LVwG-650188/20/Kof/BD

Linz, 18.11.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn R M,
geb. X, O, B, vertreten durch
Herrn Rechtsanwalt Ing. Mag. A G, L,
V gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom
03. Juni 2014, GZ. VerkR21-342-1-2013 wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach der am 28. Oktober 2014 durchgeführten mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.           
Der Beschwerde wird stattgegeben und

der behördliche Bescheid aufgehoben.

 

II.        
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.              

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

 

 

 

 

·                    die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A, B, C, E und F für die Dauer von acht Monaten – gerechnet ab 07. Dezember 2013 (= Tag der Abnahme des Führerscheines) – entzogen,

·                    für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt,

    von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen,

·                    verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

·      eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren,

·      eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen und

·      ein amtsärztliches Gutachten für die gesundheitliche Eignung beizubringen.

 

Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bf innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben und – im Ergebnis – vorgebracht, der auf ihn zugelassene PKW habe sich zur Tatzeit nicht am Tatort befunden und sei dadurch nicht von ihm gelenkt worden.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Beim Bf bestand der Verdacht, er habe am 23.11.2013 gegen 19.50 Uhr den auf ihn zugelassenen PKW auf einem näher bezeichneten Parkplatz in Perg gelenkt, beim Ausparken einen abgestellten PKW beschädigt und Fahrerflucht begangen.

 

Bei der anschließenden – am Wohnort des Bf erfolgten – Amtshandlung verweigerte der Bf die Vornahme des Alkotests.

 

Die belangte Behörde hat über den Bf wegen der Verwaltungsübertretungen nach

-      § 5 Abs.2 und § 99 Abs.1 lit.b StVO

-      § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO und

-      § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO

Geldstrafen – Ersatzfreiheitsstrafen – verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 28. Oktober 2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bf, dessen Rechtsvertreter sowie drei näher bezeichnete Zeugen teilgenommen haben.

 

Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage hat der Bf die Beschwerde betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 iVm
§ 99 Abs.1 lit.b StVO (Alkotestverweigerung) zurückgezogen. –

In diesem Punkt ist das behördliche Straferkenntnis in Rechtskraft erwachsen.

 

 

Betreffend die Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.c und § 4 Abs.5 StVO verblieben – nach Aufnahme der Beweise und ausführlicher Beweiswürdigung –Zweifel daran, ob bzw. dass der Verkehrsunfall mit dem auf den Bf zugelassenen PKW sowie vom Bf selbst verursacht wurde. –

Mit Erkenntnis des LVwG OÖ. vom 03.11.2014, LVwG-600413/19 wurde daher betreffend die Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs.1 lit.c und § 4 Abs.5 StVO gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ der Beschwerde stattgegeben und
das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 1.Halbsatz VStG eingestellt.

 

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 2.Satz StVO reicht der bloße Verdacht, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, aus.

Der Verdacht muss sich einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen;

VwGH vom 29.06.2012, 2012/02/0067; vom 23.02.2012, 2011/02/0244;

         vom 14.12.2012, 2011/02/0240; vom 20.03.2009, 2008/02/0035;

         vom 25.05.2007, 2007/02/0128; vom 12.09.2006, 2006/02/0151 uva.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache zu gelten und ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder
in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm
§ 5 Abs.2 StVO begangen hat.

 

Im Gegensatz zur Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 2.Satz StVO kommt es bei Verwirklichen einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs.3 Z1 FSG entscheidend darauf an, ob der Betreffende tatsächlich ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat.

VwGH vom 27.01.2014, 2013/11/0070; vom 16.10.2012, 2012/11/0171;

          vom 23.05.2000, 2000/11/0065; vom 09.02.1999, 97/11/0307.

 

Beim Bf bestand der Verdacht, er habe in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand den oa. Parkschaden verursacht, Fahrerflucht begangen und sei anschließend nach Hause gefahren.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren betreffend die Übertretungen nach § 4 Abs.1 lit.c und § 4 Abs.5 StVO konnte – wie ausführlich dargelegt – nicht mit letzter Sicherheit bewiesen werden, dass der verfahrensgegenständliche Verkehrsunfall tatsächlich mit dem auf den Bf zugelassenen PKW verursacht wurde und der Bf selbst Lenker des unfallverursachenden PKW war.

 

 

 

 

Der Bf hat bei der mVh vom 28. Oktober 2014 angegeben, er sei am 23.11.2013 zwischen 17.00 Uhr und 18.00 Uhr von seinem Wohnort zu seiner Mutter (Kurzbesuch) und anschließend wieder zurück seinem Wohnort gefahren.

Die Entfernung betrage ca. 4 km.

 

Diese Fahrt war nicht Gegenstand

·      der Amtshandlung,

·      des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens und

·      des behördlichen Verfahrens betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung.

 

Sache des Beschwerdeverfahrens ist jene Angelegenheit, welche den Inhalt des Spruchs des Bescheides der behördlichen Instanz gebildet hat;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E111 und E115 zu § 66 AVG (S. 1265) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie Erk. vom 28.05.2008, 2004/03/0049 und vom 24.02.2014, 2012/17/0462.

 

Die vom Bf selbst angegebene Fahrt – von seinem Wohnort zu seiner Mutter und zurück – ist dadurch nicht Gegenstand der Rechtsmittelverfahren vor dem LVwG Oö.

 

Betreffend das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung war somit

der Beschwerde stattzugeben und der behördliche Bescheid aufzuheben.

 

II. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler