LVwG-600561/2/MZ/CG

Linz, 03.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des G. E., geb ...1954, vertreten durch RA Dr. A. J., A. B., G.gasse 2, P., Bundesrepublik Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18.9.2014, S-17.285/13/A, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.              Aus Anlass der Beschwerde wird das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

II.            Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG entfällt für den Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

 

III.           Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             a) Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18.9.2014, S-17.285/13/A, wurde der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) schuldig erkannt, als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen PA-…. (D) auf schriftliche Anfrage der LPD vom 15.5.2014, zugestellt am 2.6.2014, nicht binnen zwei Wochen darüber Auskunft erteilt zu haben, wer das Fahrzeug am 23.8.2013 um 9:29 Uhr gelenkt hat.

 

Der Bf habe daher § 103 Abs 2 KFG 1967 übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 120,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden, verhängt wurde.

 

Dem Verfahren liegt eine Übertretung des § 52 Z 10a StVO 1960 zugrunde. Gegen eine auf diese Übertretung abzielende Strafverfügung erhob der Bf Einspruch in welchem er geltend machte, zum angegebenen Zeitpunkt nicht mit dem og Fahrzeug unterwegs gewesen zu sein, woraufhin er mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 28.4.2014 gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert wurde, bekannt zu geben, wer das Fahrzeug am 23.8.2013 um 9:29 Uhr gelenkt hat bzw eine auskunftspflichtige Person zu benennen.

 

Mit Schreiben vom 13.5.2014 teilte der Bf in Folge mit, zum vorgegebenen Zeitpunkt in Urlaub gewesen zu sein und daher nichts dazu sagen zu können, wen die Auskunftspflicht sonst treffe.

 

Daraufhin wurde der Bf mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 15.5.2014, dem nunmehr – offenbar zu Erleichterung der Identifizierung des Fahrers – ein Frontfoto des Tatfahrzeuges beigelegt wurde, erneut gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert bekannt zu geben, wer das Fahrzeug am 23.8.2013 um 9:29 Uhr gelenkt hat bzw eine auskunftspflichtige Person zu benennen.

 

Mit Schreiben vom 3.6.2014 teilte der Bf erneut mit, die verlangte Auskunft nicht erteilen zu können, woraufhin das hier verfahrensgegenständliche Straferkenntnis erlassen wurde.

 

b) In der rechtzeitig gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhobenen Beschwerde bringt der Bf auf das Wesentliche verkürzt vor, er habe die angefragte Auskunft ordnungsgemäß erteilt.

 

 

II.          a) Die belangte Behörde legte die rechtzeitig erhobene Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte schon deshalb abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Im Übrigen hat keine der Verfahrensparteien die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht vom unter Punkt I.a. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.a) Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

" § 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

(1)          [...]

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende

Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 134. Strafbestimmungen.

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

 

1.b) Die inkriminierte Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG 1967 schützt das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung. Oder anders gewendet: Der Bestimmung liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann. Ein Zulassungsbesitzer muss daher grundsätzlich in der Lage sein mitzuteilen, welche Person zu einer bestimmten Zeit das auf ihn zugelassene Fahrzeug verwendet hat, oder er muss zumindest eine Person benennen können, welche die gewünschte Auskunft erteilen kann.

 

Vor diesem Hintergrund ist die vom Verwaltungsgerichtshof ergangene, äußerst strenge Judikatur zu sehen, die in Bezug auf die Beantwortung eines (zu Recht ergangenen) Auskunftbegehrens ergangen ist. So hat der Gerichtshof es etwa als nicht ausreichend angesehen, wenn der Zulassungsbesitzer erklärt, er oder seine Tochter habe das Fahrzeug benutzt (VwGH 23.3.1965, 1778/64) oder dass möglicherweise die Ehegattin das Fahrzeug verwendet habe (VwGH 18.6.1964, 2328/63).

 

Vor diesem Hintergrund steht an sich auch außer Frage, dass der Bf keine ausreichende Auskunft erteilt hat.

 

1.c) Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Behörde jedoch nicht berechtigt, mehrfach wegen desselben Zeitpunktes eine Lenkeranfrage zu tätigen.

 

Das ggst Straferkenntnis stützt sich auf die Nichtbeantwortung der zweiten, am 15.5.2014 ergangenen Anfrage, die inhaltlich mit jener vom 28.4.2014 ident ist. Da die Auskunftspflicht nach § 103 Abs 2 KFG 1967 nur einmal besteht, war der Bf nicht verpflichtet, die zweite Anfrage zu beantworten (VwGH 14.7.2000, 2000/02/0084; vgl auch VwGH 11.5.1990, 89/18/0178; 19.10.1994, 94/03/0121). Wenn freilich eine Verpflichtung zur Beantwortung nicht bestanden hat, kann dem Bf auch kein strafbares Verhalten angelastet werden.

 

Der angefochtene Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Gleichzeitig ist auszusprechen, dass der Bf keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten hat.

 

IV.          Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da der Bf in seinem Beschwerdeschriftsatz lediglich vorbringt, eine ordnungsgemäße Auskunft gegeben zu haben. Er bringt jedoch in keinster Weise vor, dass es der belangten Behörde nicht gestattet gewesen ist, eine neuerliche Lenkeranfrage vorzunehmen. Vor dem Hintergrund des § 27 VwGVG, welcher eine Bindung an die Beschwerdegründe statuiert, ist daher fraglich, ob das Landesverwaltungsgericht berechtigt ist, von Amts wegen gemäß der oben zitierten Rechtsprechung vorzugehen. Dass es sich bei der Frage, inwieweit eine Bindung an das Beschwerdebegehren besteht, um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung handelt, braucht nach ho Ansicht nicht weiter erläutert zu werden. Soweit ersichtlich besteht bis dato auch keine diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer