LVwG-600475/6/ZO/HK

Linz, 04.12.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn W G, geb. X, B, vom 21.8.2014, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 29.7.2014, Zl.: VerkR96-5277-2014 wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.11.2014 und sofortige Verkündung der Entscheidung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. 

 

 

II.       Der Beschwerdeführer hat für das Beschwerdeverfahren Kosten in der Höhe von € 14 zu bezahlen (20% der von der Behörde verhängten Geldstrafe).

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers  an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 10.4.2014 um 10:17 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X (D) in Ort im Innkreis auf der A8 bei km 62.055, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 29 km/h überschritten habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2.  In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er bereits im bisherigen Verfahren mitgeteilt habe, dass er zum Tatzeitpunkt nicht in Österreich gewesen sei. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen X werde von mehreren Personen benutzt. Eine eindeutige Zuordnung, wer in seiner Familie am betreffenden Tag mit dem Fahrzeug gefahren sei, sei leider nicht mehr möglich. Das Fahrzeug würde von 6 verschiedenen Personen benutzt.

 

Er könne den Schreiben der Behörde entnehmen, dass bei der Geschwindigkeitsmessung nur ein Heckfoto angefertigt worden sei und somit der Fahrzeuglenker nicht identifiziert werden könne. Der Beschwerdeführer wies daraufhin, dass diese Geschwindigkeitsmessung eindeutig nicht deutschem Recht entspreche. Der Fahrzeuglenker müsse durch ein Frontfoto identifizierbar sein, eine Lenkererhebung, wie in Österreich, gebe es in Deutschland nicht. Diese Lenkererhebung sei in Deutschland gesetzwidrig, weshalb deutsche Behörden solche Bescheide nicht vollstrecken würden.

 

3. Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Es ergab sich daher dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das LVwG Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen  mündlichen Verhandlung am 27.11.2014. An dieser hat ein Vertreter der Verwaltungsbehörde teilgenommen, der Beschwerdeführer ist nicht erschienen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X wurde eine Radaranzeige erstattet, weil dieser am 10.4.2014 um 10:17 Uhr auf der A8 bei km 62.055 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 29 km/h überschritten hatte. Die Messung erfolgte mit einem mobilen Radargerät der Marke MUVR6FA, Nr. 696. Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKW.

 

Wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung wurde gegen den Beschwerdeführer am 6. Mai 2014 eine Strafverfügung erlassen, gegen welche er rechtzeitig Einspruch erhoben hatte. Diesen begründete er damit, dass er zum angegebenen Zeitpunkt nicht in Österreich gewesen sei, das Fahrzeug von mehreren Personen benützt werde und eine eindeutige Zuordnung, wer das Fahrzeug gelenkt habe, nicht mehr möglich sei. Es sei lediglich ein Heckfoto angefertigt worden und der damalige Einspruchswerber wies auf die in Deutschland geltende Rechtslage sowie die Praxis der mangelnden Vollstreckung derartiger Strafbescheide hin. Er kündigte an, auf zukünftige Schreiben nicht mehr zu reagieren, sofern ihm kein Frontfoto gezeigt würde.

 

Mit Schreiben vom 16.5.2014 wurde er von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis aufgefordert, den Lenker des PKW am 10.4.2014 um 10:17 Uhr bekanntzugeben. Dieser Lenkeranfrage war ein Radarfoto angeschlossen. Diese Anfrage beantwortete der Beschwerdeführer wiederum dahingehend, dass das Fahrzeug von mehreren Personen in seiner Familie benutzt werde und der Lenker nicht mehr ermittelt werden könne. Er verwies wiederum auf das – aus seiner Sicht – erforderliche Frontfoto sowie die deutsche Rechtslage und Praxis.

 

In weiterer Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen. Dagegen hat der Beschwerdeführer die bereits dargestellte Beschwerde eingebracht. Zur mündlichen Verhandlung ist der Beschwerdeführer nicht erschienen, er machte eine bereits seit Längerem gebuchte Auslandsreise geltend. Inhaltlich führte er aus, dass er zum Tatzeitpunkt nicht in Österreich gewesen sei und das Fahrzeug regelmäßig von insgesamt 6 Familienmitgliedern benützt werde, weshalb eine eindeutige Feststellung des Lenkers nicht möglich sei. Weiters verwies er auf das Urteil des EGMR im Fall K gegen Österreich.

 

4.2. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges. Er hat sich während des gesamten Verfahrens lediglich dahingehend geäußert, dass er bestritten hat, das Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt zu haben. Als Lenker kämen insgesamt 6 Personen (Familienangehörige) in Betracht und es sei nicht mehr möglich, den Lenker festzustellen. Der Beschwerdeführer hat keinerlei nachprüfbare Angaben dahingehend gemacht, wo er sich am 10.4.2014 um 10:17 Uhr aufgehalten hat oder wer konkret sonst den PKW gelenkt haben könnte. Die Behauptung im Einspruch, dass bereits einem 1 Monat nach der Radarmessung nicht mehr festgestellt werden könne, erscheint nur sehr schwer nachvollziehbar. Warum nach so kurzer Zeit nicht mehr ermittelt werden könne, welcher Familienangehöriger damals eine Fahrt nach Österreich unternommen hatte, ist nicht verständlich.

 

Der Beschwerdeführer wurde in der Ladung zur mündlichen Verhandlung aufgefordert, alle relevanten Beweismittel bekanntzugeben, dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen. Er ist auch nicht zur Verhandlung erschienen. Außer dem gesamten Verhalten des Beschwerdeführers während des Verfahrens lässt sich nur der Schluss ziehen, dass er – gestützt auf die in Deutschland geltende Rechtslage – die Mitwirkung am Verfahren verweigert, um so seiner Bestrafung zu entgehen. Da er nicht an der Verhandlung teilgenommen hat, war es auch nicht möglich, sich ein persönliches Bild über seine Glaubwürdigkeit zu verschaffen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den im selbst gehörenden PKW zur Tatzeit auch tatsächlich selbst gelenkt hat.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

 

5.2. Wie sich aus den Ausführungen zur Beweiswürdigung ergibt, hat der Beschwerdeführer den PKW selbst gelenkt. Er hat die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h entsprechend der Messung mit einem Radargerät deutlich überschritten, wobei das Messergebnis auch in keiner Weise bekämpft wurde. Er hat daher die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen würden, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Diese Entscheidung verstößt nicht gegen Art. 6 EMRK, weil der Beschwerdeführer mehrmals die Möglichkeit hatte, einen angeblichen anderen Fahrzeuglenker bekanntzugeben. Er wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtet gewesen, dennoch hat er keinerlei konkrete nachprüfbare Angaben zu einem möglichen anderen Fahrzeuglenker bzw. zu seinem Aufenthalt zur Tatzeit gemacht und auch an der Verhandlung nicht teilgenommen. Es war daher davon auszugehen, dass er den PKW selbst gelenkt hat. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Entscheidung des VfGH vom 22.9.2011, Zl.: B1369/10 verwiesen, wonach unter diesen Umständen die vom LVwG durchgeführte Beweiswürdigung nicht gegen Art. 6 EMRK verstößt.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 726 Euro.

 

Dem Beschwerdeführer kommt der Strafmilderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit zugute. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor. Er hat die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20% überschritten, weshalb der Unrechtsgehalt der Übertretung durchaus als erheblich anzusehen ist. Die von der Verwaltungsbehörde verhängte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen lediglich zu 10% aus und erscheint notwendig, um den Beschwerdeführer in Zukunft zur genaueren Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit anzuhalten. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers, wobei mangels entgegenstehender Ausführungen die behördliche Einschätzung zugrunde gelegt wird (monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro bei durchschnittlichem Vermögen und keinen Sorgepflichten).

 

Zu II. Die Entscheidung über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens ergibt sich aus § 52 VwGVG.

 

Zu III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei   die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl