LVwG-450040/6/MS/SH

Linz, 13.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn B S, vertreten durch h e p Rechtsanwälte GmbH, x, x, gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 28. November 2011, GZ: 0028510/2011

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 279 BAO wird der Beschwerde in dem Ausmaß stattgegeben, als der aushaftende Abgabenbetrag, resultierend aus Kommunalsteuer, für den Zeitraum 2006 bis 04/2010 (Fälligkeit 15. Mai 2010) mit € 15.138,38 vorgeschrieben wird.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom
28. November 2011, GZ 0028510/2011, wurde Herr B S (im Folgenden: Bf) als ehemaliger Geschäftsführer der T S b D-m GmbH, x, x, Firmenbuchnummer x h, zur Haftung für jene Abgabenverbindlichkeiten herangezogen, die bei der vorgenannten Gesellschaft im nachstehend genannten Abgabenzeitraum ent-standen sind.

Der aushaftende Abgabenbetrag, resultierend aus Kommunalsteuer, wird für den Zeitraum 2006 bis 22. September 2010 in der Höhe von € 16.331,51 vor-geschrieben.

 

Begründend führt die Behörde im Wesentlichen aus:

„Gemäß § 6a Abs. 1 Kommunalsteuergesetz haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

 

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 8. Februar 2011 wurde über das Vermögen der Firma T b D GmbH ein Konkursverfahren eröffnet.

Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung ist durch die Eröffnung des Konkurses  jedenfalls erfüllt.

 

Herr B S war im abgabenständlichen Zeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft und hatte daher die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die Abgaben der Gesellschaft aus den Mitteln entrichtet werden.

 

Das Ausbleiben der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung ist als Pflichtverletzung zu qualifizieren, wobei als schuldhaft im Sinn des § 6a Kommunalsteuergesetz jede Form des Verschuldens durch Tun oder Unterlassen gilt, somit auch leichte Fahrlässigkeit. Ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde, die im Verwaltungsverfahren gilt, trifft den Vertreter im Sinn des § 80 BAO im Abgabenverfahren die qualifizierte Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Abgabenpflicht nicht möglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (VwGH 10. September 1998, 96/15/0053); ein konkreter Nachweis für mangelndes Verschulden konnte dazu allerdings nicht erbracht werden.

 

Nachdem das Verschulden kausal für die Gefährdung der Einbringlichkeit war, ist der Rechtswidrigkeitszusammenhang gegeben. Da auch die übrigen Voraussetzungen für die Vertreterhaftung vorliegen, kann Herr S zur Haftung gemäß § 6a Kommunalsteuergesetz für die offenen Abgaben-verbindlichkeiten herangezogen werden.

 

Im Zuge des Parteiengehörs wurde vorgebracht, Herr B S habe sich am 1. Juni 2010 einer Operation unterziehen müssen, im Rahmen der es zu erheblichen Komplikationen gekommen sei. Weiters habe es ursprünglich zur verfahrensrelevanten Frage der rechtlichen Einordnung der Callcenter-Agents eine einheitliche Rechtsprechung gegeben, sodass ein Verschulden des Herrn S nicht vorliege.

 

Nach Erhebungen des Magistrates Linz (Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches) war Herr B S bis 22. September 2010 Geschäftsführer der Gesellschaft. Zu den Pflichten eines Geschäftsführers gehört es auch, dafür Sorge zu tragen, dass in seiner Abwesenheit der normale Geschäftsbetrieb weitergeführt werden kann und auch ein allfälliger Vertreter über die steuerrechtlichen Verpflichtungen informiert ist. Die offenen Kommunal-steuerforderungen betreffen den Zeitraum ab 2006, also eine Zeit, für die S verantwortlich gewesen ist.

 

Auch im Fall einer nach Meinung des Geschäftsführers strittigen Rechtslage hat der Geschäftsführer die Aufgabe, seinen steuerrechtlichen Verpflichtungen nach-zukommen und für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Steuer-begleichung Sorge zu tragen. Der alleinige Hinweis auf eine andere Rechts-auffassung entbindet ihn nicht von der Verpflichtung zur Begleichung der Steuern.

 

Unter Berücksichtigung des freien Ermessens macht die Abgabenbehörde in diesem Fall eine Haftung in der Höhe von 16.331,51 Euro geltend.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Kommunalsteuer 2006 € 3.803,65

Kommunalsteuer 2007 € 3.799,36

Kommunalsteuer 2008 € 4.355,46

Kommunalsteuer 2009 € 3.248,93

Kommunalsteuer 1-8/2010 € 1.689,43

Säumniszuschlag € 337,94

abzüglich Zahlung von € 903,26.“

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Eingabe vom 23.12.2011 Berufung erhoben.

 

 

Begründend wird folgendes ausgeführt:

 

„A. Inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides:

 

1.           Wie bereits ausgeführt, musste sich der Berufungswerber am 1. Juni 2010 einer Operation unterziehen. Im Rahmen dieser Operation kam es zu erheblichen Komplikationen und befand sich der Berufungswerber sechs Wochen im Koma, da er eine intracerebrale Blutung sowie eine Pneumonie und in der Folge einen vasospastischen Infarkt mit Begleitödem im linken Schädelbereich erlitt. Aufgrund dieser Hirnblutung und dem darauf folgenden Koma hat der Einschreiter dauerhafte körperliche Schäden davon getragen und musste mehrere Rehabilitationsaufenthalte absolvieren. Im Jahr 2011 musste der Berufungswerber um Frühpension ansuchen.

 

2.           Nachdem das gesamte Unternehmen auf das Know-How und die Arbeit des Einschreiters zugeschnitten war und der Einschreiter allein sämtliche Geschäfts-kontakte hatte und über die Geschäftsabläufe Bescheid wusste, entwickelte sich die finanzielle Lage der Gesellschaft ab dem Zeitpunkt der krankheitsbedingten Abwesenheit des Einschreiters negativ.

 

3.           Zu der vom Magistrat Linz geltend gemachten Kommunalsteuer:

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der T b D GmbH in L. Dieses Unternehmen hat in L ein Callcenter zum Betrieb sogenannter „O-T“ betrieben.

Im Zug einer „einzelnen Prüfung lohnabhängiger Abgaben“ für den Zeitraum 2000-2003 ist das damalige Prüfungsorgan zur Auffassung gelangt, dass die als Callcenter-Agents bezeichneten Telefonistinnen in einem steuerlichen Dienst-verhältnis zur GmbH gestanden sind.

Dementsprechend wurde vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz für den Zeit-raum Jänner 2000 bis Dezember 2003 Kommunalsteuer und Säumniszuschlag vorgeschrieben. Gegen diesen Bescheid wurde das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die Dienstnehmer ihre Arbeitszeit hinsichtlich Ausmaß vollkommen selbständig aussuchen konnten. Weiters waren die Dienstnehmer berechtigt, eine Vertretung bekanntzugeben. Diese Vorgangsweise würde die geringe Bindung der Dienstnehmer an den Dienstgeber und die fehlende organisatorische Einbindung nachweisen.

Überdies wurde vorgebracht, dass auch eine Tätigkeit von zuhause oder per Mobiltelefon möglich gewesen ist. Überdies waren die Mitarbeiter nicht verpflichtet, sich an einen vorgegebenen Gesprächsleitfaden zu halten und konnten auch mitentscheiden, welches Projekt sie bearbeiten wollten. Auch bei Nichteinhaltung von vereinbarten Arbeitszeiten gab es keine Sanktionen des Dienstgebers.

Diese Berufung wurde durch die Abgabenbehörde 2. Instanz der Landes-hauptstadt Linz als unbegründet abgewiesen. Die Argumentation der damaligen Berufungswerber wurde nicht geteilt. Im Wesentlichen wurde festgehalten, dass die Weisungsunterworfenheit der Dienstnehmer „im Großen und Ganzen“ gegeben sei. Die Berufungsbehörde formuliert wie folgt:

„Wenn auch aufgrund der spezifischen Form der zu erbringenden Arbeits-leistungen (Telefonprojekte) gewisse Freiheiten bezüglich des Arbeitseinsatzes bestünden, bestehe doch ein Überwiegen der dienstnehmerrelevanten Aspekte.

Weiters wurde ausgeführt, dass die Gesamtbetrachtung ergäbe, dass in der Regel eine persönliche Arbeitsleistung mit Arbeitsgeräten der Beschwerdeführerin (T b D GmbH) erbracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid hat die GmbH Vorstellung erhobenen und wurde auch diese als unbegründet abgewiesen. Letztendlich hat auch der Verwaltungsgerichtshof – wider Erwarten und entgegen anders lautender Vorjudikatur – die erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen (ZL2009/15/0116).

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes datiert vom 22. März 2010! Der Prüfungszeitraum bezog sich auf die Jahre 2000—2003.

Ursprünglich gab es zu verfahrensrelevanten Fragen der rechtlichen Einordnung der Callcenter-Agents keine einheitliche Rechtsprechung. Erst in den letzten Jahren, insbesondere mit den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes 2009 und 2010, hat sich diesbezüglich eine gewisse Einheitlichkeit entwickelt.

 

4.           Gemäß § 9 BAO ist eine Haftung des Vertreters nur dann und insoweit gegeben, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Dem Berufungswerber ist entgegen der belangten Behörde kein Verschulden vorwerfbar.

Für den Zeitraum ab seiner krankheitsbedingten Abwesenheit seit Sommer 2010 ist ohnehin ein Verschulden auszuschließen, da der Einschreiter sich nach der genannten Operation im Koma befand und letztendlich nicht einmal arbeitsfähig war und auch um Frühpension ansuchen musste.

Es ist daher überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde ausführt, dass es zu den Pflichten eines Geschäftsführers gehört, dafür Sorge zu tragen, dass in seiner Abwesenheit der normale Geschäftsbetrieb weitergeführt werden kann.

Grundsätzlich ist dazu auszuführen, dass der Berufungswerber das auch getan hat; mit einer intracerebralen Blutung sowie einer Pneumonie und einem vasospastischen Infarkt mit Begleitödem im linken Schädelbereich sowie einem sechs-wöchigen Koma musste der Berufungswerber jedoch nicht rechnen. Ein Verschulden ist ausgeschlossen.

Der Berufungswerber kann daher für die nach seiner Operation folgenden Zeiträume von der beklagten Behörde jedenfalls nicht in Anspruch genommen werden. Der Berufungswerber hätte ja die Möglichkeit gehabt, die Kommunal-steuer 6 – 8/2010 für die GmbH zu entrichten; diese Möglichkeit hatte er jedoch, wie gezeigt, unverschuldet nicht. Die belangte Behörde kann jedenfalls nicht hypothetische Verläufe (der Berufungswerber hätte auch diese Beiträge für die GmbH nicht entrichtet) zur Begründung der Haftung heranziehen.

Für die davor liegenden Zeiträume ist, wie bereits ausgeführt, festzuhalten, dass der Berufungswerber die obliegende Verpflichtung als Geschäftsführer wahrgenommen und eine vertretbare Rechtsansicht bei den Behörden geltend gemacht hat. Wenn sich nunmehr im Rahmen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes herausstellt, dass diese Rechtsansicht - insbesondere auch aufgrund der sich in den letzten Jahren geänderten Spruchpraxis, nicht aufrecht zu erhalten ist, so ist jedenfalls daraus kein Verschulden des Einschreitens im Sinn des § 9 BAO ableitbar.

Wenn es in Österreich nämlich Rechtsprechung eines Höchstgerichtes gibt, so muss sich der Bürger (mit all seinen Rechten und Pflichten) darauf auch verlassen können. Wenn aber die beklagte Behörde ausführt, die Abgabe wäre trotz eines gegenteilig lautenden Erkenntnisses eines Höchstgerichtes zu entrichten gewesen, so wäre jegliches Vertrauen auf den Bestand der höchstgerichtlichen Entscheidungen ausgelöscht.

Das Vertrauen auf höchstgerichtliche Rechtsprechung wäre dem Berufungs-werber nach der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde nunmehr vorwerfbar. Ein Vertrauen auf höchstgerichtliche Rechtsprechung kann aber nicht rechtswidrig sein. Schon gar nicht können daher Dispositionen im Vertrauen auf höchstgerichtliche Rechtsprechung im Sinn eines Verschuldens vorwerfbar sein.

 

5.           Es wird noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass die Zahlungs-unfähigkeit erst nach der Operation des Berufungswerbers am 1. Juni 2000 eingetreten ist, da er das Know-how des Unternehmens war und durch seine Abwesenheit die finanzielle Schieflage entstand.

 

Der Berufungswerber hat seine Verpflichtungen als Geschäftsführer zur Abgabenentrichtung nicht schuldhaft verletzt, indem er den Ausgang des Rechtsstreites vor dem Verwaltungsgerichtshof abwarten wollte.

Wäre es nämlich im Rahmen der besagten Operation nicht zu dem genannten Zwischenfall gekommen und hätte der Berufungswerber seine Tätigkeit als Geschäftsführer und als „Gehirn des Unternehmens“ fortgesetzt, so hätte das Unternehmen auch in weiterer Folge Gewinne erwirtschaftet und hätte das Unternehmen die Abgabeschulden nach dem VwGH-Entscheid beglichen.

Es kann dem Berufungswerber nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass ihm nun aber einmal leider ein menschlich schreckliches Schicksal widerfahren ist, das allein auch die Ursache für den Abgabenausfall ist.

Ein Ermittlungsverfahren ist von der belangten Behörde hierzu gänzlich unterblieben, was als formeller Bescheidmangel mit Entscheidungsrelevanz ausdrücklich gerügt wird. Aber wenn der Berufungswerber die gegenständlichen Abgaben – nicht wissend ob er überhaupt dazu verpflichtet sein wird – vor seiner Operation im Juli 2010 gezahlt hätte, so wäre diese Zahlung vom Masseverwalter anfechtbar gewesen.

Wenn aber nun die Abgaben entrichtet worden wären und in Folge vom Masseverwalter erfolgreich angefochten worden wären, so hätte der Berufungswerber nach Ansicht der belangten Behörde seiner Pflicht wohl genügt, obwohl die belangte Behörde die entsprechenden Beträge infolge erfolgreicher Anfechtung hätte zurückzahlen müssen. Das ist ein paradoxes Ergebnis und zeigt, dass es keinen Unterschied machen kann, ob der Berufungswerber die Abgabenschuld vor einer OP im Juni 2010 gezahlt hätte oder eben berechtigt den Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof abwarten wollte.

Es hätte überhaupt keinen Unterschied gemacht, ob der Berufungswerber die Abgaben noch vor dem Vorfall im Juni 2010 entrichtet hätte oder nicht, da die belangte Behörde ohnehin die Beträge hätte zurückzahlen müssen.

Ein Verschulden des Berufungswerbers liegt nicht vor; auch ist kein Kausal-zusammenhang zwischen der nicht erfolgten Zahlung und dem entgangenen Steuerbetrag gegeben, da die belangte Behörde in jedem Fall eine erhaltene Zahlung infolge Anfechtbarkeit an die Masse zurückerstatten hätte müssen.

 

B. Formelle Bescheidmängel/Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

 

1.           Mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides:

Der angefochtene Bescheid führt in seiner Begründung pauschal an, dass ein Verschulden des Berufungswerbers vorliege.

Eine Begründung des Verschuldens, insbesondere Ausführungen zu Art und Ausmaß des von der Behörde als vorliegend angesehenen Verschuldens wird überhaupt nicht eingegangen. Die belangte Behörde verabsäumt auch darzulegen, welche Umstände für ein Verschulden des Berufungswerbers sprechen bzw. aus welchem Beweisergebnis die Behörde ein allfälliges Verschulden ableitet.

Bereits das gegenständliche Ermittlungsverfahren der Behörde verblieb mangel-haft. Die belangte Behörde hat überhaupt keine Ermittlungsschritte dahingehend gesetzt, woraus ein allfälliges Verschulen des Berufungswerbers hätte ent-nommen werden können (Einvernahme et cetera).

Vom Berufungswerber wäre hierzu insbesondere seine Einvernahme als Partei angeboten worden; Er hätte aber auch nachvollziehbar der belangten Behörde bestätigen und darlegen können, dass es ohne das unvorhersehbare gesundheitliche Schicksal nie zu einem Ausgabenausfallen der belangten Behörde gekommen wäre.

Aufgrund des mangelhaft geführten Ermittlungsverfahrens konnten derartige Feststellungen überhaupt nicht getroffen werden.

 

Gemäß § 60 AVG sind in der Bescheidbegründung klar und übersichtlich zusammenzufassen:

 

 

-              Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens

Nachdem gegenständlich schon das Ermittlungsverfahren mangelhaft ausgeführt wurde, konnte die Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zwingend ebenso mangelhaft wiedergeben.

In der Begründung führt die belangte Behörde als einzige Erhebung die „Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches“ an. Mehr wurde nicht ermittelt und erhoben.

Allein aus einer Einsicht in die Urkundensammlung beim Firmenbuch lässt sich aber kein Verschulden für eine Abgabenhaftung begründen. Der Bescheid ist formal mangelhaft.

 

-              Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:

Dem angefochtenen Bescheid fehlt es gänzlich an einer diesbezüglichen Beweiswürdigung. Der Bescheidadressat kann nicht einmal ableiten, wie die Behörde zu den mangelhaften Feststellungen kommt (woraus soll das Verschulden abgeleitet werden?). Die Behörde begründet in keinem Satz, warum die Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser (festgestellte) Sachverhalt vorliegen soll. Noch einmal zu erwähnen ist, dass die Behörde allein aufgrund einer „Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches“ diese Feststellungen gar nicht treffen konnte und sich daraus auch der Umstand ergibt, dass eine Beweiswürdigung für die belangte Behörde gar nicht möglich war.

Die Beweiswürdigung ist aber essenzieller Bestandteil des Bescheides; das Fehlen der Beweiswürdigung behaftet den Bescheid mit Mangelhaftigkeit.

Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörden und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher all jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter der von der Behörde herangezogenen Norm erforderlich sind. Denn nur so ist dem Bescheidadressaten eine Verfolgung seiner Rechte und auch dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtsrichtigkeit möglich (VwGH 19.5.2019 9407/0121).

 

-              Die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage

Der angefochtene Bescheid lässt in keiner Weise die Subsumption des Sachverhaltes unter die zur Anwendung gebrachten Gesetze und Verordnungen erkennen.

Die belangte Behörde zieht sich darauf zurück, kurz und unzureichend festzuhalten:

„Das Ausbleiben der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung ist als Pflichtverletzung zu qualifizieren,…“.

Das ist eine undifferenzierte „Subsumption“ ohne Bezugnahme auf Beweisergebnisse (die es bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungs-verfahren geben müsste!). Die Behörde zieht sich schlicht darauf zurück, dass der Berufungswerber keinen konkreten Nachweis für mangelhaftes Verschulden erbracht hätte. Der Behörde ist diesbezüglich vorzuwerfen, dass sie es – rechtswidrig – unterlassen hat, den Berufungswerber zu vernehmen. Nur aus der konkreten Einvernahme des Berufungswerbers hätte sich ergeben können, dass diesen persönlich kein Verschulden im Sinn der nunmehr von der Behörde angezogenen Gesetzesbestimmungen getroffen hat.

Die Pflicht der Behörde zur Begründung ihrer normativen Anordnung ist eine der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Inhalt und Ausgestaltung der Begründung haben sich nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH am von der Rechtsordnung anerkannten Rechtsschutzinteresse der Partei zu orientieren (vergleiche VwSlg 6787 A/1965).

Das Rechtsschutzinteresse der Bescheidadressaten hinsichtlich einer persönlichen Steuerhaftung für fremde Steuerschulden ist naturgemäß hoch und von wesentlichem Interesse.

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass die belangte Behörde den vorgeschriebenen Steuerbetrag auch keineswegs aufschlüsselt.

Es wird nicht begründet, auf welcher Bemessungsgrundlage (wie viele Mitarbeiter?) und unter welcher Anwendung welcher Gesetzesstellen sich der Betrag in der konkreten Höhe ergibt. Es wird lediglich ausgeführt, wie sich der Betrag zusammensetzt, nicht jedoch wie sich der Betrag grundsätzlich berechnet.

Eine Nachvollziehbarkeit des vorgeschriebenen Steuerbetrages der Höhe nach ist für den Berufungswerber überhaupt nicht möglich.

 

2.           Unrichtige materielle Ermessensausübung/Nichtigkeit des Bescheides mangels Begründung der Ermessensausübung:

Wie die belangte Behörde selbst ausführt, handelt es sich bei der gegenständlich gefällten Entscheidung um eine Ermessensentscheidung.

Die belangte Behörde führt dazu wie folgt aus:

„Unter Berücksichtigung des freien Ermessens machte die Abgabenbehörde in diesem Fall eine Haftung in der Höhe von € 16.331,51 geltend.“

Weitere Ausführungen zur Ermessensübung macht die Behörde nicht. Die belangte Behörde unterlässt es insbesondere, das von ihr offensichtlich geübte Ermessen zu begründen.

 

Die maßgebenden Umstände für die Ausübung des Ermessens wurden in der Bescheidbegründung nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist daher auch aus diesem Grund nichtig (VwSlg 110.077 A/1980 verstärkter Senat).

Dabei wäre die Ermessenausübung gerade in diesem Spezialfall (tragisches gesundheitliches Schicksal des Berufungswerbers, das Ursache für Insolvenz war) unbedingt notwendig gewesen.

Es muss in Bezug auf die Ermessensbegründung jedenfalls eine klar nachvollziehbare Begründung vorhanden sein, welche Umstände sich ergeben haben, um die Ermessensausübung zu rechtfertigen – ein pauschaler Hinweis (dass ein Ermessen geübt wurde) stellt keine Ermessensbegründung dar. Der Berufungswerber wird als Bescheidadressat dadurch keineswegs in die Lage versetzt, die Ermessensausübung nachzuvollziehen – Letzteres ist aber nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes essenziell notwendig.

 

3.           Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte:

Der Berufungswerber sieht sich bei Betrachtung der mangelhaften Begründung (siehe dazu oben) auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt, welches ausdrücklich geltend gemacht wird.

Eine in die Verfassungssphäre reichende Mangelhaftigkeit des Bescheides liegt dann vor, wenn ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und der Bescheid völlig unzureichend und mangelhaft begründet wurde, wenn also den Ausführungen in der Begründung kein Begründungswert zukommt (vergleiche VfSlg  12.101/1989).

Den Ausführungen der belangten Behörde kommt tatsächlich kein Begründungswert zu; Verschulden hat naturgemäß subjektive Tatbestands-elemente, welche aber von der belangten Behörde ignoriert werden. Auf die bisherigen Ausführungen zu den Begründungsmängeln wird diesbezüglich nochmals verwiesen.

Der Berufungswerber ist daher durch den gegenständlichen Bescheid auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt.

 

4.           Mangelhaftes Ermittlungsverfahren:

Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde verblieb mangelhaft.

Das Ermittlungsverfahren bestand- nach dem angefochtenen Bescheid nach zu urteilen – in der „Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches“.

Eine Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches vermag aber nicht die Annahme eines Verschuldens zu rechtfertigen, da dieses naturgemäß subjektive Umstände einschließt, die jedenfalls durch eine „Einsichtnahme beim Firmenbuch“ nicht gewonnen werden können.

Um Umstände, die ein Verschulden des Berufungswerbers begründen sollen, zu ermitteln, wäre der Berufungswerber einzuvernehmen gewesen. Durch die Ein-vernahme des Berufungswerbers hätte sich ergeben, dass den Berufungswerber kein Verschulden trifft; Der Berufungswerber hätte durch seine Einvernahme die Umstände um sein tragisches persönliches Schicksal und die damit einhergehende Konkurseröffnung nachvollziehbar darstellen können.

Er hätte insbesondere auch darlegen können, dass ohne sein tragisches gesund-heitliches Schicksal nie ein Abgabenausfall entstanden wäre, da er ja weiter Gewinne erwirtschaftet hätte (was aber bei einer führungs-und Know-how-losen Gesellschaft nicht der Fall ist). Auch hätte der Berufungswerber darstellen können, dass ihn weder ein subjektives noch ein objektives Verschulden trifft.

Im Ermittlungsverfahren ist der maßgebliche Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Diese Grundsätze wurden von der belangten Behörde durch die gegenständlich völlig überraschend ergangene angefochtene Entscheidung – ohne Einvernahme des Berufungswerbers und ohne Durchführung jeglicher Ermittlungsschritte (mit Ausnahme der „Einsichtnahme in das Firmenbuch“) – der belangten Behörde überhaupt nicht berücksichtigt, sondern kam die Entscheidung vielmehr unter Verwendung einseitiger, nicht nachvollziehbarer Verfahrensergebnisse zustande.

Die beklagte Behörde hat den Grundsatz der materiellen Wahrheit somit massiv verletzt. Bei Wahrung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit wäre die Behörde zu einem anderen Ergebnis gekommen.

Abschließend wird in Bezug auf die unbegründete Ermessensübung der belangten Behörde nochmals darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber aufgrund seiner gesundheitlichen Situation erwerbsunfähig ist. Seine Erwerbs-unfähigkeitspension beträgt monatlich ca. € 645 zuzüglich Pflegegeld in Höhe von monatlich € 400. Darüber hinaus verfügt der Berufungswerber über keinerlei Vermögen. Die Pensionsbeträge sind nicht pfändbar.“

 

Abschließend wurde beantragt, der Berufung stattzugeben und den Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 28. November 2011, GZ: 0028510/2011, ersatzlos aufzuheben bzw. in eventu den Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 28. November 2011, GZ: 0028510/2011, aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde 1. Instanz zurückzuweisen.

 

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 29. Juni 2012, GZ: 00003422012 FSA/a, wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, dass Herr B S, geboren am x, als ehemaliger Geschäftsführer der Firma T S b D GmbH (FNxh), x, x, m, mit Haftungsbescheid vom
28. November 2011 zu Recht für offene Gemeindeabgabenverbindlichkeiten (resultierend aus Kommunalsteuer und Säumniszuschlag) dieser Gesellschaft aus dem Abgabenzeitraum 1/2006 bis 22. September 2010 in der Höhe von insgesamt € 16.331,51 haftbar gemacht und dafür zur Zahlung herangezogen wurde sowie dass im Rahmen des freien Ermessens ein Abgabenbetrag in der Höhe von Euro 331,51 abgesetzt wird, weshalb insgesamt ein Abgabenbetrag in der Höhe von € 16.000 zu entrichten ist.

 

Begründend führt die Behörde folgendes aus:

„Ausgangspunkt für das gegenständliche Haftungsverfahren bilden die infolge des am 8. Februar 2011 eröffneten Insolvenzverfahrens – im Rahmen der vom Finanzamt Linz durchgeführten GPLA-Prüfung (= gemeinsame Prüfung lohnabhängige Abgaben) – bekannt gewordene Kommunalsteuerverpflichtungen der Primärschuldnerin; die Firma T S b D GmbH – vormals Hx S L T GmbH – ist laut Firmenbuch unter der Firmenbuchnummer (= FN) x h protokolliert und mit der Geschäftsanschrift in x, x, registriert sowie mit dem Geschäftszweig „D- und A“ darin eingetragen.

 

Im Rahmen der vom Finanzamt Linz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführten GPLA-Prüfung wurde festgestellt, dass die Basis-Bemessungsgrundlagen der erklärten Kommunalsteuer für den Abgabenzeitraum (= AGZR) 1/2006 - 12/2010 wesentlich höher anzusetzen gewesen wären, als tatsächlich erklärt und entrichtet worden war. Die jeweiligen erklärten und berichtigten Bemessungsgrundlagen inklusive der daraus sich ergebenden jeweiligen 3-prozentigen bzw. tatsächlich entrichteten Kommunalsteuer stellen sich laut GPLA-Prüfung für den AGZR 1/2006 – 12/2010 wie folgt dar:

 

Darstellung der abweichenden Abgabenbeträge für den AGZR 1/2006 - 12/2010

AGRZ

erklärte Bemessungsgrund­lagen

Entrichtete Kommunal­steuer

GPLA-Bemessungsgrund-lagen

3%ige Kommunalsteuer laut GPLA-Prüfung

2006

€ 56.191.—

€ 1.143,17

€ 164.894,--

€    4.946,82

2007

€ 13.408,33

€   402,25

€ 140.053,67

€    4.201,61

2008

€  9.350,--

€    280,50

€ 154.532,--

€    4.635,96

2009

€ 24.589,--

€    737,67

€ 132.886,67

€    3.986,60

2010

€ 53.073,--

€ 1.592,19

€ 129.083,33

€    3.872,50

 

 

€ 4.155,78

 

€  21.643.49

 

Die infolge dieser GPLA-Prüfung sich ergebende offene Kommunalsteuer in Höhe von insgesamt € 17.487,71 (€ 21.643,49 minus € 4.155,78) wurde zuzüglich eines 2-prozentigen Säumniszuschlages von € 349,75 ordnungsgemäß – nach entsprechender Bescheiderlassung an den Insolvenzverwalter – zum Konkurs (im Gesamtbetrag von € 17.837,46) angemeldet, vom Insolvenzverwalter geprüft und für richtig anerkannt, weshalb in weiterer Folge die Stadt Linz im Rahmen der Schlussverteilung eine entsprechende Quote in Höhe von € 903,26 erhalten hat; der Haftungsbetrag selbst wurde unter Berücksichtigung des Ausscheidens des Geschäftsführers am 22. September 2010 hinsichtlich des Jahres 2010 um die Monate 9 bis 12 noch gekürzt (zur detaillierten Aufsplitterung dazu siehe in der Begründung des angefochtenen Haftungsbescheides vom 28. November 2011), weshalb sich insgesamt für den Zeitraum 1/2006 bis 8/2010 bzw. 22. September 2010 ein Haftungsbetrag von € 16.331,51 ergab.

Die offene Kommunalsteuer infolge der nachträglich erhöhten Bemessungs-grundlagen selbst resultiert laut GPLA-Prüfbericht daraus, dass dem Geschäfts-führer gewährte laufende Barvergütungen sowie von der Primärschuldnerin als „freie Dienstnehmer“ beschäftigte (als sogenannte „Callcenter-Agents“ be-zeichnete Telefonistinnen und Telefonisten) und als solche entlohnte Dienst-nehmer hinsichtlich deren Vergütungen im gegenständlichen Abgabenzeitraum keine entsprechende Kommunalsteuer erklärt bzw. entrichtet worden war.

 

Fest steht aber auch, dass trotz des stationären Aufenthaltes des Berufungswerbere in der Oö. Landes-Nervenklinik Wagner Jauregg (die stationäre Behandlung dauerte von 31. Mai 2010 bis 28. August 2010, wobei sich der Berufungswerber in einem sechswöchigen Komazustand befand) der Betrieb der Primärschuldnerin bis Ende 2010 aufrecht war und die Funktion des Berufungswerbers als handelsrechtlicher Geschäftsführer laut Firmenbuch mit
22. September 2010 geendet hat.

 

Im Übrigen wurde – aufgrund unwidersprochen gebliebener Vorhalte - festgestellt, dass bestimmte, während des Zeitraumes 1. Jänner 2006 bis 22. September 2010 sich ergebende Betriebsaufwendungen (wie laufende Lohnzahlungen an die Dienstnehmer, Strom, Miete, Versicherungen, etc.), zur Gänze bezahlt wurden und daher sogar bis zur Betriebseinstellung Ende 2010 grundsätzlich Geldmittel (weil grundsätzlich Zahlungen erfolgten) vorhanden waren; selbst im letzten Betriebsjahr 2010 wurden bis zum Ende diesen Jahres (siehe dazu die im Parteiengehör vom 1. Juni 2012 übermittelten Kontoauszüge des Finanzamtes Linz und der Oö. GKK) bestimmte Steuern (wie etwa Umsatzsteuer u.a.) und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet und dies sogar in jener Zeit, in der der Berufungswerber stationär im Krankenhaus untergebracht war.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO in der geltenden Fassung haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

 

Aufgrund dieser gesetzlichen Bestimmungen kann daher eine Haftung nur bei Vorliegen folgender Voraussetzungen von der zuständigen Abgabenbehörde geltend gemacht werden:

-              Stellung der dafür in Frage kommenden Person als Vertreter,

-              Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen (Abgabepflichtigen),

-              Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung beim Abgabepflichtigen,

-              Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Vertreter,

-              Verschulden des Vertreters und

-              Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit.

 

Im gegenständlichen Haftungsverfahren sind die drei erstzitierten Haftungsvoraussetzungen (Bestehen einer offenen sowie uneinbringlichen Abgabenforderung aus dem Rechtstitel der Kommunalsteuer inklusive Nebengebühren gegenüber der Firma T b D GmbH und Vorliegen einer handelsrechtlichen Geschäftsführerfunktion bei Herrn B S bis zu seinem Ausscheiden mit Wirkung 22. September 2010) aufgrund der Aktenlage als gegeben anzusehen, weshalb zusätzliche rechtliche Ausführungen dazu unterbreiten können.

 

Der Umstand, dass eine Verkürzung der Kommunalsteuer erst nach Insolvenzeröffnung im Zuge einer vom Finanzamt durchgeführten GPLA-Prüfung festgestellt worden war, ist im konkreten Fall ohne Bedeutung, weil es sich bei der Kommunalsteuer um eine Selbstbemessungsabgabe handelt und für die Beurteilung, ob ein Verschulden bzw. eine gewisse Fahrlässigkeit vorlag, der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld rechtlich relevant ist (vergleiche VwGH 20. Januar 2010, 2009/13/0019 u.a.).

 

Bei Selbstbemessungsabgaben – wie der Kommunalsteuer - ist für die Frage, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre, jener Zeitpunkt maßgebend (vergleiche 27. Februar 2008, 2005/13/0095, nwM), welcher vom Materiengesetz selbst festgelegt wurde; für den konkreten Fall ergibt sich die gesetzliche Fälligkeit aus § 11
Abs. 2 Kommunalsteuergesetz, wonach die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat (in dem der Arbeitslohn an Dienstnehmer gewährt wurde) selbst zu berechnen und bis 15. des darauf folgenden Monats (= Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten ist; bezogen auf den gegenständlichen Haftungszeitraum 1/2006 bis 22. September 2010 ergibt sich für den Monat Jänner 2006 ein erster Fälligkeitstermin mit 15. Februar 2006 und für den Monat August 2010 ein letzter Fälligkeitstermin mit 15. September 2010.

 

Hat die Firma T b D GmbH zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten über finanzielle Mittel verfügt, so durfte der Geschäfts-führer als verantwortlicher Vertreter dieser Firma bei der Tilgung der Verbindlichkeiten bzw. allgemeiner Forderungen Abgabenschulden nicht schlechter stellen als die übrigen Schulden. Den Vertreter trifft diesbezüglich eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (VwGH 26. Juni 2007, 2006/13/0086, VwGH 31. Mai 2006, 2006/13/0022); der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung bezieht sich auch auf alle von der Gesellschaft getätigten „Zug um Zug Geschäfte“ (sämtliche Betriebskosten zur Aufrechterhaltung des „Betriebes“ sind davon umfasst).

 

Der konkrete Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitspunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt aber dem zur Haftung herangezogen Vertreter selbst; tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm aber die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (VwGH 18. Oktober 2007, 2006/15/0073); bei fehlendem Nachweis kann auf eine Ungleich-behandlung auch dann geschlossen werden, wenn diese Ungleichbehandlung jedenfalls auch anderen Gläubigern – wie etwa im gegenständlichen Fall z. B. auch dem Finanzamt Linz gegenüber – widerfahren sein sollte (vergleiche VwGH 29.3.2007, 2005/15/0116). Die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden nachweisbaren Quote lastet dabei ebenfalls auf dem Vertreter und nicht auf der Abgabenbehörde (VwGH 19.1.2005, 2004/13/0156).

 

Nachdem der Vorbehalt der Rechtsmittelbehörde (es ist aufgrund entsprechender Erhebungen davon auszugehen, dass im Haftungszeitraum bestimmte Betriebs-aufwendungen wie etwa laufende Lohnzahlungen an Dienstnehmer bzw. freie Dienstnehmer, bestimmte Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Liefer-verbindlichkeiten, Strom, Miete, Versicherungen zur Gänze bezahlt worden sind) unbestritten blieb und auch keine dagegen sprechenden Nachweise vorgelegt wurden, ist die Annahme des Vorliegens einer Ungleichbehandlung im Verhältnis zur nicht entrichteten und daher offenen Kommunalsteuer bezüglich der als kommunalsteuerpflichtigen Leistungen gewährten Löhne bzw. Vergütungen (hinsichtlich deren die Kommunalsteuerschuld im Zeitraum 1/2006-8/2010 entstanden ist) rechtlich unbedenklich und daher auch gerechtfertigt.

 

Zu dem in diesem Zusammenhang vorgebrachten Hauptargument des Berufungswerbers, wonach es hinsichtlich der als „freie Dienstnehmer“ beschäftigten und als Callcenter-Agents bezeichneten Telefonistinnen und Telefonisten aufgrund der Rechtsprechung eine andere vertretbare Rechtsmeinung gegeben hätte, ist ausdrücklich festzuhalten, dass es dem zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer seit seiner Funktionsübernahme daher ebenso wie der Primärschuldnerin selbst (dieser bereits seit der vorletzten GPLA-Prüfung im Jahr 2004 betreffend den AGZR 2000 - 2003) bekannt war, dass nach Rechtsauffassung der zuständigen Abgabenbehörden des Finanzamtes Linz, der Oö. Gebietskrankenkasse und der Stadt Linz, die von der Primärschuldnerin als „freie Dienstnehmer“ beschäftigten Personen steuerrechtlich beurteilt in Wahrheit als Dienstnehmer gemäß § 47 Abs. 2 EStG zu qualifizieren waren; diese von Anfang an bekannte Rechtsansicht der genannten Behörden – die ja von der Primärschuldnerin gerade deswegen in allen Instanzen bekämpft wurde – bestand auch für den hier für den im Haftungsverfahren relevanten AGZR und wurde zuletzt vom Verwaltungsgerichtshof vom 22. März 2010, 2009/15/0200 (zur Kommunalsteuer selbst vergleiche VwGH vom 22.3.2010, 2009/15/0116) zusätzlich ausdrücklich bestätigt.

 

Aufgrund dieser Fakten kann bezüglich der Nichtentrichtung der daraus resultierenden Kommunalsteuer nicht von einer entschuldbaren Rechtsauffassung oder einer entschuldbaren Unkenntnis ausgegangen werden; durch den bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung wird daher ein nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum nicht dargetan (vergleiche so zuletzt VwGH 24.2.2010, 207/13/0144, mwN). Gerade die Kenntnis, dass es neben einer „vertretbaren Rechtsansicht“ noch eine andere Rechtsansicht gibt, nämlich jene, auf die sich die Abgabenbehörden kraft Gesetzes stützen, bewirkt unmittelbar die Verpflichtung zur Entrichtung der entsprechenden Steuer; der Berufungswerber als ehemaliger Geschäftsführer der Primärschuldnerin hätte außerdem hinsichtlich des anhängigen Rechtsmittelverfahrens bzw. Verfahrens vor dem Höchstgericht auch mit einem zulasten der Primärschuldnerin ausgehenden Abgabeverfahren und damit mit einer konkreten Inanspruchnahme der Primärschuldnerin rechnen und für diesen Fall ohnehin finanzielle Mittel einplanen bzw. Rücklagen bilden müssen.

 

Das gesundheitliche Schicksal des Berufungswerbers (stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus aufgrund einer Operation mit Komplikationsfolgen) hebt die Entrichtungsverpflichtung nicht auf. Außerdem wurde der Betrieb ja trotz Spitalsaufenthaltes des Berufungswerbers weitergeführt und bestimmte finanzielle Verpflichtungen bzw. Forderungen anderer Gläubiger zur Gänze bezahlt, weshalb er auch für den Zeitraum ab 6/2010 bis zu seinem Ausscheiden als handelsrechtlicher Geschäftsführer zur Haftung herangezogen werden kann.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass, ob bzw. inwieweit von den Vertretern geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen des § 12, des § 30 und des § 31 KO bzw. IO wegen Begünstigung von Gläubigern rechtsunwirksam bzw. anfechtbar gewesen wären (wie dies auch schon die bisherige Rechtsprechung zu § 67 Abs. 10 ASVG und zu §§ 9 in Verbindung mit 80 BAO zum Ausdruck gebracht hat), im Haftungsverfahren nicht zu prüfen ist (vergleiche insbesondere VwGH 26. Mai 2004, 2001/08/0043).

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass aufgrund der „nicht vollständigen Zahlung von Kommunalsteuer“ ( und zwar in jedem Ausmaß, wie im Rahmen der GPLA-Prüfung festgestellt wurde) zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeits-terminen einerseits und den gleichzeitig erfolgten Zahlungen an andere Gläubiger durch die Primärschuldnerin in diesem Zeitraum andererseits, eindeutig eine Ungleichbehandlung vorliegt. Aus der Nichtbeachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften, konkret in der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der vollständigen Kommunalsteuer resultiert die vorliegende Pflichtverletzung, bei der der Verschuldungsgrad selbst grundsätzlich keine Rolle spielt und daher bereits leichteste Fahrlässigkeit („culpa levissima“) für die Geltendmachung der Haftung ausreicht.

Die Verletzung dieser Pflicht ist daher auch als kausal für den gegenständlichen Abgabenausfall bei der Abgabenbehörde anzusehen, weshalb diesbezüglich der Rechtswidrigkeitszusammenhang (zwischen Verschulden und Uneinbringlichkeit) gegeben ist.

Damit erfolgte die Geltendmachung der Haftung beim Berufungswerber durch die erstinstanzliche Abgabenbehörde auch zu Recht, die auch durch die vorgebrachte Einkommens- und Vermögenssituation (der Berufungswerber wäre vermögenslos und beziehe monatlich eine Erwerbsunfähigkeitspension von € 645 sowie Pflegegeld von € 400) nicht beseitigt werden kann (vergleiche VwGH 23.4.2008, 2004/13/0142).

 

Dennoch hat die Rechtsmittelinstanz im Rahmen des ihr bei der Haftung zustehenden Ermessens die Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründe nochmals gegenübergestellt. Gerade der Umstand, dass in ähnlich gelagerten Fällen (wo vom Abgabenschuldner ebenfalls ein „freies und damit kommunalsteuerfreies Dienstverhältnis“ vorgebracht wurde) in der Regel trotz Bestreitung des Rechtsmittelweges der streitgegenständliche Kommunalsteuerbetrag bezahlt wurde, kann der Primärschuldnerin bzw. nunmehr den Haftungspflichtigen aufgrund des seinerzeitigen Zahlungsverhaltens bzw. „Taktierens“ nicht nochmals ein finanzieller Vorteil eingeräumt werden und deswegen von der Geltendmachung der Haftung Abstand genommen werden, zumal die gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen eindeutig vorliegen. Die Rechtsmittel-instanz hat hier nämlich auch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der betroffenen Abgabepflichtigen sowie den Grundsatz der Rechtsrichtigkeit zu beachten. In diesem Zusammenhang sind nämlich die berechtigten Interessen der öffentlichen Hand, rechtmäßig zustande gekommene Abgaben auch ordnungsgemäß sowie zeitnah einzubringen, besonders zu berücksichtigen.

Die Rechtsmittelinstanz hat aber auch die gesundheitliche Situation des Berufungswerbers ab 1. Juni 2010 bis zu seinem Ausscheiden als Geschäftsführer im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens insofern gewürdigt, indem sie nunmehr von der vollen Entrichtung des rechtmäßig zustande gekommenen Haftungsbetrages im Umfang von € 16.331,51 abgerückt und daher bereit ist, einen Betrag in Höhe von € 331,51 abzusetzen; diese Absetzung bezieht sich auf die entstandenen Abgabenforderungen aus dem Abgabenzeitraum 5-8/2010, da deren Fälligkeit zu einem Zeitpunkt eintrat, wo der Berufungswerber sich weitgehend (bis 25. August 2010) in stationärer Behandlung befand.

Nachdem vom Berufungswerber im gegenständlichen Haftungsverfahren keine sonstigen relevanten Gründe vorgebracht wurden, die die Geltendmachung der Haftung unbillig erscheinen ließen, war somit auch spruchgemäß zu entscheiden.

 

Abschließend ist festzuhalten, dass die weiteren Einwendungen wie etwa mangelhaftes Ermittlungsverfahren oder Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte im Hinblick auf ihre eher allgemein gehaltenen Formulierungen nicht entsprechend begründet wurden, sodass sich jede weitere rechtliche Erörterung dazu erübrigte.“

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 17. Juli 2012 durch seinen ausgewiesenen Vertreter Vorstellung erhoben.

Darin wird folgendes ausgeführt:

„Eine der zentralsten Fragen bei den gegenständlichen Haftungsfragen ist die Frage, ob sich der Vorstellungswerber auf eine vertretbare Rechtsauffassung sowie auf einen nicht vorwerfbaren Rechtsirrtum berufen kann.

 

Dieser Frage ist daher besondere Aufmerksamkeit zu schenken und sind hier scharf abgegrenzte Differenzierungen vorzunehmen. Dieser gebotenen Aufmerksamkeit und dem Erfordernis der differenzierten Betrachtung wurde jedoch im gegenständlich angefochtenen Bescheid nur unzureichend Rechnung getragen.

 

Die belangte Behörde verweist bei Behandlung des diesbezüglichen Vorbringens des Vorstellungswerbers bloß pauschal und ohne nähere Begründung und Differenzierung darauf, dass dem Vorstellungswerber immerhin die Rechtsansicht der zuständigen (erstinstanzlichen) Abgabenbehörde bekannt gewesen sei.

 

Die belangte Behörde übersieht jedoch, dass für die hier interessierende Rechtsfrage, ob ein nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum sowie eine vertretbare Rechtsauffassung vorliegt, die Ansicht von erstinstanzlichen Behörden nicht von Relevanz ist.

 

Das Maß der Dinge ist die höchstgerichtliche Rechtsprechung.

Nur diese ist in Wahrung der Rechtssicherheit und Rechtseinheit dazu berufen, Rechtsfragen so zu klären, dass für den Rechtsuchenden entsprechende Vorgaben und zulässige Annahmen zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung von Rechtspflichten vorhanden sind, auf die der Rechtssuchende vertrauen kann. Wenn aber eine Rechtsfrage noch nicht höchstgerichtlich geklärt ist, so darf der Rechtsuchende auch nicht auf eine gewisse Rechtsauffassung (geschweige denn eine von der erstinstanzlichen Behörde) beschränkt werden, insbesondere, wenn dem Rechtsuchenden auch von seinen Beratern (Steuerberater, etc.) mitgeteilt wird, dass eine klare und einheitliche höchstgerichtliche Judikatur nicht vorliegt.

 

Jede andere Ansicht würde bedeuten, dass die Institute des nicht vorwerfbaren Rechtsirrtums sowie der vertretbaren Rechtsauffassung völlig obsolet wären – denn jede erstinstanzliche Behörde hat bekanntlich ihre Rechtsauffassung;

Wenn keine höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht bzw. wenn eine nicht einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht, so kann auch dem Rechtsuchenden kein Verschulden angelastet werden.

Die belangte Behörde hat sich aus rechtlicher Sicht unzureichend und offenkundig mit vorgefasster Meinung mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt; letzterer Umstand ist schriftlich belegt, wenn die belangte Behörde auf Seite 9 erster Absatz dem Vorstellungswerber ein „Taktieren“ unterstellt, anstatt sich mit dem vom VwGH in ständiger Judikatur anerkannten Institut des nicht vorwerfbaren Rechtsirrtums inhaltlich auseinanderzusetzen.

 

An dieser Stelle ist ausdrücklich auch auf § 33a VwGG 1985 zu verweisen. Demnach kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Wäre in Bezug auf die Einordnung der Call-Agents der T b D GmbH keine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung vorgelegen, hätte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der T b D GmbH zu GZ: 2009/15/0200 gemäß § 33a VwGG abgelehnt (mangels Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bzw. aufgrund Vorliegen gesicherter Rechtsprechung); letzteres war jedoch unstrittig nicht der Fall.

 

Selbst der Verwaltungsgerichtshof konzediert in seinem Erkenntnis zu GZ 2009/15/0200 wie folgt:

„Es trifft zu, dass die - im Beschwerdefall nicht bestehende – Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden zu vorgegebenen Zeiten oder auf Abruf durch den Arbeitgeber zu leisten, ein starkes Indiz für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses wäre. Wie aber der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2007/15/0163, zu einem vergleichbaren Fall zum Ausdruck gebracht hat, ist das kurzfristige einvernehmliche Vereinbaren der Arbeitszeit auch bei Gelegenheitsarbeitern anzutreffen und spricht nicht entscheidend für die Selbstständigkeit der betroffenen Mitarbeiter.“

 

Der Verwaltungsgerichtshof selbst hat im Jahr 2010 bzw. 2009 erst eine einheitliche Judikaturlinie festgelegt, nach der sich in weiterer Folge die Behörden und auch die Rechtssuchenden richten konnten. Zuvor gab es keine gesicherte Rechtsprechung. Der Verwaltungsgerichtshof konnte daher (im Jahr 2010) auch bloß auf ein eigenes Erkenntnis (aus dem Vorjahr 2009) verweisen und dieses zitieren.

 

Abermals muss in aller Klarheit ausgeführt werden, dass sich der Rechtsuchende nur auf eine höchstgerichtliche Rechtsprechung verlassen kann (und darf). Solange eine solche nicht vorliegt, liegt jedenfalls kein subjektiv vorwerfbares Verschulden vor.

 

Gegenständlich bestand zur interessierenden Rechtsfrage der steuerrechtlichen Einordnung der „Call-Agents“ teilweise keine höchstgerichtliche Rechtsprechung sowie teilweise keine einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung. Letzterer Umstand ist ja auch dadurch belegt, dass der Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Fall der T b D GmbH weit ausholen und rechtlich fein abwägen musste, wobei er eben auf keine eigene bestehende Judikatur bzw. keine wesentlich ältere eigene Judikatur zurückgreifen konnte.

 

Mangels Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung durfte der Vorstellungs-werber aber auch den Standpunkt vertreten, dass die vertraglichen Verein-barungen zu den von der T b D GmbH als „Call-Agents“ beschäftigten Personen als freie Dienstverträge gemäß § 4 Abs. 4 ASVG anzusehen sind.

 

Zahlreiche Umstände gaben berechtigten Anlass zu dieser Annahme:

-           Es hat die Möglichkeit bestanden, die Telefonarbeit zur Gänze durch Dritte erbringen zu lassen.

-           Die Mitarbeiter haben den Ablauf der vereinbarten Arbeit völlig selbständig regeln können.

-           Die Mitarbeiter waren berechtigt zu kommen und zu gehen, wie es ihren Bedürfnissen entsprochen habe.

-           Die Erbringung der konkreten Arbeitsleistung erfolgt immer nur auf Grundlage von im Vorhinein zu erstellenden Dienstplänen, wobei die Initiative zu diesen Dienstplänen von den Mitarbeitern ausgegangen ist, indem sie die gewünschten Arbeitszeiten der Beschwerdeführerin mitgeteilt haben, etc.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat letztendlich mit Erkenntnis vom 22.3.2010 (!) ZL2009/15/0200, zu jedem einzelnen Einwand Stellung bezogen und diese geprüft. Wortwörtlich führt der Verwaltungsgerichtshof auf Seite 10 des Erkenntnisses aus: „In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen oder einer nicht selbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungsmöglichkeiten (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos) Bedacht zu nehmen (vergleiche Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10.11.2004, 2003/13/0018).“

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich daraufhin im Detail mit den für die rechtliche Einstufung der Dienstverhältnisse maßgeblichen Begriffen wie Weisungs-gebundenheit, Eingliederung in den geschäftlichen Organismus, laufende Lohnzahlung, Unternehmerwagnis, Vertretungsbefugnis etc. auseinandergesetzt. Nachdem sich noch keine einheitliche Rechtsprechung herausgebildet hat, hat der Verwaltungsgerichtshof zu den oben angeführten Teilbereichen jeweils auf die Einzelentscheidungen des VwGH verwiesen.

 

-           Teilbereich: Fehlen eines Unternehmerrisikos

Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004,
2003/13/00 18

-           Teilbereich: Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen: VwGH 28.5.2009, 2007/15/0163

-           Teilbereich: monatliche Einnahmeschwankungen: VwGH 2.2.2010, 2009/15/0191

-           Teilbereich: einvernehmliches Vereinbaren der Arbeitszeit: VwGH 28.5.2009, 2007/15/0163

-           Teilbereich: vereinbarte Vertretungsbefugnis: VwGH 28.5.2009, 2007/15/0163

 

Der VwGH zitiert in seinem Erkenntnis aus dem Jahre 2010 beinahe ausschließlich Entscheidungen aus dem Jahre 2009 und 2010 und fällt sein Erkenntnis letztlich nach Abwägung der Bedeutung und Gewichtung der einzelnen Themen in einer Gesamtschau. Auch daraus kann gesehen werden, dass eine einheitliche, komplizierte Rechtsprechung zum gegenständlichen Sachverhalt zumindest bis zum Jahr 2009 nicht existiert hat. Dies hat der Vorstellungswerber bereits in seiner Berufung vorgebracht.

 

Die abweichenden Abgabenbeträge, die nunmehr eingefordert werden, beziehen sich auf einen Zeitraum von 2006 bis 2010. Eine einheitliche, sämtliche Gesamtumstände berücksichtigende und umfassende Entscheidung des VwGH liegt daher erst seit dem Jahr 2010 vor und ist das VwGH-Erkenntnis aus dem Jahr 2010 gleichsam auch als obiter dictum anzusehen, in dem erstmals sämtliche Kriterien für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage „Dienstnehmer/freier Dienstnehmer“ rechtsauslegend und würdigend behandelt wurden.

 

Im Jahr 2010 war der Vorstellungswerber nur bis 31. Mai 2010 als Geschäfts-führer de facto im Einsatz. Seither ist er aufgrund seines Gesundheitszustandes ohnehin nicht verantwortlich.

 

Gemäß § 9 BAO ist eine Haftung des Vertreters nur dann und insoweit gegeben, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

 

Der Vorstellungswerber hat als Geschäftsführer sämtliche ihm obliegenden Pflichten wahrgenommen und eine vertretbare Rechtsansicht bei den Behörden geltend gemacht. Soweit sich im Jahr 2010 herausgestellt hat, dass seine Rechtsauffassung von Höchstgerichten nicht geteilt wird, unterlag der Vorstellungswerber insoweit einem entschuldbaren, nicht vorwerfbaren Rechts-irrtum. Dem Vorstellungswerber ist daher jedenfalls kein Verschulden im Sinne des § 9 BAO anzulasten.

 

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert zur Frage des nicht vorwerfbaren Rechtsirrtums wie folgt (2007/13/0144):

„Es kann zwar unter dem Aspekt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten beachtlich sein, wenn er aufgrund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgabe unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre (vergleiche z. B. das Erkenntnissen 24. Februar 2004, 99/14/0278).“

 

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgesprochen:

„Dass ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird beispielsweise mit dem bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Vertreters aber nicht dargetan. Das Risiko des Rechtsirrtums trägt auch der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen.“

 

Auf den letzten Satz dürfte auch die belangte Behörde ihre Rechtsauffassung stützen, löst sich dabei aber völlig vom gegenständlichen Sachverhalt ab. Eine differenzierende Betrachtung ist geboten:

Zum einen kann festgehalten werden, dass der VwGH judiziert, dass der bloße Hinweis einer anderen Rechtsmeinung unschädlich sei, da man sich ja jederzeit an geeigneter Stelle hätte erkundigen können. Dem ist so auch nichts entgegen zu setzen, wenn und soweit eine klare Judikatur vorliegt, anhand derer man sich an geeigneter, diese Judikatur vollziehende Stelle erkundigen könnte.

Gegenständlich gab es jedoch keine geeignete Stelle, bei der sich der Vorstellungswerber hätte erkundigen können, da ja noch nicht einmal höchst-gerichtliche Judikatur bestand.

Die einzige geeignete Stelle für eine Erkundigung war daher der VwGH; bei diesem hat sich der Vorstellungswerber durch seine Beschwerde auch „erkundigt“.

 

Abermals ist festzuhalten, dass dem Vorstellungswerber kein subjektiver Vorwurf gemacht werden kann. Es liegt kein Verschulden vor. Er hat sich im vollen Glauben an seine Rechtstreue und Rechtmäßigkeit an den Verwaltungs-gerichtshof gewandt, dass dieser die vorliegende, erhebliche Rechtsfrage entscheiden kann. Ein „Mehr“ an Erkundigung war de facto nicht möglich; jede Behörde, jeder Steuerberater sowie jeder Rechtsanwalt hätte dem Vorstellungswerber bis zum Jahr 2010 nur mitteilen können, dass diese Fragen in ihrer Gesamtheit von VwGH bis dato noch nicht geklärt wurden. Festzuhalten ist auch ganz wesentlich, dass diesbezüglich auch kein Erlass des BMF bestand. Der Rechtsuchende hatte somit bis zum Jahr 2010 keine wie immer geartete Möglichkeit einer Erkundigung, die ihm Rechtssicherheit hätte verschaffen können.

 

Jede die Steuerpflicht bejahende oder verneinende Auskunft nach Erkundigung wäre bis zum Jahr 2010 auch höchst unseriös gewesen, da eben keine gesicherte Judikatur bestand. Selbst eine Erkundigung bzw. die Beantragung eines Auskunftsbescheides hätte nur darin münden können, dass dem Vorstellungswerber lediglich mitgeteilt werden hätte können, dass es neben der subjektiven Auffassung der Behörde keine gesicherte - österreichweit geltende - höchstgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Thema gab. Dem Vorstellungswerber hätte lediglich mitgeteilt werden können, dass die Verwaltungspraxis hierzu gebietsweise in Österreich massiv divergiert.

In diesem Zusammenhang ist auch insbesondere auf die bis dahin österreichweit völlig unterschiedliche Verwaltungspraxis in Bezug auf das gegenständlich interessierende Thema zu verweisen. Es ist in der Verwaltung auch bekannt, dass es hier erhebliche Auffassungsunterschiede und eine divergierende Verwaltungs-praxis gab. Dieser Umstand ist notorisch.

Der Vorstellungswerber konnte sich daher zu Recht auf die Auskunft seiner Berater verlassen, wonach eben keine gesicherte höchstgerichtliche Recht-sprechung bestand und eine Einordnung der Call-Agents als freie Dienstnehmer durchaus rechtlich argumentiert werden kann.

Ein Verschulden des Vorstellungswerbers liegt demnach nicht vor.

 

Mangelhaftes Verfahren/Berufungsverfahren:

Es wurden bisher keine Feststellungen zum Zeitpunkt des Eintrittes der materiellen Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung) der T b D GmbH getroffen. Diese Feststellungen wären aber rechts-erheblich gewesen.

 

Sollte nämlich der Zeitpunkt der materiellen Insolvenz erst nach dem 31.5.2010 (krankheitsbedingte Ausfall des Vorstellungswerbers) eingetreten sein, so würde eine Haftung bereits tatbestandsmäßig entfallen.

 

Wenn die belangte Behörde in der angefochtenen Entscheidung lapidar vermeint, dass auf das übrige Berufungsvorbringen (mangelhaftes Verfahren, Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte) nicht einzugehen gewesen wäre, so ist diese Auffassung der belangten Behörde irrig und negiert weite Teile der Berufung, sodass die gegenständlich angefochtene Entscheidung vorliegende Berufung nicht vollständig erledigt hat.

 

Der Vorstellungswerber ruft das von der belangten Behörde“ als eher allgemein gehaltene“ Vorbringen wie folgt wieder in Erinnerung und erhebt dieses auch zum Vorbringen seiner Vorstellung:

„Der angefochtene Bescheid führt in seiner Begründung pauschal an, dass ein Verschulden des Berufungswerbers vorliege.

Eine Begründung des Verschuldens, insbesondere Ausführungen zu Art und Ausmaß des von der Behörde als vorliegend angesehenen Verschuldens sind nicht vorhanden. Die belangte Behörde verabsäumt auch darzulegen, welche Umstände für ein Verschulden des Berufungswerbers sprechen bzw. aus welchem Beweisergebnis die Behörde ein allfälliges Verschulden ableitet.

 

Bereits das gegenständliche Ermittlungsverfahren der Behörde verblieb mangel-haft. Die belangte Behörde hat überhaupt keine Ermittlungsschritte dahingehend gesetzt, woraus ein allfälliges Verschulden des Berufungswerbers hätte ent-nommen werden können (Einvernahme, etc.).

 

Vom Berufungswerber wäre hierzu insbesondere seine Einvernahme als Partei angeboten worden; er hätte aber auch nachvollziehbar der belangten Behörde bestätigen und darlegen können, dass es ohne das unvorhersehbare gesund-heitliche Schicksal nie zu einem Ausgabenausfall der belangten Behörde gekommen wäre (zudem wurde nicht geklärt, wann die Voraussetzungen der materiellen Insolvenz überhaupt vorlagen?!)

 

Aufgrund des mangelhaft abgeführten Ermittlungsverfahrens konnten derartige Feststellungen überhaupt nicht getroffen werden.

 

Gemäß § 60 AVG sind in der Bescheidbegründung klar und übersichtlich zusammenzufassen:

-           Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens

Nachdem gegenständlich schon das Ermittlungsverfahren mangelhaft abgeführt wurde, konnte die Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zwingend ebenso nur mangelhaft wiedergeben.

In der Begründung führt die belangte Behörde als einzige Erhebung die „Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches“ an. Mehr wurde nicht ermittelt.

Allein aus einer Einsicht in die Urkundensammlung im Firmenbuch lässt sich aber kein Verschulden für eine Abgabenhaftung begründen. Der Bescheid ist formal mangelhaft.

 

 

-           Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:

Dem angefochtenen Bescheid fehlt es gänzlich an einer diesbezüglichen Beweiswürdigung. Der Bescheidadressat kann nicht immer ableiten, wie die Behörde zu den mangelhaften Feststellungen kommt. (Woraus soll das Verschulden abgeleitet werden?). Die Behörde begründet in keinem Satz, warum die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser (festgestellte) Sachverhalt vorliegen soll. Noch einmal zu erwähnen ist, dass die Behörde allein aufgrund einer „Einsichtnahme in die Urkundensammlung des Firmenbuches“ diese Feststellungen gar nicht treffen konnte und sich daraus auch der Umstand ergibt, dass eine Beweiswürdigung für die belangte Behörde gar nicht möglich war.

Die Beweiswürdigung ist aber essenzieller Bestandteil eines Bescheides;

die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, nachdem die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher all jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogenen Norm erforderlich sind. Denn nur so ist dem Bescheidadressaten eine Verfolgung seiner Rechte und auch dem Verwaltungsgerichtshof eine Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtsrichtigkeit möglich (VwGH 19.5.1994, 90/07/011).

 

-           Die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage:

Der angefochtene Bescheid lässt in keiner Weise die Subsumption des Sachverhaltes unter die zur Anwendung gebrachten Gesetze und Verordnungen erkennen.

Die belangte Behörde zieht sich darauf zurück, kurz und unzureichend festzuhalten: „Das Ausbleiben der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung ist als Pflichtverletzung zu qualifizieren,…“.

Das ist eine undifferenzierte „Subsumption“ ohne Bezugnahme auf Beweisergebnisse (die es bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren geben müsste!). Die Behörde zieht sich schlicht darauf zurück, dass der Berufungswerber keinen konkreten Nachweis für mangelndes Verschulden erbracht hätte. Der Behörde ist diesbezüglich vorzuwerfen, dass sie es - rechtswidrig - unterlassen hat, den Berufungswerber zu vernehmen. Nur aus der konkreten Einvernahme des Berufungswerbers hätte sich ergeben können, dass diesen persönlich kein Verschulden im Sinne nunmehr von der Behörde angezogenen Gesetzesbestimmungen getroffen hat.

Die Pflicht der Behörde zur Begründung ihrer normativen Anordnung ist eines der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Inhalt und Ausgestaltung der Begründung haben sich stets nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH am von der Rechtsordnung anerkannten Rechtsschutzinteresse der Partei zu orientieren (vergleiche VwSlg 6787 A/1965).

Das Rechtsschutzinteresse des Bescheidadressaten hinsichtlich einer persönlichen Steuerhaftung für fremde Steuerschulden ist naturgemäß hoch und wesentlich. In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass die belangte Behörde den vorgeschriebenen Steuerbetrag auch keineswegs aufschlüsselt.

Es wird nicht begründet, auf welcher Bemessungsgrundlage (wie viele Mitarbeiter?) und unter welchen Anwendungen welcher Gesetzesstellen sich dieser Betrag in der konkreten Höhe ergibt. Es wird lediglich ausgeführt, wie sich der Betrag zusammensetzt, nicht jedoch wie sich dieser grundsätzlich berechnet.

Eine Nachvollziehbarkeit des vorgeschriebenen Steuerbetrages ist der Höhe nach für den Berufungswerber überhaupt nicht möglich.

Der angefochtene Bescheid ist daher formell mangelhaft und aus diesem Grund aufzuheben.“

 

Es liegen, wie gezeigt, Verfahrensmängel vor, mit denen sich die beklagte Behörde offensichtlich nicht auseinandersetzen wollte.

 

Völlig im Dunkeln bleibt, was die belangte Behörde mit dem Ausdruck „eher allgemein gehaltenes Vorbringen“ (?) zum Ausdruck bringen wollte.

 

Festzuhalten ist, dass der Vorstellungswerber ein völlig klares, nachvollziehbares, begründetes und substantiiertes Vorbringen zum Vorliegen von Verfahrens- und Begründungsmängeln erstattet hat, das von der belangten Behörde unsubstantiiert nicht behandelt wurde.

 

Es liegen insofern neben wesentlichen erstinstanzlichen Verfahrensmängeln auch wesentliche Verfahrensmängel des Berufungsverfahrens vor, die hiermit nochmals gerügt werden, sodass auch aus diesem Grund der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.“

 

Abschließend werden die Anträge gestellt, die Vorstellungsbehörde wolle der Vorstellung stattgeben und den Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 29. Juni 2012 zu GZ 0000342/2012 FSA/a ersatzlos aufheben bzw. in eventu den Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 29.6.2000 zu GZ 0000342/2012 FSA/a aufzuheben und an die erstinstanzliche Behörde, gegebenenfalls die Berufungsbehörde, zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuweisen.

 

Mit Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 17. Jänner 2013, wurde die Vorstellung vom 17. Juli 2012 als unbegründet abgewiesen.

 

Diese Entscheidung wurde wie folgt begründet:

„Wenn der Vorstellungswerber schwerpunktmäßig das Vorliegen eines nicht vorwerfbaren Rechtsirrtums bzw. einer vertretbaren Rechtsauffassung releviert und darauf hinweist, dass das „Maß der Dinge“ die höchstgerichtliche Rechtsprechung sei, ist bei aller Wertschätzung für die Höchstgerichte darauf hinzuweisen, dass das Maß aller Dinge das Gesetz ist, für dessen Auslegung die jeweiligen zuständigen Behörden berufen sind. Nur diese Auslegung der zuständigen Behörden unterliegt der Kontrolle (!) der Höchstgerichte. Unter besonderem Hinweis auf diesen grundlegenden Grundsatz sind die weiteren ausschweifenden Darlegungen des Vorstellungswerbers für die gegenständliche Entscheidung nicht weiter relevant. Es sei lediglich noch auf den Verweis des § 33a VwGG 1985 eingegangen: Diesem Vorbringen ist schon deshalb nicht zu folgen, als der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde bei Vorliegen der Voraussetzungen ablehnen kann, aber nicht muss.

 

Das Vorbringen, dass sich der Rechtsuchende nur auf eine höchstgerichtliche Rechtsprechung verlassen kann und darf, und dass, solange eine solche nicht vorliegt, jedenfalls kein subjektiv vorwerfbares Verschulden vorliege, ist ebenfalls zurückzuweisen, würde dies doch in jedem Fall, in dem keine höchstgerichtliche Judikatur genau zum konkreten Problem bestünde, bedeuten, dass mangels Verschuldens nie Strafbarkeit vorliegen würde.

 

Es ist auch irrelevant, bis wann jemand „de facto“ Geschäftsführer ist. Diesen trifft nur so lange seine Verantwortung, als er de jure Geschäftsführer ist. Im Übrigen ist aktenevident, dass der Vorstellungswerber schon länger mit gleichartigen Beschwerden unter ärztlicher Kontrolle stand. Erforderlichenfalls hätte er entsprechende organisatorische Maßnahmen treffen müssen, um einen ordnungsgemäßen Betrieb sicherzustellen. Abgesehen davon wurden aber aktenevident Zahlungen bis Ende 2012 geleistet, sodass dem gegenständlichen Vorbringen von vornherein keine Berechtigung zukommt.

 

Wenn die Vorstellung das Judikat 2007/13/0144 zitiert, muss ihr auch die Vorstellungsbehörde Recht geben, dass das Risiko des Rechtsirrtums der trägt, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen: „An geeigneter Stelle“ ist aber nicht wie der Vorstellungswerber vermeint der VwGH, sondern jedenfalls die zur Vollziehung der Gesetze berufenen und zuständigen Behörden. Wenn der Vorstellungswerber im Übrigen „die bis dahin österreichweit völlig unterschiedliche Verwaltungspraxis“ erheblichen Auffassungsunterschiede und eine divergierende Verwaltungspraxis als „notorisch“ behauptet, bleibt der Vorstellungswerber jeden konkreten Beweis, ja jede Konkretisierung überhaupt schuldig.

 

Das Vorbringen betreffend den Zeitpunkt „materiellen Insolvenz“ nach dem 31. Mai 2010 ist im Hinblick auf das durchgeführte und abgeschlossene Insolvenzverfahren beim Landesgericht Linz sowie darauf, dass auch nach diesem Zeitpunkt bis Ende 2012 Zahlungen geleistet wurden, nicht weiter erheblich. Der Vorstellungswerber war de jure jedenfalls bis zu seiner Abberufung Geschäftsführer. Der Krankenhausaufenthalt ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die Vertreterhaftung setzt objektive Einbringungsschwierigkeit voraus, und zwar im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Diese objektive Einbringungsschwierigkeit steht aber jedenfalls dann fest, wenn das Insolvenzverfahren eingeleitet ist.

 

Zum Vorwurf des mangelhaften Verfahrens ist auszuführen, dass im gegenständlichen Haftungsverfahren den Abgabepflichtigen eine besondere Beweis- und Behauptungslast trifft. Unterbleibt der Nachweis, dass die Mittel anteilig verwendet wurden, kann die Behörde von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgehen. Im Übrigen genügt beim Verschulden bereits leichteste Fahrlässigkeit.

 

Im gegenständlichen Haftungsverfahren ist nach Meinung der Vorstellungsbehörde die belangte Behörde auch ihrer Ermittlungspflicht ausreichend nachgekommen und hat rechtmäßig die Verschuldensfrage beurteilt. Das Ermittlungsverfahren wurde ausreichend und umfangreich gestaltet, mehrfach wurde dem nunmehrigen Vorstellungswerber Parteiengehör gewährt. Die Einvernahme des jetzigen Vorstellungswerbers wurde bisher nicht beantragt, im Übrigen ist aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse der Sachverhalt ausreichend ermittelt und für die rechtliche Subvention auch geeignet. Nach Meinung der Vorstellungsbehörde wurde das Ermittlungsverfahren der Abgabenbehörden nicht mangelhaft geführt

 

Im Übrigen wurde als Beweisergebnis im bekämpften Bescheid nicht bloß die Einsichtnahme in die Urkundensammlung angeführt, sondern die weiteren im bekämpften Bescheid ausdrücklich genannten Beweisergebnisse. Im bekämpften Bescheid wurde der vorgeschriebene Steuerbetrag auch ausdrücklich und konkret aufgeschlüsselt, sodass zumindest im bekämpften Bescheid eine Nachvollziehbarkeit des vorgeschriebenen Steuerbetrages der Höhe nach für den Berufungswerber jedenfalls möglich war. Auch das Ermessen hat die belangte Behörde rechtmäßig ausgeübt, wobei das öffentliche Interesse an der Abgabenerhebung von besonderer Bedeutung ist und auch dementsprechend rechtsrichtig bewertet wurde.

Wenn sich der Vorstellungswerber bei der von ihm behaupteten uneinheitlichen Praxis und Rechtsprechung auf eine Rechtsmeinung stützt, kann ihn dies nicht exkulpieren: Gerade weil der Vorstellungswerber eine uneinheitliche Verwaltungspraxis und Rechtsprechung behauptet, hätte er jedenfalls entsprechende Mittel vorsehen müssen. Eine uneinheitliche Verwaltungspraxis und Rechtsprechung schließt einen so vom Vorstellungswerber behaupteten Rechtsirrtum aus: Aktenevident ist, dass dem Vorstellungswerber die übereinstimmende Meinung der im gegenständlichen Zusammenhang zuständigen berührten Steuer- und Abgabenbehörde bekannt gewesen ist. Dass und welche sonstigen Erkundigungen der Vorstellungswerber eingeholt hätte, brachte der Vorstellungswerber nicht vor.“

 

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Vertreter Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

 

Mit Erkenntnis des VwGH vom 26. Juni 2014 wurde der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Jänner 2013, Zl. IKD(Gem)-524695/1-2013-Gb/Os, betreffend Haftung für Kommunalsteuer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

Begründend führt der VwGH darin folgendes an:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 6a Kommunalsteuergesetz annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft die Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2014, 2012/16/0101).

 

Es kann zwar unter dem Gesichtspunkt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Pflicht beachtlich sein, wenn er aufgrund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre. Dass ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird mit einem Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Beschwerdeführers aber nicht dargetan. Das Risiko des Rechtsirrtums trägt der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (vgl. das hg. Erkenntnis zum 28. Februar 2014, 2012/16/0039,mwN).

 

Der Beschwerdeführer trägt vor, er habe sich an geeigneter Stelle, nämlich bei seinem Steuerberater, erkundigt, der ihm mitgeteilt habe, dass aus seiner Sicht eine Steuerpflicht nicht bestehe und dass im Übrigen keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Daher sei er einem nicht vorwerfbaren Rechtsirrtum unterlegen.

 

Dass die im Beschwerdefall zuständige Abgabenbehörde, der Magistrat der mitbeteiligten Landeshauptstadt, eine andere Rechtsansicht vertreten hatte und dies dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, hat die belangte Behörde festgehalten und wird vom Beschwerdeführer nicht im Abrede gestellt. Der Beschwerdeführer durfte sich deshalb nicht mit der Auskunft seines Steuerberaters begnügen, sondern hatte die Rechtsansicht der zuständigen Abgabenbehörde (auch schon vor der Bestätigung durch das erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2010) zu beachten (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2014, 2012/16/0039). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Rechtsansicht des Beschwerdeführers vertretbar gewesen ist, denn jedenfalls die ihm durch das Abgabenverfahren für die Jahre 2000 bis 2003 bekannte Rechtsmeinung der Abgabenbehörde erlaubte ihm nicht, einer gegenteiligen Rechtsansicht entsprechend, die Selbstberechnung und Entrichtung der Kommunalsteuer für spätere Zeitpunkte zu unterlassen. Zur Durchsetzung dieser Rechtsansicht wäre das Verfahren über einen Antrag auf Festsetzung dieser Selbstberechnungsabgabe § 150 Abs. 2 der ober-österreichischen Landesabgabenordnung, ab 1. Jänner 2010 nach § 201 BAO offen gestanden.

 

Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe keine Feststellungen zum Zeitpunkt des Eintrittes der materiellen Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) der T GmbH getroffen, geht ins Leere, denn einerseits ist das den Beschwerdeführer vorgeworfene Verschulden zum jeweiligen Fälligkeitstag der Kommunalsteuer (§ 11 Kommunalsteuergesetz) zu beurteilen und andererseits trifft den Beschwerdeführer die Darlegungspflicht.

 

Allerdings führt der Beschwerdeführer zu Recht ins Treffen, dass er ab 1. Juni 2010 aufgrund einer Komplikation bei einer Operation im Koma gelegen und erst am 25. August 2010 aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Dieser vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren durch einen ausführlichen Arztbrief der Oö. Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg vom 25. August 2010 belegte Umstand schließt ein Verschulden des Beschwerdeführers am Unterlassen der Entrichtung der Kommunalsteuer zu Fälligkeitszeitpunkten nach dem 1. Juni 2010 aus. Der von der belangten Behörde hervorgehobene Umstand, dass in diesem Zeitraum Zahlungen durch die T GmbH getätigt worden seien und der Betrieb weitergeführt worden sei, trägt zur Begründung des Verschuldens des Beschwerdeführers während der Zeit seines Spitalsaufenthaltes nicht bei. Ein allfälliges Verschulden eines „de facto“ Geschäftsführers während dieser Zeit ist dabei unerheblich. Mit der Ansicht, der Beschwerdeführer habe schon länger unter ärztlicher Kontrolle gestanden und hätte „erforderlichenfalls“ entsprechende „organisatorische Maßnahmen treffen müssen“, um einen ordnungsgemäßen Betrieb sicherzustellen, überspannt die belangte Behörde die Anforderungen an einen Geschäftsführer, der sich einer Operation unterzieht. Wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behauptet und belegt hat, gründet sich die Dauer des Spitalsaufenthaltes und die Intensität seiner Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit auf eine bei der Operation entstandenen Komplikation, deren Vorhersehbarkeit die belangte Behörde nicht festgestellt hat.

 

Somit durfte die belangte Behörde von einem Verschulden des Beschwerdeführers hinsichtlich der Kommunalsteuer mit Fälligkeitszeitpunkt nach dem 1. Juni 2010 nicht ausgehen.

 

Zur Haftung für Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der T GmbH wurde mit dem erwähnten Bescheid des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt dem Beschwerdeführer mit einem Gesamtbetrag herangezogen. Die belangte Behörde hatte dagegen erhobene Vorstellung abgewiesen.“

 

Der angefochtene Bescheid war mit seinem unteilbaren Spruch daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Ziffer 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

 

An diese Rechtsansicht ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Zuge der Erlassung des Erkenntnisses (als Ersatzbescheid) gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden.

 

 

II.            Davon ausgehend hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich folgendes erwogen:

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Oö. Landesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Im Kommunalsteuergesetz ist eine Entscheidung durch einen Senat nicht vorgesehen.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG) ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauf folgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

 

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 6a KommStG haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

 

Der Beschwerdeführer war im Beurteilungszeitraum Geschäftsführer der T b D GmbH und war daher dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Abgaben der Gesellschaft aus deren Mitteln entrichtet werden.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung darf die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 6a KommStG annehmen, wenn der Vertreter nicht Gründe darlegt, aus denen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten nicht möglich ist. Hat nun der Vertreter diese Pflicht verletzt, darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass dessen Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit war (z.B. VwGH 28. Februar 2014, 2012/16/01010). Da dem Beschwerdeführer die Rechtsansicht der Behörde aus dem Abgabenverfahren 2000 bis 2003 bekannt war, die, entgegen der Auskunft des Steuerberaters des Beschwerdeführers, vom Bestehen der Steuerpflicht ausgeht, war es nicht zulässig, seine eigene Rechtsansicht an Stelle jener der Behörde zu setzen und die Selbstberechnung und Entrichtung für spätere Zeiträume zu unterlassen.

Im bekämpften Bescheid wurden aushaftende Abgabenbeträge, die aus dem Titel der Kommunalsteuer resultieren, für den Zeitraum 2006 bis August 2010 ausgewiesen und der Beschwerdeführer als Geschäftsführer für den betroffenen Zeitraum zur Haftung herangezogen.

Da es sich bei dem ggst. Zeitraum um einen solchen handelt, der zeitlich nach jenem liegt, in dem die Behörde bereits ihre Rechtsansicht zum Bestehen der Steuerpflicht geäußert hat, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen dafür zu sorgen, dass die ggst. Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden. Diese Verpflichtung bestand, wie nachfolgend genauer ausgeführt, bis zum 1. Juni 2010.

 

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im oben genannten Erkenntnis ist von einem Verschulden des Beschwerdeführers hinsichtlich der Kommunalsteuer mit Fälligkeitszeitpunkten nach dem 1. Juni 2010 nicht auszugehen, da der Beschwerdeführer ab 1. Juni 2010 aufgrund von Komplikationen bei einer Operation im Koma gelegen ist und erst am 25. August 2010 aus dem Krankenhaus entlassen worden ist. Dieser Krankheitsverlauf steht aufgrund vorgelegter Unterlagen des behandelnden Krankenhauses fest und führt dazu, dass ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Unterlassung der Entrichtung der Kommunalsteuer zu Fälligkeitszeitpunkten nach dem 1. Juni 2010 auszuschließen ist.

 

Daher ist der im aufgehobenen Bescheid für das Jahr 2010 (Jänner bis August) vorgeschriebene Kommunalsteuerbetrag in der Höhe von gesamt 1.689,43 Euro um jenen Betrag zu reduzieren, der für den Zeitraum ab Mai 2010 (mit Fälligkeit 15. Juni 2010) angefallen ist. Das ist ein Betrag von insgesamt 844,72 Euro, sodass sich für das Jahr 2010 ein Betrag von 844,71 Euro ergibt. Genauso ist der Säumniszuschlag aliquot zu reduzieren und ergibt sich in Summe ein Säumniszuschlag für den fraglichen Zeitraum 2006 bis April 2010 von
321,04 Euro.

Die Abgabenverbindlichkeiten der Jahre 2006 (3.803,65 Euro), 2007 (3.799,36 Euro), 2008 (4.355,46 Euro) und 2009 (3.248,93 Euro) bleiben unverändert und betragen in Summe 15.207,04 Euro.

Unter Addition der für das Jahr 2010 verminderten Kommunalsteuer und des aliquot verminderten Säumniszuschlages sowie unter Subtraktion des Absetz-betrages von 331,51 Euro und des bereits bezahlten Betrages von 903,26 Euro besteht daher in Summe ein aushaftender Abgabenbetrag, resultierend aus Kommunalsteuer, im Ausmaß von 15.138,38 Euro.

 

 

III.           Aus diesem Grund war der Beschwerde im dargestellten Ausmaß stattzugeben.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Süß