LVwG-300365/9/BMa/PP

Linz, 28.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des R G, vertreten durch H, F, S-S & R, Rechtsanwälte in x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 7. Mai 2014, SV96-73-2013, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 436 Euro zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. R G (im Folgenden: Bf) wurde mit dem in der Präambel angeführten Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

Sie, Herr G, haben es als Verantwortlicher der Firma H  mit Sitz in x, x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass die österreichische Staatsangehörige

B H, geb. am x

bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Person handelt, beschäftigt war, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt ab 21.08.2012 zur Pflichtversicherung bei der Oö Gebiets-krankenkasse angemeldet wurde.

Dies wurde der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 01.02.2013 vom Finanz-amt G W angezeigt.

 

Verletzte Verwaltungsvorschriften:

§§ 33 Abs. 1 und i.V.m. § 111 Abs. 1 ASVG - Allgemeines Sozialversicherungs-gesetz, BGBl. Nr. 189/1955 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist,                    gemäß

                           gem. § 16 VStG 1991 eine                             Ersatzfreiheitsstrafe von

2.180,00 Euro 36 Stunden       §111Abs. 2 ASVG 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG)zu zahlen: 218,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.398,00 Euro.“

 

I.2. Dagegen wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben, über die das LVwG durch eine Einzelrichterin zu entscheiden hatte.

 

I.3. Die Beschwerde ficht das erstinstanzliche Straferkenntnis zur Gänze an und beantragt dessen Aufhebung und Einstellung des Verfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht hat Einsicht erhoben in den vorgelegten erstinstanzlichen Verwaltungsakt zu SV96-73-2013 und am 11. Juli 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Beschwerdeführer, die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer der H,  S H und R G, in rechtsfreundlicher Vertretung, sowie ein Vertreter der Organpartei gekommen sind. Beide Verfahren wurden aus verwaltungsökonomischen Gründen zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Als Zeugin wurde B H, die Schwester des Beschwerdeführers H einvernommen.

 

 

III. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

S H und R G sind zur Vertretung nach außen befugte Gesellschafter der H  und für die Einhaltung der Vorschriften des ASVG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

Firmenintern gibt es zwar eine organisatorische Arbeitsaufteilung, wonach G Verträge schließt und sich um die Vermietung des Autos an B H gekümmert hat, für Vertriebstätigkeiten sind aber beide Geschäftsführer zuständig und beide kümmern sich um den betrieblichen Ablauf sowie Bürotätigkeiten. Es erfolgte keine Bestellung eines verantwortlichen Beauf­tragten.

In der H  sind fünf Personen mit der Beschaffung von  Leasing­arbeitnehmern beschäftigt. Um den Vertrieb kümmern sich beide Beschwerde­führer und zusätzlich eine fix angestellte Person in der H. Die H  und die H Bau S  sind beide Töchter der H C. Beide Beschwerdeführer haben einen maßgeblichen Einfluss auf diese drei Gesellschaften.

 

B H war während ihres Studiums vom 1. Juli 2006 bis
30. April 2010 geringfügig beschäftigte Angestellte der H  und wurde von dieser GmbH, bei der sie Bürotätigkeiten verrichtet hat, an andere Firmen verleast. Vom 2. August 2010 bis 31. Jänner 2012 hat sie als Angestellte der internationalen Spedition S  gearbeitet, danach war sie arbeitslos und hat einen Tag, am 1. Februar 2012, wieder als Angestellte der H  gearbeitet. An diesem Tag wurde sie ebenfalls verleast und war in der Folge arbeitslos. Vom 1. Mai 2012 bis 31. August 2012 war sie als gering­fügig beschäftigte Angestellte in der HG C  beschäftigt.

Ab 21. August 2012 ist sie als gewerblich selbständige Erwerbstätige gemeldet.

An diesem Tag wurde ihr Gewerbeschein lautend auf „Geschäftsvermittlung in Form der Vermittlung von Dienstleistungen zwischen befugten Gewerbetreiben­den und/oder Privatpersonen,  die derartige Leistungen in Anspruch nehmen wollen, beschränkt auf die Namhaftmachung und Zusammenführung der Vertragspartner“ ausgestellt (Seite 14 des Tonbandprotokolls vom 11. Juli 2014). Am 23. August 2012 hat sie schriftlich einen Agenturvertrag mit der H  geschlossen.

 

Bei ihrer Einvernahme am 16. Jänner 2013 konnte sie sich lediglich an eine mündliche Vereinbarung mit der H  erinnern. In der mündlichen Verhandlung hat sie jedoch angegeben, diese Angabe zur mündlichen Verein­barung habe sie nur getätigt, weil sie der Meinung war, dies würde von ihr erwartet (Seite 10 des Tonbandprotokolls vom 11. Juli 2014).

 

Unter Punkt 2 des Agentur-Vertrages, der mit 23. August 2012 datiert, wird unter anderem ausgeführt:

 

„2. AUSÜBUNG IHRER GESCHÄFTLICHEN TÄTIGKEIT

 

Sie betreiben die Agentur in Ihren Räumen und - nach Ihren organisatorischen Bedürfnissen - mit eigenen Arbeitskräften, deren fachliche, charakterliche und finanzielle Eignung für diese Tätigkeit von Ihnen zu prüfen ist. Bei der Ausstattung der Räume sind unsere Corporate Design-Richtlinien zu be­achten.

 

Für allfällige Mitarbeiter Ihrer Agentur wird kein Arbeits- oder sonstiges Rechts-verhältnis zur Firma H  begründet.

 

Der Ordnung halber wird festgehalten, dass zwischen Ihnen und der Firma H  kein Dienst­verhältnis begründet wird. Sie bestimmen frei über Ihre Zeit sowie Ort Ihrer Tätigkeit und sind der Firma H  nicht weisungsgebunden. Die Ausübung sonstiger beruflicher Tätigkeiten ist er­laubt, sofern diese dem Ruf der Firma H  nicht abträglich oder den von Ihnen übernom­menen Aufgaben nicht hinderlich sind.

 

Für die Einhaltung gewerberechtlicher, sozialversicherungsrechtlicher und steuer-rechtlicher Bestim­mungen sind Sie selbst verantwortlich. Sämtliche Steuern und Sozialversicherungsbeiträge führen Sie selbst ab.

 

[.....]“

 

Als Bezahlung bekommt B H von der H  für jeden vermittelten Arbeitnehmer, der für die H  arbeitet und an ihre vermittelten Kunden verleast wird, als Provision 1 Euro pro Stunde in Form einer Gutschrift ausbezahlt.

Ihr Auto hat sie von der Firma H gemietet, sie bezahlt dafür monatlich
323 Euro. Die Benzinkosten trägt sie selbst.

Für B H hat es keinen Unterschied gemacht, ob sie bei der H  oder bei der H C  gearbeitet hat, sie wusste anlässlich der mündlichen Verhandlung auch gar nicht, für welche Firma sie wann gearbeitet hat.

 

Im vorgeworfenen Tatzeitraum, nämlich vom 21. August 2012 bis
1. Februar 2013 hat B H ihre Vermittlungstätigkeiten ausschließlich für die H  verrichtet, neben ihrer geringfügigen Beschäftigung für die H C.

Dafür hat sie sich einen eigenen Computer und einen Drucker angeschafft. Sie hat auch einen eigenen Internetanschluss, der unabhängig von der Firma H  besteht. Sie ist an keine Arbeitszeiten gebunden und sie weiß aufgrund ihrer früheren Arbeit in der Firma ihres Bruders und aufgrund des familiären Umgangs mit diesem, was sie zu tun hat. Wenn es Probleme bei der Arbeit gibt, fährt sie in die H  und bespricht dies mit ihrem Bruder oder dessen Geschäftspartner.

 

B H betreut die Leasingarbeitnehmer der Firma H  auch in der Form, dass sie diese zu den Kunden begleitet, bzw. vor den Firmen auf diese wartet und die Leasingarbeitnehmer zu den Kunden bringt und dort einen Kaffee mit ihnen trinkt. Sie ist für Beschwerden über die von ihr vermittelten Leasingarbeitnehmer zuständig. Diesbezüglich wird sie von den Kunden, zu denen die Leasingarbeitnehmer von der H  geschickt werden, kontaktiert.

Es kann nicht festgestellt werden, dass B H an Betriebsfeiern oder Betriebsausflügen teilgenommen hat.

 

B H hat selbst keine Möglichkeit, unabhängig von der H  die Richtigkeit der Verrechnung der geleisteten Arbeitsstunden der Leasingarbeitnehmer, die zu den von ihr vermittelten Firmen geschickt werden, zu überprüfen.

Erst nach dem inkriminierten Tatzeitraum hat sie auch noch für die Firma I gearbeitet. Der Kontakt zu dieser Firma ist über den Beschwerdeführer H zu Stande gekommen.

B H ist selbst nicht werbend am Markt aufgetreten.

 

III.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorliegenden Akteninhalt und den Aussagen der Beschwerdeführer sowie der Zeugin B H anlässlich der mündlichen Verhandlung ergibt. Der als Beilage 1 zur Verhandlungsschrift vom 11. Juli 2014 vorgelegte tagesaktuelle Versicherungsdatenauszug betreffend B H hat einen Überblick über die für die Firma H  und die H C  verrichtete Tätigkeit der B H vermittelt.

 

B H hat anlässlich ihrer Aussage den Eindruck hinterlassen, ihre Tätigkeit als Selbständige dokumentieren zu wollen, dabei hat sie aber auch dargetan, dass sie über ihre Vermittlungstätigkeit hinaus Betreuungstätigkeiten hinsichtlich der Leasingarbeiter bei den von ihr aquirierten Firmen vornimmt und Probleme dieser Arbeiter mit der Leasingarbeiterbereitstellungsfirma bespricht.

 

Für eine selbständige Tätigkeit wesentliche Elemente, wie das selbständige werbende Auftreten am Markt, wurden von ihr schon inhaltlich nicht verstanden und sie hat den Eindruck vermittelt, bei ihrer Tätigkeit auf die Hilfe ihres Bruders, der einer der beiden Geschäftsführer der H  ist, angewiesen zu sein. Sie hatte auch keine Ahnung zu welcher Zeit sie für die H  oder die H C  gearbeitet hat. Ihre Arbeit wird durch Arbeitsbesprechungen mit ihrem Bruder oder dessen Geschäftspartner in familiärer Atmosphäre gestaltet, sodass sie diese Form der Arbeitsgestaltung nicht als Erhalt von Weisungen empfunden hat.

 

 

III.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

III.3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35
Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Voll-versicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken-versicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber-kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hierzu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherten und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherten Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienst-geber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs. 2 ASVG).

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vor-gängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs. 3 ASVG).

 

III.3.2. Gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH reicht das Leistungs-interesse des Dienstgebers an der (zusätzlichen) Tätigkeit seiner Angestellten als Vermittler von Versicherungsverträgen allein noch nicht aus, um die hierfür gezahlten Beträge als Entgelt aus dem Dienstverhältnis oder auf Grund des-selben zu qualifizieren. Die Zurechnung ist vielmehr nur möglich, wenn entweder auch in Bezug auf die Vermittlungstätigkeit die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen oder aber eine inhaltliche und/oder zeitliche Verschränkung der beiden Tätigkeiten vorliegt (VwGH vom 17. März 2004, GZ 2000/08/0067).

 

Diese zur Vermittlung von Bausparverträgen entwickelte Judikatur kann auf Vermittlungstätigkeiten generell und damit auch auf Vermittlung von Firmen die in Kontakt mit einem Leasingarbeitnehmerüberlasser treten wollen, angewandt werden. Entscheidend ist die Beurteilung ob Merkmale persönlicher oder wirt­schaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG in Bezug auf die Vermittlungstätigkeit überwiegen.

Nach den Feststellungen wurden von B H die Vermittlungs­tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit von der H  durchgeführt, hat sie im inkriminierten Tatzeitraum doch nur für die H  gearbeitet. Sie hatte auch nur über die H  Kenntnis von den über ihre Vermittlung geleisteten Arbeitsstunden. Dass ihre Bezahlung in Form eines Gutschriften­systems erfolgte, wonach sie selbst nicht einmal Rechnung legte unterstreicht nur die Annahme der wirtschaftlichen Abhängigkeit.

Die Tätigkeit der B H für die H  hat sich aber nicht nur auf reine Vermittlungstätigkeit beschränkt, sie hat auch die Betreuung der Leasing­arbeitnehmer und der durch sie geworbenen Kunden für die H  durchgeführt. Sie hat quasi als Anlauf- und Beschwerdestelle für die Firmen, die Leasing­arbeitnehmer der Firma H  beschäftigten, fungiert und hat die Leasingarbeiter, die von der Firma H  an die Firmen geschickt wurden, vor Ort auch persönlich betreut. Ebenso hat sie Problemfälle mit dem Geschäfts­führer, oder anderen Personen der H, besprochen.

Damit aber war eine Eingliederung in den Betriebsablauf der H und eine persönliche Abhängigkeit von der H  gegeben.

Unter Betrachtung der Dienstleistungen, die von B H für die H  erbracht wurden, und der Umstände unter denen diese erbracht wurden, ist von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaft­licher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen.

 

Auch wenn unter Punkt 2 des Agentur-Vertrages vom 23. August 2012 festge­halten wird, dass kein Dienstverhältnis zur H  begründet wurde, so ist nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der festgestellten Tätigkeit der B H von einem Dienstverhältnis zur H  und von keiner selb­ständigen Tätigkeit einer Vermittlerin auszugehen.

 

Durch die unterlassene Meldung der Tätigkeit der B H zum zuständigen Sozialversicherungsträger vor Arbeitsaufnahme hat der Beschwerde­führer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H  das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verbotsnorm erfüllt.

 

III.3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Ver-waltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Bf ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden trifft. Zwar ist der Beschwerde beizupflichten, dass er bemüht war, sich durch den Abschluss eines Agenturvertrages mit B H rechtskonform zu verhalten, er hat jedoch unter Umgehung des Inhaltes dieses Agenturvertrages die Schwester des seines Geschäftspartners in den betrieblichen Ablauf der H  eingebunden und sie wie eine Dienst­nehmerin verwendet. Es wäre an ihm gelegen, sich als handelsrechtlicher Geschäftsführer über die maßgeblichen Bestimmungen zur Regelung von Beschäftigungen zu erkundigen.  Indem er dies unterlassen hat, hat er fahrlässig gehandelt. Die angelastete Verwaltungsübertretung ist dem Bf daher auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

III.3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Inten­sität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechts sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Weil es sich um eine Wiederholungstat handelt, die von der belangten Behörde festgestellt wurde und diese Feststellung vom Bf nicht bestritten wurde, konnte entgegen dem Beschwerdevorbringen die verhängte Mindeststrafe für den Wiederholungsfall nicht herabgesetzt werden. Bei Verhängung der Mindeststrafe erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung mit den Strafzumessungsgründen.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde nicht in Relation der Obergrenze der verhängten Geldstrafe zur Obergrenze der verhängten Freiheitsstrafe festgesetzt sondern sehr milde bemessen. Eine Korrektur der Ersatzfreiheitsstrafe konnte aber auf Grund des Verbots der reformatio in peius nicht erfolgen.

 

III.4. Zumal der Beschwerde keine Folge gegeben wurde, waren gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG Kosten für das Verfahren vor dem Landesverwaltungs-gericht in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als Einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gerda Bergmayr-Mann

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 13. April 2015, Zl.: Ra 2015/08/0023-3