2 gelten für Personen, die am 1. Juli 1993 als Geschäftsführer bestellt waren, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 weiter.

 

II.3.2. Das Gewerbe „Zahntechniker“ zählt zu jenen Gewerben, bei denen mit der Ausübung ohne Geschäftsführer Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sind (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 41 Anm. 39 [Stand 1.1.2014, rdb.at]), daher ist entgegen dem Vorbringen der Beschwerde ein Geschäftsführer zu bestellen.

 

II.3.3. Nach § 39 Abs. 2 GewO muss der Geschäftsführer unter anderem „ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein“.

 

Dieser Bestimmung ist zwar nicht wörtlich zu entnehmen, dass ein Nachweis über die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse vorzulegen ist, es ergibt sich aber daraus, dass die Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes einzuhalten sind, was bedeutet, dass vor Arbeitsbeginn eine entsprechende Meldung zum jeweiligen Sozialversicherungsträger zu erfolgen hat.

 

Um die Voraussetzungen des § 39 Abs.2 GewO prüfen zu können, wird der Gewerbeinhaber die Bestätigung des Sozialversicherungsträgers über den Beginn der Pflichtversicherung der Gewerbebehörde vorzulegen haben. Aus dieser Bestätigung ist sowohl die Sozialversicherungsnummer des Geschäftsführers als auch die Dienstgeberkontonummer des Gewerbeinhabers zu entnehmen. Beide Daten sind in das Gewerberegister einzutragen (vgl. § 365a Abs2 Z6)(DfE II GRNov 1997) - (Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 39 Anm. 95 [Stand 1.1.2014, rdb.at]).

 

Die Forderung der Behörde nach der Vorlage der Bestätigung des Sozialversicherungsträgers fußt nicht unmittelbar auf gesetzlichen Grundlagen, sondern auf einem Durchführungserlass. Überdies trifft den Antragsteller eine Mitwirkungspflicht im verwaltungsbehördlichen Verfahren.

 

Die belangte Behörde hat aber auch bei der von ihr durchgeführten amtswegigen Prüfung des Bestehens des versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses des L M durch Anfrage beim Sozialversicherungsträger ein solches nicht festgestellt.

Dies ergibt sich auch aus dem Beschwerdevorbringen, das eine Versicherung nach dem GSVG – ohne nachvollziehbare Begründung und contra legem - für ausreichend erachtet.

Damit aber mangelt es an einer gesetzlichen Voraussetzung zur Ausübung des Fortbetriebsrechtes der Gewerbeberechtigung für „Zahntechniker“ des L M, durch die Konkursmasse.

 

II.3.4. Zum nur allgemein gehaltenen Vorbringen der Beschwerde, die Bestimmungen der Insolvenzordnung würden im Verhältnis zu den Bestimmungen der GewO leges speziales darstellen und diesen daher vorgehen, durch die Bestimmungen der GewO, die die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers vorschreibe, der Lohn- und Lohnnebenkosten verursache, wäre die Intention des Gesetzgebers einer Vereinfachung des Sanierungsverfahrens konterkariert, ist festzuhalten, dass mangels konkreter Beschwerdeausführungen zu diesem Themenbereich eine weitere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen unterbleiben konnte.

 

III. Gemäß § 74 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu tragen, und zwar auch dann, wenn er mit seiner Eingabe erfolgreich war.

Der Antrag auf Kostenersatz war daher zurückzuweisen. 

 

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

VI. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil zu der zu lösenden Rechtsfrage zu den Voraussetzungen zur Ausübung des Fortbetriebsrechtes der Gewerbeberechtigung für „Zahntechniker“ durch eine Konkursmasse, eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga.  Gerda Bergmayr-Mann