LVwG-600523/9/Bi/CG

Linz, 13.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn M P, L, L, vertreten durch Herrn RA Mag. F M, M, G, vom 19. September 2014 – in der Verhandlung am 6. November 2014 eingeschränkt – gegen Punkt 5) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. August 2014, VerkR96-19898-2014/Dae STE P.-Akt, wegen Übertretung des KFG 1967 sowie gegen die in den Punkten 1) und 2) des genannten Straferkenntnisses wegen Übertretungen des KFG 1967 verhängten Strafen aufgrund des Ergebnisses der am 6. November 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung  zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 5) behoben und das Verwaltungs­strafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt wird.

In den Punkten 1) und 2) wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafen auf jeweils 75 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 15 Stunden herabgesetzt werden.  

Die Verfahrenskostenbeiträge in den Punkten 1) und 2) ermäßigen sich auf je 10 Euro; im Punkt 5) entfällt jeglicher Verfahrenskostenersatz.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt in den Punkten 1), 2) und 5) ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen insgesamt 5 Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 2) je §§ 102 Abs.1 iVm 6 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967, 3) § 102 Abs.1 iVm 14 Abs.3 und 134 Abs.1 KFG 1967 und 4) und 5) je §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) und 2) je 110 Euro und 3), 4) und 5) je 40 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) und 2) je 48 Stunden und 3), 4) und 5) je 12 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG  Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 34 Euro auferlegt.

Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch ua, er habe sich als Lenker des Lkw X mit dem Anhänger X, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Fahrtantritt nicht davon überzeugt,

1) dass beim Anhänger die Bremsanlage den Vorschriften des § 6 KFG entsprochen habe, obwohl Bremsanlagen so beschaffen und eingebaut sein müssten, dass mit ihnen bei betriebsüblicher Beanspruchung und ordnungs­gemäßer Wartung trotz Erschütterung, Alterung, Abnutzung und Korrosion die vorgeschriebene Wirksamkeit erreicht werde. Am 23. Jänner 2014, 15.10 Uhr, sei auf der A8 bei km 57.000 (RPL M), FR Wels, festgestellt worden, dass die Feststellbremse am Anhänger ohne Wirkung gewesen sei – der Hebel sei bis zum Anschlag angezogen worden.

2) dass beim Anhänger die Bremsanlage den Vorschriften des § 6 KFG entsprochen habe, obwohl Bremsanlagen so beschaffen und eingebaut sein müssten, dass mit ihnen bei betriebsüblicher Beanspruchung und ordnungs­gemäßer Wartung trotz Erschütterung, Alterung, Abnutzung und Korrosion die vorgeschriebene Wirksamkeit erreicht werde. Am 23. Jänner 2014, 15.10 Uhr, sei auf der A8 bei km 57.000 (RPL M), FR Wels, festgestellt worden, dass bei der Betriebsbremse am Anhänger im Fahrversuch keine Bremswirkung erkennbar gewesen sei.

5) dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG 1967 entsprochen habe, da am 23. Jänner 2014, 15.10 Uhr, auf der A8 bei km 57.000 (RPL M), FR Wels, festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des Anhängers maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des KFG entsprochen hätten, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütt­erungen, noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftver­unreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstünden. Festgestellt worden sei, dass die hintere Kenn­zeichentafel durch den deformierten Abschlussquerträger teilweise verdeckt gewesen sei.  

 

2. Gegen das Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung gemäß Art.131 B-VG vorgelegt wurde. Am 6. November 2014 wurde in Verbindung mit dem Verfahren LVwG-600513 betreffend Herrn Ing M M, den Zulassungsbesitzer des genannten Anhängers,  eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des den Bf vertretenden Herrn Ing. M M sowie des technischen AmtsSV R K durchgeführt. Der Bf sowie sein Rechtsvertreter waren ebenso entschuldigt wie die Vertreterin der belangten Behörde. In der Verhandlung hat der Vertreter des Bf die Beschwerde auf Punkt 5) sowie die Strafhöhe in den Punkten 1) und 2) eingeschränkt – damit sind die Punkte 3) und 4) des Straferkenntnisses rechtskräftig. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Vertreter des Bf macht im Wesentlichen geltend, er sehe nicht ein, warum der Bf für die Punkte 1) und 2) getrennt belangt und zwei Strafen verhängt worden seien, noch dazu sowohl für den Zulassungsbesitzer als auch für den Lenker, das seien 440 Euro. Der Bf sei zur Zeit der Übertretungen arbeitslos gewesen, seine derzeitigen finanziellen Verhältnisse kenne er nicht.

Zu Punkt 5) verweist er darauf, dass die Kennzeichentafel unter dem Winkel von 15 Grad ablesbar gewesen sei. Wie der Anhänger genau typisiert worden sei, wisse er nicht mehr, da ihm die Papiere gestohlen worden seien.    

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer (beantragten) mündlichen Verhandlung, bei der der Vertreter des Bf gehört und die Ausführungen sowohl in der Beschwerde als auch die der belangten Behörde in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses berück­sichtigt wurden, und hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Zur Strafhöhe in den Punkten 1) und 2):

Gemäß § 19 Abs.1 VStG in der seit 1. Juli 2013 geltenden Fassung BGBl.I Nr.33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat den Überlegungen zur Strafbemessung mangels Angaben des Bf ein geschätztes Einkommen von 1.400 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten zugrundegelegt. Der Vertreter des Bf hat sich dazu in der Verhandlung nicht geäußert, sodass weiterhin von den geschätzten finanziellen Verhältnissen auszugehen war. Zugrundegelegt wurde außerdem das Fehlen von mildernden und erschwerenden Umständen.

 

Entgegen der Rechtsansicht des Bf handelt es sich bei der Betriebsbremse einerseits und der Feststellbremse andererseits – obwohl diese auch gemeinsame Bauteile aufweisen dürfen – um zwei voneinander unabhängige Bremsanlagen, weshalb auch zwei Einzelstrafen zu verhängen sind (vgl VwGH 16.9.2011, 2008/02/0184). Jedoch haben sich beide Punkte des Straferkenntnisses auf den Anhänger bezogen, der zum Zeitpunkt der Kontrolle außerdem unbeladen war, sodass die Übertretungen keine nachteiligen Folgen im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hatten, weshalb eine Herabsetzung der Strafen auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß vertretbar ist. Die nunmehr verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG; die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG liegen nicht vor, weil aufgrund der Erkennbarkeit der Mängel kein geringfügiges Verschulden anzunehmen ist.

 

Zu Punkt 5) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. Gemäß Abs.2 2.Satz leg.cit. hat der Lenker dafür zu sorgen, dass die Sicht vom Lenkerplatz aus für das sichere Lenken des Fahrzeuges ausreicht und dass die Kennzeichen des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges und eines mit diesem gezogenen Anhängers vollständig sichtbar sind und nicht durch Verschmutzung, Schneebelag, Beschädigung oder Verformung der Kennzeichentafel unlesbar sind.

Gemäß § 4 Abs.2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körper­liche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutz­vorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweck­bestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Aus dem vom SV vorgelegten Foto des Anhängers geht hervor, dass dieser hinten über die gesamte Breite einen „Abschlussquerträger“ aufwies, der so geformt war, dass er die uneingeschränkte Ablesbarkeit des Kennzeichens im oberen Abschnitt beeinträchtigte. Das Kennzeichen an sich war einwandfrei montiert, lesbar und nicht verschmutzt.  Bereits aus der Anzeige geht hervor, dass der Mangel für den Lenker erkennbar war und dass er keinerlei Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellte. Trotzdem hat die belangte Behörde dem Bf eine solche Gefährdung der Verkehrssicherheit in Form des § 4 Abs.2 KFG angelastet, ohne die Anlastung zu begründen.

Im Ergebnis wäre ev. eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 49 Abs.6 4.Satz KFG zu prüfen gewesen, wonach „in jedem Fall auch die Umrandung der Kenn­zeichentafel vollständig sichtbar sein muss“. Der Bf hat aber den ihm  vorgeworfenen Tatbestand zweifellos nicht verwirklicht, weshalb gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG spruchgemäß zu entscheiden war; Verfahrenskosten entfallen.

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesendet.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger