LVwG-650244/2/Br/MSt

Linz, 20.10.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier über die Beschwerde des Herrn A. J., geb. x, X, vertreten durch Dr. M. F., Rechtsanwalt, x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels, vom 10.9.2014, GZ: 2-VA-13/067019,

 

zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde im Punkt 1. stattgegeben; der angefochtene Bescheid wird in diesem Punkt ersatzlos behoben. Im Punkt 3. wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass diesbezüglich die mit Punkt 2. ausgesprochene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht erfolgt ist.

Dieses Erkenntnis gilt als Zuweisung für die Begutachtung zum Nachweis der Eignungsvoraussetzungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Umfang der beantragten Klassen.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels hat den Antrag des Beschwerdeführers vom 07.01.2014, der im Akt befindliche Antrag ist mit 15.02.2013 datiert, auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B

1.   abgewiesen;

2.   einer dagegen allenfalls eingebrachten Beschwerde gemäß § 64 AVG (richtig oder gemeint wäre wohl gewesen gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG) die aufschiebende Wirkung aberkannt;

3.   Weiters wurde ihm gemäß § 30 Abs. 1 FSG das Recht zum Lenken eines Kraftfahrzeu­ges mit einer allenfalls erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Ge­brauch zu machen, aberkannt.

 

Gestützt wurde dies auf § 3 Abs. 1 Ziff. 2; § 7 FSG, § 8 FSG, § 30 Abs. 1 FSG, § 64 AVG.

 

 

II. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 07.01.2014 bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissa­riat Wels den Antrag auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B ge­stellt. Da er bei der theoretischen Führerscheinprüfung insgesamt siebenmal negativ abge­schnitten habe, sei eine verkehrspsychologische Untersuchung angeordnet worden. Diese wurde am 01.09.2014 absolviert und es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht geeignet wäre Kraftfahrzeuge der Klasse AM und B zu lenken. Bei der am 03.09.2014 durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung sei ebenfalls festgestellt worden, dass er derzeit nicht geeignet sei oa. Kraftfahrzeuge zu lenken.

Begründet sei dies mit konkreten Defiziten in den Bereichen reaktiver Belastbarkeit, Konzentrations-, Erinnerungs- und logischem Denkvermö­gen, weil diese nicht den Anforderungen für die Klasse B entsprochen hätten. Die Bereitschaft zur Verkehrsan­passung sei jedoch gegeben. Diese Defizite lägen im Leistungsbereich, eine Veränderung wäre nicht innerhalb von weiteren sechs Monaten zu erwarten. Eine verkehrspsychologische Kontrolluntersuchung (nur kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit) sollte erst frühestens nach Ab­lauf von sechs Monaten angestrebt werden.

Folglich werden die Rechtsvorschriften des § 7 Abs.1 und § 8 Abs.1 FSG zitiert und abschließend vermeint, dass vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen habe, in dem attestiert werde, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen ge­sundheitlich geeignet ist.

 

II.1. Dagegen richtet sich die nachfolgend zitierte und rechtzeitig durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobene Beschwerde, mit der auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden wurde:

 

I.

In der gegenständlichen Rechtssache wurde Herr Dr. M. F., Rechtsanwalt in W., mit der rechtsfreundlichen Ver­tretung beauftragt und beruft sich dieser auf die erteilte Bevollmächtigung ge­mäß § 10 Abs. 1 AVG erteilt und stellt den

 

Antrag

 

auf Kenntnisnahme und Zustellung aller Verfügungen und Entscheidungen zu seinen Händen.

 

II.

In umseits bezeichneter Verwaltungsrechtssache wird gegen den Bescheid der LPD Oberösterreich / PK Wels vom 10.09.14, GZ: 2-VA-13067019, der be­troffenen Partei (glaublich) zugestellt am 16.09.14, sohin innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

 

Beschwerde

 

erhoben:

Nach dem Spruch des vorliegenden Bescheides wurde

 

(1) der Antrag vom 07.01.2014 auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B abgewiesen;

 

(2) einer Beschwerde gemäß § 64 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt;

 

(3) gemäß § 30 Abs. 1 FSG das Recht zum Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einer allenfalls erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Ge­brauch zu machen, aberkannt.

 

Der angeführte Bescheid wird vollinhaltlich wegen

• aktenwidriger, unvollständiger bzw. überhaupt fehlender Sachverhalts­feststellungen,

• wesentlicher Verfahrensmängel und

      unrichtiger rechtlicher Beurteilung

bekämpft.

 

1)             Aktenwidrige, unvollständige bzw. fehlende Sachverhalts-feststellungen

 

In der Bescheidbegründung führt die Behörde an, dass die betroffene Partei bei der theoretischen Führerscheinprüfung insgesamt siebenmal negativ abgeschnit­ten habe und deshalb eine verkehrspsychologische Untersuchung angeordnet wurde.

Diese sei am 01.09.14 absolviert worden und sei festgestellt worden, dass die betroffene Partei derzeit nicht geeignet sei, Kraftfahrzeuge der Klasse AM und B zu lenken.

 

Auch bei der am 03.09.14 durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung sei ebenfalls festgestellt worden, dass die betroffene Partei derzeit nicht geeignet sei oa. Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

Die Defizite würden im Leistungsbereich liegen. Die Bereitschaft zur Verkehrs­anpassung sei gegeben.

 

In diesem Zusammenhang sind allerdings nachfolgende Punkte zu rügen:

 

a) Nach der vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 01.09.14 ist Herr J. zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B „derzeit nicht geeignet". Über die Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen der Klasse AM wird keine Aussage getroffen. Die diesbezügliche Feststellung der Behörde ist demnach aktenwidrig.

 

b) Die Behörde setzt sich im vorliegenden Bescheid mit den Ergebnissen der verkehrspsychologischen und amtsärztlichen Untersuchung nicht ausei­nander und unterblieben auch schlüssige und nachvollziehbare Feststel­lungen dazu.

 

So werden von der Behörde keine Feststellungen darüber getroffen, wel­che Untersuchungsverfahren und Tests angewendet wurden, welche Er­gebnisse die durchgeführten Tests brachten und welche Schlussfolgerun­gen daraus im Einzelnen gezogen werden. Nicht begründet wird, warum Testergebnisse außer der Norm liegen und inwieweit dies Einfluss auf die Eignung für das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse AM und B hat.

 

Die Feststellung von Defiziten in den Bereichen reaktiver Belastbarkeit allein ist nicht ausreichend für den Nachweis der fehlenden Eignung (sie­he zur verminderten Reaktionsfähigkeit: VwGH 26. 6. 1997 ZfVB 1998/5/1601).

Derartige Defizite schließen nicht schlechthin die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus, sondern nur dann, wenn sie auf das Verhalten der betreffenden Person im Straßenverkehr, somit auf das Fahr­verhalten, von Einfluss sein könnten.

 

Dafür fehlt es allerdings an jeglichen Feststellungen der Behörde.

 

c) In der Bescheidbegründung werden zwar die rechtlichen Grundlagen zi­tiert, jedoch keine klare und nachvollziehbare Subsumtion des Sachver­haltes vorgenommen. Letztlich bleibt unklar, ob die Behörde von einer fehlenden Verkehrszuverlässigkeit, mangelnder gesundheitlicher Eignung oder nicht vorhandenen fachlichen Befähigung zum Lenken eines Kfz ausgeht.

 

d) Überhaupt fehlen jegliche schlüssige und nachprüfbare Sachverhalts­feststellungen dazu, inwieweit die Defizite im Leistungsbereich Auswir­kungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen haben. Die vorliegende Ent­scheidung der Behörde leidet insoweit an einem wesentlichen Begrün­dungsmangel. Es ist deshalb in keinster Weise nachvollziehbar, weshalb die Behörde die zur vorliegenden Beurteilung gelangt ist.

 

e) Unterblieben ist damit auch die Abwägung, ob die vorliegenden Leis­tungsbeeinträchtigungen allenfalls durch andere Leistungen und/oder Per­sönlichkeitsmerkmale kompensiert werden können.

 

Dies ist schon deshalb bedeutsam, als einerseits festgestellt wird, dass die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben ist. Andererseits wird in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 01.09.14 festgehalten, dass auf die Vorgabe der sonst üblichen Persönlichkeitsverfahren wegen der eingeschränkten Deutschkenntnisse des Betroffenen verzichtet werden musste.

 

Richtigerweise hätte die Erstbehörde bei Durchführung eines ordnungsgemäßen und vollständigen Ermittlungsverfahrens feststellen müssen, dass keinerlei hin­reichende Grundlagen für eine Abweisung des Antrages vom 07.01.14 vorhan­den sind und wäre diesem Antrag stattzugeben gewesen.

Es sind keine bestimmten Tatsachen für die Verneinung der Verkehrszuverläs­sigkeit festzustellen. Die betroffene Partei leidet unter keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder fachlichen Defiziten, die die Eignung, ein Kraftfahr­zeug der Klasse AM und B zu lenken, einschränken würden.

 

2)     Verfahrensmängel:

 

a) Durch die Behörde wurde weder die verkehrspsychologische Stellung­nahme vom 01.09.14, noch das amtsärztliche Gutachten (offenbar vom 03.09.14) vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides zugestellt. Die­se hätten der betroffenen Partei zur Kenntnis gebracht werden müssen. Dies ist aber nicht erfolgt.

 

Zu diesen, von der Behörde im nunmehr vorliegenden Bescheid vom 10.09.14 als entscheidungswesentlich dargestellten Gutachten, hatte der Betroffene daher keine Möglichkeit eine Stellungnahme einzubringen. Es ist insoweit eine Verletzung des Rechtes auf Wahrung des Parteienge­hörs (§ 45 Abs 3 AVG) zu rügen.

 

Wäre ein entsprechender Vorhalt durch die Behörde erfolgt, so hätte der Betroffene Unklarheiten und Mängel in der verkehrspsychologische Stel­lungnahme vom 01.09.14, sowie dem darauf aufbauenden amtsärztlichen Gutachten, aufzeigen können. Die Behörde hätte diesfalls zu einem ande­ren Bescheidergebnis gelangen können und müssen.

 

b) So wird in der verkehrspsychologische Stellungnahme vom 01.09.14 vermerkt, dass „aufgrund der eingeschränkten Deutschkenntnisse" auf die Vorgabe der sonst üblichen Persönlichkeitsverfahren verzichtet werden musste.

 

Entscheidungswesentliche Umstände und Grundlagen für eine fehlerfreie Bewertung wurden demgemäß nicht umfassend abgeklärt.

 

c) Überhaupt ist nicht erkenntlich, welche Testungen in welcher Form für die die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 01.09.14 durchge­führt wurden und inwieweit eine verständliche Einführung in die Handha­bung erfolgte. Dies ist insoweit bedeutsam, als gerade bei der „Reaktions­sicherheit" vermerkt wird, dass nach anfänglichen Unsicherheiten und Fehlreaktionen im Zuge der zweiten Testvorgabe letztlich unauffällige Testergebnisse erzielt wurden.

 

Eine aussagekräftige Testung kann demgemäß nur nach einer Instruktions- und Übungsphase erzielt werden. Aus Sicht der betroffenen Partei war diese nicht gegeben. Für eine objektive Überprüfung fehlt es in der vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 01.09.14 al­lerdings an (hinreichenden) Angaben.

 

d) Die verkehrspsychologische Stellungnahme, sowie das darauf gestützte ärztliche Gutachten, auf welche die Behörde ihre Auffassung gründet, der Betroffene besitze derzeit nicht die nötige kraftfahrspezifische Leistungs­fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse AM und B, enthält keine nachvollziehbaren Angaben der der jeweiligen Beurteilung der ein­zelnen Leistungsfunktionen zugrunde gelegten, nach dem Erkenntnisstand der Verkehrspsychologie maßgebenden Grenzwerte und keine Ausfüh­rungen darüber, ob (und in welchem Ausmaß) diese erreicht oder verfehlt wurden. Die ausgesprochene Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung beruht damit auf einem mangelhaften Ermittlungsver­fahren (vgl. dazu VwGH 20. 3. 2001, ZVR 2002/78).

 

Verkehrspsychologische Stellungnahmen bilden eine nachvollziehbare Grundlage für das zu erstattende Sachverständigengutachten, wenn aus ihnen die durchgeführten Tests und die dabei erzielten Ergebnisse hervor­gehen und begründet wird, warum Testergebnisse außer der Norm liegen (VwGH 23. 3. 2004 ZfVB 2005/609).

 

Im vorliegenden Fall wurden ausschließlich „Leistungsdefizite" festge­stellt, sodass für eine objektive Nachprüfung die durchgeführten Tests und erzielten Ergebnisse von wesentlicher Bedeutung sind. Dies vor allem aufgrund des Umstandes, dass die betroffene Partei über (zweifellos er­kannte) Sprachdefizite verfügt und demgemäß die Testergebnisse in ihrer Aussagefähigkeit beeinflusst sein können.

 

e) In diesem Zusammenhang ist auch zu rügen, dass sich dem verkehrspsy­chologischen Befund nicht entnehmen lässt, welche Untersuchungsverfah­ren angewendet wurden bzw. ob die durchgeführten Testverfahren trotz der eingeschränkten Deutschkenntnisse der betroffenen Partei verwertbare Ergebnisse brachten. Fraglich erscheint dies insbesondere im Bereich der Prüfung des Konzentrationsvermögens, sowie der Intelligenz und des Erinnerungsvermögens. Keineswegs schlüssig dargestellt ist überdies, wel­che Schlussfolgerungen daraus im Einzelnen für das Lenken von Kraft­fahrzeugen gezogen werden können.

 

Lässt sich dem verkehrspsychologischen Befund nicht entnehmen, wie die verkehrspsychologische Untersuchungsstelle zu ihren Ergebnissen ge­langte bzw. welche Grenzwerte maßgeblich waren, so ist die Entschei­dungsgrundlage mangelhaft (vgl. dazu VwGH 4.6.1991 ZVR 1992/92; VwGH 21.4.1998 ZfVB 1999/3/982).

 

f) Festgestellt wurde in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 01.09.14, dass bei Würdigung des gewonnenen Gesamteindrucks von einer ausreichenden psychischen Belastbarkeit zum Lenken von Kraftfahrzeu­gen auszugehen sei. Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch zur Be­urteilung einer „verminderten reaktiven Belastbarkeit". Diesen Wider­spruch hat die Erstbehörde nicht erkannt bzw. hat diesen übergangen und damit entscheidungswesentliche Umstände nicht näher abgeklärt.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die zugrundeliegende verkehrspsycho­logische Untersuchung (sowie die darauf aufbauende amtsärztliche Untersu­chung) und deren Ergebnisse mangelhaft sind. In den aufgezeigten diesbezügli­chen Unterlassungen der Behörde zur umfassenden Ermittlung des relevanten Sachverhaltes sind daher schwerwiegende Verfahrensmängel zu erkennen und hätte die Behörde andernfalls zu einem anderen Bescheidergebnis gelangen können und müssen.

 

3)     Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

a) Im vorliegenden Bescheid wird zunächst zwar ausführlich auf die beste­henden Rechtsgrundlagen verwiesen und auch der relevante Gesetzestext wiedergegeben.

 

In der engeren rechtlichen Begründung des Bescheides wird aber lediglich fest­gehalten, dass eine Lenkberechtigung gemäß § 3 Abs. 1 FSG nur erteilt werden darf, wenn die Person verkehrszuverlässig, gesundheitlich geeignet und fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt ist.

 

Aus dieser Aufzählung (in Verbindung mit den zitierten Rechtsgrundlagen) ist nicht eindeutig nachvollziehbar, von welcher rechtlichen Beurteilungsgrundlage die Behörde letztlich ausgeht.

 

So ist unabdingbare Voraussetzung für die Verneinung der Verkehrszuverläs­sigkeit eines Bewilligungswerbers, wie der Wortlaut des § 7 Abs. 1 unmissver-ständlich zum Ausdruck bringt, das Vorliegen zumindest einer erwiesenen be­stimmten Tatsache iSd § 7 Abs 3 (VwGH 23. 5. 2006 ZVR 2007/11). Eine sol­che wird jedoch nicht festgestellt.

 

Die Feststellung von Defiziten in den Bereichen reaktiver Belastbarkeit allein ist andererseits nicht ausreichend für den Nachweis der fehlenden gesundheitli­chen oder fachlichen Eignung (siehe zur verminderten Reaktionsfähigkeit: VwGH 26.6.1997 ZfVB 1998/5/1601).

 

Für die getroffene rechtliche Beurteilung gibt es sohin keinerlei konkrete Sach­verhaltsfeststellungen, sodass die Bewertung der Behörde nicht nachvollziehbar ist.

 

Es mangelt der vorliegenden Entscheidung demnach bereits an der gesetzlich geforderten schlüssigen Begründung.

 

b) Die Aberkennung des Rechtes zum Lenken eines Kfz mit einer ausländi­schen Lenkberechtigung kann gemäß § 30 Abs. 1 FSG nur gegenüber ei­ner Person erfolgen, die keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat. Herr J. ist jedoch bereits seit über 10 Jahren in Österreich aufhältig und hat hier seinen Wohnsitz.

 

Die Behörde hat demnach auch in diesem Punkt eine unrichtige rechtliche Beur­teilung vorgenommen.

 

Aus all diesen Gründen werden gestellt die

 

Anträge

 

Die Rechtsmittelbehörde möge den Bescheid der LPD Oberösterreich - PK Wels vom 10.09.14, GZ: 2-VA-13/067019, vollinhaltlich aufheben und aussprechen, dass dem Antrag vom 07.01.14 auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen AM und B stattzugeben ist.

 

In eventu möge eine Aufhebung des Bescheides und Rückverweisung der Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidungsfindung an die Erstbehörde erfolgen.

 

III.

Es wird ausdrücklich (in Abänderung des 2. Punktes des vorliegend bekämpften Bescheides)

 

beantragt

 

der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgeführt, dass dem rechts­staatlichen Prinzip zu entnehmen sei, dass ein System von Rechtsschutzein- richtungen die Rechtmäßigkeit von Staatsakten gewährleisten müsse und zwar so, dass diese Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufzuweisen haben und es darum nicht angehe, den Rechtsschutzsuchenden ge­nerell einseitig mit allen Folgen einer potentiellen rechtswidrigen (behördlichen) Entscheidung so lange zu belasten, bis ein Rechtsschutzgesuch endgültig erle­digt ist (siehe z.B. VfSlg. 11.196/1986, 12.409/1990, 13.182/1992, 13.305/1992).

 

Eine Begründung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Be­schwerde wird durch die Behörde nicht gegeben.

 

Eine Gefahr im Verzug ist nicht zu erkennen.

 

Wels, am 10.10.14 A. J.“

 

 

 

III. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels  hat die Beschwerde ohne auf die Beschwerde einzugehen und eine Beschwerdevorentscheidung ohne Inhaltsverzeichnis in einem losen Aktenkonvolut vorgelegt. 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mangels Parteienantrag gemäß § 24 Abs. 1 u. 2 VwGVG unterbleiben.

Die Voraussetzungen im  Sinne des § 28 Abs. 2 und Abs. 5 VwGVG liegen hier vor, weil einerseits der antragsspezifische Sachverhalt unstrittig ist und andererseits das vom Beschwerdeführer beantragte Verfahren auf Erteilung einer Lenkberechtigung für zwei Klassen noch nicht abgeschlossen und demnach von der Behörde fortzusetzen ist.

Dies ergibt sich aus der Aktenlage, wobei sachlich nicht nachvollziehbar ist, inwiefern es dem Beschwerdeführer verwehrt werden sollte erst nach einem halben Jahr seine Bemühungen den Nachweis seiner gesundheitlichen Eignung zum Erwerb der Lenkberechtigung zu belegen.

Dem Beschwerdeführer ist demnach in seinem Beschwerdevorbringen betreffend den Punkt 1. zu folgen.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht hierüber erwogen:

IV.1.  Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung. Diese umfasst auch den Nachweis der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit. Die Lenkberechtigung ist unter Bedachtnahme auf § 5 Abs. 5 FSG zu erteilen.

 

Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde gemäß § 8 Abs.1 FSG ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Gruppe(n) von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

Sache des Verfahrens ist die beantragte Erteilung einer Lenkberechtigung (VwGH 24.04.2007, 2006/11/0090).

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs. 2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend „geeignet”, „bedingt geeignet”, „beschränkt geeignet” oder „nicht geeignet” auszusprechen.

 

Gemäß § 17 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2. ………

(3) Eine verkehrspsychologische Stellungnahme ist jedenfalls von folgenden Personen zu erbringen:

……

Z4.: Bewerbern um eine Lenkberechtigung, die fünfmal den theoretischen Teil der Fahrprüfung oder viermal den praktischen Teil der Fahrprüfung nicht bestanden haben und bei denen auf Grund einer ergänzenden amtsärztlichen Untersuchung Zweifel an deren kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit, insbesondere an der Intelligenz und am Erinnerungsvermögen bestehen.

Diese Rechtsvorschrift lässt weder eine Wartefrist an sich, noch eine Ermächtigung des Verkehrspsychologen dahingehend erkennen, rechtsverbindlich erklären zu können eine abermalige VPU nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten zuzulassen. Dies widerspricht schlichtweg dem Sachlichkeitsgebot und läuft letztlich auf eine iSd § 45 Abs.2 AVG unzulässige Beweismittelbeschränkung hinaus.

Gemäß dem sich aus § 46 AVG ergebenden Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel ist alles geeignet, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (vgl. VwGH 23.4.2002, 2000/11/0088 mwN, sowie VfSlg 16285).

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich angesichts der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich in der Sache noch am Tag des Einlangens der Beschwerde ein gesonderter Abspruch durch Beschluss über die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

 

IV.2. Als unzutreffend erweist sich die Beschwerde jedoch im Punkt 3. Diesem zur Folge ist vorläufig jedenfalls davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer gegenwärtig an der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus gesundheitlichen Gründen ermangelt. Dieser sich im amtsärztlichen Gutachten spiegelnden Annahme liegen einerseits die sieben negativen Prüfungsergebnisse und letztlich auch das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung zu Grunde. Die diesbezüglichen Testverfahren beruhen auf empirischen Annahmen und gelten als wissenschaftlich anerkannt. 

Die Erteilungsvoraussetzungen liegen demnach derzeit nicht vor, wobei der Beschwerdeführer im Rahmen des ersten Beschwerdepunktes ob seines beantragten und nicht abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung einer Lenkberechtigung für zwei Klassen das Gegenteil unter Beweis zu stellen sucht.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn etwa Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen oder eben dies gesundheitliche Gründe indizieren. Obwohl nicht bekannt ist, dass der Beschwerdeführer über eine solche verfügt oder je verfügt hatte, ist dieser Ausspruch und der diesbezüglich ständig geübten Praxis nicht unzulässig.

Diese Kannbestimmung ist als zwingend zu lesen, weil es im Interesse der Verkehrssicherheit zu vermeiden gilt, gegebenenfalls eine gesundheitlich nicht geeignete Person als Kraftfahrzeuglenker mit einer ausländischen Lenkberechtigung am  Verkehr teilnehmen zu lassen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r