LVwG-570016/2/KÜ/KHu/IH

Linz, 14.10.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Säumnisbeschwerde des Z L W, x, x, vom
20. August 2014 in der Rechtssache betreffend die Feststellung gemäß § 10
Abs. 1 Z 3 ALSAG hinsichtlich der von der L S GmbH betriebenen Klärschlammdeponie in A, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.            Die Säumnisbeschwerde wird gemäß § 8 Verwaltungsgerichtsverfahrens­gesetz (VwGVG) iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen. 

 

II.          Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Schreiben vom 13. Juli 2007 beantragte der Bund, vertreten durch das Z L W (im Folgenden: Antragsteller), einen Feststellungsbescheid gemäß § 10
Abs. 1 Z 3 ALSAG hinsichtlich der von der L S GmbH (im Folgenden: Gegenpartei) in A betriebenen Klärschlammdeponie.

 

2. Am 10. April 2013 stellte der Antragsteller einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG.

 

3. Ungeachtet des Devolutionsantrages erließ die Erstbehörde (Bezirkshauptmann von Linz-Land) am 22. April 2013 einen Bescheid, GZ UR01-14-1-2007/Vz/sm, in dem folgende Feststellungen getroffen wurden:

 

„I. Feststellung:

 

1.         Es wird festgestellt, dass durch die Ablagerung von Abfällen (vorwiegend Klärschlamm) seitens der L S GmbH auf der Klärschlammdeponie A eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt.

2.         Es wird festgestellt, dass die Betriebsweise der Klärschlammdeponie A im Sinne der Deponieverordnung als angepasst gilt, auch wenn die Inanspruchnahme einer Wiegeeinrichtung zur Ermittlung der abgelagerten Abfallmenge verzichtet worden ist.

3.1       Es wird festgestellt, dass die bei der Gewinnung von Klärschlamm durch die L S GmbH gesetzten Bearbeitungsschritte mechanische Aufbereitung des Primärschlammes, simultane aerobe Behandlung des Sekundärschlammes in den Belebungsbecken, Eindickung des Sekundärschlammes, Aufheizung und anaerobe Behandlung des Primär- und Sekundärschlammes der im § 2 Ziffer 26 der DeponieVO beschriebenen mechanisch-­biologischen Vorbehandlung von Abfällen in den Jahren 2000 - 2003 nicht entspricht.

3.2       Es wird festgestellt, dass die bei der Gewinnung von Klärschlamm durch die L S GmbH gesetzten Bearbeitungsschritte mechanische Aufbereitung des Primärschlammes, simultane aerobe Behandlung des Sekundärschlammes in den Belebungsbecken, Eindickung des Sekundärschlammes, Aufheizung und anaerobe Behandlung des Primär- und Sekundärschlammes der im § 2 Ziffer 26 der DeponieVO beschriebenen mechanisch­-biologischen Vorbehandlung von Abfällen ab dem Jahr 2004 entspricht.

4.1 Es wird festgestellt, dass die Klärschlammdeponie der L S GmbH in A in den Jahren 2000 - 2003 zumindest nicht hinsichtlich der Qualität der abgelagerten Abfälle soweit an den Stand der Technik angepasst war, dass der Altlastenbeitrag gemäß § 6 Abs. 4 ALSAG hätte entrichtet werden dürfen.

4.2 Es wird festgestellt, dass die Klärschlammdeponie der L S GmbH in A ab dem 01.01.2004 auch hinsichtlich der Qualität der abgelagerten Abfälle soweit an den Stand der Technik angepasst ist, dass der Altlastenbeitrag gemäß § 6 Abs. 4 ALSAG entrichtet werden darf.“

 

4. Am 14. Mai 2013 zog der Antragsteller seinen Devolutionsantrag zurück.

 

5. Die Gegenpartei bekämpfte den erstbehördlichen Bescheid mit Berufung (Schriftsatz vom 8. Mai 2013), die sich lediglich gegen die Spruchpunkte 1., 3.1 und 4.1 des Spruchpunktes I. des oben wiedergegebenen Bescheides richtete.

 

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2013, bei der Erstbehörde eingelangt am 18. Oktober 2013, GZ UR-2013-92393/9-Ra/Ss, hob der Landeshauptmann von Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde den erstbehördlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG zur Gänze wegen der Unzuständigkeit der Erstbehörde auf und begründete dies damit, dass diese wegen des eingebrachten Devolutionsantrages nicht mehr zuständig gewesen sei.

 

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Gegenpartei mit Schriftsatz vom 18. November 2013 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis vom 24. Juli 2014, Zl. 2013/07/0270-5, konstatierte der VwGH die Rechtswidrigkeit des Inhalts des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich und änderte diesen dahingehend ab, dass „der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. April 2013, Zl. UR01-14-1-2007/Vz/sm, in Stattgebung der dagegen erhobenen Berufung der beschwerdeführenden Partei im Umfang der Spruchpunkte I., 1., 3.1 und 4.1 gemäß § 66 Abs. 4 AVG wegen Unzuständigkeit der Bescheid erlassenden Behörde aufgehoben wird“.

 

Das Erkenntnis wurde der Berufungsbehörde am 8. August 2014 zugestellt. Diese übermittelte das ggst. Erkenntnis mit Schreiben vom 22. August 2014, am 25. August 2014 eingelangt, der Erstbehörde.

 

7. Mit Schreiben vom 20. August 2014, am 26. August 2014 bei der Erstbehörde eingelangt, erhob das Z L W Säumnisbeschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3
B-VG. Begründend wurde ausgeführt, dass der Feststellungsbescheid der Erstbehörde mit Bescheid der Berufungsbehörde vom 15. Oktober 2013 aufgehoben worden sei. Diese Aufhebung und die Zurückziehung ihres Devolutionsantrages habe zur Folge, dass der Antrag vom 13. Juli 2007 nach wie vor unerledigt sei. Die in § 8 VwGVG angeführte Frist von sechs Monaten sei inzwischen verstrichen.

 

8. Mit Schreiben vom 30. September 2014, am 2. Oktober 2014 eingelangt, legte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Säumnisbeschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG Oö.) zur Entscheidungsfindung vor. Das LVwG Oö. entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

9. Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt schon nach der Aktenlage feststand und die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 2 VwGVG entfallen. Im Übrigen wurde ein solche auch nicht beantragt.

 

II. Rechtslage:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 8 Abs. 2 leg cit. werden in die Frist nicht eingerechnet:

1.           die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

2.           die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Eine Säumnisbeschwerde setzt voraus, dass im Zeitpunkt ihrer Einbringung eine Säumnis der belangten Behörde vorliegt. Wird eine Säumnisbeschwerde zu früh erhoben, ist sie zurückzuweisen (vgl etwa nur VwGH 22.02.2012, Zl. 2011/06/0057; ferner Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren § 8 VwGVG Anm 6 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG, § 73 AVG Rz 95 mwN zu Devolutionsanträgen). Mangels Festlegung einer kürzeren oder längeren Frist im Altlastensanierungsgesetz kann im konkreten Fall eine Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG erst nach Ablauf von sechs Monaten ab Einlangen des Antrages auf Sachentscheidung erhoben werden.

 

Gegenständlich ist einerseits zu berücksichtigen, dass gemäß § 8 Abs. 2 Z 2 VwGVG die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in diese Frist nicht einzurechnen ist, andererseits, dass der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der – erfolgreichen – Beschwerde der Gegenpartei gemäß § 42 Abs. 4 VwGG mit Erkenntnis vom 24. Juli 2014 in der Sache selbst entschied und den Spruch des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich neu fasste: Demnach kommt es nunmehr gemäß § 66 Abs. 4 AVG zur Aufhebung der Pkt. 1., 3.1 und 4.1 des Spruchpunktes I. des Bescheides der belangten Behörde. Die genannten Punkte sind daher von dieser neuerlich zu entscheiden.

 

Betreffend der hierzu zur Verfügung stehenden Frist ist festzuhalten, dass die Aufhebung eines Bescheides durch den VwGH – genauso etwa wie die Aufhebung  durch die letztinstanzliche Berufungsbehörde – nach der bisher hA und stRsp zu einem neuerlichen Beginn der Entscheidungsfrist führt (vgl. etwa VwGH 24.05.2012, Zl. 2012/07/0103; Hengstschläger/Leeb, § 73 AVG Rz 59 f mwN).

 

Eine Säumnis der belangten Behörde ist damit im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde jedenfalls nicht zu erkennen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger