LVwG-150237/8/DM/UD LVwG-150238/8/DM/UD

Linz, 27.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde 1. des A A und 2. der T A, sowie 3. des J K und 4. der B K, gegen den Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde Steinbach am Ziehberg vom 13. März 2014 GZ. Bau-401/3-2011,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Antrag vom 5. März 2012, eingelangt am 20. März 2012, reichten C D und R D (im Folgenden: Bauwerber) einen Antrag auf Bewilligung eines Holzhauses auf dem Grundstück Nr x KG O ein. Am 12. April 2013 fand eine mündliche Bauverhandlung statt, zu der auch die Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) als Nachbarn geladen waren. Die Kundmachung der mündlichen Verhandlung enthielt einen ausdrücklichen Verweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG. In der mündlichen Verhandlung brachten die Bf vor, gegen das Bauvorhaben grundsätzlich keine Einwände zu haben, wiesen jedoch darauf hin, dass die Bewirtschaftung ihrer land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke nicht eingeschränkt werden dürfe. Zudem solle niemals ein Wasserschutzgebiet errichtet werden.

 

2. Mit Bescheid des Bürgermeisters als Baubehörde erster Instanz vom 15. Juni 2013 wurde der Bau des Holzhauses unter Auflagen genehmigt. Innerhalb offener Frist erhoben die Bf Berufung an den Gemeinderat. Darin brachten sie vor, dass ihrer Ansicht nach der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert werden müsse, dass niemals ein Wasserschutzgebiet errichtet werden dürfe. Weiters sei die Trinkwasserversorgung des zu errichtenden Holzhauses nicht gesetzesgemäß. Ebenso sei es als kritisch anzusehen, dass das Baugrundstück ohne die Bf zu informieren als „Dorfgebiet“ gewidmet worden sei.

 

3. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Steinbach am Ziehberg (= belangte Behörde) vom 13. März 2014, GZ Bau-401/3-2011, wurden die Berufungen als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde vorgebracht, die Bf hätten ihre Parteistellung verloren, da sie weder in der mündlichen Verhandlung, noch einen Tag vor der Verhandlung schriftlich taugliche Einwendungen vorgebracht hätten. Die Behörde weist außerdem darauf hin, dass Gegenstand des Verfahrens nur das konkrete Bauvorhaben laut Bauplan sei und nicht künftige mögliche Änderungen. In Bezug auf die Widmung als „Bauland – Dorfgebiet“ wurde im Ermittlungsverfahren festgestellt, dass diese bereits seit 1985 besteht.  

 

4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht. Begründend wurde wiederum vorgebracht, dass der Bauwerber keine ausreichende Trinkwasserversorgung nachweisen könne. Wasserrechtliche Einwendungen seien zulässig. Zudem liege keine Präklusion vor, da die Behörde erster Instanz keinerlei Zweifel an den in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwänden geäußert habe, und auch nicht darauf hingewiesen habe, dass die Bf mit diesen Einwänden keine Parteistellung erlangen würden. Zudem seien die Einwendungen der Bf generell auf jedwede mögliche Einschränkung des ordnungsgemäßen Betriebs der Landwirtschaft zu verstehen gewesen, zB auch auf Einhaltung der gesetzlichen Abstandsnormen. Außerdem liege eine de facto Enteignung vor, wenn fraglich sei, ob der uneingeschränkte landwirtschaftliche Betrieb in Zukunft möglich sei.

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III. Vor In-Kraft-Treten der Oö. Bauordnungs-Novelle 2013 bereits anhängige individuelle Verwaltungs­verfahren sind gem Art II Abs 2 Oö. BauO 1994, LGBl 1994/66 idF der Oö. Bauordnungs-Novelle 2013, LGBl 2013/34 nach den bis zu dieser Novelle geltenden Rechts­vorschriften weiterzuführen. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten daher:

 

§ 31
Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

...

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

...

 

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991, idgF  lauten:

„Rechtsbelehrung

 

§ 13a. Die Behörde hat Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1.           Die Oö BauO 1994 gewährt den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren Parteistellung. Diese bleibt im Verfahren jedoch nur erhalten, wenn keine Präklusion eintritt. Eine Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolgen ist gemäß § 42 Abs 1 AVG die entsprechende Kundmachung der mündlichen Verhandlung. Gemäß § 42 Abs 2 AVG kann Präklusion jedoch auch bei nicht ordnungsgemäßer Kundmachung eintreten, sofern die Beteiligten rechtzeitig von der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangen. Im vorliegenden Fall wurden alle Bf ordnungsgemäß von der mündlichen Verhandlung verständigt.

 

Eine weitere Voraussetzung für den Verlust der Parteistellung ist, wenn zulässige Einwendungen nicht rechtzeitig vorgebracht werden (vgl Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Rz 7). Nach herrschender Lehre und Judikatur ist unter „Einwendung“ die Behauptung zu verstehen, durch die Genehmigung des verfahrensgegenständlichen Projekts in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Nur eine Einwendung in diesem Sinn sichert gemäß § 42 Abs 1 AVG die Parteistellung in weiteren Verfahren (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG2 (2014) § 42 Rz 32 mwN). Das konkrete subjektiv-öffentliche Recht, dessen Verletzung behauptet wird, muss aus dieser Einwendung jedenfalls erkennbar sein. Ein allgemeiner Protest reicht daher ebenso wenig aus wie das Vorbringen, mit einem Vorhaben nicht oder nur unter einer Bedingung einverstanden zu sein (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG2 (2014) § 42 Rz 33 mwN; ebenso Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Rz 8). Vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen der Bf in der mündlichen Verhandlung, grundsätzlich keine Einwände zu haben, vorausgesetzt, es werde kein Wasserschutzgebiet errichtet und die Land- und Forstwirtschaft nicht beeinträchtigt, als nicht konkret genug und damit keine zulässige Einwendung. Somit verloren die Bf ihre Parteistellung im weiteren Verfahren.

 

Auch der spätere Hinweis der Bf, mit der obigen Aussage ohnehin alle nur erdenklichen Einwendungen gemeint zu haben, macht daraus keine konkreten baurechtlichen Einwendungen.

 

2.           Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, zum einen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie zum anderen über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren (Hengstschläger/Leeb, AVG2 (2014) § 13a Rz 4). Diese Rechtsbelehrung bezieht sich jedoch nur auf verfahrensrechtliche Vorschriften, nicht hingegen auf die Sache selbst. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (ua VwGH 18. Dezember 2012, 2009/11/0226) hat die Behörde die Beteiligten nicht in materiellrechtlicher Hinsicht zu beraten und sie insbesondere nicht anzuleiten, welche Behauptungen sie, zB in ihren Einwendungen, aufzustellen haben (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG2 (2014) § 13a Rz 6 mwN). Zudem sind die Beteiligten über die Rechtsfolgen der Unterlassung tauglicher Einwendungen nur dann (insbesondere in der mündlichen Verhandlung) gesondert aufzuklären, wenn die Kundmachung einer mündlichen Verhandlung entgegen § 41 Abs 2 AVG nicht auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG hinweist. Die allen Bf zugestellte Kundmachung enthielt allerdings einen ausdrücklichen Verweis auf § 42 AVG und die Möglichkeit der Präklusion. Die Behörde hatte daher die Bf in der mündlichen Verhandlung weder auf die Rechtsfolgen einer unzulässigen Einwendung, noch darauf hinzuweisen, welche Einwendungen im Bauverfahren materiellrechtlich zulässig sind. Die Tatsache, dass die Bf erst später im Verfahren auf ihre Präklusion aufmerksam gemacht wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass der Verlust der Parteistellung bereits mit der mündlichen Verhandlung eintrat.

 

Die Übermittlung einer Bescheidausfertigung an eine Partei bedeutet die Zustellung dieses Bescheides an diese (selbst wenn die Absicht der Behörde auf eine bloße Information gerichtet war); die förmliche Zustellung einer Bescheidausfertigung an eine Nichtpartei begründet hingegen nicht deren Parteistellung (VwGH 9. April 1992, 88/06/0190). Die Zustellung des Bescheides an die Bf war daher nicht geeignet, deren Parteistellung zu begründen. Auch der Verweis des erstinstanzlichen Bescheides auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung [wörtlich: „Auf die Stellungnahme der Nachbarn (…) (Seite 5 der Verhandlungsschrift) wird verwiesen.“] kann keine Parteistellung der Nachbarn begründen. Ebenso kann aus einem solchen bloßen Hinweis keine rechtliche Verbindlichkeit des Inhalts abgeleitet werden.

 

3. Im Baubewilligungsverfahren sind nicht zu berücksichtigen: Einwendungen, die ihren Rechtsgrund nicht in baurechtlichen Vorschriften oder im Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan haben, zB Einwendungen aus den Bestimmungen des Wasserrechts; ebenso Einwendungen aus baurechtlichen Vorschriften, die nicht dem „Interesse der Nachbarschaft dienen“ (Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Oö BauO Rz 9). Der Nachbar hat keinen Rechtsanspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über die ausreichende Trinkwasserversorgung des Bauvorhabens. Aus den Vorschriften über die Sicherstellung der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung eines Baues erwächst dem Nachbarn kein subjektives Recht (vgl Neuhofer, Oö. Baurecht 20076, § 31 Rz 8 mwN). Die – von den Bf zum ersten Mal in der Berufung aufgeworfene – Thematik der Trinkwasserversorgung des Bauprojektes war demnach von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid tatsächlich nicht zu behandeln.

 

Darüber hinaus sind wasserrechtliche Vorbringen entgegen der Ansicht der Bf im Bauverfahren von der Baubehörde nicht zu berücksichtigen. Die belangte Behörde verweist hier zu Recht darauf, dass die Zuständigkeit für wasserrechtliche Bewilligungen bei der Bezirkshauptmannschaft liegt.

 

4. Da die Bf demnach keinesfalls mehr Parteien des Verfahrens sind, erübrigt sich die Behandlung der weiteren Beschwerdepunkte.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl zu IV 2. VwGH 18. Dezember 2012, 2009/11/0226; VwGH 9. April 1992, 88/06/0190). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter