LVwG-300480/15/Kl/JW/PP

Linz, 25.11.2014

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Ing. P B, Linz, vertreten durch Anwaltssocietät S D S & P, x, x,  gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28. Juli 2014, GZ: 43730/2013, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12. November 2014

 

zu Recht   e r k a n n t:

 

 

    I.        Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 II.        Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von
200 Euro zu leisten.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28. Juli 2014,
GZ: 43730/2013, wurde über den Beschwerdeführer (kurz: Bf) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 130 Abs. 5 Z 1 und 118 Abs. 3 ASchG und § 48 Abs. 2 und Abs. 7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handels­rechtlicher Geschäftsführer der Firma a H GmbH mit Sitz in x, x, gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu vertreten hat:

Am 24.09.2013 hat der auf der Baustelle „Z x“, in x beschäftigte Arbeitnehmer der Firma „a H GmbH“, Herr B E, geb. am x, eine ca. 1,5 m tiefe – mit keinen Sicherungsmaßnahmen bzw. Verbaumaßnahmen versehene – Baugrube betreten. Der Böschungswinkel der Baugrube bei stark lehmhaltigem, bindigem Boden betrug ca. 80-90°; ein durch eine fachkundige Person rechnerisch erstellter Nachweis zur Standfestigkeit dazu lag nicht vor.

Angesichts der gegebenen Umstände und der nicht vorhandenen Sicher­heitsmaßnahmen (gemäß § 48 Abs. 2 BauV) war der Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material in besonderem Maß gefährdet, weshalb er diese Baugrube nicht betreten hätte dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt.

 

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliege, weil die belangte Behörde in keiner Weise auf die Argumente des Bf eingegangen sei und es keinen rechtskräftig festgestellten Sachverhalt gebe. Die Würdigung der angebotenen Beweise sei zur Gänze unterlassen worden. Die Firma a H habe ein hierarchisches Kontrollsystem in äußerst möglichem Umfang betrieben. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass ein hierarchisches Kontrollsystem nur dann als Rechtfertigung bzw. Entschuldigung diene, wenn es auch in jedem einzelnen Fall funktioniere, so überspanne sie die Anforderungen und führe die einschlägige Judikatur ad absurdum. Die Begründung der belangten Behörde sei daher nicht nachvollziehbar. Es werden die Mitarbeiter der Firma durch die jeweils Vorgesetzten kontrolliert und werde auch eine entsprechende Dokumentation geführt. Im Fall von Missständen werde zudem umgehend reagiert. Auch sei die externe Sicherheitsfachkraft beauftragt regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Protokolle der außerordentlichen Überprüfung werden in regelmäßigen Abständen der Geschäftsführung vorgelegt. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass ein verantwortlicher Beauftragter bestellt worden sei und daher der Bf nicht haftbar gemacht werden könne. Es wurden der Beschwerde Kopien der Bestellungs­urkunde sowie Nachweise der Unterweisungen, Überprüfungen und der Bau­stellenevaluierung angeschlossen.

 

3. Der Magistrat Linz hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. November 2014, zu welcher die Verfahrens­parteien  geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen
DI A H, Arbeitsinspektorat Linz, B E, A M und DI C L geladen und einvernommen.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der a H GmbH mit Sitz in Linz. Bei der Baustelle „Z x“ in x der Firma a H GmbH handelt es sich um eine Reihenhausanlage und sollte bei einem Reihenhaus ein Keller zugebaut werden. Bei einer Kontrolle am 24. September 2013 wurde festgestellt, dass der Arbeitnehmer B E die Baugrube von zirka 3,5 Meter Tiefe und mit einem Böschungswinkel von ca. 80-90° betreten hat. Es handelt sich um lehmhaltigen, bindigen Boden. Ein rechnerischer Nachweis zur Standfestigkeit lag nicht vor. Die Baugrube war mit einer Plane abgedeckt. Die Bodenbeschaffenheit war aus dem Aushub sowie aus der Grubensohle erkennbar. Der Böschungs­winkel kann daraus errechnet werden, wie weit die Böschung von der Sohle zurückspringt. Bei einem Böschungswinkel von 60° müsste die Böschungskante etwa 1,8 Meter zurückspringen.

Der in der Baugrube bei Arbeiten angetroffene Arbeitnehmer B E war der Vorarbeiter auf der Baustelle. Zuständiger Bauleiter für die Baustelle war A M. Dieser hat mit dem Vorarbeiter grundsätzlich die Baustelle besprochen, was zu machen ist. Dann war er auf Urlaub und im Krankenstand. Einen Stellvertreter gab es für den Zeitraum der Abwesenheit des Bauleiters nicht. Es war sohin für die Baustelle, nämlich die konkrete Ausführung und Sicherung der Vorarbeiter zuständig. Der Vorarbeiter besucht die jährlichen Schulungen und Unterweisungen, die die Geschäftsführer vornehmen, sowie auch die Schulungen durch die externe Sicherheitsfachkraft. Er hat auch die Baumappe mit sämtlichen Sicherheitsbestimmungen zur Verfügung. Die Baustelle wurde mit ihm grundsätzlich durch den Bauleiter besprochen, hinsichtlich der Sicherheitsmaßnahmen konkret wurde dabei nichts gesprochen. Es wurde davon ausgegangen, dass die in der Baumappe aufgezeigten Sicher­heitsmaßnahmen durchgeführt werden. Der Vorarbeiter hat für sich entschieden, dass der Boden steif genug gewesen sei für eine steile Böschung und sich für die steilere Böschung entschieden, weil er der Meinung war, dass der Boden gut stand. Er hat daher veranlasst, dass die steile Böschung ausgeführt wurde und verplant wurde. Dabei achtete er darauf, dass das Niveau abfallend gestaltet wurde, sodass das Wasser abrinnen kann. Konkrete Maßnahmen hinsichtlich Aushub, Böschungsherstellung bzw. Böschungswinkel wurden mit dem Bauleiter nicht besprochen. Der Bauleiter kam zu den wöchentlichen Baubesprechungen auf die Baustelle, wobei diese Besprechungen nicht direkt an der Baugrube stattfanden, sondern weiter weg beim Stiegenaufgang. In dem Zeitraum der Abwesenheit des Bauleiters hat niemand anderer die Baustelle kontrolliert. Es war der Vorarbeiter für die Ausführung verantwortlich und hat auch die Arbeitseinteilung gemacht. Auch die Geschäftsführer waren sicher nicht auf der Baustelle.

Der Bf macht stichprobenartig unangemeldet Kontrollen. Weiters finden stich­probenartige Kontrollen durch die externe Sicherheitsfachkraft statt. Auf der gegenständlichen Baustelle wurde aber keine solche Kontrolle durchgeführt.

Die Bauevaluierung hat der Bauleiter vorgenommen, darin sind aber keine konkretisierten Maßnahmen zum Beispiel über Böschungswinkel oder Boden­beschaffenheit enthalten. Es wird lediglich die blaue Baumappe angeführt.

Eine schriftliche Meldung der Bestellung des Bauleiters zum verantwortlichen Beauftragten wurde an das Arbeitsinspektorat nicht nachweislich übermittelt und ist beim Arbeitsinspektorat nicht eingelangt. Hinsichtlich dieses Bauleiters hat es nur eine einzige Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten im Jahr 2009 gegeben, die auch dem Arbeitsinspektorat mitgeteilt wurde.

Der Beschwerdeführer ist sorgepflichtig für zwei Kinder.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die im Akt aufliegenden Fotos, welche anlässlich der Kontrolle aufgenommen wurden. Weiters stützen sich die Feststellungen auf die Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung. In wesentlichen Teilen widersprechen sich die Zeugenaussagen nicht. Es bestehen daher seitens des Oö. Landesverwaltungsgerichtes keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Insbesondere kam eindeutig hervor und ist erwiesen, dass konkrete Einweisungen und Maßnahmen für die konkrete Baustelle für den Vorarbeiter nicht getroffen wurden und der Vorarbeiter auch nicht hinsichtlich der Ausführung der Sicherheitsmaßnahmen kontrolliert wurde. Vielmehr hat er die Entscheidung selbstständig getroffen. Es konnte daher der Sachverhalt als erwiesen der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 48 Abs. 2 Z 1 Bauarbeiterschutzverordnung-BauV ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 Meter Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasser­verhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodass Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können: Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen.

Gemäß § 48 Abs. 7 BauV dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn die Sicherheitsmaßnahmen nach Abs. 2 durchgeführt sind.

Gemäß § 50 Abs. 1 Z 2 BauV ist bei Baugruben, Gräben oder Künetten die Böschungsneigung nach den bodenmechanischen Eigenschaften unter Berück­sichtigung der Einflüsse, die auf die Böschung wirken, festzulegen. Der Böschungswinkel darf im Regelfall bei steifen oder halbfesten bindigen Böden, bei Lehm, Mergel, fester Ton, höchstens 60° betragen.

Gemäß § 50 Abs. 3 BauV ist vor Ausführung der Arbeiten von einer fachkundigen Person ein rechnerischer Nachweis der Standsicherheit zu erstellen, wenn steilere Böschungen als nach Abs. 1 ausgeführt werden.

 

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz-ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder­holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmung als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Im Grunde des erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurde daher eindeutig die Bestimmung des § 48 Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Z 2 und § 48 Abs. 7 BauV verletzt. Es wurde trotz eines Lehmbodens eine Böschung von 80 bis 90° ausgeführt und ein rechnerischer Nachweis der Standsicherheit nicht eingeholt. Trotzdem wurde die Baugrube von einem Arbeitnehmer betreten. Es ist daher einwandfrei der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist der Bf gemäß § 9 Abs. 1 VStG ver­waltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 und 4 VStG hingegen wurde nicht dem Arbeitsinspektorat Linz gemäß § 23 Arbeitsinspektionsgesetz mitgeteilt und wurde daher nicht wirksam. Eine Delegation der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung ist daher nicht erfolgt.

 

5.2. Der Bf bestreitet ein Verschulden. Insbesondere wendet er dazu ein, dass ein funktionierendes theoretisches Kontrollsystem aufgebaut worden sei, dass jährliche Schulungen und Unterweisungen sowohl durch den Bf als auch durch die externe Sicherheitsfachkraft durchgeführt werden. Auch werden bei der Baustelle Einweisungen durchgeführt. Auch finden Kontrollen durch die externe Sicherheitsfachkraft statt und wird der Geschäftsführung Bericht erstattet. Schließlich werden Baustellenbesprechungen durchgeführt. Die Bauleiter, Poliere und Vorarbeiter erhalten eine blaue Baumappe mit sämtlichen Sicherheits­bestimmungen und Anweisungen.

Dieses Vorbringen kann den Beschwerdeführer nicht entlasten.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzu­legen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungs­gerichtshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmer­schutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber einge­richtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Grunde dieser Judikatur ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass Schulungen und Unterweisungen allein nicht ausreichen, sondern dass auch eine lückenlose Kontrolle durchgeführt werden muss, um die tatsächliche Einhaltung der Verwaltungsvorschriften auch zu gewährleisten. Das Verfahrensergebnis hat aber gezeigt, dass Kontrollen durch den Bf nur stichprobenartig durchgeführt werden, die konkrete Baustelle jedoch von ihm nicht kontrolliert wurde. Auch fand keine Kontrolle durch den Bauleiter konkret statt. Vielmehr war der Vorarbeiter selbstständig für die Baustelle verantwortlich, entschied über die konkreten Sicherheitsmaßnahmen und war keiner weiteren Kontrolle ausgesetzt. Die Aussagen des Vorarbeiters haben auch ergeben, dass er eine falsche Einschätzung hinsichtlich des Bodens vornahm. Daran ändert auch nicht der Umstand, dass dem Vorarbeiter auch eine detaillierte Baumappe zur Verfügung stand, in welcher die konkret erforderlichen Maßnahmen aufgelistet sind. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, das ent­sprechende vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen, dass es kein Ver­trauen darauf geben kann, dass die – nach Ansicht des Beschwerdeführers ausreichend – geschulten, erfahrenen und langjährigen Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 27.12.2011, 2010/02/0242 mit weiteren Nachweisen). Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt, dass es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich ist, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmer­schutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungs­befugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutz­rechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (VwGH vom 30.9.2014, Ra 2014/02/0045). Ebenso führt er darin aus, dass darüber hinaus stichprobenartige Überprüfungen und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht aus­reichen.

Es ist daher von schuldhaftem, nämlich fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat ihrer Strafbemessung ein monatliches Nettoein­kommen von 3.000 Euro und Sorgepflichten für ein Kind zugrunde gelegt. Straf­erschwerende und strafmildernde Umstände wurden nicht gewertet.

Der Bf führt in seiner Beschwerde Sorgepflichten für zwei Kinder aus. Sonstige geänderte Umstände werden nicht vorgebracht.

Im Hinblick auf die besonders gefährliche Situation, nämlich eine Grubentiefe von zirka 3,5 Metern und nahezu senkrechte Ausführung der Böschung, wurde das mit der Bestimmung geschützte Rechtsgut von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers in erheblichem Maße gefährdet. Gerade in solcher Situation kann es zu einem tödlichen Ausgang kommen. Im Hinblick auf die hohe Gefährdung des Arbeitnehmers kann nicht gefunden werden, dass die verhängte Geldstrafe unangemessen ist. Auch ist sie im Hinblick auf die überdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Bf durchaus angepasst. Die verhängte Geldstrafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Sie ist auch im Hin­blick auf die vom Bf angeführte Sorgepflicht für zwei Kinder nicht unangemessen. Vielmehr liegt die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist daher eine Herabsetzung der Strafe nicht gerechtfertigt. Auch kann nicht von einem geringfügigen Verschulden des Bf gesprochen werden, zumal ein Kontrollsystem im konkreten Fall nicht vorhanden war bzw. nicht funktionierte. Weder der Bf noch der Bauleiter haben die konkreten Sicher­heitsmaßnahmen kontrolliert, vielmehr war der Vorarbeiter sich selbst über­lassen. Es ist daher die Geldstrafe auch durchaus schuldangepasst. Geringfügig­keit liegt nicht vor, weil das Verhalten des Bf nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung des § 45 Abs. 1
Z 4 VStG nicht gegeben. Weiters war auch nicht von einem erheblichen Über­wiegen der Milderungsgründe auszugehen, sodass auch nicht § 20 VStG mit einer außerordentlichen Milderung in Betracht kommt. Hingegen scheint die verhängte Geldstrafe als erforderlich, um den Bf zu einem funktionierenden Kontrollsystem anzuleiten. Die verhängte Geldstrafe ist auch geeignet, Arbeitgeber vor einer gleichartigen Tatbegehung abzuschrecken. Die verhängte Geldstrafe befindet sich auch im Rahmen der in vergleichbaren Fällen verhängten Geldstrafen.

 

6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat der Beschwerdeführer gemäß
§ 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdever­fahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro zu leisten.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu be­urteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Der Entscheidung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (VwGH 24.4.2014, Ro 2014/01/0014).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr. Klempt