LVwG-300427/22/Kl/PP

Linz, 25.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn G H, W, vertreten durch Rechtsanwälte, Dr. G, Dr. K, Mag. L, Mag. S, Mag. B, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeistermeisters der Stadt Wels (Faktum 1 bis 3) vom 11. Juli 2014,
BZ-Pol-09034-2012, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Bauarbeitenkoordinationsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am
5. November 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der verhängten Geldstrafen wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe zu Faktum 1 und 2 jeweils auf 75 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils auf 4 Stunden, und die verhängte Geldstrafe zu Faktum 3 auf 145 Euro, die Ersatzfrei­heitsstrafe auf 6 Stunden, herabgesetzt wird.

 

 

II.      Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf
29,50 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11. Juli 2014,
BZ-Pol-09034-2012, wurden über den Beschwerdeführer (kurz Bf) Geldstrafen von 1) 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, 2) 700 Euro, Ersatzfreiheits­strafe 32 Stunden und 3) 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, wegen je einer Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 iVm 1) § 6 Abs. 1 und
Abs. 3 Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG), 2) § 7 Abs. 7 BauKG und
3) § 6 Abs. 2 BauKG verhängt, weil er als Bauherr für die Baustelle Wohnhaus­anlage G H, X, nachfolgende Ver­waltungsübertretungen am 26. April 2012 zu verantworten hat:

 

1.      Der Bauherr hat keine Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle ausgehängt, obwohl die Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle aufzuhängen ist und der Bauherr eine Vorankündigung zu erstellen hat, für Baustellen, bei denen voraussichtlich die Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf denen mehr als 20 Arbeitnehmer gleichzeitig beschäftigt werden oder deren Umfang 500 Personentage übersteigt.

 

 

 

2.      Der Bauherr hat nicht dafür gesorgt, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbstständigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan haben, obwohl der Bauherr dafür zu sorgen hat, dass die betroffenen Arbeitgeber, deren Präventivkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbstständigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan haben.

 

 

 

3.   Der Bauherr hat keine Vorankündigung bis spätestens 2 Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat übermittelt, obwohl der Bauherr die Vorankündigung spätestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat zu übermitteln hat.

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnis und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf für dieses Bauvorhaben Grundeigentümer, Planer und Investor gewesen sei und das Planungsbüro H sowie der Bf montags bis freitags von 7:15 bis 17:30 Uhr jederzeit ansprechbar im Planungsbüro H gewesen sei. Der SIGE-Plan sei jederzeit und für jedermann verfügbar gewesen, sowohl im Büro als auch im Polier­container, jedoch nur bis zum Abschluss der Rohbauarbeiten. Die Baufirma K hätte das Arbeitsinspektorat über den Baubeginn verständigen sollen; ebenso sei ein Baukoordinator beauftragt worden, die Vorgaben des Bauarbeiten­koordinationsgesetzes zu überwachen. Der Bf sei 45 Jahre als Planer im Bau­geschehen tätig. Kein einziger Terminplan könne ohne Adaptierungsmaßnahmen eingehalten werden. Es hätten unzählige Besprechungen während der Bauphase stattgefunden.

 

3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt. Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. November 2014, zu welcher die Verfahrens­parteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden Dipl.-Ing. H M, Arbeitsinspektorat Wels, H F und J S als Zeugen geladen und einver­nommen. Der weiters geladene Zeuge Dipl.-Ing. L M hat sich wegen Krankheit entschuldigt. Von einer weiteren Einvernahme konnte Abstand genom­men werden.

 

4.1. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Bf betreibt seit 45 Jahren selbständig ein Planungsbüro. Bei der Baustelle handelte es sich um eine Wohnhausanlage, die der Bf selber geplant hat, für die er die Baubewilligung erreicht hat und die er auch selber abwickelt und abrechnet. Auf der benachbarten Parzelle befinden sich sein Büro, seine Wohnung und die ehemaligen Arbeiterwohnstätten. Zum Zeitpunkt der Kontrolle befand er sich in seinem Büro und daher nur neun Meter von der Baustelle entfernt. Für die Baustelle wurde ein Baustellenkoordinator, nämlich Baumeister F von der K in W bestellt. Bauleiter war Herr Dipl.-Ing. M von der K Bauunternehmung in W. Der Baukoordinator hat ein voraus­gefülltes Formular über die Vorankündigung an das Arbeitsinspektorat dem Bauleiter Dipl.-Ing. M mitgegeben, damit es der Bf unterzeichnet und an das Arbeitsinspektorat weiterleitet. Weiters hat der Baustellenkoordinator den SIGE-Plan erstellt und ebenfalls an den Bauleiter weitergegeben, um die nötigen Veranlassungen zu treffen. Eine Vorankündigung an das Arbeitsinspektorat ist bis zum Kontrollzeitpunkt am 26. April 2012 beim Arbeitsinspektorat Wels nicht eingelangt. Der Bf hat die Vorankündigung nicht an das Arbeitsinspektorat abgeschickt, er hat auch nicht überprüft, ob der Bauleiter die Vorankündigung an das Arbeitsinspektorat versandt hat bzw. ob die Vorankündigung beim Arbeitsinspektorat eingelangt ist.

Sowohl die Vorankündigung als auch der SIGE-Plan befanden sich in einer Baustellenmappe, welche im Baucontainer auf der Baustelle auflag. Zum Zeitpunkt der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat Wels am 26. April 2012 war der Baucontainer auf der Baustelle nicht anwesend. Ein SIGE-Plan sowie auch eine Vorankündigung konnten auf der Baustelle vom Kontrollorgan nicht vorgefunden werden. Der Baucontainer wurde einige Tage vor der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat entfernt, weil der Baukran entfernt werden sollte und der Baucontainer im Weg stand. Im Übrigen war zum Kontrollzeitpunkt ein Großteil der Rohbauarbeiten abgeschlossen. Als der Baupolier die Anweisung gab, den Baucontainer wegzuräumen, hat er nicht daran gedacht, dass sich die Baustellenmappe und die erforderlichen Papiere noch im Baucontainer befinden und hat nicht daran gedacht, die Papiere herauszunehmen, damit sie auf der Baustelle aufliegen.

Der Bf hat zum Zeitpunkt der Kontrolle am 26. April 2012 noch nicht Kenntnis erlangt, dass der Baucontainer von der Baustelle entfernt wurde. Er hat von seinem Büro aus keine Einsicht auf den Baucontainer auf der Baustelle.

Bei der Kontrolle wurden vom Kontrollorgan Arbeitnehmer sowohl der Dach­deckerfirma als auch der Baufirma an der Baustelle angetroffen, die Dach­arbeiten fanden ohne Sicherungsmaßnahmen statt. Weder eine Vorankündigung noch ein SIGE-Plan konnte vom Bf in seinem Büro vorgewiesen werden. Erst eine Nachfrage des Kontrollorgans bei der Bauunternehmung K in W ergab, dass dort im Baubüro eine Vorankündigung für die Baustelle und ein SIGE-Plan vorlagen und auch dem Kontrollorgan vorgewiesen wurden. Auch wurden Fotos über die Baustelle vorgewiesen, wonach ein Sicherheitsgerüst vorhanden war, aber abgebaut wurde, weil der Kran abgebaut werden sollte. Dies wurde auch vom Kontrollorgan der Bauunternehmung geglaubt. Auch wurde sowohl vom Bauleiter als auch vom Baustellenkoordinator im Baubüro der Firma K mitgeteilt, dass sich sowohl die Vorankündigung als auch der SIGE-Plan auf der Baustelle im Baucontainer befinden würden. Auch diese hatten sohin zum Kontrollzeitpunkt keine Kenntnis davon, dass der Baucontainer entfernt war.

Der Baustellenkoordinator hat regelmäßig Kontrollen auf der Baustelle durch­geführt und diesbezüglich auch Protokolle angefertigt. Noch im April 2012 war der Baucontainer auf der Baustelle vorhanden.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die in der mündlichen Verhandlung getroffenen Zeugenaussagen, die sich in weiten Teilen decken. Insbesondere waren sowohl der einvernommene Baustellenkoordinator F als auch der einvernommene Baupolier S glaubhaft und es bestanden keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen. Diese legten glaubwürdig dar, dass noch einige Tage vor der Kontrolle der Baucontainer auf der Baustelle vorhanden war und auch die entsprechenden Papiere, nämlich unter anderem die Vorankündigung und der SIGE-Plan im Baucontainer vorhanden waren und zugänglich waren. Auch gab der Baupolier bei seiner Einvernahme glaubwürdig an, dass er verabsäumt hat, den SIGE-Plan und die Vorankündigung aus dem Baucontainer zu nehmen, bevor dieser von der Baustelle entfernt wurde, damit die Dokumente auf der Baustelle weiterhin aufliegen. Es ist daher auch glaubwürdig, dass der Bf nicht bemerkt hat, dass einige Tage vor der Kontrolle der Baucontainer entfernt wurde. Aufgrund der Zeugenaussagen war daher als erwiesen festzustellen, dass bis wenige Tage vor dem Kontrollzeitpunkt sowohl ein SIGE-Plan als auch eine Vorankündigung auf der Baustelle im Baucontainer vorhanden waren. Hingegen hat das Beweisverfahren gezeigt, dass eine Voran­kündigung zwei Wochen vor Beginn der Baustelle nicht an das Arbeitsinspektorat versandt wurde bzw. nicht beim Arbeitsinspektorat Wels eingetroffen ist. Es hat sich der Bf um die Versendung und das Einlangen der Vorankündigung nicht gekümmert.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145  bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290  bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Bauherr die Verpflichtungen nach § 3, § 4 Abs. 1, § 6, § 7 oder § 8 dieses Bundesgesetzes verletzt.

Gemäß § 6 Abs. 1 BauKG hat der  Bauherr eine Vorankündigung zu erstellen für Baustellen, bei denen voraussichtlich

1.   die Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf denen mehr als 20 Arbeitnehmer gleichzeitig beschäftigt werden, oder

2.   deren Umfang 500 Personentage übersteigt.

Gemäß § 6 Abs. 2 BauKG ist die Vorankündigung spätestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten an das zuständige Arbeitsinspektorat zu übermitteln.

Gemäß § 6 Abs. 3 BauKG ist die Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle aus­zuhängen.

Gemäß § 7 Abs. 1 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird für Baustellen, für die eine Vorankündigung gemäß § 6 erforderlich ist.

Gemäß § 7 Abs. 7 BauKG hat der Bauherr dafür zu sorgen, dass die betrof­fenen Arbeitgeber, deren Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer sowie die auf der Baustelle tätigen Selbständigen Zugang zum Sicherheits- und Gesundheits­schutzplan haben.

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurden eindeutig die vorzitierten Bestimmungen des BauKG verletzt. Zum Kontrollzeitpunkt am
26. April 2012 war keine Vorankündigung sichtbar auf der Baustelle ausgehängt und war auch ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan für die betroffenen Arbeitgeber, Präventivfachkräfte und Arbeitnehmer nicht zugänglich. Die genannten Dokumente befanden sich in einem Baucontainer, welcher zum Kontrollzeitpunkt bereits entfernt war. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungs­übertretungen gemäß § 6 Abs. 1 und 3 sowie § 7 Abs. 7 BauKG erfüllt. Darüber hinaus ist auch erwiesen, dass der Bf eine Vorankündigung selbst nicht an das Arbeitsinspektorat spätestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten übermittelt hat. Er hat sich auch nicht um das Eintreffen der Vorankündigung gekümmert. Es wurde daher der objektive Tatbestand gemäß § 6 Abs. 2 BauKG erfüllt.

Sämtliche Pflichten sind nach dem BauKG Pflichten des Bauherrn. Der Bf als Bauherr auf der genannten Baustelle Wohnhausanlage hat daher die jeweilige Tat gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 BauKG zu verantworten.

 

5.2. Wenn der Bf mangelndes Verschulden geltend macht, weil er keine Kenntnis von der Entfernung des Baucontainers hatte, so ist ihm entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen eine Entlastung nicht bewirken kann.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus.

 

Wenn auch der Bf glaubhaft gemacht hat, dass der Container ohne sein Wissen von der Baufirma, nämlich auf Anweisung des Baupoliers, entfernt wurde und sich die Dokumente im Baucontainer befunden haben, so kann dies das Verschulden des Bf nicht ausschließen. Vielmehr hätte er gemäß seiner Verpflichtung als Bauherr, dass nämlich ständig der SIGE-Plan zugänglich ist und die Vorankündigung aushängt, dafür Sorge tragen müssen, dass auch beständig dieser Verpflichtung nachgekommen wird, dies insbesondere durch Kontrollen auf der Baustelle bzw. durch entsprechende Maßnahmen, die geeignet sind, die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen zu gewährleisten. Solche Maß­nahmen wurden jedoch vom Bf nicht geltend gemacht und nicht unter Beweis gestellt. Auch hat er nicht vorgebracht und unter Beweis gestellt, dass er konkret am 26. April 2012 oder am Vortag eine Kontrolle der Baustelle durchgeführt hat. Da die Verpflichtung ständig den Bauherrn trifft, hätte der Bf als Bauherr entsprechend Vorsorge treffen müssen. Es ist ihm daher zumindest ein gering­fügiges Verschulden, nämlich leichte Fahrlässigkeit anzulasten. Hinsichtlich der Übermittlung der Vorankündigung an das Arbeitsinspektorat konnte sich der Bf ebenfalls nicht entlasten, zumal er keine Kontrolle der Absendung bzw. des Einlangens der Vorankündigung beim Arbeitsinspektorat durchgeführt hat. Auch dies ist ein Verhalten, welches zumindest leichte Fahrlässigkeit zum Aus­druck bringt.

Hingegen entlastet das Vorbringen des Bf, dass er einen Baustellenkoordinator und einen professionellen Bauleiter bestellt hat, nicht, zumal nach dem BauKG den Bauherrn die Pflicht zu einer Bestellung eines Baustellenkoordinators trifft. Die Pflichten des Baustellenkoordinators sind in § 5 BauKG geregelt und nach
§ 10 Abs. 1 Z 4 BauKG gesondert unter Strafe gestellt. Hingegen weist das BauKG die genannten Pflichten gemäß §§ 6 und 7 eindeutig als Pflichten des Bauherrn aus.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab
1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von den Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen und hat Unbe­scholtenheit als strafmildernd gewertet. Auch wurden strafmildernd die Einsicht des Bf und die überlange Verfahrensdauer gewertet. Straferschwerungsgründe lagen nicht vor. Es verfügt der Bf über eine monatliche Nettopension von 1.152,32 Euro.

Auch im Beschwerdeverfahren kamen keine geänderten Umstände hinsichtlich der Strafbemessung hervor. Zu berücksichtigen war jedenfalls, dass nach den einhelligen Ergebnissen des Beweisverfahrens bis kurz vor dem Kontrolltermin sowohl der SIGE-Plan als auch die Vorankündigung auf der oa. Baustelle anwesend waren und zugänglich waren. Wenngleich auch zum Kontrollzeitpunkt diesen gesetzlichen Pflichten nicht ausreichend Rechnung getragen wurde, so war doch ein minderer Grad des Verschuldens gegeben, zumal ohne Kenntnis des Bf der Baupolier die Entfernung des Containers anordnete und zugab, vergessen zu haben, dass sich die entsprechenden Dokumente im Baucontainer befanden. Dies wurde vom Polier übersehen. Dies wurde im Übrigen auch vom Baustellen­koordinator bestätigt, der bestätigte, dass bis zur Entfernung des Containers sowohl SIGE-Plan als auch Vorankündigung auf der Baustelle waren. Dies war daher bei der Strafbemessung in besonderer Weise zu berücksichtigen. Ange­sichts der erheblich überwiegenden Milderungsgründe wie Unbescholtenheit, Ein­sicht des Bf und überlange Verfahrensdauer war daher die Herabsetzung der Geldstrafe unter Anwendung der außerordentlichen Milderung nach § 20 VStG gerechtfertigt.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Ein solches beträchtliches Überwiegen lag gegenständlich vor. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch des Bf. Die gesetzliche Mindeststrafe von 145 Euro kann daher um die Hälfte unterschritten werden. Darüber hinaus ist aber auch wesentlich in Betracht zu ziehen, dass der Bf
45 Jahre ein Baubüro leitete und als Planer auch Baustellen abwickelte. Ange­sichts dieser langjährigen Praxis und seiner Unbescholtenheit war dies jedenfalls zu berücksichtigen. Auch bei der Strafbemessung war zu berücksichtigen, dass ansonsten auch nach Aussagen des Baustellenkoordinators der SIGE-Plan immer auf der Baustelle im Baucontainer vorhanden war. Auch wurde dem Kontroll­organ vom Baustellenkoordinator nachgewiesen, dass Sicherungsmaßnahmen, nämlich ein Sicherheitsgerüst bis kurz vor der Kontrolle auf der Baustelle vorhanden war und – wie beim Baustellencontainer – aufgrund des Abbaus des Baukranes auch dieses Sicherheitsgerüst abgebaut wurde. Es handelte sich daher um eine Verkettung unglücklicher Umstände und war dies bei der Strafbe­messung zu berücksichtigen.

Hingegen hat das Beweisverfahren auch ergeben, dass die Vorankündigung nicht bis zwei Wochen vor Beginn der Bauarbeiten an das Arbeitsinspektorat über­mittelt wurde, auch nicht bis zum Kontrollzeitpunkt am 26. April 2012. Nachforschungen, ob die Vorankündigung an das Arbeitsinspektorat übermittelt wurde, wurden nicht getätigt. Es lag daher diesbezüglich eindeutig eine Pflicht­verletzung als Bauherrn vor. Angesichts der bereits erwähnten erheblichen Milderungsgründe kann aber mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden.

Im Hinblick auf die Herabsetzung der Geldstrafen waren auch entsprechend die Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG herabzusetzen.

 

6. Weil die Beschwerde zumindest teilweise hinsichtlich des Strafausmaßes erfolgt hatte, war kein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Landesver­waltungsgericht gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG festzulegen. Der Kostenbeitrag zum Verfahren ersten Instanz ermäßigt sich auf 29,50 Euro, das sind 10 % der verhängten Strafen (§ 64 Abs. 1 und 2 VStG).

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

Der Entscheidung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (VwGH 24.4.2014, Ro 2014/01/0014).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

H i n w e i s

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Dr. Ilse Klempt

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 5. März 2015, Zl.: Ra 2015/02/0027-3