LVwG-300472/10/Py/BD/PP

Linz, 26.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn H R,
x, x, gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 12. August 2014, GZ: SV-5/12, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14. November 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Spruchpunkt 2. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.      Der Kostenbeitrag des Beschwerdeverfahrens zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 218 Euro, das sind 10 % der verbleibenden Geldstrafe. Zum Verfahren vor dem Landes-verwaltungsgericht ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kosten-beitrag zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 12. August 2014, GZ: SV-5/12, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 2 iVm § 111 Abs. 1 und 2 ASVG, BGBl. 189/1955 idgF 2 Geldstrafen in Höhe von je 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 144 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 436 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben es als Gewerbeinhaber der Firma R H in x, x, zu vertreten, dass

1.     durch oa. Firma Hr. M O, geb. am x, zumindest am 26.2.2012 ab 20.00 Uhr, in der Betriebsstätte oa. Firma (Lokal „H") in x, x, als Türsteher beschäftigt wurde, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hrn. M O  lag unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. M O arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung von oa Firma. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben und Sie bereits wegen der Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) bestraft wurden, stellt dies eine wiederholte Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

2.     durch oa. Firma Hr. M  R, geb. am x, ab 7.12.2012 an 2 Tagen pro Woche jeweils für 5 Stunden, in der Betriebsstätte oa. Firma (Lokal „"H") in x, x, als Küchenhilfe beschäftigt wurde, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hrn. M R  lag unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. M R arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung von oa Firma. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben und Sie bereits wegen der Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) bestraft wurden, stellt dies eine wiederholte Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass bei der Entscheidung von dem Tatbestand ausgegangen werde, der durch die Organe des Finanzamtes Steyr erhoben und angezeigt wurde.

Abschließend führt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung in Erwägung gezogenen Gründe aus.

 

2. Mit E-Mail vom 2. September 2014 erhob der Bf gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses rechtzeitig Beschwerde und führt aus, dass  - wie bereits mit dem Finanzamt und der Gebietskrankenkasse geklärt wurde – Herr M R richtig gemeldet war.

 

3. Mit Schreiben vom 25. September 2014, beim Landesverwaltungsgericht eingelangt am 1. Oktober 2014, legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde vor. Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

4. Im Rahmen des Parteiengehörs wurde der Bf mit Schreiben vom
2. Oktober 2014 im Hinblick auf seine den Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses umfassende Beschwerde auf die Daten des im Akt ein­liegenden ELDA-Meldeprotokolls hingewiesen, die den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf bestätigen. Daraufhin beantragte der Bf beim Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die am 14. November 2014 durchgeführt wurde. An dieser nahm der Bf teil, die belangte Behörde sowie das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr als am Verfahren beteiligte Organpartei entschuldigten sich für die Verhandlung. Seitens des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr wurde eine Stellungnahme übermittelt, wonach eine Anmeldung des gegenständlichen Dienstnehmers M R vor Arbeitsbeginn nicht erfolgte und daher die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses beantragt wird.

 

Der Bf verantwortete sich in der mündlichen Verhandlung neuerlich dahingehend, dass der gegenständliche Dienstnehmer entgegen den Ausführungen in der Anzeige vor Arbeitsbeginn gemeldet wurde. Seine ursprünglichen Angaben über den tatsächlichen Arbeitsbeginn würden auf einem Irrtum beruhen. Dieses Vorbringen könne auch der gegenständlichen Dienstnehmer bestätigt, weshalb dessen Einvernahme als Zeuge zum Beweis dafür, dass er erst am
10. Dezember 2011 seine Arbeit im Unternehmen des Bf angetreten habe, beantragt werde.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

In Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Straferkenntnisses wird dem Bf die Beschäftigung des Herrn M R ab 10. Dezember 2012 jeweils für
5 Stunden ohne vorherige Anmeldung zur Sozialversicherung zur Last gelegt. Diese dem Bf vorgeworfene Tatzeit findet sich auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 8. Mai 2012, sowie in der dem Verfahren im zu Grunde liegenden Strafantrag der Organpartei zu Zl. FA-GZ. 045/16027/33/2012. Im Zuge der Vorbereitung für die mündliche Verhandlung trat für die erkennende Richterin aufgrund der der Anzeige beiliegenden Unterlagen jedoch hervor, dass sowohl die gegenständliche Anzeige, als auch die Aufforderung zur Rechtfertigung sowie das Straferkenntnis der belangten Behörde insoweit fehlerhaft sind, als der verfahrensgegenständliche Vorfall hinsichtlich Herrn R nicht im Jahr 2012, sondern vielmehr im Dezember 2011 stattfand.

 

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt.

 

Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass der gegen den Bf in Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses erhobene Tatvorwurf mit Ablauf des 7. Dezember 2014 verjährt. Der Bf beantragt nunmehr die Befragung des gegenständlichen Dienstnehmers als Zeuge für den tatsächlichen Zeitpunkt seines Arbeitsbeginns. Da die Aussage dieses Zeugen am Ergebnis des gegen den Bf geführten Verfahrens eine Änderung herbeiführen könnte, ist das Landes-verwaltungsgericht gehalten, den vom Bf gestellten Beweisantrag Folge zu geben. Im Hinblick auf die bevorstehende Strafbarkeitsverjährung ist es dem Landesverwaltungsgericht jedoch nicht mehr möglich, eine neuerliche, zeit­gerechte Fortsetzungsverhandlung zur Einvernahme des beantragten Zeugen anzuberaumen. Der rechtserhebliche Sachverhalt kann somit nicht mehr in einem ausreichenden, einem fairen Verfahren entsprechenden Ausmaß ermittelt werden.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Da das Landesverwaltungsgericht somit innerhalb der gesetzlichen Verjährungs-frist den gegenständlichen Sachverhalt nicht ausreichend klären konnte, verbleiben Zweifel an der Täterschaft des Bf. Im Hinblick auf die Unschulds-vermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch des Bf spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht-sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs-gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny